Hinweis: Ich habe mit Thargads Spieler, der 3 oder 4 Spieltermine in Fpolge verpasste, ein paar Ereignisse per E-Mail durchgespielt. Die folgende Beschreibung ist, wann immer möglich, diesen Mails entnommen; nur zu etwa 20% habe ich es komplett neu geschrieben.
Thargad in Cauldron
Nachdem er den Brief erhalten hatte, zog sich Thargad erst einmal an einen ruhigen Ort zurück und las ihn erneut. Das Schreiben stammte von Berion, dem Anführer seines Ordens. »Suche Meerthan Eliothlorn« stand in dem Brief. Ein elfischer Verwandlungszauberer, der eine Vorliebe für Pfeifentabak hatte, und Thargad sollte ihn in dieser fremden Stadt aufstöbern. Am Besten machte er sich direkt an die Arbeit.
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Im Verlauf seiner Nachforschungen erfuhr er so Einiges. Zunächst einmal bemerkte Thargad einen Mann, den er für den Anführer der Schläger hielt, die den jungen Priester Ruphus Laro angegriffen hatten. Der Mann hatte eine Verletzung dort, wo Annas Bolzen ihn getroffen haben müsste. Vorsichtig folgte Thargad ihm bis zur Garnison der Stadtwache. Der Mann betrat den von einer Mauer umgebenen Bereich und grüßte Einige der Wachen, die ihm entgegen kamen. Es handelte sich anscheinend selbst um einen Wachmann. Thargad schüttelte den Kopf über die Ruchlosigkeit dieses Kerls, merkte sich sein Gesicht aber sehr genau.
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Anderentags folgte Thargad kampfähnlichen Geräuschen in eine Seitengasse. Dort erblickte er eine junge Frau, die mit ihrem Rapier wildeste Kampfübungen betrieb. Hieb um Hieb schnellten durch die Luft, viel zu sehr auf Kraft bedacht denn auf die der schlanken Waffe typische Eleganz. Es war die Rothaarige, die zu den Sturmklingen gehörte. Corah Lathenmire. Nach einigen Augenblicken, in denen Thargad sie schweigend beobachtete, hatte sie sich scheinbar abreagiert. Leicht keuchend wischte sie sich mit dem Saum ihres Hemdes den Schweiß vom Gesicht. Das Hemd klebte an ihren Armen ebenso wie an ihrem Busen; sie hatte stark geschwitzt.
»War ziemlich dumm, was Todd gemacht hat. Er hat ganz schön geguckt, als er den Wein bezahlen sollte. Geholfen hat euch das aber auch nicht. Geht uns lieber aus dem Weg.« Sie drängte sich an Thargad vorbei, rempelte ihn dabei an.
Thargad zögerte einen Moment, bevor er sich nach ihr umwandte. »Habt ihr eine Ahnung, woher die Kobolde gekommen sind? Angeblich sollen sie doch in Tethyr ausgerottet sein... bis vor Kurzem zumindest.« Für einen Moment schien Corah zu überlegen, dann drehte sie sich zu Thargad um.
»Es sind Kobolde! Wer weiß schon, wo die herkommen?« Beim Reden gestikulierte sie wild, und ihr Rapier zischte durch die Luft, um ihre Worte zu unterstreichen. »Außerdem sind wir hier im Grenzland. Wahrscheinlich sind die vom Dampfsee hochgekommen.« Corah hielt inne. »Trotzdem hast du Recht. Wir wussten erst gar nicht, was das für Viecher waren, bis wir sie Vortimax Weer zeigten... wie dem auch sei – jetzt sind sie tot.«
»Vortimax Weer? Ist das nicht dieser Tränkemischer? Merkwürdig, dass sich so jemand mit diesem Ungeziefer auskennt...«, überlegte Thargad laut. »Na ja, was solls. Ich nehme an, dass die Kobolde jemand überfallen haben, oder wie habt ihr sie aufgespürt? Überhaupt ist euch an der Höhle etwas Merkwürdiges aufgefallen? Handeltet ihr aus eigenem Willen oder auf fremden Wunsch?« Er sah Corah prüfend an. »Stelle ich Euch zu viele Fragen? Bedenkt, dass dies vermutlich die einzige Gelegenheit ist, mit Euch zu sprechen. Schließlich gabt ihr selbst mir den Rat, von Euch fern zu bleiben. Also jetzt oder nie, nicht wahr?«
Corah schüttelte den Kopf als könne sie selbst nicht fassen, dass sie antwortete.
