Autor Thema: Norg Schwertbrecher  (Gelesen 2653 mal)

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Ahpüh

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Norg Schwertbrecher
« am: 19. März 2005, 13:20:00 »
 Hier ist die Vorgeschichte meines derzeitigen D&D Chars (Hobgoblin, Ftr 9, Rog 1, Asn 2). Inspiriert wurde das ganze sehr von Kentaro Miuras "Berserk". Das Ende ist etwas kurz, aber die geschichte ist noch ständig "in der Mache". C&C wäre nett.



Das brackige Wasser aus der Bilge stank bis hinauf in die Kabine, aber den Gestank in der Kabine ertragen zu müssen war besser als das Auf und Ab der Wellen ansehen zu müssen. Selbst nach den Wochen die sie bereits auf See waren hatte er sich noch nicht an den Seegang gewöhnt. Sanft schaukelte die Kabine von Seite zu Seite und versetzte die kleine, an einem Strick von der Decke baumelnde Öllampe in wiegende Bewegungen die verzerrte Schatten über den Boden und die Wände gleiten ließen. Er haßte die Seefahrt; die feuchte Luft lies seine Narben schmerzen.

Der große Hobgoblinkämpfer saß mit dem Rücken an einen Balken gelehnt auf einer Seekiste und betrachtete nachdenklich das große zweihändige Schwert in seinen schwieligen Händen. Es war ein außergewöhnliches Schwert das er zu einem guten Preis von einem Händler in der Stadt Freeport erstanden hatte. Der Griff war lederumwickelt für einen guten Halt im Kampf und überlang, so daß Norg genug Hebelwirkung auf die massive Klinge ausüben konnte, wenn er seine Feinde mit ihr zerschmetterte. Der lange Griff ging über in einen sehr schmalen Handschutz der auch gleichzeitig als Befestigung für die Klinge diente. Norg verließ sich lieber auf sein Geschick im Umgang mit dem Schwert und seine Reflexe als auf eine breite Parrierstange. Wenn er sich zu sehr auf die Parrierstange verließ um das Schwert eines Gegners aufzufangen, würde ihn das unvorsichtig und nachlässig werden lassen.

Dann endlich begann die fast zwei Meter lange Klinge des Schwertes. Sie verlief gerade bis sie sich in einem sanften Bogen zurückbog zu einer rasiermesserscharfen Spitze. Nur die vordere Seite der Klinge war scharf geschliffen. Wenn man sich Mühe gab, konnte man ein schwaches, dunkelrotes Glühen erkennen, das von ihr aus ging. Obwohl es sich um besten Stahl handelte der darüber hinaus auch noch verzaubert worden war um die Klinge scharf zu halten zeigten sich doch schon Gebrauchsspuren auf der stark strapazierten Klinge. Die feuchte, salzige Meeresluft trug auch nicht zur Erhaltung der Klinge bei, die schon in den Kämpfen die Norg bestritt einiges aushalten mußte. Seufzend griff er in seine Gürteltasche um Wetzstein, einen alten Lappen und ein kleines Fläschchen mit Waffenöl hervor zu holen. Mit routinierten Bewegungen zog er den Stein über die Klinge, mehr aus Gewohnheit als aus Notwendigkeit und verfiel bald darauf in tiefere Grübeleien.

"Mein Leben ist wie das Leben dieses Schwertes, von Anfang an von Gewalt erfüllt. Zuerst wird das Erz mit Spitzhacken aus der Erde gebrochen. Es wird in glühenden Öfen erhitzt um wertlosen Stein von edlem Metal zu trennen. Dann wird das glühende Eisen mit Hämmern bearbeitet um auch die letzten Reste von Schlacke aus der Klinge zu vertreiben. Das glühende Schwert wird dann mit kaltem Wasser abgeschreckt um aufs neue erhitzt zu werden falls noch weitere Arbeiten an der Klinge vorzunehmen sind. Kaum anders als mein Leben. Immer aufs neue geprüft und gehärtet. . ."

Zufrieden mit seiner Arbeit legte er den Wetzstein beiseite um nach Tuch und Öl zu greifen. Das Öl sollte die Klinge einige Tage vor der feuchten Meeresluft schützen, falls er nicht schon morgen wieder einen Gegner mit seinem Schwert niederstrecken und die Klinge in Blut tauchen würde. Norgs Blick blieb kurz an der Reflektion seines eigenen Gesichts auf der breiten Klinge hängen.
„Eine Axt kann man noch zu etwas anderem als zum morden verwenden. Man kann etwas bauen mit einem Hammer. Selbst ein Dolch hat noch andere Verwendungen als den Gebrauch im Kampf. Aber ein Schwert ist ein Werkzeug zum Töten, es hat keinen anderen Zweck, keine andere Aufgabe. Genau wie ich selbst“, dachte er grübelnd.
"Ich kann nichts anderes als töten. Ich bin ein schlechter Jäger, ich kann mich nicht mit den Generälen messen wenn es um Strategie geht, sobald ich vom Schiff falle bin ich so gut wie ersoffen da ich kaum schwimmen kann. Legato, der Knochenpriester, hat Gewalt über mystische Energien und kommandiert die Untoten. Was kann ich? Was habe ich? Einen starken Arm und zwei Meter Stahl in der Faust..."

Der Lappen wanderte zurück in Norgs Tasche und die Klinge glänzte nun unter ihrem schützenden Ölfilm. Das Schwert an die Schulter gelehnt setzte er einen Fuß auf die Kiste und legte das Kinn auf sein Knie. Das leichte Wiegen der Kabine ließ ihn schläfrig werden und tiefer in alte Erinnerungen tauchen. Erinnerungen an Zeiten die er glaubte vergessen zu haben. Erinnerungen die er vergessen wollte- Erinnerungen an früher...

