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Autor Thema: Stadt in Ketten 2: Flutzeit  (Gelesen 13556 mal)

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shaz´narahd

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #75 am: 16. Juni 2005, 12:14:39 »
 ...und ich ärger mich schwarz, daß ich das nächste mal wieder nicht dabei sein kann *grumpf*.

Super Story, macht tierisch Spaß alles nochmal so nachlesen zu können.

shaz
"Ich höre nichts", sagte Anna zum Zwerg, der ihr beipflichtete. Der Raum hinter Tür schien eindeutig leer zu sein... bis auf den Tod!

Kylearan

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #76 am: 16. Juni 2005, 12:16:52 »
Zitat von: "Gast_Berandor"
Du hattest sogar ziemlich gute Skillboni; Skie war schlechter und Vortimax etwa gleich (obwohl beide hochstufiger sind).

Aber für die Spell Thematics hätte ich dir einen Bonus geben müssen - habe ich auch gepennt. Na ja, Vorti hätte trotzdem mehr Perlen gehabt und gewonnen hast du ja trotzdem.
Jaja, zwei Action Points habe ich noch verbraten - das habe ich eben vergessen. Aber die Aktion hat schon Spaß gemacht!

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Hedian

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #77 am: 05. Juli 2005, 19:17:12 »
 Wann spielt ihr denn wieder? Ich will weiterlesen! :rolleyes:  

Kylearan

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #78 am: 07. Juli 2005, 17:16:26 »
Zitat von: "Hedian"
Wann spielt ihr denn wieder? Ich will weiterlesen! :rolleyes:
*Druck auf B aufbauend*

Wir haben am Sonntag gespielt, und Berandor hat diese Woche Urlaub. Und weilt noch daheim.

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Berandor

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #79 am: 15. Juli 2005, 13:57:19 »
 Tja, der Druck war umsonst, ich habe lange über der Ceramic-DM-Story geschwitzt und noch so ein paar Sachen in Gang setzen müssen.

Dafür habe ich meine Zeit am Meer genutzt, also geht es bald weiter.

Bald?

Jetzt! :D
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Berandor

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #80 am: 15. Juli 2005, 14:02:52 »
 Obst stand im Weg

Thargad sah sich um, aber der Botenjunge war schon weg. Während seine Gedanken rasten, trugen ihn seine Füße automatisch zum See, zu den anderen Kettenbrechern.

Dort standen Cauldroniten um die Schwimmer herum und gafften. Dirim legte Boras gleich die Hand auf, aber die Wunde, wo der Hai ihn gebissen hatte, schloss sich nicht. Schwarzer Eiter verkrustete das offene Fleisch.

»Das sehe ich mir später an«, sagte Dirim und wandte sich zu den Sturmklingen. Corah Lathenmire blutete zwar auch, aber sie hatte anderes im Kopf.

»Spinnt ihr?«, fragte sie Annah Taskerhill. »Hättet ihr mich einfach abkratzen lassen?«

»Wir wollten gerade-«, begann Zacharias Aslaxin II.

»Du!«, fuhr Corah ihn an. Ihr Mund öffnete und schloss sich ein paar Mal, dann gab sie ihm eine Ohrfeige und stürmte an Dirim vorbei und  davon. Zacharias hielt sich die Wange und sah ihr verdutzt hinterher; Annahs Blick war beschämt. Todd Vanderboren betrachtete ruhig seine Fingernägel.

»War irgendwas?«, erkundigte sich Thargad bei Helion. Er hatte sich gerade durch die  Menge gekämpft.

»Kann man wohl sagen«, gab der Magier zurück.

Plötzlich schoss ein Armbrustbolzen an Thargads Kopf vorbei und ins Wasser. Die Blicke der Kettenbrecher zuckten hoch. Etwa hundert Schritt entfernt von ihnen machte sich gerade eine dunkle Gestalt von einem Hausdach davon.

