Erste Erkundungen
Vorsichtig sahen sich die Helden um. Sie standen auf einem Balkon. Von hier führten eine Treppe nach unten und ein Doppelflügeltür in das Schlossinnere. Als Windan an der Tür lauschte, konnte er leise Stimmen ausmachen. Seine Hand zeigte an, dass sich ungefähr fünf Personen hinter den Türen befanden. Der Rest der Gruppe nickte und machte seine Waffen bereit.
Die Drow hatten keine Chance. Windan und Malithil wüteten fürchterlich unter ihren Gegnern, die nicht mit einem Angriff gerechnet hatten. Die meisten von ihnen kamen nicht einmal dazu, ihre Waffen zu ziehen. Einer weiteren Tür folgend, kamen sie an dem Eingang an, bei dem sie ihren ersten Versuch gemacht hatten, in das Schloss einzudringen. Auch diese Wachen waren schnell ausgeschaltet, bevor sie Alarm geben konnten.
Nach und nach, schlichen die Helden unbemerkt durch das Schloss. Nach und hinterließen sie eine Spur toter Drow auf ihrem Weg. Doch auch Untote bewohnten dieses Schloss. Einer der Räume beherbergte eine Horde Zombies, erschaffen aus Ogern und Feuerriesen. Angewidert von diesem Frevel wider Corellon Larethians verzog Vinduil das Gesicht. Wütend erhob er das Symbol seines Glaubens und trat den Untoten entgegen. Ein mächtiges Gebet an den Elfengott erfüllte den Raum. Niedergestreckt von der Macht des Guten zerfiel der Großteil dieser Kreaturen zu Staub. Die wenigen, die noch standen, fielen unter den Hieben der Recken.
Nachdem sie ihren Waffen gesäubert hatten, ging es weiter. Die nächste Tür führte in einen merkwürdigen Raum. In der Mitte dieses Zimmers erhob sich eine blaue Lichtsäule. Neugierig trat Malithil näher. Er erblickte einen Schacht, der sich anscheinend durch mehrere Etagen des Schlosses erstreckte.
Fragend blickte er seine Gefährten an.
„Was mag das sein?“
„Egal!“ antwortete Windan, „sehen wir erst, was es hier noch gibt, dann können wir uns um andere Dinge kümmern.“
„Ja, du hast recht. Säubern wir erst dieses Stockwerk.“
Mit einem wilden Grinsen ging der Klingensänger zur nächsten Tür.
Vorsichtig lauschte Windan an dem Holz. Er vernahm kaum wahrnehmbare Geräusche, aber für sein geschultes Gehör doch eindeutig: auch hinter diesem Durchgang lauerten Feinde! Auch wenn es nur sehr schwach zu hören war, aber es schienen diesmal viele zu sein!
Aber was sollte das schon ändern? Mit einem Schulterzucken drückte er die Klinke herab.
Als die Tür aufschwang, stockte den Helden der Atem. Diese Kammer war gerammelt voll mit Untoten! Sie standen in Reih und Glied, fingen jetzt aber an sich zu bewegen, als sie die Eindringlinge bemerkten. Und wieder war es der Kleriker, der hier eine möglichen Kampf vorzeitig beendete.
Ein gewaltiges Flammenmeer tobte durch den Raum und verbrannte alles und jeden zu Asche. Selbst Malithil und Windan, die in erster Reihe standen, wurden die Haare angesengt. Als die Flammen sich gelegt hatten, stieg ihnen ein übelkeitserregender Gestank nach verbranntem Fleisch in die Nase. Von den einstmaligen Körpern waren nur noch Asche und Knochen zurückgeblieben.
Auch eine Tür, die zu einer Hinterkammer führte, war zerstört worden. Schnell eilte Malithil durch den Raum. Bei jedem seiner Schritte fühlte er die Überreste der Körper unter seinen Schuhen. Die anderen blieben zurück und blickten noch überrascht auf den Kleriker und sein Werk. Doch plötzlich wurden sie von zwei Schreien aufgeschreckt. Noch bevor sie Malithil zu Hilfe eilen konnten, kam er ihnen mit blutigem Schwert entgegen.
„Können wir weiter gehen?“
Ein kurzer Blick in die angrenzende Kammer zeigte, dass sich dort noch zwei Drow versteckt hatten. Aber gegen Malithils Kampfkraft hatten sie keine Chance gehabt.
Dieser eilte schon wieder weiter, so dass seine Kameraden ihm kaum folgen konnten.