»Der alte Weer ist das Nächste, was diese Stadt an einem Gelehrten hat. Wir wir die Kobolde fanden? Fürst Valanthru bat uns, nach ihrer Höhle zu suchen. Anscheinend hatte ein Händler etwas Verdächtiges gesehen, und wir haben uns darum gekümmert.« Dann lächelte sie Thargad herausfordernd an. »Und jetzt seid ihr dran. Was wollt ihr in Cauldron? Wer hat euch geschickt, und was sind eure Pläne?«
Thargad antwortete nach kurzem Zögern. »Gleiches mit Gleichem vergelten; das ist gerecht. Niemand hat uns geschickt; wir sind aus persönlichen Motiven nach Cauldron gekommen, um uns nach dem Verbleib einiger Leute zu erkundigen. Leider bislang ohne Erfolg. Kurzerhand haben wir also beschlossen, der Helmkirche bei dem Problem mit den verschwundenen Kindern zu helfen. Wir führen also nichts gegen Euch im Schilde, seid beruhigt.«
Er bemühte sich, zu lächeln. »Ich bin ja schon froh, dass man mit euch reden kann, auch wenn wir nur aus dem einfachen Volk sind. Ihr seid wohl vernünftiger als euer hochmütiger Freund.« Ein verschwiegener Blick. »Was ist Fürst Valanthru denn für einer?«
»Ach, Todd«, seufzte Corah, brach dann aber abrupt ab. »Das geht euch gar nihcts an. Und Vhalantru ist wie er ist – ein Elf eben. Es heißt, er sei aus Cormanthor gekommen. Ein freundlicher Goldelf, aber ein Goldelf eben.« Sie wandte Thargad wieder den Rücken zu. Bevor sie ging, sagte sie noch: »Seid vorsichtig. Todd ist immer noch sauer, und es ist nicht gut, sich mit Annahs Spielgefährten anzulegen. Die Beiden werden sich bestimmt rächen wollen. Und egal, wie wir uns hier unterhalten haben – wenn sie ruft, werde ich folgen.« Dann ging sie, und Thargad sah ihr nachdenklich hinterher.
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Am nächsten Morgen bemerkte Thargad, dass er beobachtet wurde. Aus den Augenwinkeln sah er einen Halbelfen um eine Ecke verschwinden. Flugs schlich er ihm nach, aber er war nur ein paar Schritt weit gekommen, als der Halbelf sich umwandte und auffordernd zu Thargad hinüber sah. Ein wenig verärgert, aber ohne Groll trat Thargad aus den Schatten zu ihm hin. Der Halbelf war bleich, mit blauen Augen, seine blonden Haare in drei Zöpfe geflochten, und ihm fehlte der kleine Finger an der linken Hand. Anscheinend war dies Fario Ellegoth, von dem die Halblingsfrau den Nachkommen erzählt hatte.
»Seid gegrüßt, Fario Ellegoth«, nickte Thargad ihm zu. »Ihr habt ein gutes Auge. Der Stadtherr scheint eine gute Wahl getroffen zu haben. Ich frage mich allerdings welches Interesse er an mir oder meinen Freunden haben könnte?« Fario sah ihn für einen Moment unsicher an.
»Der Stadtherr? Nun... um ehrlich zu sein, weiß er nichts von uns.« Er lächelte etwas verlegen. »Wir sind Freunde von Elethor Aschstab, einem Magier, der vor gut zwei Wochen verschwunden ist. Ihn suchen wir. Wir dachten nur, dass ein offizieller Auftrag uns helfen würde.«
Thargads Augenbraue hob sich kurz, als der Halbelf die Dreistigkeit, unter vorgetäuschtem Auftrag im Namen des Stadtherrn zu ermitteln, offen zugab.
»Ein Magier namens Elethor Aschstab ist mir nicht bekannt. Stellt sich also die Frage, warum Ihr glaubt, daß ich Euch zu ihm führen könnte oder weshalb habt Ihr mich beschattet? Die Tatsache, daß ich auch fremd in dieser Stadt bin, kann es doch nicht sein, oder?«
Gleichzeitig überlegte er, ob Elethor vielleicht unter leicht abgewandeltem Namen eben jener Eliothlorn sein könnte, den er suchte.