Sein Stamm wurde bei einem Überfall fast vollständig ausgelöscht. Die Orks raubten was zu rauben war und verbrannten das, was sie nicht fortschleppen konnten. Seine Mutter wurde hochschwanger an einem nahen Baum aufgeknüpft, zusammen mit den Alten, Gebrechlichen und allen anderen die keinen Wert als Sklaven hatten und nicht arbeiten konnten. Das Schicksal aber wollte es, das eine vorbeiziehende Söldnertruppe die schwächliche Frühgeburt fanden, die schreiend in einer Pfütze aus Blut und Fruchtwasser unter dem baumelnden Leichnam seiner Mutter lag. Aus einer Laune heraus wurde er von dem Söldnerhauptmann, ebenfalls einem Hobgoblin, mitgenommen.

Er war ein kränkliches und schwaches Kind für die ersten Jahre seines Lebens. Er fiel den Söldnern zur Last und diese ließen es ihn spüren wo es nur ging. Zuerst bestand seine Aufgabe darin, den Köchen zu helfen. Er sammelte Holz, wusch Geschirr und trug Vorräte. Niemand nahm Rücksicht auf das Kind. Da er bei den Söldnern essen konnte, sollte er sich dies auch verdienen und arbeiten wie jeder andere. Das anstrengende Leben sorgte dafür, daß das schwache Hobgoblinkind schnell an Kraft gewann. Mit 5 Jahren begann dann das Training im Schwertkampf für Norg. Auch hier ließen die übrigen Söldner keine Möglichkeit ungenutzt um dem jungen Hobgoblin zu zeigen, daß er ihnen unterlegen war. Um sich einen Scherz zu machen, ließen sie ihn direkt mit einem großen Breitschwert üben, einer Waffe die für ein Kind kaum zu heben war. Sie lachten und scherzten wenn er sich mit der schweren Waffe abmühte und unter den Schlägen seiner "Lehrer" zusammenzuckte. Stur wie er war stand Norg diese Torturen durch. Er schwor sich keine andere Waffe anzunehmen, falls die Söldner ihm jemals eine andere anbieten sollten, was aber nie geschah. Mit der Zeit wurden seine Arme kräftig genug um das Schwert zu heben und erste, unbeholfene Schwünge zu machen. Sehr zur Erheiterung der Söldner konnte Norg das schwere Schwert nun zwar heben und ungelenk schwingen, aber das Gewicht der Waffe riß ihn dann von den Füßen. Oft schlug er gegen einen Baum, Stein oder einen Wagen der Söldner was dazu führte, daß sein Schwert schnell schartig und stumpf wurde und brach, da niemand ihm beibrachte wie er es zu pflegen hatte. Anstatt ihm nun ein Kurzschwert zu geben erhielt er von den Söldnern aber immer nur neue Lang- und Breitschwerter aus ihrer Kriegsbeute, die er dann auch nach kurzer Zeit zerbrach. Dies brachte ihm unter den Söldnern den Namen "Schwertbrecher" ein, den Norg wie nichts anderes auf der Welt haßt. Wenn immer er diesen Namen hört erinnert es ihn an seine Kindheit, an die Häme der Söldner und an ihr Lachen.
Niemand würde jemals wieder über ihn lachen.

Ein plötzliches Schlingern des Schiffes lies Norg aus seinem Schlaf hochschrecken. Das Öl in der Lampe war merklich weniger geworden. Er würde noch den letzten Rest des Tageslichts verschlafen wenn er weiter unten in der Kabine hockte. Er richtete sich auf um den Harnisch seiner Rüstung umzuschnallen. Darüber folgte der Waffengurt der sein Schwert auf dem Rücken und seine Wurfdolche auf der Brust hielt. Um sich vor Wetter und Wellen zu schützen zog er schließlich seinen Kapuzenumhang über. Der dunkle Umhang war anderes als andere Umhänge so geschneidert, daß er nicht vorne, sondern auf der rechten Seite offen war. Dies erlaubte Norg sein Schwert vom Rücken zu ziehen ohne es über dem Umhang tragen zu müssen. Schließlich zog er noch die Panzerhandschuhe der Rüstung an und machte sich auf den Weg zum Vorderdeck.

Wie täglich trat er hinaus auf das Deck des Schiffes. Da es bereits angefangen hatte zu dämmern erschien ihm der Wellengang nicht mehr ganz so stark. Er schritt das Deck entlang, den Blick starr geradeaus auf das Bugsegel gerichtet um nur nicht die Wellen sehen zu müssen. Er würde diesen Admiral den sie jagten bezahlen lassen, daß er dies ertragen mußte. Schlimmer waren die Seeleute. Orks. Wie er sie haßte, jeden einzelnen des grünen Dreckspacks. Wie sie über ihn lachten wenn sie dachten, daß er sie nicht hört. Aber er hörte sie, er sah sie. Am zweiten Tag ihrer Reise hatte er einen von ihnen und sich selbst fast ertränkt, nachdem dieser ihn aufgrund seiner Seekrankheit beleidigte und als schwache Landratte bezeichnet hatte. Die Schlägerei die darauf ausbrach war nichts Ungewöhnliches an Bord eines Orkschiffes, aber normalerweise hören die Kontrahenten auf aufeinander einzudreschen wenn sie ins Wasser fallen. Aber Norg war vollkommen von Sinnen. Wie ein roter Schleier legte sich die Wut über seine Augen und selbst als seine Rüstung ihn und den Matrosen unter Wasser zog konnte er nicht aufhören zu schlagen, zu treten, zu kratzen und zu beißen. Erst als man sie mit Tauen gerade noch rechtzeitig aus dem Wasser fischte verrauchte seine Wut. Er war ein bedachter Kämpfer der seine eigenen Stärken und Schwächen mit denen seines Gegners verglich und überlegt angriff, aber in letzter Zeit war es, als ob ein Damm in ihm zerbrochen und etwas dunkles freigesetzt worden wäre. Er mußte gegen die Raserei ankämpfen. Jeder Kämpfer kennt das Schlachtenfieber, Norg hatte es schon hundertmal und öfters erlebt, allerdings noch nie so intensiv wie in den vergangenen Wochen. Wie bei den schlafenden Höhlenbären die er in einer Höhle fand. Diese unbedachte Begegnung hatte tiefe Spuren an seinem Körper hinterlassen, wie eine Reihe von drei Narben die sich quer durch sein Gesicht zog, nachdem einer der wütenden Bäre ihn quer durch die Höhle geprügelt hatte, deutlich zeigte.

