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Workshop => Story Hour => Thema gestartet von: Berandor am 20. August 2006, 21:24:35

Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 20. August 2006, 21:24:35
So. Hier geht's dann bald weiter.

Doch zuerst das Organisatorische. Ich werde in den Titel dieses Threads jeweils das Datum des letzten Beitrags, aber nicht mehr den Namen schreiben. Dadurch bleibt der Titel gleich und hoffentlich leicht erkennbar.

Kommentare
Ich schreibe diese SH nicht für mich, sondern für meine Spieler und vor allem euch, die Leser. Kommentare sind nicht nur toleriert, sondern ausdrücklich erwünscht. Dabei freue ich bzw. freut sich die Gruppe natürlich über Lob, aber noch besser sind Diskussionsbeiträge oder zumindest Fragen. Ich weiß, dass mit Abstrichen die gesmte Gruppe hier liest – also können auch Fragen über die SC vom jeweiligen Spieler beantwortet werden.

Wie ihr vielleicht wisst, gibt es noch einen weiteren Anreiz für euch, zu kommentieren. Ich vergebe nämlich Gastrollen in der SH für besonders auffällige Poster – auch wenn alle bisherigen Gewinner anschließend verstummten. Das hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass ich mit der Gastrolle auch eure Seele an mich binde, aber lasst Euch deshalb nicht abschrecken. Bisherige Gewinner waren Hedian, Pestbeule, Levold, Lupus Major, dude. Mit der Gastrolle verbunden ist ein vollständiger Statblock des NSC.

Links

PDF-Dateien (inkl. Extras wie z.B. Handouts)
Stadt in Ketten I: Basar des Lebens (http://www.p-pricken.de/pdf/basardeslebens.pdf)
Stadt in Ketten II: Flutzeit (http://www.p-pricken.de/pdf/flutzeit.pdf)
Stadt in Ketten III: Zenith der Nacht (http://www.p-pricken.de/pdf/zenithdernacht.pdf)
Stadt in Ketten IV: Willkommen im Dämonenschlund (http://www.p-pricken.de/pdf/willkommenimdaemonenschlund.pdf)
Stadt in Ketten V: Die Prüfung des Rauchenden Auges (http://www.p-pricken.de/pdf/rauchendesauge.pdf)
---
Die Gesichter Cauldrons (http://www.p-pricken.de/pdf/cauldronnpc.pdf) (NSC-Beschreibungen plus Bilder)
Gast-NSC (http://www.p-pricken.de/pdf/gastrollen.pdf) (Die Werte aller Gastrollen)

Flash-Filme
Der erste Teaser - Stadt in Ketten (http://www.p-pricken.de/divers/dungeonpath.html)
Der erste Trailer - Basar des Lebens / Flutzeit (http://www.p-pricken.de/divers/dpone.html)
Der zweite Trailer - Die Suche nach dem Feuerauge (http://www.p-pricken.de/divers/feuerauge.html)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 20. August 2006, 21:28:50
Stadt in Ketten - was bisher geschah

Die Kampagne “Stadt in Ketten” bespielt die “Shackled City”-Abenteuerreihe aus dem Magazin “Dungeon”. Darin geht es um die düsteren Pläne der Käfigschmiede und des Betrachterfürsten Vlaathu, durch die eine Grenzstadt Tethyrs in Gefahr gerät. Cauldron, so der Name der Stadt, ist in den Kessel eines erloschenen Vulkans erbaut worden.
In Cauldron sind vor sechzehn Jahren die “Schätze Tethyrs” verschwunden, eine berühmte Abenteuergruppe. Die Nachkommen der Schätze begaben sich auf die Suche ihrer Eltern - gerade rechtzeitig, um den Käfigschmieden ein Dorn im Auge zu werden.

Die Kettenbrecher:
Im Augenblick bilden die folgenden fünf Abenteurer die Heldengruppe, welche Cauldron retten kann und muss:

Boras Breda: Ein menschlicher Barbar, der mit einer Zweihandaxt kämpft. Boras glaubt an Uthgar, den Barbarengott, und sein Totem ist der Wolf.

Dirim Gratur, Richtschwert von Tyr: Wie der Name schon andeutet, ist der Zwerg Dirim ein Kleriker des Gottes Tyr, der für Gesetze und Gerechtigkeit steht.