Der Mondelf war in den Raum mit dem Schacht zurückgekehrt und war den Schacht nach unten gesprungen. Noch im Fallen bemerkte er, dass sein Sprung auf magische Weise abgebremst wurde, so dass er sanft unten aufkam. Ein Blick nach oben zeigte ihm, dass seine Kameraden ihm folgten, wenn auch etwas vorsichtiger.
Eine Untersuchung dieser Etage brachte neben einer leeren Küche, Vorratskammern, noch eine Truppenunterkunft (mit überraschen Wachen) zu Tage und einen Speisesaal. Die Wachen in dem Saal waren allerdings durch die Kampfgeräusche gewarnt worden. Sie hatten sich hinter umgestürzten Tischen verschanzt und nahmen die Eindringlinge mit ihren Bögen unter Beschuss. Trotz der Vorbereitungen stellten auch diese unglücklichen Dunkelelfen keine wirkliche Gefahr da.
Doch auch die Recken hatten inzwischen einige Treffer einstecken müssen. Wenn auch die einzelnen Verletzungen für sich alleine genommen nicht schwer waren, so hatte doch die Anzahl der Treffer sein Übriges getan.
Vinduil wollte gerade zu seinen Freunden treten, um ihnen die Gunst seines Gottes in Form eines Heilzauber zukommen zu lassen, als sich plötzlich aus der Luft heraus drei Gestalten manifestierten.
Mit einem diabolischen Grinsen werden ihre raubtierähnlichen Eckzähne sichtbar: Vampire!
Überrascht von ihrem plötzlichen Erscheinen, haben die Helden keine Chance die ersten Angriffe abzuwehren, doch glücklicherweise erhalten die Blutsauger keine Gelegenheit, ihren Gegnern das Blut auszusaugen. Und so geht auch dieser Kampf zu Gunsten des Guten aus. Jedoch sind die Vampire, nachdem sie gefallen sind, in gasförmiger Gestalt durch die Ritzen in den Türen nach draußen verschwunden.
„Was gibt es widerwärtigeres als Drow-Vampire?! Die sehen wir bestimmt noch mal wieder.“
Angewidert spuckt Vinduil aus.
Noch in dem Speisesaal hören die Gefährten von draußen wieder Geräusche.
„Es scheint so, als wären wir jetzt endgültig entdeckt worden. Gehen wir unsere Gastgeber doch begrüßen.“
Und wieder ist es Malithil, der sich, gierig auf den nächsten Kampf, ganz nach vorne stellt. Gemeinsam mit Windan reißt er die große Tür auf, die nach draußen führt.
Sie erblicken eine große Halle. Es haben sich über zehn Drow- Kämpfer hier versammelt. Als der Elf zusammen mit dem Halbling vornweg aus dem Raum stürmen, sirren die Bogensehnen der dunklen Elfen. Doch auch direkt neben der Tür haben sich zwei Drow versteckt, um jeden anzugreifen, der herauskommt. Winduil will gerade noch einen Warnruf ausstoßen, als Malithil schon getroffen wird.
Mit einem Lächeln nimmt dieser jedoch den Schlag hin.
„Dafür wirst du sterben.“
Auch wenn sein Gegner nicht die Sprache der Oberfläche versteht, kann er doch in den Augen des Mondelfen lesen, was dieser ihm verspricht. Den Tod.
Auch Tavaron und Vinduil folgen ihren Gefährten, um sich den Drow zu stellen. Nach wenigen Sekunden entscheidet jedoch Vinduil den Kampf. Ein mächtiger Zauber lässt die Gegner erstarren, so dass sie ohne sich wehren zu können unter den Schlägen fallen.
„Die Ernte ist eingebracht.“
Offensichtlich zufrieden blickt sich Malithil nach dem Kampf um.
In diesem Stockwerk, dem Erdgeschoss, finden sich noch ein großer Schlafsaal und ein Übungsraum für Kämpfe, beides jedoch verlassen.
Eine Tür ist in dieser Etage jedoch verschlossen. Als Winduil an der ihr lauscht, kann er jedoch nichts hören.
„Wir sollten sie aufbrechen.“
Winduil nimmt einen kurzen Anlauf und wirft sich gegen das Holz. Doch außer einer schmerzenden Schulter kann er so nichts erreichen. Wütend nimmt er seine Waffen und fängt kurzerhand an, die Tür zu zerschlagen. Nervös blicken sich die Helden um, immer der Gefahr bewusst, dass sie sich hier auf feindlichem Terrain befinden. Doch anscheinend ruft das laute Hämmern niemanden auf den Plan. Sollten etwa schon alle Bewohner dieses Stockwerkes erschlagen sein?