Die Seeleute behandelten ihn nun mit mehr Respekt, aber tief in seinem Inneren wußte Norg, daß sie noch immer Lachten wenn sie sich sicher vor ihm fühlten. Aber sie würden bezahlen, irgendwann würde er nicht im Auftrag von Doomhammer unterwegs sein und dann würde seine Zeit kommen. Er stellte sich breitbeinig auf das vordere Deck. Außer ihm war niemand dort der ihm im Weg stehen würde. Er hatte das Deck vom ersten Tag ihrer Reise an für seine Schwertübungen benutzt und die Matrosen wußten nun, daß man ihn dabei nicht störte. Selbst der Kapitän des Schiffs mischte sich da nicht ein. Er zog den Zweihänder mit rechts und begann seine Übungen. 100 Schläge mit dem Schwert; einhändig. Wieder und wieder im gleichen Rhythmus sauste das Schwert hinunter um gleich darauf wieder in den Himmel zu ragen. Das Licht der untergehenden Sonne spiegelte sich auf der magischen Klinge und verstärkte das Leuchten, sie sah aus wie in frisches Blut getaucht.
Blut auf einer Schwertklinge. Erneut wurde Norg von Erinnerungen übermannt. . .

Von dem Tag an als er richtig laufen konnte lernte Norg das Schlachtfeld kennen. Zuerst trug er Pfeile, Bolzen und Ersatzarmbrüste und -Bögen heran für die Schützen der Söldner, er trug auch Pavisen als Schutz für sie wenn keine natürliche Deckung vorhanden war. Später folgte er den Kriegern in die Schlacht um mit der Pike aus der zweiten Reihe zu kämpfen und seinen Kameraden den Rücken frei zu halten. Er wurde ständig weiter im Schwertkampf unterwiesen und bekam langsam aber sicher die Kontrolle über das Schwert das er führte. Er wuchs unter den grausamen Bedingungen zu einem großen, muskulösen Jüngling heran der sich seinen Sold im dichtesten Getümmel der Schlacht verdiente. Immer im Angriff schritt Norg von einem Kampf zum nächsten. In einer Schlacht war er es, der den feindlichen General tötete und fürstlich dafür belohnt werden sollte, aber seine Kameraden beneideten ihn um seinen Erfolg. Sie konnten nicht verstehen, daß der Jüngling, der das Ziel all ihrer Späße gewesen war, nun erfolgreicher war als sie, die Veteranen der Söldnertruppe. Sie planten ihn zu überfallen und zu töten.

Vier von ihnen schlichen sich nachts zu dem Zelt in dem Norg schlief. Sie erwarteten, ihn schlafend vorzufinden. Trunken von seinem Erfolg, dem billigen Wein der Marketender und den Dirnen, die der Truppe folgten wohin sie auch zog. Als sie in das Zelt stürmten, um den überraschten Norg zu töten bot sich ihnen aber ein ganz anderer Anblick.

Norg saß auf einem einfachen Stuhl, sein Zweihandschwert in der einen und einen Wetzstein in der anderen Hand. Instinkte und Reflexe die seit seiner Kindheit geformt wurden ließen ihn auf die vier bewaffneten Mörder reagieren bevor er überhaupt bewußt wahr nahm, daß er angegriffen wurde. Er flog vorwärts aus dem Stuhl, das Schwert in einem niedrigen Bogen von unten nach oben schlagend und trennte dem ersten Ork der ihn erreichte beide Arme an den Ellbogen ab. Aus dem Gleichgewicht gebracht stürzte dieser über Norgs Feldpritsche zu Boden wo er liegenblieb um zu verbluten.

Der zweite Angreifer, ein schmächtiger Hobgoblin in einem ramponierten Lederpanzer, schlug mit einem Streitkolben nach Norgs Kopf, aber dieser bückte sich im letzten Augeblick unter dem Schlag weg. Noch beflügelt von seinem Schwung schmetterte er mit der Schulter in den anderen Hobgoblin und warf ihn zurück in die Arme des dritten Angreifers. Norgs Schwert flog in seinen Händen herum als er blitzschnell den Griff wechselte, so daß die Klinge nach unten zeigte. Er baute sich mit erhobenem Schwert über seinen gefallenen Möchtegern-Mördern auf um sie zu erledigen. Wie ein stahlfarbener Blitz schoß das Schwert hinab und nach hinten um dem vierten Angreifer, der sich von hinten an Norg herangeschlichen hatte, in die Brust zu fahren. Der Gnoll röchelte, hustete einen großen Schwall schwarzen Blutes und brach zusammen. Die beiden anderen Söldner, die sich windend immer noch zu Norgs Füßen lagen, starben unter zwei schnellen, verächtlichen Stichen.

Wissend, daß seine Zeit bei den Söldnern nun zu Ende ging stopfte er seine wenigen Besitztümer ein einen Rucksack und trat hinaus in die Nacht. Er kehrte der Söldnerkompanie, die sein Heim und seine Familie für den größten Teil seines Lebens war, den Rücken ohne sich umzudrehen. Frei und ungebunden trat er hinaus in die Welt um seinen Platz zu finden und einem anderen Hobgoblin, Legato dem Knochenpriester, zu begegnen. Aber dies ist eine andere Geschichte. . .
 