Helion Dambrodal / Pecarri: Helion war ein menschlicher Magier, der sich für den Nachkommen gleich zweier Schätze hält. Kürzlich wurde Helion im Körper eines Kobolds reinkarniert.

Thamior: Der elfische Bogenschütze ist ein wortkarger Geselle. Thamior ist der Vater von Annastrianna, Helions verstorbener Halbschwester.

Thargad: Ein menschlicher Schurke und Assassine, seit er eigenhändig seine Geliebte - eine Verräterin - tötete. Er kämpft mit Zwillingsschwertern im Dienste des Wächtergottes Helm.

Basar des Lebens:
Die Helden kommen in Cauldron an und werden gleich in die Ereignisse um die Käfigschmiede verstrickt. Als die Helden, damals noch mit der Halbelfe Annastrianna, dem Verschwinden mehrerer Waisenkinder nachgehen, stoßen sie auf den Sklavenhändler Kazmojen, der in der alten Zwergenfestung unter der Stadt, der Malachitfeste, seinen Unterschlupf hat.

Kazmojen arbeitet für oder unter dem Schutz des Betrachters Vlaathu, der jedoch nicht zufrieden mit dem Sklavenhändler scheint. Im Beisein der Helden streitet der Betrachter mit Kazmojen und nimmt einen der Waisenjungen mit. Dann überlässt er Kazmojen den Helden.

Während des Kampfes gegen Kazmojen stirbt Annastrianna. Die Halbelfe kann nicht wiederbelebt werden, da sie an keinen Schutzgott glaubte. Die Helden sind letztendlich aber erfolgreich und bringen die erschöpften Sklaven zurück an die Oberfläche. Unter dem Jubel der Bevölkerung geben sie sich einen Namen: Die Kettenbrecher.



Flutzeit:
Auf einem offiziellen Empfang des Stadtherren erhält die Helmpriesterin Jenya Urikas, eine Verbündete der Kettenbrecher, eine Vision von ihrem Vorgesetzten, der sich in Gefahr befindet. Die Kettenbrecher reiten sofort los, können aber nur noch die Leiche des Hohepriesters nach Cauldron zurück bringen.

Während sintflutartiger Regen den Kratersee in der Mitte der Stadt zum Überlaufen bringt, droht die Ebenholztriade mit einer Verschlimmerung der Situation. Die drei Anhänger der Götter Malar, Shar und Tyrannos haben die magischen Stäbe der Wasserkontrolle, die der Hohepriester besorgen wollte, an sich genommen. Die Kettenbrecher dringen in den geheimen Unterschlupf der Triade ein und bringen sie zur Strecke. Dabei erhalten sie Hilfe von der Assassinin Jil und dem Paladin Alek Tercival.

Nachdem die Kettenbrecher wieder einmal die Stadt gerettet haben, werden sie vom Stadtherren zu Bürgern der Stadt ernannt - und dürfen gleich Steuern zahlen. Auf dem Flutfest erleben sie allerlei Unterhaltung. Dabei kommt Thargad der jungen Arlynn näher. Die Rivalen der Kettenbrecher, die adeligen Sturmklingen, werden beinahe Opfer eines Anschlags, und auch auf die Kettenbrecher wird ein Assassine angelegt, der aber erfolglos bleibt.



Zenith der Nacht:
Thargad erfährt, dass seine Freundin Arlynn in Wahrheit die Assassinin Jil ist. Er lässt sich von Rachedurst leiten und bringt sie um. Dirim findet den jungen Pellir, der im Rahmen der “Flutzeit” verschwand, bei dem Wirt Minimax in einer Nachbarstadt wieder. Thamior erhält eine Vision seines Gottes Solonor Thelandira, die ihm die Möglichkeit gibt, seine Tochter vor der ewigen Bestrafung als Ungläubige zu retten: er soll einen “Seelenbogen” bauen.

In Cauldron kommt es zum Chaos, als aus einem Warenhaus des Händlers Maavu einige Furchtelementare ausbrechen. Die Kettenbrecher und die Sturmklingen sind genauso zur Stelle wie die neu formierte Magische Gefahrenabwehr. Die MGA wurde wegen der wachsenden Gefahr gegründet - aus dem selben Grund wird ein Trupp halborkischer Söldner für die Stadtwache engagiert.

