„Ja, ich habe Urlaub und dachte mir, schaust du mal bei deinem alten Freund Zwerg Nase I vorbei.“, erklärte Weihnachtspunsch-Schneewittchen fröhlich. „Und was machst du hier so?“
„Ich arbeite für Graf Zahl und verkaufe Souvenirs.“
„Hast du denn eine Lizenz dafür?“
„Äh, uh, ich glaube – nein.“, erwiderte Zwerg Nase I ganz bekümmert.
„Macht ja nichts.“
„He, Zwerg Nase I, kannst uns vielleicht eine Karte der Miene geben? Ich meine, du warst ja mal einer sieben, acht, nein, sieben, nein, doch, acht, egal, Zwerge.“ Zimtschnaps fand, er hatte da gerade einen grandiosen Einfall gehabt.
„Klar, kein Problem.“, sagte Zwerg Nase I und zeichnete schnell eine Krickel-Krackel-Karte mit einem großen X in der Mitte.
Lebkuchen sah sich das X genau an. „Was ist denn das für ein X?“
„Da ist die Folterkammer von Graf Zahl. Ich musste sie eigenhändig erbauen.“
„Aha!“ riefen die Nikolauskobolde einstimmig aus. Bevor sie jedoch losgingen, gestand Weihnachtspunsch Zwerg Nase I, dass er gar nicht Schneewittchen war und verkaufte das Kostüm zum doppelten Preis zurück. Aber Zwerg Nase I nahm es den Nikolauskobolden gar nicht krumm.
Also stürmten die Nikolauskobolde los und standen vor der Türe zum Haus der Sieben Zwerge.
„Und jetzt?“ fragte Weihnachtspunsch, während Zimtschnaps seine Bambusrohr-Silvesterraketen-Bazooka auspackte.
Marzipan drückte erst mal auf die Klingel und die machte. „Ding Dong – 1 – 1 Klingelzeichen!“
„“Oh“ da waren die kleinen Gesellen aber kur baff, bevor sie sich darum prügelten, wer als nächstes klingeln dürfte. Schokotaler holte schlussendlich den Rekord mit 2547 mal klingen. Aber, o weh, wie sollten sie bloß ins Haus gelangen? Da hatte Spekulatius die rettende Idee: Er drückte die Klinke hinunter und die machte die Türe einfach auf. Na ja, so kann man es auch machen, allerdings hätte sich der Erzähler, alleine der Dramatik wegen, eine explosivere Lösung gewünscht. Aber, man kann nicht alles haben.
Schwupps, waren die Nikolauskobolde also im Haus und sahen sich all die kleinen Möbel an. Nun, die Nikolauskobolde waren die winzigen Möbel genau in der richtigen Größe. Und dann fanden sie es, dass legendäre Bett vom Schneewittchen, in dem die züchtige Prinzessin – umsorgt von den treuen sieben Zwergen, auf ihren Prinz Charmant gewartet hatte, während die böse Stiefmutter stets versuchte, das arme Schneewittchen zu töten. Doch die Geschichte hatte ja ein glückliches Ende genommen und Schneewittchen war nun Königin und das Böse besiegt.
Allerdings fiel den Nikolauskobolden auf, das Schneewittchens Bett merkwürdig aussah. Es war groß, rund und mit schwarz-roter Satinbettwäsche bezogen. Es gab an den Rändern kleine Pfosten, an denen plüschüberzogene Handschellen baumelten. Über dem bett war ein großer Spiegel angebracht, der scheinbar jedes kleine Detail ganz deutlich zeigte.
„Aha, eine Prinzenfalle!“ schlussfolgerte Spekulatius grimmig, während die anderen Nikolauskobolde mit Schneewittchens Unterwäsche spielten, die Lebkuchen unter einer Lederpeitsche gefunden hatte. Ein kleiner Lederbeutel – der mit einem Gummiball und vielen Reisverschlüssen versehen war – hatte es ihm besonders angetan. „Guckt mal, ich bin das Schneewittchen!“ rief er aus und purzelte die Treppe hinunter. Er hatte das Ding wohl falsch aufgesetzt.