Fario zuckte mit den Schultern. »Ihr seid ebenso neu wie wir. Ihr untersucht den Fall, ebenso wie wir. Aber anders als wir scheint ihr einen wenigstens halbwegs offiziellen Auftrag zu haben. Und da wir nichts herausfinden konnten, dachten wir uns, es könne nicht schaden, euch zu beobachten. Vielleicht findet ihr mehr als wir?« Er blickte Thargad erwartungsfroh an. »Und, habt ihr?«
Thargad schüttelte den Kopf. »Nein, das tun wir nicht. Ihr sucht diesen Magier, wir hingegen sind auf der Suche nach den verschwundenen Kindern... tatsächlich, nicht nur vorgetäuscht!« Ein durchdringender Blick. »Es sei denn natürlich, Ihr geht davon aus, dass das Verschwinden Eures Freundes und das der Kinder zusammenhängt? Wenn ja, was bringt Euch auf diese Idee?«
Fario runzelte kurz die Stirn. »Nun, Elethor ist eines Nachts verschwunden, ebenso wie viele andere nach dem, was man so hört. Die Kinder waren die Letzten. Ihre Spur ist die frischeste. Ich nehme an, wenn wir die Kinder finden, finden wir auch Elethor Ashstab, oder zumindest seinen Entführer. Aber wenn ihr nichts herausgefunden habt, dann verabschiede ich mich jetzt erst einmal von euch. Ich bin sicher, wir sehen uns noch einmal wieder.« Mit einem Nicken verabschiedete sich der Halbelf, und ging. Thargad folgte ihm nicht.
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Am Abend saß er in einem Wirtshaus, als ihm eine junge Frau auffiel, beinahe noch ein Mädchen, alleine an einem Tisch. Sie hatte kurzes schwarzes Haar, das strubbelig zu den Seiten abstand. Vor ihr stand ein Weinkelch, seit einigen Minuten schon unangetastet. Die Frau blickte in den Kelch, als sähe sie darin mehr als nur den Alkohol.
Thargad ging zu ihr und sagte: »Entschuldigt die Störung, junge Dame. Mir ist aufgefallen, dass ihr in düstere Gedanken versunken scheint. Ihr starrt nun schon mehrere Minuten in Euren Weinkelch, ohne auch nur einen Schluck getrunken zu haben. Bedrückt Euch etwas?«
Sie erschrak ein wenig. Ihre Augen waren gerötet, als sie hochsah. Sie lächelte verlegen. »Es ist nichts. Nur... nichts. Aber danke.«
Sie schwieg für einen Moment, dann schien sie sich zu etwas aufzuraffen. »Möchtet... Möchtet ihr euch nicht setzen? Ich könnte etwas Ablenkung gebrauchen. Ich heiße Arlynn.«
Ohne ihre Frage zu beantworten, setzte sich Thargad ihr gegenüber. »Ich fürchte, Euch keine gute Ablenkung bieten zu können. Ihr solltet wissen, dass ich eigentlich ein eigenbrötlericher Einzelgänger bin. Das wirft man mir zumindest des Öfteren vor«, sein rechter Mundwinkel verzog sich zur Andeutung eines Lächelns. Er zögerte kurz. »Aber ich kenne das Gefühl, verloren zu sein.«
Für einen Moment war Thargad überrascht und verunsichert, dass er dieser Fremden gegenüber so offen über seine eigene Einsamkeit spricht. Nach kurzem unbehaglichen Schweigen sagte er: »Ich heiße übrigens Thargad.«
»Seid gegrüßt, Thargad.« Sie rang sich ein Lächeln ab, mehr schlecht als recht. »Vielleicht ist ein eigenbrötlerischer Einzelgänger jetzt genau das Richtige. Ich weiß gar nicht, ob ich so große Lust habe, zu reden. Es genügt schon, dass mir jemand gegenüber sitzt.«
Arlynn hob jetzt den Becher und neigte ihn kurz in Thargads Richtung, bevor sie einen Schluck trank. Sie verzog leicht den Mund, sagte aber nichts. Dann saß sie nur da und sah Thargad an. Nach einer Weile fragte sie dennoch: »Seid ihr neu in Cauldron?«
Thargad fühlte sich etwas unwohl. Offenbar erwartete Arlynn von ihm, dass sie sich über Belanglosigkeiten wie das Wetter unterhielten, um sich von ihrem Kummer ablenken zu können. In all den Jahren hatte er keine positive Einstellung für müßige Plauderei und auch keine besondere Fertigkeit darin entwickeln können. Arlynn hatte er nur aus der spontanen Besorgnis heraus angesprochen, sie sei in ernsthaften Schwierigkeiten. Doch ihre Probleme würde sie einem Fremden wohl nicht anvertrauen. Wen wunderte es? Würde er das tun? Wohl kaum!