Die Kettenbrecher werden von dem Zwerg Devkin Splitterschild beauftragt, seinen Sohn Zenith zu retten, der im Unterreich gefangen gehalten wird. Die Rettungsaktion fordert Opfer, aber sie entdecken auch ein Zeichen auf der Stirn des Zwerges. Devkin entpuppt sich als der Betrachter Vlaathu, der den Kettenbrechern für ihre Einmischungen diesen Dienst abverlangte. Vlaathu behauptet, die Schätze Tethyrs getötet zu haben, und warnt die Kettenbrecher davor, in der Stadt zu bleiben. Celeste, die schöne Besitzerin des Höchsten Sonnenstrahls, wo Devkin die Kettenbrecher empfängt, scheint davon gewusst zu haben.



Willkommen im Dämonenschlund:
Nachdem ihr letztes Abenteuer Opfer gefordert hat, wird Helion als Kobold wiedergeboren. Er nennt sich fortan Pecarri. In seiner neuen Gestalt festigt er nicht nur seine Bekanntschaft mit der Azuth-Hohepriesterin Embril Aloustinai, sondern entdeckt auch ein kleines Kontingent an Kobolden und Goblins, die sich in Cauldron verborgen halten. Währenddessen bricht Thargad mit der Organisation seines Mentors und schwört Helm die Treue, und Dirim hält die ersten Gerichtsverfahren in seinem Tempel ab, wobei er sich schnell einen Ruf als wenig adelsfreundlich erwirbt.

In Cauldron werden aufgrund der jüngsten Gefahren neue Söldner eingestellt – Halborks –, deren Sold durch enorme Steuererhöhungen bezahlt werden soll. Als sich die Bürger Cauldrons auf dem Vorplatz des Stadthauses versammeln und auch noch der Händler Maavu eine Brandrede gegen die Führung der Stadt richtet, kommt es zu blutigen Ausschreitungen; nur das beherzte Eingreifen der Kettenbrecher verhindert vielfach Schlimmeres. Maavu flieht, nicht ohne die Kettenbrecher um ein Treffen zu bitten.

In diesem Treffen beauftragt Maavu die Kettenbrecher mit der Suche nach dem verschwunden Paladin Alek Tercival, eine Suche, welche die Kettenbrecher bereits selbständig begonnen haben. Eine krude Karte auf der Rückseite einer Tafel führt sie in den Dschungel südlich von Cauldron, und zum Dämonenschlund. Zunächst und nach einer wilden Flussfahrt aber kehren die Abenteurer in einer verlassen Handelsstation ein, wo sie nicht nur einen Hinweis auf den Verbleib ihrer Eltern erhalten, sondern auch auf das, was in Cauldron damals vor sich ging. Ein Wort war besonders versteckt: Malaugrym.

Im, oder genauer gesagt: am Rande des Dämonenschlundes besiegen die Kettenbrecher einen Hexenzirkel mitsamt ihrer riesischen Mischpoke. Sie erfahren, dass Alek durch einen magischen Spiegel geschickt wurde, und folgen dem Paladin. Von wochenlanger Marter schwer gezeichnet, kommt Alek erst wieder völlig zu Kräften, als der Glabrezu Nabtharaton auftaucht. Der Dämon macht kurzen Prozess mit dem Paladin und kann erst nach hartem Kampf in die Flucht geschlagen werden. Dann bäumt sich Alek noch einmal auf und hinterlässt eine Prophezeihung, mit der er die Kettenbrecher sodann inmitten einer fremden Wüste zurücklässt.



Die Prüfung des Rauchenden Auges
Die Prophezeihung führt die Kettenbrecher nach Occipitus, eine Halbebene der Hölle. Dort herrschte einst der gefallene Engel Adimarchus aus einem riesigen Totenschädel an der Spitze eines Weltenbaums. Adimarchus führte sein Heer in den Himmel, und um ihn zu besiegen, musste ein Teil Celestias geopfert und nach Occipitus gestürzt werden. Daher gilt die Ebene als verflucht, besonders, seit Adimarchus kurz vor einer großen Schlacht gegen den Dämonenfürsten Grazz’t spurlos verschwand.