„Egal, lasst uns weitergehen.“, sagte Marzipan. „Wir haben eine wichtige Mission zu erfüllen.“
Also stapften die lustigen Freunde nach unten, um dort in die alte Miene zu gelangen. Schokotaler entdeckte dabei den alten Schreibtisch von Schneewittchen und eine geheime Schublade, in der sich merkwürdige Dokumente befanden:
Der Lieferschein eines falschen Zauberspiegels, die Rechnung über einen zu kleinen Gürtel, die Verpackung eines Goldkamms und ein Flächen mit Arsen. Dazu ein alter Zeitungsausschnitt, in dem von Prinz Charmant als reichster Junggeselle der Märchenwelt die Rede ist. Dazu noch ein Brief, mit ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben: "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast! gez. Ein anonymer Jäger". Und obenauf der herzzerreißende Brief von Schneewittchens Stiefmutter Königin Aschenbrödel, die derzeit noch ihre Zwangsarbeit im Rotkäppchen-Knast ableistet und um Gnade bittet - vor allem, da der Prinz mit der eisernen Maske langsam immer zudringlicher wird.
Die Nikolauskobolde machten ein finsteres Gesicht. Sollten sie etwa ein großes Geheimnis entdeckt haben? Oder hatten sie einfach nur Hunger? Jedenfalls stapften sie Süßigkeiten kauend weiter.
Die Karte stellte kein Problem dar, wohl aber die Falltüre, die in jedem ordentlichen Gewölbe zu finden ist. Allerdings sind Nikolauskobolde daran gewöhnt stets irgendwo runterzufallen und konnten so problemlos zur Seite springen. Alsbald hörten sie auch schon Graf Zahls finstere Stimme: „1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – 7 – 7 Peitschenhiebe sollst du erleiden.“
Da stürmten die Nikolauskobolde die Folterkammer. Wie sollten sie bloß diesen süßen Plüschvampir besiegen, der gerade das Christkind auspeitschte. „ 1 Hieb! 2 Hiebe! 3 Hiebe! 4 Hiebe ...“
Da hatte Zimtschnaps einen Einfall, der er vorher ausprobieren wollte. „2!“ rief er schnell aus, als das Christkind beim Schreien eine kleine Pause machte.
„2 Hiebe! Argh! Noch mal von vorne. 1 Hieb! 2 Hiebe!“
Natürlich, das konnte auch nur ein Zufall sein. Und die Nikolauskobolde wollten auf Nummer sicher gehen. Als wartete Lebkuchen auf den richtigen Augenblick.
„5 Hiebe! 6 Hiebe!“
„3!“
„3 Hiebe! Argh! Noch mal von vorne. 1 Hieb! 2 Hiebe!“ rief Graf Zahl aus und ließ seine 9-schwänzige Peitsche peitschend peitschen.
Nun, die Nikolauskobolde wussten, wie sie ihm beikommen konnten. Während sich also Marzipan und Lebkuchen bereit machten, erkaufte ihnen Spekulatius noch ein wenig Zeit und rief „4!“, als Graf Zahl gerade zum letzten Hieb ausholen wollte. Das Christkind hatte bereits ein irres Funkeln in seinem Blick.
Jetzt wartete die Nikolauskobolde den richtigen Augenblick ab. Gerade als Graf Zahl den letzten Peitschenhieb ausgeteilt hatte und sich lachend seinen neuen Feinden entgegenstellen wollte, leerten die Niklauskobolde ihre Säckchen mit Nüsschen, die nun vor Graf Zahls Füße rollten. Nun, da hatte er was zu zählen und das Christkind wurde schnell befreit.
„Wir sind hier um dich zu retten.“, kommentierte Marzipan die Rettungsaktion, während Spekulatius noch Lametta vor Graf Zahls Füße kippte und Zimtschnaps den Plüschvampir beim zählen weiterhin verwirrte. Nun zählte jede Sekunde: 1 Sekunde, 2 Sekunden, 3 Sekunden – Verzeihung, aber eine so spannende Situation reißt nun einmal mit.
Egal. Auf jeden Fall flüchteten die Nikolauskobolde nach oben. Da fiel Lebkuchen ein, dass sie im Auftrag der sieben Zwerge noch ein goldenes Amulett in Herzform beim Grafen abliefern sollten. Ein Umstand, der bisher leider keine Erwähnung fand, aber keineswegs einen Flüchtigkeitsfehler darstellt, sondern ein Resultat allgemeiner Vergesslichkeit beim Genuss von zu viel Glühwein und Apfelpunsch ist.