Nun aber hatte er die Sache angefangen und würde sie auch zu Ende bringen. Er
seufzte innerlich und dachte darüber nach, welches oberflächliche Thema sich für ein Gespräch eignen würde, als Arlynn ihn aus seinen Gedanken riss. »Seid Ihr neu in Cauldron?«
»Ja, ich bin neu in Cauldron. Ich bin vor einigen Tagen mit ein paar Freunden hier eingetroffen, um hier nach einigen alten Bekannten zu suchen. Wir hatten jedoch keinen großen Erfolg... leider.
»Wie sieht es denn mit Euch aus? Kommt Ihr aus Cauldron oder von außerhalb? Was auch immer, verzeiht mir, aber Ihr seht nicht so aus, als könnte man Euch normalerweise in einer Wirtschaft wie dieser antreffen.«, er deutete auf ihren Weinkelch, »und der Wein scheint Euch auch nicht gerade zu munden. Möchtet Ihr vielleicht etwas anderes trinken? Falls Ihr Euren Kummer ertränken wollt, gibt es sowieso Besseres, welches Euch schneller zum Ziel führen sollte. Aber Alkohol würde ich Euch generell nicht empfehlen. Ihr solltet Euch lieber jemandem anvertrauen, jemanden aus Eurer Familie oder einem guten Freund.«
Thargad stöhnte: »Da habt Ihr es. Statt Euch abzulenken, spreche ich direkt wieder Eure Sorgen an ... Hm, verzeiht mir, ich bemühe mich, es nicht wieder zu tun.«
Arlynn seufzte. »Es scheint, ich komme ohnehin nicht darum herum, mit jemandem zu reden. Aber ich glaube, ein Fremder wäre viel besser geeignet. Schließlich«, sie sieht dich betont an, »kann ein Fremder nur zuhören, ohne unbedingt eingreifen zu müssen.«
Sie nahm einen weiteren Schluck Wein, als müsse sie Mut fassen. »Also, Fremder namens Thargad, hört zu. Ich arbeite als Hausmädchen im Hause Aslaxin. Die Familie handelt hauptsächlich mit Kunst und Holzmöbeln. Sie ist eine der einflussreichsten Adelsfamilien. Nun, Zacharias der Erste hat ein Auge für Kunstwerke.«
Sie schluckte. »Und, wie er sagt, für Schönheit.« Sie stoppte wieder, nahm noch einem Schluck.
»Als Hausmädchen ist es normal, vom Hausherren angesehen zu werden. Man gewöhnt sich ebenso daran wie daran, überhaupt nicht wahrgenommen zu werden. Auch ein paar anzügliche Bemerkungen muss man sich gefallen lassen - die Arbeit ist gut bezahlt, sicher, und meistens angenehm, wenn auch hart. Was ist da schon ein schräger Blick, ein Satz oder auch ein Kniff in den Po?«
Arlynn sah jetzt zu Boden, vermied Thargads Blick. »Heute hat er mich in der Bibliothek überrascht. Ich habe gerade die Buchregale abgestaubt. Plötzlich stand er hinter mir und hat mich... Er fasste mir von hinten an den Busen. Ich wollte nicht, aber er hat gelacht, und gesagt, ich soll mich nicht wehren. Ich wusste nicht, ob ich schreien sollte.«
Ihre Stimme zitterte ein wenig. »Dann... Dann ist sein Sohn hereingekommen, Zacharias der Zweite. Da hat er von mir abgelassen, und ich bin sofort aus dem Zimmer geflüchtet.«
Die Worte sprudelten jetzt geradezu, als ob ein Damm gebrochen oder sie möglichst alles erzählen wollte. »Später habe ich mit dem Sohn gesprochen. Er ist ein bekannter Abenteurer - von den Sturmklingen. Er hat mich beruhigt und gesagt, dass sein Vater das nicht wieder tun würde. Und dann hat er gesagt, dass mir sowieso niemand glauben würde, wenn ich es erzählte. Und ich solle mich geehrt fühlen.« Sie nahm noch einen Schluck Wein. »Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich brauche das Geld, und wenn ich kündige - wo soll ich dann arbeiten? Meine Mutter sagt, die Arbeit in der Scheuen Fee sei sehr angenehm und gut bezahlt... da könnte ich mir die Leute wenigstens aussuchen, mit denen ich aufs Zimmer gehe, zumindest zu Beginn, und die Vanderborens achten darauf, dass nichts passiert...«
Sie rieb sich mit dem Ärmel ihres Hemdes durchs Gesicht, sah dann wieder zu Thargad mit geröteten Augen, und lächelte hilflos. »Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
Thargad verfolgte Arlynns Worte mit versteinerter Miene. Lediglich seine geballte Faust verriet seinen aufwallenden Zorn. ‚Einer von dieser Sorte also’, ging es ihm durch den Kopf. ‚Von denen gibt es viel zu viele. Notgeile Mistkerle, die glauben, ihr Adelstitel, ihr Geld oder ihre Macht erlaube ihnen, sich an anderen vergehen zu dürfen wie es ihnen gefällt.’