Adimarchus installierte eine Prüfung auf Occipitus, um seinen Nachfolger zu bestimmen. Die Kettenbrecher legen diese dreigeteilte Prüfung des Rauchenden Auges ab; am Ende ist es Dirim Gratur, der das Mal des Rauchenden Auges erhält und zum neuen Herrscher von Occipitus bestimmt wird.

Während ihrer Prüfungen muss Reya den Kettenbrechern erneut zu Hilfe kommen. Im Gegenzug für ihre Wiederbelebung schwören Dirim und Thamior, den Weg des Guten zu verfolgen. Thargad wird von Helm zu seiner “Hand” ernannt, seinem ausführenden Organ. Helion bzw. Pecarri wird zurückgeschickt, um in Cauldron Verräter an Azuth zu strafen.

In Cauldron selbst geschieht auch einiges. Aber die Kettenbrecher ahnen davon nichts. Sie planen, nach Hause zurückzukehren und jetzt, mit dem Zeichen des Rauchenden Auges ausgestattet, endlich ein wenig aufzuräumen. Doch erst einmal müssen sie Cauldron erreichen...

Fortsetzung folgt...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 21. August 2006, 10:01:10
Zitat
Stadt in Ketten - was bisher geschah


Sehr schöne Zusammenfassung Berandor. Ich lese hier regelmäßig und muss mich immer wieder fragen "Wann schreibt der endlich sein erstes Buch".
Nein, mal ganz im ernst, meine Geschicht liegt seit längerem auf Eis/PC und ich bewundere deine Ausdauer. Ich glaube DU bist einfach nicht ausgelastet.... und das ist auch gut so  :) .
Gruß
Citon
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 21. August 2006, 13:44:32
Wie ich sehe seid Ihr bereits viel weiter in der Kampagne!
Der Zusatz "Die Gesichter Cauldrons" verrät schon einiges :)
Weiter so Berandor
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 21. August 2006, 14:42:25
Sehr gute Aufteilung und eindringlicher Stil der Zusammenfassungen.
Kurz und dennoch nicht abgehackt. (Woher kann der das?  :wink:  )
Was ist eigenltich mit den Koboldfreunden von Pecarri?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. August 2006, 00:13:07
In dieser Stadt des Kessels
schien alles schon verloren
das Böse ward entfesselt,
doch Hoffnung neu geboren
davon singt dieses Lied, höret mein Lied,
lauscht für ein paar Runden
wie sie Schätze gesucht und ihr Schicksal verflucht
und unser Glück gefunden

– Das Lied der Kettenbrecher. Der Wahrsänger, 1376 TZ

Stadt in Ketten VI: Geheimnisse der Seelenpfeiler

Der Spannung wegen (und der Größe) teile ich den Prolog in mehrere Teile. Novum: Dieser Prolog wurde tatsächlich bespielt.

Prolog: Heimkehr (Erster Teil)
Die Abendsonne warf goldene Lanzen durch das dichte Baumwerk. Mannsdicke und behirhohe Stämme standen dicht an dicht, zu ihren Füßen Gestrüpp. Vögel beklagten das nahende Ende des Tages. Schatten verdichteten sich zu Schemen. Aus den Schemen schälten sich fünf Gestalten. Gierig sogen sie die Luft ein, als hätten sie zuvor nur Schwefel atmen dürfen. Dann begannen sie, ihre Umgebung zu erkunden.

Die erste Gestalt war ein Elf namens Thamior. Er war in praktische Lederkleidung gewandet, unter der ein Kettenhemd schimmerte. Auf dem Rücken trug er ein großes Krummschwert und den Schaft eines Bogens, der aus einem Drachenknochen gefertigt war. Einen zweiten Bogen hielt er schussbereit in seiner Linken, die Fingerkuppen der Rechten tasteten über den Köcher an seiner Seite. Der Köcher war fast leer. Das Grün in den Augen des Waldelfen schien die Farbe seiner Umgebung anzunehmen. Thamior tat ein paar schnelle und lautlose Schritte durch das Gehölz, dann drehte er sich zu seinen Gefährten um.

