Deine Spieler agieren außergewöhnlich aufmerksam und engagiert, wie ich finde. Andere Gruppe könnten schon einmal sagen, ein Kneipenstreit oder die Beerdigung eines Fremden ginge sie nichts an, mir sind Deine neugierigen und mit einem moralischen Standpunkt versehenen SCs lieber.
Das rührt daher, dass es sich um jahrelange Cthulhu-Spieler handelt, die hinter jedem schief stehenden Stein ein finsteres Geheimnis oder eine Verschwörung vermuten, alles ganz genau hinterfragen und jedem noch so kleinen Hinweis auf den Grund gehen.
Das sorgt einerseits dafür, dass man sie als SL auch mit kleinen Hinweisen prima ködern kann, aber andererseits muss man auch unheimlich aufpassen, was man den Spielern sagt, und sogar,
wie man es ihnen sagt. Es genügt ein unbedachtes Wort, und schon steuert das Ganze ungewollt in die vollkommen falsche Richtung. Die Spieler dann wieder auf den richtigen Weg zu bringen, ist ungeheuer schwierig. Um mal ein Beispiel zu geben:
Ich habe mal ein englisches Abenteuer geleitet, in dem ein Brief vorkam, den man den Spielern vorlesen sollte (im Spiel wurde den SC der Brief von einem NSC vorgelesen, der ihr Auftraggeber sein sollte und dem dieser Brief in die Hände gefallen war). Da ich nicht dazu gekommen bin, den Text vor dem Spielabend zu übersetzen, habe ich ihn beim Vorlesen simultan auf Deutsch übersetzt, was natürlich dazu führte, dass ich nicht besonders flüssig vorgetragen habe (um nicht zu sagen: ich habe mir einen zurechtgestottert). Die Spieler dachten aber, der NSC stottert beim Vorlesen, weil er ihnen wichtige Details aus dem Brief verheimlichen will, und haben ihm von da an nicht mehr über den Weg getraut - und ich konnte mir nicht erklären, warum. Erst Stunden später hat sich dieses Missverständnis aufgeklärt.
Ich merke, daß es gar nicht einfach ist, auf andere Spielstile ausgerichtete Ideen zu haben. Ich kann mir vorstellen, daß daher meine Ideen nicht so recht passen.
Wie man aus obigem Absatz ersehen kann, ist es bei unserer Gruppe ungeheuer wichtig, dass die Story absolut wasserdicht ist. Findet sich irgendwo auch nur die kleinste Ungereimtheit oder logische Inkonsistenz, dann kann man davon ausgehen, dass meine Spieler darauf stoßen und dann stundenlang darauf herumreiten werden ("Wie kann das denn sein?", "Da stimmt doch irgendwas nicht.", usw.). Ich muss also minutiös darauf achten, dass alle Puzzlestücke 100%ig zusammenpassen, auch was die Motivation der NSC und den zeitlichen Ablauf angeht. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, die Spieler suchen absichtlich nach solchen Dingen, nur um mir als SL genüßlich einen Fehler unter die Nase reiben zu können, aber das ist eine andere Geschichte... *g*
Dadurch wird das Improvisieren natürlich ungeheuer erschwert und ist für den SL eine echte Herausforderung. Es muss einfach jedes Detail stimmen. Was prinzipiell auch bei meinen Spielern ganz schlecht ankommt, sind Ereignisse, auf die sie keinen Einfluss haben (oder keine Chance sehen, darauf Einfluss nehmen zu können), wie z.B. die Tatsache, dass sie es nicht geschafft haben, Solyvan wieder auszugraben (das war für sie schon viel zu sehr "Railroading", normalerweise hätte das ja funktionieren müssen). Gegängelt zu werden ist für sie der totale Horror ("Ist ja eh egal, was wir machen, das passiert ja sowieso..."). Du siehst also: Meine Gruppe zu leiten ist kein Zuckerschlecken: Einerseits bin ich gezwungen, alles minutiös vorzubereiten, aber wenn durchschimmert, dass alles minutiös vorbereitet ist, und die Spieler das Gefühl bekommen, dass ja eh alles so kommen wird wie von mir geplant, dann ist das auch wieder Mist.
Grundsätzlich bin ich aber für jede Idee dankbar, auch wenn sie vielleicht in meiner Gruppe schwierig umzusetzen ist. Letzteres soll mal ruhig mein Problem bleiben.
Zuerst zu der Frage der schrittweisen Pentagramm-Aktivierung. Was hälst Du von der Idee, daß je ein Knochenstück (vielleicht von Dracon (wenn Du auf ihn als Endgegner verzichten würdest) oder von etwas mächtigerem, dessen Knochen schon Dracon suchte) vor die Spiegel jedes der fünf Pylone gesteckt werden muß, um es durch Mondlicht voll zu aktivieren. Es stecken nun schon von den Vecna-Leuten gefundene Stücke in zwei Pylonen, und die Wirkung ist noch recht milde. Wenn aber das Pentagramm komplettiert ist...
Sehr gute Idee! Ich würde allerdings nicht Knochenstücke nehmen (denn auf Dracon als Endgegner möchte ich auf keinen Fall verzichten), sondern magische Prismen, durch die das Licht geleitet werden muss (längliche Stäbe aus Edelstein-Material, die in eine Halterung in den Spiegeln eingesetzt werden müssen). Allerdings lassen die Vecna-Leute die Prismen natürlich nicht leichtsinnigerweise in den Halterungen stehen, wenn das Pentagramm nicht gebraucht wird, sondern nehmen sie nach der Vollmond-Nacht wieder mit in ihren Unterschlupf. Damit würde sich auch das Kerkeroid-Problem erledigen. Und ich habe die Möglichkeit, die Gruppe in einen rasanten Wettlauf gegen den Kult um den Besitz der Prismen zu verwickeln. Ich muss mir das Ganze nochmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen, aber ansonsten: Grandios! Dann muss ich mir nur noch überlegen, wo die restlichen Prismen versteckt sein könnten.