Falkenblut

  • Mitglied
Norg Schwertbrecher
« Antwort #1 am: 19. März 2005, 15:07:02 »
 Wow. Sehr gut und spannend erzählt. Man kann sich richtig in deinen Kämpfer versetzen.
Es wäre recht interessant zu wissen was das Schwert alles kann...
Würde gern mehr lesen.
Mfg Falkenblut
Lernen durch Schmerz

Ahpüh

  • Gast
Norg Schwertbrecher
« Antwort #2 am: 20. März 2005, 22:13:51 »
 Hier ist ein anderer Teil der Saga von Norg. Ich habe angefangen ihn zu schreiben, nachdem ich die Corrupted Creature template im Book of vile darkness gesehen habe. Das ganze spielt schon etwas weiter in Norgs Zukunft und ich muss jetzt nur noch die Zeit dazwischen ausfüllen.

@Falkenblut: Danke für die guten Kommentare :) Da unser SL etwas kauserig ist, ist mein mächtiges Schwert ein +1 Zweihänder mit der Keen verzauberung, mehr nicht.


Der schmale Lichtstrahl der durch den halboffenen Fensterladen fiel war merklich dunkler geworden seit Norg das letztemal von seinem Spielzeug aufsah. Die kleine Küche der Hütte, in der er sich mit seinem Spielzeug amüsiert hatte, war kaum noch erhellt, aber seinen veränderten Augen machte das graue Halbdunkel des kargen Raumes nichts aus. Die Sonne ging unter, Norg mußte sich auf den Weg machen. Er knurrte leise mißbilligend als er den jungen Mann, mit dem er sich die Zeit bis Sonnuntergang vertrieben hatte, anstieß ohne eine Regung zu erzielen. Der Jüngling, wohl keine siebzehn Sommer alt und in ehemals kostbare Kleidung die nun in zerschnittenen Fetzen von ihm herabhingen gekleidet, lag auf dem einzigen Tisch der Küche. Er trug keine Fesseln, da Norg ihm sämtliche Sehnen und Bänder in Armen und Beinen durchtrennt hatte, aus eigener Kraft würde er sich nie wieder bewegen können. Mit einer zärtlichen Geste fuhr Norg ihm ein letztes mal über die Wange, erneut fasziniert davon, wie einfach sich die Haut vom Fleisch löste unter seinen Krallen; der Mensch reagierte nicht auf die Schnitte und den Schmerz. Norg seufzte tief und lies achtlos die schmale, schwarze Klinge fallen die er bis jetzt in der anderen Hand hielt. Das Skalpell löste sich in schwarzen, übelriechenden Dampf auf noch bevor es den Boden erreichte. Langsam senkte er seinen Kopf neben das Ohr des Sterbenden, den Geruch von Blut, Exkrementen und Furcht gierig einatmend.
„Ihr sterbt zu einfach,“ krächzte er heiser, aber der Mensch war durch Stunden von Folter und Qualen zu keinem Gedanken mehr fähig, sein Geist hatte sich zurückgezogen und alle äußeren Einflüsse abgeblockt; Norgs Worte waren verschwendet an ihn.

Ein letztes Mal blähten sich Norgs Nüstern, der Geruch von Angst war köstlich, bevor er sich abrupt aufrichtete und zur Tür ging. Er würde dem Jungen die Kehle nicht durchscheiden, entschied er, vielleicht fand man ihn noch und konnte ihm helfen bevor er verblutete. Das würde die Gerüchte in der Stadt noch mehr anschüren. Leise kichernd verließ er die Küche, wo er sich bis jetzt aufgehalten hatte und betrat den Wohnraum der Hütte. Ohne sie zu beachten ging er vorbei an den vier Leichen der Familie, die er ermordet hatte, um sich in ihrer Hütte ungestört mit dem Jungen beschäftigen zu können. Die Bauernfamilie hatte sich noch als viel weniger unterhaltsam erwiesen als der junge Adelige, vor allem die Kinder hatten ihn enttäuscht.
Menschen starben zu einfach.

Vor der einfachen Holztüre blieb er wie angewurzelt stehen. Sein Blick fiel auf den kleinen Spiegel der neben dem Türrahmen an einem Haken hing; wahrscheinlich ein Erbstück und der kostbarste Besitz der ehemaligen Bewohner. Wie gebannt starrte er auf die Reflexion: Seine Haut war nicht länger grün wie die anderer Hobgoblins sondern weißlich durchscheinend, man konnte dem Verlauf jeder blauen und dunkelroten Ader folgen. Alles Fett und Fleisch war wie aus seinem Gesicht herausgebrannt und die Haut spannte sich über den Schädel; stellenweise war sie rissig und blutig. Seine Augen waren tiefgelb und geschlitzt wie die einer Katze und seine verlängerten Fänge hatten seine Lippen zerfetzt. Er war ein fleischgewordener Alptraum, er war eine Gestalt aus Schauergeschichten, er war widerwärtiger als alles, was jemals aus den Neun Höllen hervorkriechen könnte. Das leise kichern das er bis jetzt nicht unterdrücken konnte schwoll an zu einem kurzen, haßerfüllten Aufheulen und aus den Falten seines zerrissenen, dunklen Umhanges schoß seine Hand hervor. Er fetzte den Spiegel von der Wand und hinterließ tiefe Klauenspuren im Holz und im Türrahmen. Mit dem Absatz zertrat er den Spiegel als er hinaus in die sternenklare Nacht trat. Er mußte länger in den Spiegel gestarrt haben, als er gedacht hatte, schoß es Norg durch den Kopf als er und die Dunkelheit verschmolzen.