Nun brachten die Nikolauskobolde schnell das Herz in die Kammer zurück, wo der Graf gerade kurz vor Vollendung seiner Arbeit war. Er hatte schnell gezählt, denn immerhin galt es das Christkind zurückzuholen.
Erneut störten ihn die munteren Gesellen beim zählen und mit einem lauten „Aaah!“ explodierte der Graf in 7957623 Konfettistückchen. Nun, da beschloss Lebkuchen, das goldene Herzchen einfach zu behalten.
Die Nikolauskobolde verließen also die Mine der Zwerge und verabschiedeten sich von Zwerg Nase I. Dieser vertraute ihnen noch ein Päckchen an, das im Namen von Graf Zahl an ein Postfach geliefert werden sollte. Natürlich versprachen die Nikolauskobolde, sich darum zu kümmern.
„Einsteigen! Nächster Halt Neu Märchenstadt!“ rief Jim Knopf aus und es ging los. Munter eine Insel mit zwei Bergen besingend, verfuhr er sich natürlich und es bedurfte der Hilfe der Nikolauskobolde. Das Wissen wie sie ihm halfen, versank leider ebenfalls im Apfelpunsch.
Kaum zurück in der Stadt, bedankten sich die Nikolauskobolde beim Jim und Molly. Auch das Christkind war froh, endlich wieder frei zu sein. Es bedankte sich ebenfalls herzlich und machte sich auf den Weg in die Stadt, während Marzipan mit Jim Knopf fachsimpelte.
„Nun“, meinte Marzipan, während er der stolzen Molly auf den Kessel klopfte, „schon mal an einen ICE gedacht?“
Während sich Molly also wütend dagegen wehrte aufs Abstellgleis zu kommen, gingen die Nikolauskobolde in die Stadt zurück, um das Paket abzuliefern. Vorher guckten sie aber nach, was darin lag. Es war ein einfacher Kricketschläger. Allerdings nicht so ein englisches Ding, das einem Paddel ähnelte, sondern ein Ding, das einem Hammer ähnelte.
„Die Herzkönigin steckt hinter dem Schlamassel.“, schlussfolgerte Zimtschnaps. „Garantiert. Wir haben in Herz und einen Kricketschläger. Los, lasst uns rausbekommen, wem das Postfach gehört.“
Allerdings hatte der Postbeamte keine Lust, eine Adresse rauszurücken oder irgendwie behilflich zu sein. Er war eh ein mürrischer Kerl, der über seine Zahnschmerzen jammerte. Hier war Marzipans nächste große Sekunde, denn er liebte technische Dinge.
„Nun, guter Mann, du brauchst eine Zahnbürste.“, erklärte Marzipan hilfsbereit.
„Eine was?“
„Eine Zahnbürste. Die kann man leicht selber basteln. Du nimmst ein Stück Schweinehaut mit Borste, steckst einen kleinen Stock daran und rubbelst dir damit über die Zähne.“
„Das hilft?“
„Klar.“
„Passt mal kurz auf die Post auf!“ rief der Postbeamte aus und rannte los. Das war die Gelegenheit für die Nikolauskobolde. Flugs packten sie das Paket ins Postfach und warteten. Es dauerte auch nicht lange und das Paket verschwand. Schnell sah Spekulatius nach, konnte aber nur einen breiten Grinsemund entdecken. Es war also die Grinsekatze! Und damit vielleicht die Herzkönigin! Aber eigentlich war es auch egal, es gab wichtiger Dinge zu erledigen. Immerhin waren die Nikolauskobolde ja in der großen Stadt, in der es viel zu sehen gab.
Da kam auch schon der Postbeamte zurück. „Es hat etwas gedauert, der Schweinehirte wollte keines seiner Tiere schlachten, da er sie braucht, um eine Prinzessin zu heiraten. Also habe ich mir ein Ferkel geben lass und muss sagen, es klappt wunderbar. Ich muss noch nicht mal selber rubbeln.“
Marzipan blickte skeptisch auf die ausgebeulte Tasche des Postbeamten, aus der ein wackelndes Stöckchen ragte und in dem es panisch quiekte. „Du hast doch nicht etwas – ach, ich will es gar nicht wissen.“
Nein, denn nun gab es wichtigere Dinge zu erledigen. Die Nikolauskobolde suchten sich den nächstgelegenen Salon, vor dem ein Colaautomat stand. Hier war also der Klassenfeind. Aber erst einmal zogen die Nikolauskobolde eine Getränkedose nach der anderen aus dem Automaten, aber der ging nicht leer. Also zertrümmerten sie ihn.