»Dort!«, rief Boras und rannte los. Thargad und Helion rannten hinterher. Dirim sah zu Thamior, der sich um die beiden letzten Schwimmer kümmerte, und dann an seinem plattengepanzerten tonnenförmigen Zwergenkörper hinab.

»Ich bleibe bei dem Elfen«, sagte er. Fast klang es so, als meinte er es auch.

-

Der Assassine sprengte aus der Tür des Hauses, gerade als die Kettenbrecher um die Ecke bogen.

»Da ist er!«, rief Boras. Der Attentäter sah sich geschockt um und rannte los. Schnell bog er um eine Ecke, den Barbaren direkt hinter sich. Thargad blieb ebenfalls dran, während Helion merklich zurückfiel. Der Assassine rannte durch einen Torbogen, gerade als dort eine Schlägerei ausbrach. Boras konnte nicht mehr ausweichen. Er trat gegen die Wand, auf die Schulter eines der Streithähne, und setzte über den Tumult hinweg. Erschrocken sahen die  Streithähne ihm nach, als Thargad und Helion auch schon vorbeipreschten.

Wieder ging es um eine Ecke  in eine noch engere Gasse. Der Attentäter zerrte im Vorbeilaufen einen Obststand in den Weg. Der Verkäufer sah mit starrem Blick dem axtschwingenden Barbaren entgegen, der genau auf seinen Stand zuraste. Boras machte einen Satz. Der Baldachin des Obstkarrens  zerriss unter dem Gewicht des Barbaren, dann war er drüber hinweg und ließ einen ungläubigen Verkäufer zurück. Thargad rannte an dem Karren vorbei, aber Helion prallte davor.

Er fluchte, dann konzentrierte er sich. »Expeditio!« Von seinem Zauber beschleunigt, machte er sich auf die Suche nach den anderen.

Boras biss die Zähne zusammen. Er war schneller als sein Ziel, aber ständig schienen ihm Leute im Weg zu sein, und er konnte die Schnelligkeit nicht ausspielen. In einer parallelen Gasse sah er Thargad auf gleicher Höhe. Helion war irgendwo hinter ihm. Und der Attentäter vor ihm bog gerade in die Lavaallee ein. Endlich wurde die Straße etwas breiter. Boras grinste. Jetzt würde er ihn kriegen. Er bog um die Ecke und sah den Scherenschleifer vor sich, mit  seinem langen Stand voller Messer, genau in seinem Weg.

»Och nö«, sagte Boras.

Thargad sah, wie Boras in einem weiten Sprung über den Scherenschleifer flog. Ein langes Messer ritzte Boras’ Hose auf, aber ansonsten blieb er unverletzt. Thargad ignorierte die  Schmerzen in seinem Brustkorb und spornte sich noch einmal an, und tatsächlich kam er wieder ein paar Schritte an den Attentäter heran. Der Mann sah sich gehetzt um, und Thargad sah die Maske des Letzten Lachens auf seinem Gesicht.

Helion folgte den Spuren der Verfolgungsjagd, vorbei an erschrockenen Obsthändlern und Scherenschleifern. Er hetzte durch die Gassen auf der Suche nach einer Abkürzung, die ihn wieder ins Spiel bringen würde. Leider achtete er für einen Moment nicht auf seine Umgebung, bis er das verräterische Rauschen von entflammendem Benzin hörte. Er sah nach vorne, genau in die geweiteten Augen des Feuerschluckers, der gerade einen Schwall von Flammen in Helions Richtung blies. Mit von Magie beschleunigten Reflexen und von Zauberei verliehener Schnellkraft spannte Helion die Zehenspitzen an und stieß sich ab. Wie in Zeitlupe schwebte er in die  Höhe, spürte die  Hitze des Feuers, sah die Verblüffung im Gesicht des Feuerschluckers, war über sie hinweg, landete in vollem Lauf und rannte weiter.