Sein Herr und Meister hatte ihn beauftragt den Geldwechsler zu töten. Eine solche einfache Aufgabe war fast schon eine Beleidigung für ihn und er mußte ein wütendes Knurren, das sich tief in seinem Inneren aufbaute, unterdrücken.
Er war zu Gehorsam verpflichtet, seit seiner Veränderung war er das loyale Werkzeug des Knochenpriesters. Er war mehr als ein Werkzeug, er war eine blankgezogene Waffe und brachte Furcht und Tod wohin man es ihm befahl.
Er wurde benutzt, daß wußte Norg. Aber es war ihm egal, schließlich tat er, was er am besten konnte. Er brachte den Tod.

Er überwand die Mauer zum Anwesen des Geldwechslers ohne Probleme und verharrte einen Augenblick, zusammengekauert wie ein Wasserspeier und betrachtete das prunkvolle Gebäude das inmitten des Gartens lag, der sich nun vor ihm erstreckte. Daß ihn ein Wächter vielleicht sehen konnte bezweifelte Norg, die Dunkelheit umarmte und schmiegte sich an ihn wie eine Geliebte. Seine Geliebte würde nicht zulassen, daß man ihn frühzeitig entdeckte, dachte Norg grinsend , als er die Kapuze seines Umhangs über den Kopf zog. Mit kräftigen Beinen stieß er sich ab und sprang die drei Meter hinab auf den graßbewachsenen Boden ohne ein Geräusch zu verursachen. Er sank auf ein Knie und beobachtete die Umgebung während sich sein Umhang wie ein Paar zerrissener schwarzer Flügel um ihn herum senkte. Er war vollkommen alleine.

Wie ein Geist schlich er durch fein zurechtgestutzte Büsche und Hecken, verharrte hinter Ziersträuchern um sich vor vorbeigehenden Wächtern zu verstecken. Er erreichte das prachtvolle, dreistöckige Haus ohne jemanden auf seine Anwesenheit aufmerksam zu machen. Langsam schlich er um das Haus herum um an der Rückseite drei kleine Steine aus einer Gürteltasche zu nehmen.
Er kicherte wieder leise, voller Vorfreude wie ein Kind.

Bevor er zusammenbrach hatte ihm der Junge alles erzählt; welche Wächter er bestochen hatte, welchen Weg er nehmen wollte und in welchem Rhythmus er drei Steine an das oberste Fenster werfen sollte, damit ihm die Tochter des Geldwechslers öffnen würde.
Aber anstatt einer Nacht voller Leidenschaft stand ihr nun etwas ganz anderes bevor.
Erneut vergewisserte sich Norg, daß ihn niemand bemerkt hatte. Er beachtete die Leiter, die hinter einem Busch versteckt war, nicht weiter, murmelte einen kurzen Zauberspruch und warf die drei Steine an das Fenster. Als die Vorhänge beiseite gezogen wurden und das Fenster sich öffnete spannte Norg seine Muskeln und sprang. Durch die Magie des Zaubers beflügelt katapultierte er sich durch das Fenster und schmetterte die zierliche Gestalt die am Fenster stand beiseite. Der wollige, weiche Teppich dämpfte das Geräusch als das Mädchen der Länge nach hinschlug fast vollständig und Norg selbst landete geräuschlos wie eine Katze, rollte sich ab und packte das Mädchen bevor sie auch nur schreien konnte.



Für Talyssa, die jüngste Tochter des Geldwechslers schien es, als ob die Nacht lebendig geworden wäre und in ihr Zimmer explodierte. Sie hatte den ganzen Abend erwartungsvoll in ihrem Bett gelegen und auf das vereinbarte Zeichen gelauscht. Als ihr Liebster sich zu verspäten schien dachte sie bereits, daß sie vielleicht eingenickt sei und ihn verpaßt hatte, aber sie war viel zu aufgeregt und ihr Herz hämmerte zu wild, als daß sie überhaupt hätte schlafen können. Als endlich die drei Steine gegen ihr Fenster prallten flog sie praktisch unter ihrer Bettdecke hervor und ans Fenster. Als sie den Vorhang beiseitegezogen und das Fenster geöffnet hatte um Jorran, ihren geliebten Jorran, endlich wieder in die Arme schließen zu können war es, als ob die Dunkelheit Gestalt angenommen hätte um sich in ihr Zimmer zu drängen. Während sie zur Seite gestoßen wurde und hinfiel sah sie, wie sich die Dunkelheit von dem Eindringling schälte wie ein Leichentuch, das man von einem toten Körper zurückzieht. Der Eindringling landete und packte sie in einer schnellen, geschmeidigen Bewegung mit einer schrecklich bleichen Hand am Hals und hob sie mühelos hoch bis ihre Füße weit über dem Fußboden baumelten. Talyssa versuchte sich zu wehren, sie trat nach dem Einbrecher und grub ihre Nägel in dessen Hand ohne eine Reaktion zu erzielen. Sie versuchte um Hilfe zu schreien aber durch den eisenharten Würgegriff konnte sie nicht einmal nach Luft japsen. Ihre Lunge brannte und verlangte nach Sauerstoff der nicht kommen konnte, ihre Augen füllten sich mit Tränen während ihr langsam schwarz vor Augen wurde. Bedächtig und langsam hob der Eindringling seine andere Hand und strich seine Kapuze zurück. Talyssas Augen weiteten sich und schrieen stumm nach Hilfe als sie sich selbst beschmutzte. Der Eindringling hatte eine Ruine von Gesicht entblößt die selbst ihre schlimmsten Alpträume verblassen ließ. Das Monster hielt sie immer noch am ausgestreckten Arm frei in der Luft und eine entsetzlich lange, tiefrote Zunge schnellte zwischen den Reihen aus scharfen Fängen hervor um ihr über die Wange zu lecken.
Talyssas letzter Gedanke galt ihrem geliebten Jorran, dann endlich fiel sie in gnädige Bewußtlosigkeit.



