Kundries Chronik
1. Tag
Liebes Tagebuch, heute haben wir eine alte Wehrburg gestürmt. Am Eingang des verfallenen Gemäuers lauerte uns ein großer, blauer Drache auf, den wir erfolgreich vertrieben haben. Drinnen, im Versteck dieser heimtückischen Bestie fanden wir die sterblichen Überreste zweier Kultisten des Elementaren Bösen, deren Erkennungszeichen ein Amulett mit einem umgedrehten Y ist. Im Keller überraschten uns mehrere Gnolle, Untote und weitere menschliche, aber abgrundtief böse, Priester. Zaot wäre beinahe von einer Untoten Kreatur ins Jenseits befördert worden. Unsere Gruppe wird seit heute von einem Kräutersammler aus Homlett verstärkt, der uns wertvolle Tips über den Plan der Kellergewölbe und deren sinistere Bewohner verriet. Spugnuar, so sein Name, verabschiedete sich gen Abend von uns, nun, da der Drache nicht länger seine Rückkehr ins Dorf verhindern konnte. Wir beschlossen, geschwächt wie wir waren, die Nacht hier zu verbringen, um den letzten verbliebenen Schurken den Fluchtweg zu versperren.
2. Tag
Gestärkt machten wir uns daran, dieses Nest des Bösen auszuräuchern. Wir bargen eine Kiste und fanden darin zwei Spruchrollen und ein Tagebuch. Haben die Stätte des Bösen gefunden (ein unheilvoller Obelisk), zwei Priestern den Garaus gemacht und den Eingang zu der Höhle wieder versiegelt. Scheinbar haben sich hier Priester des Elementaren Tempel des Wassers aufgehalten.
On the road again
Die nächsten Tage verbrachten wir mit der Vorbereitung unserer Weiterreise. Eines Nachts wurden wir im Schlaf von einem Meuchelmörder überrascht, offenbar reicht der Arm des Bösen bis in dies verschlafene Homlett (kein Wunder eigentlich bei den finsteren Gestalten, die wir in der hiesigen Mühle beobachtet haben!). Zaot fiel dieser feigen Tat zum Opfer. Schenken die Götter ihm eine fröhliche Auferstehung! Auch der Barde wollte uns auf unserer Queste nicht weiter begleiten, was uns nicht im Geringsten bekümmerte. So zog die Gemeinschaft der Sieben weiter nach Nulp. Auf dem Weg machten wir auf einem Bauernhof Rast. Hier machten wir die Bekanntschaft mit Questin Timble, dem Ältesten Sohn des Bauern, erfahren im Umgang mit Pfeil und Bogen und ein guter Spurenleser, wie er sagt. Wir versuchten vergeblich ihm das Abenteurerleben auszureden. Zu acht gelangten wir in eine Geisterstadt, deren einziger Bewohner aus Fleisch und Blut ein verrückter Priester aus dem Bösen Tempel ist. Sein Name ist Lareph der Schöne, ehemals Priester des Alten Tempels der Erde. Doch seine Wohlgestalt, sofern sie jemals existierte, fiel einem stümperhaften Wiedererweckungsversuch Hedracks zum Opfer. Lareph enthüllte uns wichtige Details aus der Organisation des Elementartempels, da er selbst nur mit knapper Not den neuen Machthabern dort entkommen sei und sich ihnen gegenüber in keinster Weise zu Loyalität verpflichtet fühlt. Das Augensymbol, das wir in der Wehrburg gefunden haben, gehört Tharis-dhûn, Gott des Wahnsinns, des Chaos und der Zerstörung. Ihm sind die Triade, die Priester der Unheilsträumer, unterstellt. Der neue Tempel des Elementaren Bösen liegt in einem Vulkankrater bei dem Ort Rastor, drei bis vier Tagesreisen von Nulp entfernt. Dieses Fleckchen war ehemals von Zwergen bewohnt, doch diese sind nun in der Minderheit.
Wir beschließen uns als Sympathisanten des Wassertempels auszugeben, die eine Botschaft von Festrath, einer der Priester aus der Wehrburg, zu überbringen hätten.