Endlich war auch Boras wieder ein wenig herangekommen. Gleichauf mit Thargad konnte er schon den Schweiß des Verfolgten riechen, hörte seine schnellen Atemzüge. Gleich würden sie ihn haben.

»Haltet den Dieb!« Aus einer Seitenstraße kam eine dunkel gekleidete Gestalt geschossen, ein paar Wachen und einen Markthändler im Schlepptau. Der Assassine rannte direkt auf die Gruppe zu und durch sie durch. Thargad wand sich ebenfalls durch die  Menge, aber Boras prallte genau gegen einen der Wachleute. Beinahe wäre er gestolpert, aber mit  ein paar weiten Schritten fing er sich ab und rannte weiter. Der Wachmann hatte nicht so viel Glück und ging zu Boden, von wo aus er dem Barbaren hinterher sah, dann dem von ihm verfolgten Dieb, und schließlich mit der flachen Hand frustriert auf den Boden schlug.

Thargad war fast gleichauf. Er merkte, dass der Assassine ein Ziel hatte, beinahe angelangt war, aber er musste nur die Hand ausstrecken und könnte ihn packen. Wenn er dabei nicht über einen Pflasterstein stolperte. Hinter sich hörte er Boras schnaufen, als sich der Barbar wieder herankämpfte. Vor sich sah er einen Obststand auftauchen. Eine Gelegenheit. Mit einem schnellen Schritt rammte er den Assassinen, und gemeinsam prallten sie auf den Obststand. Äpfel, Birnen und Lychees aus Chult – weder rund noch oval, sondern kugelförmig – explodierten in alle Richtungen. Thargad taumelte, hielt sich aber auf den Beinen. Der Attentäter trat auf eine Banane, rutschte weg, stolperte, fiel aber nicht. Dann lag der Stand hinter ihnen, mit Ausnahme der Trauben und Kirschen in Thargads Haaren und Gesicht. Thargad freute sich schon, die klebrige Masse abzuwaschen.

Der Assassine bremste abrupt ab und rannte in ein Haus hinein, und Thargad grinste ob der Analogie. Es war das örtliche Badehaus. Dann fluchte er, als er auf dem glatten und nassen Boden beinahe ausgerutscht wäre, wenn Boras ihn nicht aufgefangen und stabilisiert hätte.

»Hast du dir was zu essen mitgebracht?«, fragte der Barbar mit funkelndem Blick.

Helion hatte die Verfolger gerade eingeholt, als sie in das Badehaus rasten. Nach kurzer Überlegung rannte er um das Haus herum und in den Hintereingang hinein. Kessel standen auf offenen Feuern, und zwei Badefrauen verbrachten  ihre Pause mit calishitischem Tabak. Durch eine weitere Tür, und Helion sah den Badesaal entlang. Etwa auf halbem Weg führten breite Stufen nach oben, und dahinter spurteten Assassine, Boras und Thargad an verwunderten Badegästen vorbei. Eine dicke Frau lief nichts ahnend dem Attentäter direkt in den Weg. Er wich aus, lief dann aber direkt auf einen großen Badezuber zu, der in den Boden eingelassen war. Die Frau kreischte, der Assassine stieß sich vom Rand des Zubers ab und landete gerade so auf der anderen Seite. Mit den Armen rudernd lief er weiter, fluchende Kettenbrecher im Schlepptau.

Helion machte sich in Richtung des Assassinen auf. Dieser sah ihn und bog im selben Moment auf die breite Treppe  ab. Mit großen Schritten folgten ihm die Kettenbrecher, zwei Stockwerke hoch, dann durch eine Tür, über einen Balkon aufs Dach. Dort rannte der Assassine geradewegs auf einen weiten Abgrund zwischen dem Badehaus und dem Nachbargrundstück zu, sah sich noch einmal um, und spie eine Zauberformel aus.

»Volta!« Seine Schritte wurden länger, zu Hüpfern, kleinen Sprüngen, als seien seine Fußsohlen elastisch, immer weitere Sätze, je näher der Abgrund kam.