Norg stand mitten in einem reich eingerichteten Raum der geradezu nach Frauenschlafzimmer schrie. Alles um ihn herum war rot, mit gold verziert und samtig. Das Mädchen war leicht wie eine Feder in seinem Griff. Sie kämpfte wie ein Löwe, trat nach ihm und kratzte über seine Hand; aber wo Schwerter wirkungslos abprallten konnten Mädchennägel noch viel weniger anrichten. Nach wenigen Sekunden war er es leid, ihr zuzusehen und schob seine Kapuze zurück um sein Gesicht zu zeigen. Die Augen des Mädchens sprangen auf und er fühlte wie sie verzweifelt versuchte zu schreien. Der Parfüm- und Mädchengeruch des Zimmers wurde überlagert von dem beißenden Geruch menschlichen Urins als sie die Kontrolle über ihre Blase verlor und sich ein nasser Fleck auf ihrem dünnen Nachtgewand ausbreitete. Genüßlich leckte Norg ihr über die Wange um ihre Furcht noch intensiver zu schmecken. Es war berauschend, so viel reiner und frischer als die Bauern oder der schwächliche Junge von heute Morgen, er könnte die ganze Nacht hier in diesem Zimmer verweilen und sich an ihrer Furcht betrinken. Er war sich sicher, daß sie süß und glockenhell schreien würde, wenn er sie ließe, aber er hatte eine Aufgabe zu erledigen. Als sie in seinem Griff erschlaffte hielt er das Mädchen noch einen Augenblick länger bevor er sie behutsam auf das Bett legte.
Er mußte ganz sachte sein, Menschen starben so einfach.

Norg war sicher, daß sie für einige Zeit bewußtlos sein würde und schlich leise aus dem Zimmer. Er betrat einen Gang der von Öllampen erhellt wurde. Kunstvolle Säulen und Bilder zierten die Wände des Ganges und der Boden war von einem kostbaren Teppich bedeckt. Nach ein paar Schritten verweilte er neben einer weiteren Türe und lauschte angestrengt, konnte aber nichts außer regelmäßigem Schnarchen hören. Der Bruder des Mädchens schlief hier, so wußte Norg von dem anderen Jungen.
Kurz spielte er mit dem Gedanken das Zimmer zu betreten aber er schüttelte heftig seinen Kopf wie ein Tier, das Wasser aus seinem Fell schüttelt, um die ungewollten Gedanken zu vertreiben. Leise ging er weiter den Flur entlang bis sein scharfes Gehöhr Schritte auf der Treppe links von ihm vernahm. Er erstickte die Flamme einer der Öllampen mit einer schnellen Handbewegung und stellte sich in den hinter einer der Säulen entstandenen Schatten.

Wie immer hatte der das Gefühlt als ob sie ihn umarmen würde und willkommen hieß. Die Dunkelheit fuhr seine Gliedmaßen entlang, streichelte über sein Gesicht und berührte ihn sanft als sie seine Wunden kühlte und seine Schmerzen linderte. Das war der Preis den er gezahlt hatte. Macht kam immer zu einem Preis und den Preis, den er gezahlt hatte war immerwährender Schmerz und Dienerschaft. Aber er hatte keine Wahl gehabt. Selbst so stark wie er war, so geschickt wie er im Umgang mit dem Schwert war hatte er keine Chance gehabt, als der die Söldner gestellt hatte, die seinen Stamm vor so vielen Jahren vernichtet hatten. Alleine die Erinnerung daran ließ die Muskeln seines Kiefers zucken und seine Augen sich mit Tränen füllen. Aber er hatte Macht gefunden und sie alle vernichtet, bis zum letzten Mann. Wer hätte gedacht, daß die Söldnerkompanie bei der er aufgewachsen war auch die Söldnerkompanie war, die seinen Stamm ausgelöscht hatte.

Ein Diener in feiner, gut geschnittener Kleidung kam die Treppe herauf und seine Anwesenheit riß Norg aus seinen Erinnerungen. Der Mensch trug ein Tablett mit einer Flasche, einem Glaß und einem Teller mit Brot und Fleisch. Der Mann rümpfte zwar pikiert die Nase als er sah, daß eine der Lampen erloschen war, ging aber trotzdem weiter auf die Türe zu, zu der auch Norg wollte: Zur Tür die in das Arbeitszimmer des Geldwechslers führte.

Der Geldwechsler war ein reicher und mächtiger Mann. In letzter Zeit hatte er, wahrscheinlich vollkommen unwissentlich, durch seine Geschäfte mehrere Pläne von Norgs Herren, dem Knochenpriester, vereitelt oder unnötig verkompliziert. Daß der Mann unverschuldet die Pläne seines Herren störte interessierte Norg nicht, er hatte einen Auftrag erhalten und würden diesen in wenigen Augenblicken abschließen. Die Türe öffnete sich wieder und der Diener trat hinaus, allerdings ohne Tablett. Er ging Richtung Treppe, blieb aber vor der verloschenen Lampe stehen und klopfte die Taschen seines verzierten Wamses ab, um etwas zu finden, mit dem er die Lampe entzünden konnte. „Ach verflucht, heute Nacht kommt hier eh keiner mehr hoch“, murmelte er nach einigen Momenten erfolglosen Suchens und wandte er wieder zur Treppen. Der Mann würde nie erfahren, daß er gerade einem grausamen Tod entgangen war. Norg lächelte flüchtig in seinem Versteck und wartete noch einige Minuten. Er wollte dem Geldwechsler Zeit geben sein Mahl zu genießen, schließlich würde es sein letztes sein.