»Ich verstehe jetzt Euer Problem«, brachte er etwas gepresst hervor, nachdem Arlynn ihre Geschichte beendet hatte. »Ihr seid wirklich in Schwierigkeiten und es tut mir leid, daß Euer Herr so ein Schwein ist. Verzeiht meine Ausdrucksweise, aber so etwas regt mich doch auf. Vor allen Dingen, dass man nichts gegen ihn unternehmen kann.«
Er hielt einen kurzen Moment inne, um sich zu beruhigen und nachzudenken. Dabei nahm er wieder seine übliche gelassene, etwas unterkühlte Haltung ein, welche so typisch für ihn war.
»Nun, Arlynn, letzlich gibt es nur eine Möglichkeit: Ihr müßt das Haus Aslaxin verlassen, je früher, desto besser. Auch wenn es hart klingt, macht Euch keine Hoffnung darüber, dass der Sohn Eures Herrn recht haben könnte und er tatsächlich von Euch ablassen wird. Er wollte lediglich sicherstellen, dass Ihr den Mund haltet. Ihr habt seine Lust geweckt und so sehr Ihr auch versucht, ihm aus dem Weg zu gehen, früher oder später wird eine weitere Gelegenheit für ihn kommen.«
Thargad zögerte einen Moment: »Ich möchte Euch helfen, Arlynn, aber da ich neu in der Stadt bin, sind meine Möglichkeiten hier arg begrenzt. Ich könnte Euch finanziell für eine kleine Weile unterstützen, das würde Euch etwas Zeit verschaffen, Euch nach einer neuen Beschäftigung umzuschauen... aber ich vermute mal, dass Ihr hier in Cauldron nach der Kündigung bei den Aslaxin keine Stelle als Dienstmädchen mehr bekommen würdet, oder?« Er beugte sich zu ihr vor. »Ich habe allerdings einige Bekannte in Darromar. Wenn Ihr bereit wäret dorthin zu gehen, ließe sich vielleicht etwas machen. Wäret Ihr dazu bereit?«
Arlynn war bei dem Angebot blass geworden. »Vielen Dank, Thargad. Aber ich kann Euer Angebot, und sei es noch so großzügig, nicht annehmen. Ihr habt mir schon genug gedient, indem ihr mir zugehört habt – ich will meine Probleme aus eigener Kraft lösen. Aber ihr habt Recht, ich muss fort von Aslaxin. Morgen werde ich mich umhören. Vielleicht kann ich bei Lady Knowlern unterkommen, oder der Dame Rhiatavi. Zur Not nimmt mich vielleicht auch Fürst Taskerhill auf, und sei es nur aus Vergnügen, Aslaxin damit einen Stich zu verpassen.« Sie lächelte Thargad dankbar an.
»Habt dennoch Dank für Euren Großmut. Warum kommt Ihr nicht wieder einmal hier vorbei, dann erzähle ich Euch, wie es mir ergangen ist. Und dann könnt Ihr mir Eure Probleme klagen.« Ihr tapferer Gesichtsausdruck machte klar, dass Arlynn einen Scherz gemacht hatte. Dann verabschiedete sie sich von Thargad und ging, nicht ohne sich an der Türe noch einmal umzudrehen.