Helion kniff die Augen zusammen. »So nicht«, sagte er. »So nicht.« Und dann: »Dispensat!«

Mit einem dumpfen Hall holte die Schwerkraft den Assassinen wieder ein, und aus seinen Hüpfern wurden Schritte. Er sah sich ängstlich um, machte noch einen Schritt, dann sprang er trotz des fehlenden Zaubers. Er sprang zu  kurz.

Die Kettenbrecher hielten schwer atmend am Rand des Daches an und sahen herab. Der Assassine lag auf dem Boden, benommen. Boras machte sich auf den Weg, um ihn zu stellen. Helion griff sich eine heil gebliebene Traube aus Thargads Haar.

»Keine Bewegung!«, rief er kauend herab. »Oder du bist tot.«

Und der Assassine bewegte sich nicht, bis Boras ihm die Axt an die Kehle hielt und Thargad und Helion vom Dach gekommen waren.

»Und jetzt kommst du erst Mal mit«, sagte Thargad, und sie zogen den benommenen Attentäter hoch.
 
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Berandor

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #81 am: 17. Juli 2005, 13:14:03 »
 Das Torm-Zimmer

Der Tempel der Dreifaltigkeit war von einer efeubewachsenen Mauer umgeben. Durch die schwere Doppeltür, an den Kriegerstatuen vorbei, gelangte man in einen kleinen Park mit Bäumen und Kräutern, in dem sich drei Gebäude erhoben: ein Pferdestall, eine kleine Kirche mit einem Schlafsaal für nicht vorhandenes Personal, und ein Wohngebäude, deren Zimmer unterirdisch angelegt waren. Dirim hatte sein Lager im Quartier des ehemaligen Priesters aufgeschlagen, während die übrigen Kettenbrecher die Wohnräume unter der Erde bewohnten. Thargad schlief im Ilmater-Zimmer, Helion hatte das arkane Zimmer beansprucht, Boras das Tyrzimmer und für Thamior war das Tormzimmer übrig geblieben. In Abwesenheit des Elfen – er war außerhalb der Stadt – brachte man den Gefangenen dorthin.

Das Tormzimmer war einfach, aber nicht so schmucklos wie die Ilmaterkammer. Ein massiver Obelisk aus Malachit stand im Raum, voller Schwertkerben, und dort band man den Assassinen an. Dann holte Thargad aus der Schwefelquelle nahe des Eingangs heißes Wasser und wusch ihm die Schminke vom Gesicht. Darunter verbarg sich ein junger Mann mit rotem Haar und Sommersprossen.

»Dann mal raus mit der Sprache«, sagte Helion. »Wer bist du, und warum wolltest du Thargad töten?«

»Mein Name ist Kellen, und ich bin Assassine im Dienste des Letzten Lachens. Ich frage nicht nach den Gründen für meinen Auftrag. Ich weiß nur, dass der Hofnarr mich schickte, ihn«, er deutete mit dem Kinn zu Thargad, «umzubringen.«

»Und warum schickt der Hofnarr keinen richtigen Assassinen, der weiß, was er tut?« Kellen starrte ihn nur böse an.

»Sag uns alles, was du weißt, dann lassen wir dich vielleicht gehen«, sagte Boras. »Ansonsten tuts weh.«

Kellen schüttelte den Kopf. »Ihr habt nicht den Ruf, euer Wort zu halten. Ihr tötet mich so oder so.«

»Aber die Art des Todes ist unsicher«, gab Helion zurück.