Ankunft im Tempel des Elementaren Wassers
Unser Plan war ein voller Erfolg. Wir konnten das Vertrauen eines hohen Tieres aus dem Wassertempel für uns gewinnen und erledigen für ihn kleinere Auftragsmorde. Er selbst ist ein Qulthor, rassistische Fischwesen, die sich als Kiemenatmer allen menschlichen Wesen überlegen dünken, nur weil sie im Wasser leben, mit Namen Nibuhl. Wir erwiesen ihm sogleich unsere Reverenz und meuchelten einen seinem Machtstreben im Wege stehenden Artgenossen. Nibuhl hat große Pläne mit uns. Wir sollen ihn auf eine Kampagne in den Feuertempel begleiten und ihm den Rücken frei halten, so daß er den Altar des Feuertempels zerstören kann. Damit gewänne der Wasssertempel die Vorherrschaft unter den Elementen. Da wir uns die größten Chancen versprechen, wenn wir das Ränkespiel zwischen den Tempeln weitertreiben und uns die Besitztümer des Feuertempels versprochen werden, willigen wir ein.
Zwar gelang Nibuhl die Zerstörung des Altars, doch konnten wir die Kampfkraft des Feuertempels nur unwesentlich dezimieren. Die Hohepriesterin Tessimon und ihr Gnom überlebten. Bis zu unserem nächsten Auftrag blieben uns noch ein paar Tage, so versuchten wir einen Ausfall durch den Lufttempel, um ins Dorf zurückzugelangen. Im Dorf nahm Kellial mit uns Kontakt auf, anscheinend sind der Lufttempel so schwach, daß seine Anhänger es nicht erlauben können, Nachtragend zu sein, wenn eine Handvoll Abenteurer beinahe ihre Belegschaft dahinmetzelt.
Wir beschlossen bis zu Nibuhls Rückkehr uns die Zeit als Handlanger des Lufttempels zu vertreiben. Die Hohepriesterin Choranth bat uns, ihr Geleitschutz in einer diplomatischen Mission zu gewähren, da sie erst kürzlich von den Toten auferstanden und daher noch sehr geschwächt sei. Irgendwie waren wir an ihrem Zustand nicht ganz unschuldig, also sahen wir es schon als eine moralische Verpflichtung an, ihrer Bitte zu gehorchen. Zumal wir unterwegs den Tempelbezirk des Zwergengottes Moradin passieren und wir die Gelegenheit zu seiner Erkundung bekommen würden, während wir Choranths Rückkehr von der Besprechung mit Degran, des Brückenwächters zwischen den Elementen Erde und Luft, abwarteten. Der Weg zur Brücke war gespickt mit Ungeheuern, die der Feuertempel in die äußeren Bezirke des Lufttempels gebracht hat, um ihn zu kontrollieren. Im Moradintempel fanden wir ein sicheres Rückzugsgebiet inmitten allen Bösens und eine Geheimtür, die ins freie führte. Nun würden wir uns unbemerkt in den Krater schleichen können!
Am Treffpunkt mit Choranth machten wir eine grausige Entdeckung. Jemand, Degran vermutlich, hatte den Kopf der Hohepriesterin an die Ausgangstür zum Erdtempel genagelt. Mit etwas Mühe gelang es, den Kopf frei zu bekommen. Wir hüllten ihn in eine Decke und machten uns auf den Rückweg, dem Lufttempel die Schreckensmeldung zu überbringen. Doch die Harmlosigkeit der Lufttempler wird noch durch ihre Dummheit übertroffen. All unseren Unschuldsbeteuerungen zum Trotz griffen sie uns an, allen voran Graud, Choranths halborkischer Geliebter. Es blieb uns nichts anderes übrig, als sie alle an einen Ort zu befördern, wo sie wieder mit ihrer Hohepriesterin vereint sein würden.
So konnten wir den Lufttempel in Ruhe in Augenschein nehmen. In Choranths und Fachishs, des Ex-hohepriesters, den wir ein paar Tage zuvor besiegt hatten, Gemächern fanden wir ein paar aufschlußreiche Dokumente und Bücher. Wir deponierten soviel wir tragen konnten in den Räumen des Zwergentempels.