Als die Tür zerbricht, wird der Blick auf drei Särge frei.
„Ha, ich habs gewusst. Lasst sie uns pfählen.“
Kurzerhand nimmt Malithil einen Stuhl, das Möbiliar des Raumes wurde zur Seite geräumt, um den Särgen Platz zu schaffen, um improvisiert einen Pflock.
„Hier, Windan, nimm du auch einen.“
Verständnislos schaut der Halbling den Elfen an.
„Was soll ich damit?“
„Du musst ihnen den Pflock ins Herz rammen. Dann sterben sie.“
„Du willst sagen, dieser dämliche Holzpflock ist wirkungsvoller als meine hervorragend gefertigten Waffen?“
„Gegen Vampire schon.“
„Wenn du es sagst.“
Schulterzuckend nimmt der kleine Kämpfer den Pflock entgegen, auch wenn ihm die Zweifel deutlich ins Gesicht geschrieben stehen.
Auf ein Zeichen öffnen sie gleichzeitig die Sargdeckel... doch sie sind leer, bis auf ein paar Münzen und Edelsteine, die einer der Vampire hier offensichtlich deponiert hat.
„Schade. Dann lasst uns weiter gehen.“
Gemeinsam verlassen sie diesen Raum, um noch eine weitere Tür zu untersuchen.
Hinter dieser liegt ein staubbedeckter Gang, der in Geschosse führt, unterhalb des Erdbodens.
Tavaron tritt nach vorne und lässt seine Finger durch eine Staubschicht gleiten.
„Der Gang hier, er wird selten benutzt, aber er wird benutzt. Das letzte Mal mag es ein Zehntag her sein, dass hier jemand hergegangen ist.“
„Untersuchen wir diesen Weg später. Dahinten ist noch ein Gang, den wir noch nicht untersucht haben.“
Malithil führt sie dorthin. Der Gang führt zu einer Waffenkammer, die allerdings schon vor Längerem von allen nützlichen Waffen geplündert worden ist. Dahinter geht der Gang weiter.
„Hier scheint sich noch was zu verbergen.“
Vorsichtig bedeutet Windan seinen Gefährten leise zu sein.
Als er die Tür öffnet, scheint er schon erwartet worden zu sein.
Ein Wesen mit dunkler, schuppiger Haut springt ihm entgegen. Aus seinem mit Reißzähnen bestücktem Maul ragt weit eine Zunge heraus, di in einem sich ständig kräuselndem Rauchfaden endet. Überrascht prallt der Halbling zurück, doch mit langen Krallen bewährte Klauen schnellen nach vorne und verletzen ihn. Windan merkt, wie etwas in seine Wunde eindringt und versucht ihn zu vergiften, doch er kann dem üblen Effekt widerstehen.
Als Malithil in den Raum blickt, sieht er noch weitere dieser Wesen. Geschickt springt der Elf an dem kämpfenden Barabren vorbei und stürzt in den Raum, um sich dort den anscheinend untoten Wesen zu stellen. Auch Tavaron folgt ihm. Als er eine günstige Gelegenheit abpasst, um durch den Türeingang hindurchzuschlüpfen, springt er jedoch eine Sekunde zu spät nach vorne. Er merkt noch, wie eine harte Klaue auf seinen Rüstung trifft, jedoch kann sie ihn nicht verletzen.
Vinduil reckt in der Zeit sein heiliges Symbol in die Höhe, so dass die Kreaturen es auch auf jeden Fall sehen können und ruft seinen Gott um Beistand an. Doch diese Untoten sind nicht so leicht aus der Fassung zu bringen. Nur einer von ihnen flieht, um der heiligen Macht Corellon Larethians zu entgehen.
Danach entbrennt ein heftiger Kampf. Auch wenn diese Kreaturen anscheinend untot sind, kämpfen sie doch mit Schläue. So springen sie immer wieder heran für einen kurzen Schlag, um sich danach sofort wieder zurückzuziehen. Auch versuchen sie die Recken voneinander zu trennen, so dass sie einen von ihnen immer von zwei Seiten gleichzeitig angreifen können.
Nach einem langen und harten Kampf und einigen Verletzungen haben es die Recken jedoch geschafft.
Erschöpft blicken sie sich an. Sie wissen: dies war erst der Anfang!