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Trotz all dieser Erlebnisse richtete Thargad die meiste Zeit des Tages darauf aus, Meerthan Eliothlorn zu finden. Endlich spürte er ihn auf, und mit den vereinbarten Kennwörtern brachte ihn der Magier in seinen Unterschlupf. Überrascht sah Thargad, dass dort auch Fario und Felliarn seiner harrten.
»Willkommen in Cauldron, Thargad«, sagte Meerthan. »Wir können deine Hilfe brauchen.«
»Immer langsam«, mahnte Thargad ihn. »Fangt besser am Anfang an.«
Meerthan lächelte. Er war eindeutig ein Mondelf mit seiner hellen Haut, dem dunklen Haar und den bernsteinfarbenen Augen. »Hast du schon einmal von den Silbertreitern gehört?« Thargad verneinte.
»Die Silberstreiter sind so etwas wie eine Schwesterbewegung der Ritter des Silberkelches. Während jene sich im Adel für Siamorphes Lehren einsetzen, stützen und schützen wir Tethyr aus dem Volk heraus – solange die Königin ihre Pflichten dem Volk gegenüber nicht vergisst.« Thargad nickte, um zu zeigen, dass er verstanden hatte. Fario brachte Getränke, bevor Meerthan weitersprach.
»Vor siebzehn Jahren tauchten in dieser Stadt die ‚Käfigschmiede’ auf, eine Gruppierung, die zu einer Gefahr für Tethyr werden würde, wenn man unseren Weissagungen glauben konnte. Die Käfigschmiede sind Agenten des Chaos und des Bösen, müsst ihr wissen. Ich weiß immer noch nicht genau, was sie damals planten«, Thargad merkte, dass Meerthan etwas zurück hielt, »aber bevor sie ihre Pläne durchführen konnten, machte ihnen die Zeit der Sorgen einen Strich durch die Rechnung. Leider auch, bevor ich sie aufspüren konnte. In dem Chaos damals machten sie sich davon. Leider verschwanden damals auch die Schätze Tethyrs, ohne mir sagen zu können, ob sie den Unterschlupf der Bande gefunden hatten.« Um Thargads Erwähnung zuvorzukommen, fügte er hinzu: »Ja, ich kannte sie, wenn auch nur flüchtig.«
Ein grimmiger Zug umspielte Meerthans Gesicht. »Jetzt sind die Käfigschmiede wieder in der Stadt. Sie haben ihre Pläne wieder aufgenommen – ich spüre es. Aber diesmal werde ich sie stellen. Sie werden mir nicht noch einmal...« Er schluckte.
»Nun, jedenfalls bin ich so etwas wie der General der Silberstreiter hier in Cauldron. Fario und Felliarn dienen mir, ebenso Shensen, die ihr im Glücklichen Affen getroffen habt.« Thargad erinnerte sich an die Dunkelelfe.
»Und hier kommst du ins Spiel. Ich möchte, dass du wieder zu deinen Gefährten gehst. Fario und Felliarn werden sich als Verstärkung im Hintergrund halten. Wenn du meine Hilfe brauchst, zerbrich diese Brosche.« Er reichte Thargad einen Anstecker aus zerbrechlichem Perlmutt. »Finde heraus, was du kannst, und berichte mir. Später habe ich vielleicht weitere Aufgaben für dich.«
Thargad erklärte sich einverstanden, und beratschlagte die Nacht über mit den Anderen. Am nächsten Morgen hörte er, dass seine Gefährten im Helmtempel gesehen wurden. Gemeinsam mit den Halbelfen brach er auf, aber zu spät. Jenya schickte ihn weiter zu Keygans Schlossmacherei. Es bedurfte keiner großen Überzeugungbei dem Gnom, und schon waren Thargad und die zwei Silberstreiter auf dem Abstieg nach Jzadirune. Am zweiten Treppenabsatz gähnte eine Geheimtüre offen, und dahinter vernahmen sie Kampfgeräusche. Thargad sah um die Ecke, wie seine Gefährten gerade den letzten Hobgoblin niederstreckten und die Plattform, auf der sie standen, langsam in die Tiefe glitt. Behende hastete er durch den Gang, und mit einem beherzten Ruf sprang er der Plattform hinterher: »Nicht so schnell!«