Nibuhls nächste Aufgabe war, die Ermordung der Hohepriesterin des Wassers, einer Luflatmerin, bei der Weihung des neuen Altars. Mit unserer Hilfe halten nun die Qulthor im Wassertempel die Fäden in der Hand. Um sein Gesicht vor den kläglichen Resten des Wassertempels zu wahren und um nebenbei ein paar lästige Abenteurer aus dem Weg zu räumen, hetzte Nibuhl seine Qulthor auf uns. Wie durch ein Wunder entkamen wir der Streitmacht des Wassertempels, doch gelang es unseren Feinden, Questin in ihre Gewalt zu bringen.
Flucht aus dem Tempel des Elementaren Wassers
Mit knapper Not auf einem Boot vor den Qulthor entkommen, flohen wir über den Kratersee in Richtung Lufttempel. Auf halben Weg dorthin wurden wir von einem der fliegenden Wächter gestellt. Durch eine List der Gnomin verschafften wir uns genügend Vorsprung, um wenigstens unbemerkt den Erdtempel zu erreichen. Der direkte Weg über das Wasser war nun blockiert. Fortan mußten wir uns zu Fuß durch den Erdtempel wagen, in der Hoffnung, doch noch zum rettenden Lufttempel zu gelangen.
Hier versperrte uns eine monströse Gottesanbeterin den Weg. Im Kampf wurde die Hälfte unserer Gruppe durch das Rieseninsekt so verwirrt, daß wir schließlich die Aufmerksamkeit eines noch größeren Artgenossen auf uns lenkten, welches wutentbrannt auf uns losstürmte, kaum daß wir uns aus den Fängen des ersten Untieres befreit hatten. Wieder blieb uns nur die Flucht. Hals über Kopf rannten wir durch die Höhlen der Insektenwesen. Unsere einzige Chance war, daß die Gänge nicht in einer Sackgasse enden würden und daß, was vor uns lag weniger grauenvoll sein würde als daß, was sich an unsere Fersen geheftet hatte. Doch wir hatten die Rechnung ohne die Trolle gemacht!
Zwar folgte uns die Gottesanbeterin nicht bis in die Trollhöhle, doch nun mußten wir all unseren Mut und Verstand aufbringen, auch diesen Unholden zu entkommen. Wir versuchten es mit Diplomatie, gaben uns erneut als Gehilfen Nibuhls aus. Aber die Trolle waren mißtrauisch und schickten nach dem Brückenwächter Degran, einer geflügelten, teuflischen Kreatur, die allein durch ein Niesen unsere Lebenslichter auszupusten vermag. Ihn würden wir nicht so leicht an den Nüstern herumführen können.
Doch Helden wie wir warten nicht einfach auf ihre Hinrichtung! Der Eingang zum Lufttempel konnte nicht mehr fern sein. Viel Zeit würde uns nicht bleiben. Zum äußersten entschlossen preschten wir den Hauptgang hinunter. Auf halber Strecke passierten wir unsere Feinde! Unsere Flucht war entdeckt! Würden wir es bis zum Tor schaffen? Würde das Tor bewacht sein und würde es uns gelingen die Wachen zu überwältigen, ehe uns Degran und die Trolle eingeholt hätten?
Nur noch um eine Biegung, dann läge das Tor vor uns. Schon vernahmen wir die Flüche der Verfolger in unserem Rücken. Um die Ecke – noch 15 Meter. Vor dem Tor eine Horde Hyänenmenschen! 10 Meter. "Öffnet das Tor! Nehmt diese Münzen und laßt uns passieren!" 5 Meter. "Zischhhh!" Ein Kältekegel erfaßte uns und verwandelte drei unserer Gefährten und die Hyänenmenschen in Eisskulpturen! Wenigstens war der Weg zum Tor nun frei.