Norg trat hinter der Säule hervor und es schien fast so, als ob der Schatten an ihm kleben würde, ihn nur widerspenstig loslassen wollte und schattenhafte Arme nach ihm ausstreckte um ihn zurück zu hohlen. Er erreichte die Türe und öffnete sie ohne einen Laut; alle Türen in diesem Haus waren perfekt geölt und knarrten nie. Der Geldwechsler war ein großer Mann mit beginnender Glatze den das Leben und der Erfolg hatten fett werden lassen. Er saß in eine reichbestickte Robe gekleidet an seinem Tisch über Stapel von Papier gebeugt, das Essen unbeachtet und unberührt auf einen Seitentisch verbannt.
„Tja, schade für dich“, dachte sich Norg als er sich durch den Raum auf den Mann zu bewegte. Lautlos wie ein Schatten erreichte er ihn und packte ihn mit seinen starken Armen. Er drehte dem Geldwechsler einen Arm auf den Rücken, klemmte diesen zwischen ihren Körpern ein und legte einen Arm um dessen Hals um ihn am Schreien zu hindern. Der Geldwechsler ruderte hilflos mit seinem freien Arm als Norg einen Schritt zurück machte und den Mann aus dem Gleichgewicht brachte, so daß er drohte hintenüber zu fallen, wenn Norg ihn losließ.
„Heute ist Zahltag“, grollte er dem Mann ins Ohr und kicherte gleich darauf über seinen schlechten Scherz.
„Nerull will eure Seele und der Knochenpriester will euer Leben, Geldwechsler. Mir reicht es schon wenn ihr einfach nur blutet, also blutet für mich, ja?“
Norg setzte an seinem Gefangenen die Kehle herauszureißen, wurde aber von einem Zucken an seinem Gürtel davon abgehalten. Norg langte unter seinen Umhang und zog den Langdolch den er hinten an seinem Gürtel trug und hielt die Waffe vor das Gesicht des Geldwechslers. Der Langdolch, faßt schon ein Kurzschwert, war schartig und gezackt. Die Klinge war unter einer feinen Rostschicht von Symbolen überzogen die das Auge tränen ließen. Norg konnte fühlen, wie sich der Dolch leicht bewegte und zuckte, aus den Scharten und Kratzern begann eine dampfende grünlich-gelbe Flüssigkeit zu rinnen. Norg wartete, bis sich ein größerer Tropfen der Flüssigkeit an der Spitze der Klinge gesammelt hatte und ließ ihn auf die auf dem Tisch ausgebreiteten Papiere tropfen. Vor dem weitaufgerissenen Augen des Geldwechslers begannen die Stelle, wo der Tropfen auf das Papier gefallen war an zu rauchen und sich zu verfärben, bis sich der Tropfen durch das Papier gefressen hatte.

Der Geldwechsler versuchte sich zu wehren, war aber in Norgs geübtem, starkem Griff machtlos als dieser ihm den dampfenden Dolch in den Bauch stieß. Er fühlte wie der Mann erschlaffte als die Schmerzen ihn umbrachten, ließ den Dolch aber noch einige Momente in dem toten Körper stecken, damit dieser den Körper mit seiner giftigen Säure vollpumpen konnte, bevor er ihn wieder verstaute. In einigen Stunden würde von dem Körper nichts mehr übrig sein.

Norg stand allein in dem Zimmer, ließ den leblosen Körper zu Boden sinken und grinste. Sein Auftrag war ausgeführt und erfolgreich. Er griff über seine Schulter nach dem Zweihänder, der  auf seinem Rücken geschnallt war und sein Grinsen wurde noch breiter. Jetzt war es Zeit für etwas Spaß.



„IHR GÖTTER, MACHT AUF! BEI ALLEM WAS HEILIG IST MACHT DIE VERDAMMTE TÜR AUF!“
Hektisch räumten Hauptmann Krajo und sein Adjutant Yajjon den Schrank beiseite, den sie vor die Türe geschoben hatte. Sie hatten die Stimme von Horak, einem der Korporale der Wächter des Geldwechslers erkannt. Sie rissen die Türe auf und Horak stürzte ihnen entgegen, seine Kleidung war blutbespritzt und zerrissen.
„Sie sind tot, sie sind tot! Er hat sie alle erwischt“, kreischte er während Krajo und Yajjon den Schrank wieder vor die verschlossene Tür schoben. Der Hauptmann hatte sich zusammen mit seinem Adjutanten in der Wachstube eingeschlossen als es klar wurde, daß der Feind ihnen überlegen war. Mitten in der Nacht fiel eine blutrünstige Bestie über das Anwesen des Geldwechslers her. Es war nur ein einzelner Kämpfer aber er wütete wie ein Dämon.
Einmal hatten ihn ein Dutzend Wächter im großen Ballsaal gestellt und eingekreist. Wie sie langsam auf die in einen weiten, zerrissenen Umhang gehüllte und mit einem Zweihandschwert bewaffnete Gestalt vorrückten sprangen auf einmal alle Schatten des Raumes auf die Wächter zu. Der ganze Raum wurde durch eine einfache Geste des Eindringlings in tiefe Dunkelheit gehüllt und als sich die Schatten schließlich wieder zurückzogen und es wieder hell wurde stand außer dem Eindringling und einem einzelnen Wächter, der panisch davonrannte, niemand mehr.
„Wo ist er jetzt? Wo ist er hin“, fragte der Hauptmann den Korporal während er ihn an den Schultern packte und schüttelte.
„Er ist . . . überall. Überall. Es gibt kein entkommen. Er ist ganz nah . . .“ dem Korporal versagte die Stimme und er ergab sich in hilfloses, wahnsinniges Kichern.
„Packen sie mit an, schnell“, forderte Yajjon den Hauptmann auf als er sich abmühte, einen weiteren Schrank vor die Türe zu zerren. Hauptmann Krajo schüttelte den Kopf und wandte sich ab von dem irre kichernden Korporal, der sich in eine Ecke des Raumes zurückgezogen hatte.
„Nah . . . so nah . . . so viel näher als ihr glaubt“ grollte der Korporal hinter Krajos Rücken mit einer Stimme wie Nägel, die über rostiges Eisen kratzen. Krajos Kopf flog herum und er starrte auf in die Ecke wo sich gerade noch Korporal Horak befunden hatte. Die Gestalt des Korporals verzog sich, seine Haut wurde erst milchig, dann durchscheinend, seine Zähne verlängerten sich zu Fängen und seine Kleidung verschmolz zu dem Umhang des Eindringlings.
„Ich bin direkt hier“, kicherte das Monster bevor es ihn und seinen Adjutanten mit ausgestreckten Klauen ansprang. Die Schreie der beiden Wächter hallten für lange Zeit noch durch die Nacht.