Das rief wiederum die Santa Clause Kobolde auf den Plan, wie mit ihren Hightechwaffen und einer vierfachen Überlegenheit ausgestattet waren.
„Was macht ihr in unserem Revier?“ fragte ihr Anführer und ließ einen ferngesteuerten Spielzeugpanzer vorfahren, während Zimtschnaps seine Bambusrohr-Silvesterraketen-Bazooka auspackte, ein Teelicht auf die Spitze seines Spitzhutes setzte und diesen dann nach hinten drehte, um die Waffe schnell abfeuern zu können.
Betont lässig schritt nun Weihnachtspunsch nach vorne und packte eine seiner Weihnachtskugeln aus. „Das.“, stieß er arrogant hervor und ließ die Kugel auf den Panzer fallen. Der ausströmende Geruch war erbärmlich, doch während sich der Santa Clause Kobold zusammenriss, musste sich Weihnachtspunsch übergeben.
Bevor die Situation eskalierte, vibrierten plötzlich die Zaubernüsschen in Lebkuchens Hose. Der Nikolaus rief seine Kobolde zu sich zurück. „Wir kommen wieder!“ stießen die Nikolauskobolde betont lässig hervor und rannten dann zum Postamt.
„Schnell wir brauchen einen großen Karton.“, sagte Schokotaler und schon kletterten die freundlichen Freunde hinein, nach dem sie den Karton ordentlich frankiert hatten.
„Wo geht es denn hin?“ fragte der Postbeamte und begann zu schreiben. „An Santa Clause am Südpol?“
„Nein!“ echote es einstimmig aus dem Karton. „An den Nikolaus am Nordpol!“
„Ach so, Verzeihung.“
Kaum war die Adresse geschrieben, sorgte der Zauber Weihnachtens dafür, dass das Paket augenblicklich zugestellt wurde. Der Nikolauskobold, der ansonsten mit offenen Armen die Wunschzettel auffing. War sehr überrascht und überraschend platt.
„Wir sind wieder da!“ schall der Ruf durch die Werkstatt und der Nikolaus begrüßte seine Kobolde freudig.
„Ihr habt es geschafft.“, sagte er stolz. „Ich habe gerade mit dem Christkind gesprochen. Als Lohn erhaltet ihr einen Schokoorden.“
Kaum war der Orden verliehen, verbesserten sich auch schon die Fähigkeiten der Nikolauskobolde. So beherrschte Lebkuchen plötzlich die Süßigkeiten-Finesse, während Zimtschnapps sehr schnell im nachladen der Bambusrohr-Silvesterraketen-Bazooka wurde.
Marzipan bildete sich im Märchenbereich weiter, während Spekulatius den Weg als Christkind-Paladin beschritt. Besondere Fähigkeiten wie Neugierde, Aura des Christkindes, Santa Clause finden und Santa Clause einsperren sollten zukünftig sehr hilfreich sein.
Da Weihnachtspunsch eigentlich ein hinterhältiger Kobold war, beschloss er das Talent der bösen Überraschung zu erlernen. Schokotaler gab sich dagegen seinen Instinkten hin und konnte sich nun in einen Fressrausch steigern und mit Rentiergeschwindigkeit strotzen.
Außerdem beschlossen die Nikolauskobolde, sich zukünftig Z.I.M.T. zu nennen: Ziemlich Intelligente Meister Truppe – nur für den Fall, das ihre Fähigkeiten irgendwann noch einmal gebraucht werden sollten.
Kaum hatten sie ihre Blitzausbildung beendet, stürmte der Nikolaus herein: „Wir haben einen Notfall!“ rief der dicke, gemütliche Mann aus. „Das Christkind wurde entführt!“
„Wie blöd muss man denn sein.“, stieß Marzipan seufzend aus und schnappte sich seine Ausrüstung.
„Doch diesmal ist es noch schlimmer. Ich habe gerade über den roten Telegraphen mit Santa Clause gesprochen. Auch Rudolph wurde entführt!“
Ende Teil 1