Zur Frage des Hinauszögerns: Du hast schon gemerkt: ich schätze das Fantasy-Rollenspiel ab und zu (!) groß, laut und mächtig; was hälst Du von einer Vision für die Gruppe bei der nächst besten Gelegenheit (Nachtruhe, Bewußtlosigkeit, schwarzmagische Explosion oder ähnliches), die die Spielerfiguren in den Tag der Vernichtung Dracons versetzt. Sie erleben "live" ein paar Momente mit, erhalten Puzzlestücke, die sie erst später in Zusammenhänge bringen können - und als sie erwachen, sind ganze drei Tage vergangen.
Prinzipiell eine super Idee! Also: Vision/Traum ja, aber drei Tage Koma: nein. Grund: Das riecht zu sehr danach, genau auf Solyvans Bedürfnisse abgestimmt zu sein (entgegen meiner bisherigen Vermutung wussten zumindest einige meiner Spieler nämlich sehr wohl, dass es sich bei dem Sturz in die Gruft um eine Voraussetzung für Solyvans Bleichen Meister handelt, dachten aber sogar, dass der gesamte Friedhofs-Plot nur deswegen stattgefunden hat, und haben sich darüber im Nachhinein etwas mokiert. Ich will sie in diesem Glauben nicht auch noch bestärken). Ich werde mir nochmal genau durch den Kopf gehen lassen, ob das mit unserer Gruppe funktioniert, aber grundsätzlich halte ich diese Vision für sehr cool! Wahrscheinlich wird es aber auf einen mehr oder weniger "normalen" Traum hinauslaufen, den sie nach der Untersuchung von Dracons Turm oder dem Sammeln von Informationen darüber haben werden. Oh, darauf freue ich mich schon! *g*
Wenn Du Dir die Erkundung des Labores allerdings aufsparen willst, dann mach es den Figuren entsprechend schwer, den (verschütteten?) Eingang in der Nähe von Dracons Turm zu finden.
"Entsprechend schwer" reicht in diesem Fall leider nicht. Wenn der Eingang dort ist, dann werden sie ihn auch finden. Denn: Wenn sie auf normalem Weg nichts finden, dann suchen sie alles mit "20 nehmen" ab, und wenn sie ihn dann nicht finden, dann kann nach deren Auffassung dort auch nichts sein und sie kehren nie wieder dorthin zurück. Gebe ich ihnen später Hinweise auf einen verschütteten Zugang, dann kommt sofort: "Wie kann das denn sein? Wir haben doch alles ganz genau abgesucht. Da hast Du nichts von einem Schutthaufen an dieser Stelle erzählt". Ich denke, ich werde also das Labor vom Turm trennen und irgendwo in die Stadt verlegen. Mir fehlen ja eh noch zwei Pentagramm-Pylone, da ich die Todesklippe nicht einsetzen kann (ein Ettin so nah an Hochvolk auf einem einsamen Fels, das passt irgendwie nicht) und der alte Friedhof ist ja jetzt im Zentrum des Pentagramms. Einen Pylon kann ich sicherlich mit dem Labor Dracons (dann wohl im Armenviertel von Hochvolk) ersetzen. Über den anderen muss ich mir noch Gedanken machen. Der Unterschlupf des Vecna-Kultes soll es jedenfalls nicht sein, denn dann wird der zu schnell von den SC gefunden. Phrences' Haus wäre zwar cool, aber dann kommen sie zu schnell auf die Idee, dass dieser etwas mit der Sache zu tun hat. Naja, mal sehen.
Apropos: Auf der Karte in Deinem Abenteuer ist die Position des Pentagramms ja eingezeichnet, und von jedem Pylon scheinen vier Linien auszugehen. Im Text ist aber immer nur von zwei Spiegeln bzw. Schießscharten/Fenstern etc. die Rede. Ich nehme also mal an, den "Außenkreis" hast Du nur zur Veranschaulichung mit auf die Karte gemalt. Ich denke, ich werde ihn aber tatsächlich mit einbauen, wobei er in meinem Fall aber wirklich rund sein wird. Dadurch müssen die Spiegel natürlich magisch sein (ist ansonsten ein bisschen schwierig, einen Lichtstrahl eine Kurve ziehen zu lassen... *g*). Da die Spieler aber nicht wissen, dass der Strahl eine Kurve beschreibt, wird sie dies aber erst mal ganz schön in die Irre führen... und außerdem sind die Spiegel dadurch ein bisschen schwerer zu zerstören.
Bin gespannt, wohin es Deine Leute treibt!
Und ich erst! Ich werde hier auf jeden Fall weiter Bericht erstatten.
P.S. Gibt es den Pale Master auch in einem der 3.5-Complete-Bücher?
Ich kann es nicht selber überprüfen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass er in keinem Complete-Werk auftaucht. Wenn, dann wäre er wohl am ehesten im "Complete Arcane" zu finden, und zumindest in der Rezi (hier im Gate) wird er nicht erwähnt.
Nochmals vielen Dank für Deine vielen Tipps und Inspirationen! Mein großes Problem ist immer, auf neue Ideen zu kommen. Bestehende Ideen passend umzuarbeiten und zu verfeinern, das kriege ich noch hin, aber irgendwie fehlt mir immer der Zündfunke für Neues. Und dabei hast Du mir schon sehr weitergeholfen.