Mit letzter Kraft hechteten wir zur Pforte, schoben den Riegel zur Seite, packten unsere erstarrten Kameraden und schleppten uns durch das Portal. Schon stürmten unsere Verfolger heran, doch in Windeseile schlugen wir die Tore hinter uns zu. Wir waren gerettet. So sehr wir nach Atem rangen, blieb keine Zeit uns zu erholen – spürten wir doch die tödliche Bedrohung noch in unserem Rücken. Also schulterten wir die Gefallenen und brachten sie in den geheimen Zwergentempel, wo unsere toten Freunde sicher sein würden wie in Moradins Schoß, bis wir mit Hilfe aus dem Dorf zurück wären. Jetzt erst, als wir den Gnom und die Zwergengeschwister in diesen heiligen Hallen aufgebahrt hatten, übermannte uns die Trauer über unsere verloren Freunde. Questin Timble hatten wir nicht aus den Klauen der Triade retten können – doch würden wenigstens diese drei zu uns zurückkehren?
Mit dem letzten Fünkchen Zauberkraft gewappnet, schlichen wir uns im Schutze eines Unsichtbarkeitsspruches aus der Stätte des Bösen gen Nulp zu den Zwergenpriestern. Isul empfing uns herzlich. Er nahm Anteil an unserem Leid, doch stimmten ihn unsere Nachrichten vom verborgenen Moradintempel hoffnungsvoll, daß wir dort mit seiner Hilfe eine Rettung für unsere Freunde finden würden.
Rückkehr zum Tempel des Elementaren Bösen
Am folgenden Tag begleiteten uns Isul und sein Novize zum Tempel des Elementaren Bösen. Auf dem Weg dorthin machten wir eine schreckliche Entdeckung. Einem Boten aus dem Dorf hatten zwei gefräßige Waldspinnen aufgelauert. Für ihn kam jede Hilfe zu spät. Mit etwas Glück entdeckten wir neben dem Wagen des Toten ein paar unsichtbare Kisten mit Aramanthit, eine Lieferung für die dörfliche Waffenschmiede. Wir brachten den wertvollen Fund an uns und erreichten sicher den Tempel durch die nur uns bekannte Geheimtür. Zusammen mit dem Moradinpriester erkundeten wir die weitläufige Tempelanlage des Zwergengottes. Isuls Augen glänzten voll seligem Entzücken, als er in dem riesigen Rubin im Zimmer neben dem Golem Steinbarts Vermächtnis wiederentdeckte, ein legendäres Artefakt, im wahrsten Sinne des Wortes, in das sein Schöpfer das gesamte Wissen der Zwergenheit hineingelegt hatte, auf daß es nie verloren ginge. Wahrlich ein Lebenswerk! Seht, was für ein Zwerg. In der Bibliothek erspähten wir Aufzeichnungen über die letzten Aktivitäten des Moradintempels. Es handelte sich um eine Anrufung eines göttlichen Diener Moradins. Dieses Ritual ist wahrscheinlich die einzige Hoffnung für unsere gefallenen Kameraden!
Libera me
Am nächsten Morgen bereiteten die Priester alles für die Anrufung vor. Die Leichname unserer Freunde brachten wir in den Andachtsraum. Die Zeremonie konnte beginnen! Die Zwerge, in prächtige Gewänder gehüllt, stimmten eine Inkantatio an. Im flackernden Schein der Altarkerzen sahen wir plötzlich, wie Moradins Hammer über dem Amboß zu schweben begann! Unsere Gebete waren erhört worden! Sogleich erstrahlte ein gleißendes Licht in dessen Mitte eine güldene Zwergengestalt erschien, ein Abgesandter Moradins. In einem alten Zwergendialekt, den ich nur mit Mühe verstand, berichtete uns die Emanation in mystischer Präzision von den Gefahren, die in den Tiefen des Kraters lauern. Eine dämonische Macht sei hier gefangen, die auf keinen Fall befreit werden dürfe. (Offenbar ist dies das Ziel der Triade!) In unserem Kampf gegen die Triade werden wir aber auch Unterstützung finden können, auch wenn wir sie kaum vermuten. Nur wenige Augenblicke währte die Erscheinung, dann entschwand sie mit der Ermahnung fortan moralisch gut zu handeln und unschuldige Wesen nicht als Mittel zum Zweck zu benutzen sowie aus Sicherheitsgründen nur ein weiteres Mal auf die Intervention Moradins an diesem Ort zu bauen. Die Intensität dieser religiösen Erfahrung wurde nur noch durch den Umstand gesteigert, daß unseren Freunden das Leben geschenkt wurde.