Thargad nahm den Brief hervor, der von Arlynns Verrat sprach. »Kennst du diese Schrift?«

Ein Moment des Erkennens flackerte durch Kellens Gesicht. »Vielleicht.«

»Wem gehört sie?«

»Lasst mich gehen, und ich sage es euch.«

»Sag es uns, und wir lassen dich gehen«, stieg Helion auf den Handel ein. Er nahm den Rapier, den sie  Kellen abgenommen hatten, in die Hand. Wie seine Bolzen war die Klinge mit einer trägen Flüssigkeit bestrichen – eine Flüssigkeit, die Kellen in einer Phiole bei sich gehabt hatte. »Oder wir schauen mal, was dieses Gift bei dir verursacht.« Kellens Augen weiteten sich, aber er presste die Lippen fest zusammen.

»Was weißt du über Jil?«, fragte Thargad. Wieder keine Antwort.

»Also gut«, sagte Helion schließlich. Wir lassen dir etwas Zeit zu überlegen. Wenn wir wiederkommen, wirst du reden - oder sterben.«

Draußen reckte sich Helion. »Ich gehe mal hoch und rede mit Dirim. Vielleicht kann ich ihn überreden, den Kerl nicht umzubringen.«

Kaum war er fort, sahen sich Thargad und Boras an. Dann gingen sie zurück.

»Schon wieder da?«, fragte Kellen. »Ich hatte noch keine Zeit zum Nachdenken.«

»Kein Problem«, sagte Thargad. »Ich habe dir eine Denkhilfe mitgebracht.« Er nahm eine Fackel aus seiner Halterung und hielt sie dicht vor Kellens Gesicht. »Wem gehört die Handschrift?«

»Das wagst du nicht«, sagte Kellen. Thargad ging um ihn herum, auf die Rückseite des Obelisken, wo die Hände des Assassinen zusammengebunden waren. Dann presste er das brennende Ende der Fackeln auf die Handflächen. Kellen schrie, kreischte fast. Thargad nahm die  Fackeln weg.

»Es ist die Handschrift des Hofnarren!«, rief er. »Velior Thazo hat den Brief geschrieben!«

Thargad schluckte kurz. Dann fragte er: »Was weißt du über Jil?«

In diesem Moment kam Helion zurück.

»Helion!«, rief Kellen. »Ilmater sei dank! Sie haben mich gefoltert!«

»Es hat gewirkt«, sagte Boras nüchtern.

»Tu die Fackel weg«, sagte Helion zu Thargad. Dieser gehorchte zögernd. Dann wandte sich Helion an Kellen. Sein Mund hatte sich zu einer düsteren Karikatur eines Lächelns verzogen. »Magisches Feuer ist so viel heißer.«

»Aber-«

»Glaub ja nicht, dass ich dich beschützen werde. Du bist ein Mörder, und auch wenn du ein unfähiger Mörder bist, wolltest du doch meinen Freund umbringen. Du verdienst keine Gnade. Wie viele hast du schon umgebracht?«

»Einen«, antwortete Kellen sofort.

»Das stimmt vielleicht sogar, unfähig wie du bist. Also beantworte unsere Fragen, und vielleicht verschone ich dich.«

»Ist das guter Wachmann, böser Wachmann?«, erkundigte Boras sich bei Thargad. »Irgendwie dachte ich, das geht anders.«

»Also«, sagte Helion. »Was war die letzte Frage?«

»Was weißt du über Jil?«, kam Thargad ihm zu Hilfe.

»Jil ist unsere beste Assassinin«, sagte Kellen schnell. »Fast so gut wie der Hofnarr selbst. Aber er kann sie nicht leiden, weil sie nicht aus Bosheit oder Gier handelt, sondern nur des Nervenkitzels wegen. Sie  ist keine von uns.«

»Geht doch. Wo finden wir den Hofnarren?«

»Im sicheren Haus.«

»Wo ist das?«

»Das... kann ich euch nicht sagen. Das wäre mein Tod.«

»Soll ich dir mal was lustiges erzählen?«, fragte Boras. »Das ist es auch, wenn du die Klappe hältst. Also sing, Vögelchen.«