Sehr zufrieden mit sich selbst betrat Norg die Audienzkammer seines Meisters. Er blieb kurz in der Tür stehen, die ihm von zwei Skeletten geöffnet wurde. Seine Hand schoß hervor und schmetterte den Kopf eines der Skelette an die Wand, so daß er zerbrach. Er liebte das Geräusch brechender Knochen.
Sein Meister betrachtete dies, die Finger vor seinem Gesicht verschränkt von seinem Thron aus. Der Thron was aus magisch am Leben erhaltenen menschlichen Körpern gefertigt und befand sich in tiefem Schatten auf einem leicht erhöhten Podest. Falls er es mißbilligte, wie Norg das Skelett grundlos zerstört hatte, so zeigte er es nicht. Norg war sein erster Diener, er war etwas Besonderes. Eine Zeit lang war er vielleicht sogar einmal ein Freund.

Norg betrat die langgezogene Kammer und marschierte die dreißig Meter bis an den Fuß des Podestes, niemand sonst durfte sich seinem Meister soweit nähern, dies war nur sein Vorrecht. Der Raum wurde von rußigen Fackeln und Kohlebecken erhellt, arkane Symbole bedeckten Decke, Wände und Fußboden. An den Seiten standen leere Rüstungen leblos Wache, doch Norg wußte, daß sie auf eine Geste seines Meisters hin zu unheiligem Leben erwachen würden. Es war stickig und dunkel, so wie Norg es mochte. Er ließ den Sack, den er in der Hand hielt sachte zu Boden gleiten und sank auf ein Knie herab. Er wartete, bis sein Meister, Legato der Knochenpriester Nerulls, sich dazu herabließ, seine Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen und ihn anzusprechen. Seit dem er eingetreten war und den schweren Teppich entlang zu seinem Meister gegangen war hatten sich die Schatten verändert. Es sah so aus, als ob sie versuchten Norg zu folgen und ihn zu berühren. Obwohl die Fackeln nicht flackerten streckten und dehnten sich die Schatten, die von den Flammen auf Fußboden und Wänden geworfen wurden in seine Richtung. Der Sack, der neben ihm lag wimmerte leise.

„Ihr wart erfolgreich“, hallte es durch seinen Kopf. Es war keine Frage, eher eine Feststellung.
„Ja, mein Gebieter“, antwortete er, ebenfalls ohne die Worte auszusprechen.
„Was ist dieses . . . Ding“, sagte der Knochenpriester und richtete seinen rotglühenden Blick auf den Sack.
„Beute, Herr. Nichts weiter.“
„Dann schaffte es weg. Ich habe viel zu bedenken, jetzt da alles so eintritt, wie ich es vorhergesehen habe.“
Norg verbeugte sich tief, eine Faust auf den Boden gepreßt und erhob sich. Er packte den Sack und verschwand, von Schatten begleitet, lautlos aus dem Raum auf dem Weg zu seinem Zimmer.
Dort würde er sich mit seiner Beute beschäftigen bis man ihn erneut rief um Tod und Furch zu sähen.

++EDIT++
Rechtschreibfehler korrigiert

Falkenblut

  • Mitglied
Norg Schwertbrecher
« Antwort #3 am: 21. März 2005, 20:10:22 »
 Wieder ne sehr witzige Episode...bin schon auf den Zwischenteil gespannt...
Das arme Mädchen...
Kannste mal Norgs Werte usw. angeben? Die würden mich mal interessieren...
Mfg Falkenblut
 
Lernen durch Schmerz

Nalfein Luen

  • Mitglied
Norg Schwertbrecher
« Antwort #4 am: 29. März 2005, 15:55:11 »
 Hiho,

soso endlich hast Du akzeptiert, dass Norg meinem Legato dienen wird.  :P

Die Vorgeschichte mit den Söldnern und die spätere Rache an ihnen bringt mich auch schon auf gewisse Ideen, wie ich Norg beim erlangen der benötigten Macht *behilflich* sein kann.  :akuma:

Ansonsten sehr unterhaltsam geschrieben! Der Schreibstil hat viel Atmosphäre. Hat nen netten Horror- und Spletterfaktor.
Fazit: Will mehr davon!

Bis bald
Nalfein

 

Schreckensjul

  • Mitglied
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Norg Schwertbrecher
« Antwort #5 am: 24. April 2005, 13:10:22 »
 Deine Geschichte ist wircklich sehr schön geschrieben und weiß zu gefallen. Jedoch (da ich auch ein großer Fan des Berserk Epos bin) finde ich dass du an einigen Stellen etwas zu sehr von Herrn Miura abgekupfert hast. Alles in allem hat die Geschichte jedoch genug Eigenlben um für sich zu stehen.