Kellen schluckte. »Nein. Aber ich schlage euch ein Geschäft vor.«

»Was denn nun?«

»Gebt mir die Möglichkeit, aus der Stadt raus zu kommen. Gebt mir eine Waffe, um lebend die nächste Siedlung zu erreichen. Ich verschwinde aus Tethyr.«

»Und das Letzte Lachen?«

»Ich gehörte ursprünglich ohnehin den Rotaugen an, bis das Letzte Lachen uns ausgerottet hat. Soll der Hofnarr sich doch die Krätze holen. Ich will leben.«

»Also gut«, sagte Helion. »Dann erzähl mal.«

»So nicht. Holt euren Tyrpriester. Er soll bei Tyr schwören, dass er mich laufen lässt.«

»Das schwört der nicht«, sagte Helion. Wir müssen dich sowieso an ihm vorbeischleusen.«

»Du willst auf sein Geschäft eingehen?«, fragte Thargad fassungslos.

»Warum nicht? Was nützt uns sein Tod? Nichts. Aber seine Informationen können uns helfen. Und so unfähig wie der sich angestellt hat, wird er keinen mehr umbringen, der nicht ohnehin in ein paar Tagen an Altersschwäche gestorben wäre.«

»Ohne mich.« Thargad drehte sich um und verließ das Zimmer.

»Dann ohne ihn«, sagte Helion. »Und ohne Dirim. Also, was willst du dann?«

Kellen überlegte kurz. »Holt mir einen anderen Priester, dem ich glauben kann. Helm, oder Lathander. Oder meinetwegen Azuth.«

Jenya würde den Assassinen in der Pfeife rauchen. Kristof Jurgensen würde alles ausplappern. In der Azuthkirche kannte man niemanden. »Würde es auch Terseon Skellerang tun?«, fragte Boras.

»Der Hauptmann der Stadtwache?« Kellen dachte nach. »Ich denke schon.«

»Kriegen wir ihn dazu, mitzuspielen?«, fragte Helion. Boras wusste es nicht. »Pass auf«, sagte der Magier schließlich. »Wir schaffen dich zum Nordtor, geben dir eine Waffe, und du sagst uns, was du weißt.«

Kellens Augen leuchteten. »Oder?«

»Oder wir lassen dich so frei und erzählen überall, wie sehr du uns geholfen hast.«

»Alles klar. Ich bin dabei.«

»Braver Junge.« Boras tätschelte ihm den Kopf. Danach klebten seine Finger ein wenig – Traubensaft.

-

Die Stadt war trotz der späten Stunde noch sehr lebendig. Aus den meisten Kneipen drang Musik und Gelächter, und Betrunkene wankten an Boras, Helion und Kellen vorbei auf dem Weg nach Hause oder an den Straßenrand, um sich zu übergeben. Kellen war noch gefesselt und unbewaffnet, was aber unter seinem langen Mantel nicht zu sehen war. Das Nordtor war schon geschlossen, als sie dort ankamen. Ein Wachmann kam aus seiner Stube hervor, ein zweiter blieb drin.

»Kann ich euch helfen? Oh, guten Abend! Ihr seid doch die Kettenbrecher, oder?«

»Das stimmt«, sagte Helion. »Unser Freund wollte heute noch nach Hause, hat aber die Zeit vertrödelt. Könnt ihr das Tor noch einmal öffnen?«

Der Wachmann sah Kellen an, wie er dort ohne Waffen und Gepäck stand. Wer wusste schon, was Abenteurer planten.  Und die Kettenbrecher waren heute erst vom Stadtherren gelobt worden und es hieß, der Hauptmann sei mit einem dieser Kerle gut befreundet. Er entschloss sich also, nichts zu sagen, und am Besten hatte er auch gar nichts gesehen. Stattdessen ging er in das Windenhaus und betätigte den Hebel, der das Tor im Boden versinken ließ.

»Wir würden uns gerne von unserem Freund verabschieden«, sagte Helion, und der Wachmann nickte verständnisvoll und zog sich zu seinem Kollegen zurück.

»Also?«, wandte sich Helion an Kellen und durchschnitt die Fesseln. Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sich der Assassine die Handgelenke, wobei ihm die verbrannten Handflächen wohl mehr Probleme bereiteten. Boras steckte ihm den Rapier in den Gürtel – von Gift gereinigt.

»Das sichere Haus ist in den Ruinen der Messingtrompete«, sagte Kellen. »Aber geht dort nur hin, wenn ihr vorbereitet seid. Oder sterbt – ist mir eigentlich egal.«

»Gute Reise«, sagte Helion, und klopfte ihm auf die Schultern.

»Ihr seht mich niemals wieder«, versprach der Attentäter. Dann ging er zum Tor hinaus, dass sich kurz danach wieder schloss. Helion und Boras wandten sich in Richtung Tempel, und der Wachmann wieder seinem Kaffee zu. Niemand hatte den Schatten gesehen, der ebenfalls die Stadt verlassen hatte.
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Berandor

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #82 am: 21. Juli 2005, 07:40:06 »
 Zwischenspiel: Der Assassine

Kellen verfluchte sich selbst. Er war so froh gewesen, am Leben bleiben zu können, dass er überhaupt nicht nachgedacht hatte. Er hatte um eine Waffe gebeten, aber keine Verpflegung dabei, und was noch schlimmer war um diese Zeit, keine Decke. Die Nächte wurden kalt. Er hatte nicht einmal eine Fackel, und dankte Selune, dass sie heute klar und deutlich schien, und er dankte Shar, dass sie es zuließ.

In ihm stritten Müdigkeit und Furcht um den weiteren Weg. Er wollte weg von dieser Stadt, weg vom Hofnarren, der vielleicht schon auf seiner Spur war. Und er wollte schlafen. Er würde die  schlängelnde Abfahrt noch ein wenig heruntersteigen, um dann kurz vor dem Fuß des erloschenen Vulkans einen Unterschlupf zu suchen, in dem er bleiben konnte. Und dann morgen versuchen, sich nach Kingfischer Hollow durchzuschlagen, und sich dort unter eine Karawane mischen. Vielleicht würde er es schaffen.

Der verräterische Knall einer abgefeuerten Armbrust drang durch die Nacht, und neben Kellen spritzte Geröll auf. Er wandte sich um und zog seinen Rapier. Die Waffe lag schmerzhaft und unsicher in seiner verbrannten Hand. Kellen kniff die Augen zusammen, aber er sah nichts.

»Hallo? Wer ist da?«

Dann trat eine Gestalt aus dem Dunkel und hob eine Armbrust. Der nächste Bolzen pfiff auf Kellen zu und verfehlte ihn knapp. Die Gestalt ließ die Armbrust fallen. Ihre Augen leuchteten in dem Weiß der Dunkelsicht, aber die Gestalt sah weder wie ein Halbork noch wie ein Zwerg aus. Kellen stürmte vor. Er würde nicht kampflos sterben.

-

Der Schatten steckte seine Zwillingswaffen wieder ein. Der Assassine war kein Gegner gewesen, schon gar nicht in seinem Zustand. Trotzdem war er nicht zufrieden. Es war kein gerechter Kampf gewesen, aber ein Kampf. Unsauber. Er hätte den Assassinen meucheln sollen. Ihn meucheln wollen.

Jetzt war es zu spät. Zu spät es zu ändern, zu spät sich Gedanken zu machen. Der Schatten packte sich die Leiche des Assassinen und schleppte sie von der Straße. Mit seiner Dunkelsicht sah er den schmalen Pfad vor sich, und danach den niedrigen Lavaschlot. In der Höhle, mit dem grünen Licht der Algen im See, brauchte er die Dunkelsicht nicht. Er warf die Leiche den Abhang hinab und lauschte auf das Platschen, als der Assassine in den See fiel. Dann ging er in das Windenhaus und machte sich ein behelfsmäßiges Bett aus zwei Stühlen. Er würde bis zum Morgen schlafen, und sich dann unter die ankommenden Händler mischen. Und dann würde der Schatten nach Cauldron zurückkehren. Zurück ins Licht.

TO BE CONTINUED
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Berandor

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #83 am: 21. Juli 2005, 07:40:55 »
 So, das wars von "Flutzeit".

Weiter geht es mit "Zenith der Nacht" am Montag und Mittwoch.
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Kylearan

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #84 am: 21. Juli 2005, 09:23:53 »
Zitat von: "Berandor"
So, das wars von "Flutzeit".

Weiter geht es mit "Zenith der Nacht" am Montag und Mittwoch.
*Verneig*

Da bin ich mal gespannt - immerhin bist du jetzt weiter als wir mit Spielen. ;-)

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Gast_Berandor

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Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #85 am: 21. Juli 2005, 09:37:24 »
Zitat von: "Kylearan"
Zitat von: "Berandor"
So, das wars von "Flutzeit".

Weiter geht es mit "Zenith der Nacht" am Montag und Mittwoch.
*Verneig*

Da bin ich mal gespannt - immerhin bist du jetzt weiter als wir mit Spielen. ;-)

Kylearan
Wieso? Da war doch noch ein Kampf...

Und ich kann schon mal etwas Besonderes ankündigen für nicht-Spieler- oder-SL-Kommentare.

Nicht nur bekommt ihr von mir wieder einen Beitrag in einem Thema eurer Wahl (mindestens so lang wie der Kommentar), sondern es gibt eine Gastrolle in der Story Hour zu gewinnen! Einer von euch kann im nächsten Abenteuer als NSC oder in einem Zwischenspiel erscheinen, also kommentiert!

Ich werde dann einen besonders gelungenen, diskussionswürdigen oder schmeichelhaft-schleimigen Kommentar auswählen. :D

Wenn das ankommt, vielleicht für die nächsten Abenteuer auch wieder.

Osric

  • Mitglied
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #86 am: 21. Juli 2005, 09:49:30 »
 
Ich fang schon mal an zu überlegen.

Nein ehrlich jetzt, ich wollte deine SH ja sowieso mal kommentieren und allen anderen einen Eindruck davon vermitteln, wie es ist mit dem Erfinder des weisen Rates zu spielen.
Leider hab ich Moment wenig Zeit, werde also kaum einen Gewinnerbeitrag verfassen können.
Nur soviel: Es hat riesig Spaß gemacht. Auch wenn ich Sonntag morgens noch nicht voll Einsatzfähig bin.

P.S: Was mach mich Sorgen, Alek Tercival kommt doch auch bestimmt so noch mal vor.  
Was würde Robert Jordans Frau dazu sagen?

Gast_Berandor

  • Gast
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #87 am: 21. Juli 2005, 09:56:27 »
Zitat von: "Osric"
Ich fang schon mal an zu überlegen.

Nein ehrlich jetzt, ich wollte deine SH ja sowieso mal kommentieren und allen anderen einen Eindruck davon vermitteln, wie es ist mit dem Erfinder des weisen Rates zu spielen.
Leider hab ich Moment wenig Zeit, werde also kaum einen Gewinnerbeitrag verfassen können.
Nur soviel: Es hat riesig Spaß gemacht. Auch wenn ich Sonntag morgens noch nicht voll Einsatzfähig bin.

P.S: Was mach mich Sorgen, Alek Tercival kommt doch auch bestimmt so noch mal vor.
aber Osric? :)

Schön, was von dir zu lesen.

Kylearan

  • Mitglied
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #88 am: 21. Juli 2005, 10:09:10 »
Zitat von: "Gast_Berandor"
Wieso? Da war doch noch ein Kampf...
 
Türkei-Urlaub -> Hitze -> Hirn weggebrannt -> Probleme bei der Erfassung von Spielereignissen in mein Gedächtnis -> jaja, hast ja Recht.

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

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