»Ich kenne diesen Wald. Wir sind bald zu Hause.«

»Wie bald? Ich habe Hunger.«

Der Mann, der gesprochen hatte, wies sich durch sein unansehnliches Äußeres und seine hünenhafte Gestalt gleichermaßen als Kämpfer aus, der mit der Kraft der nordischen Berserker kämpfte. Er war stärker, als ein Mann das Recht hatte zu sein, und trotz seines wilden Äußeren lag in seiner Miene mehr als nur Wut und der Wille zur Zerstörung. Dies war Boras Breda, und in seiner Hand lag die große Axt Schlachtenwut, die er fast einhändig führen konnte.

»Etwa eine Stunde, dann könnten wir am Glücklichen Affen sein«, antwortete Thamior auf die Frage.

»Wo Zungenfresser hauste? Wollen wir dahin?«

Unwillkürlich trat der Mann noch tiefer in die Schatten, obschon er nicht einmal ganz aus ihnen hervor gekommen war. Seine Kleidung war ebenso dunkel wie die Ketten seiner Rüstung, und wäre nicht das Zeichen des Wächtergottes Helm gewesen, das deutlich sichtbar auf seiner Brust prangte, so hätte man ihn für einen der unzähligen Diebe halten können, die zu jeder Zeit ihr Unwesen stifteten. So aber wiesen ihn das Symbol und die beiden Kurzschwerter, die zu beiden Seiten über seine Schultern hinaus ragten, als Thargad aus, den Assassinen, den man seit kurzem auch die Hand Helms nannte.

Der Glückliche Affe war ein Wirtshaus, in dem ein Affenmonster namens Zungenfresser ein Massaker angerichtet hatte, und in dem Thargad angesichts des Massakers zum ersten Mal seit langer Zeit wieder dem Alkohol erlegen war. Aber keiner der Fünf hatte wirklich gute Erinnerungen an diesen Tag, auch wenn sie damals in der Halbdunkelelfe Shensen Tesseril eine Verbündete gewonnen hatten.

»Sollen da nicht neue Leute wohnen? Wir sollten Tyr vertrauen, der uns so nahe an diesen Ort gebracht hat.«

Dirim Gratur war ein ungewöhnlicher Zwerg. Zwar hatte er einen mindestens ebenso prachtvollen Bart wie die meisten seiner Artgenossen, und er trug auch eine schwere Rüstung mit Schild, die ihn nur unwesentlich behinderte, wo selbst Boras sich über wunde Stellen beschwert hätte, aber auf seinem Schild und auf seinem Überwurf prangten jeweils die Waage Tyrs, des Gottes der Gerechtigkeit, und an seiner Seite hing das Langschwert Treueschwur, wo andere Zwerge nur die Wahl zwischen Hammer und Axt zulassen würden. Am seltsamsten aber war Dirims rechtes Auge oder vielmehr der Ort, wo sein Auge einst gewesen war. Jetzt brannte dort eine helle Flamme, die stinkenden Ruß in den Abendhimmel spie. Dirim Gratur bekleidete nicht nur den Rang eines Richtwertes von Tyr; er war auch Träger des Rauchenden Auges und somit ein rechtmäßiger Herrscher der Höllenebene von Occipitus.

»Wir sollten uns den Glücklichen Affen ansehen, aber vorsichtig. Wer weiß, was sich geändert hat, seit wir fort gingen. Oder wie viel Zeit vergangen ist.«

Der fünfte im Bunde wurde durch seine Gefährten nur noch ungewöhnlicher. Ein Kobold trieb sich gewöhnlich nicht mit Menschen oder gar Elfen herum. Auch trug er zwar die praktische Lederkleidung eines Schurken, aber keine größere Waffe als einen winzigen Dolch. Pecarri, so nannte der Kobold sich, doch einst war er ein Mensch gewesen, und sein wahrer Name war Helion Dambrodal. Während der letzten Wochen hatte er gänzlich in seiner Koboldidentität leben müssen, und der Name Helion hatte in der Zeit einen ungewohnten Geschmack bekommen – jetzt, wo er unter Vertrauten und wieder er selbst war. Helion war ein Meistermagier und Gelehrter, und mindestens ebenso sehr wie seinen Namen hatte er seinen Vertrauten, den Kater Nimbral vermisst, der nun nur ein paar Stunden entfernt in der Kesselstadt Cauldron auf ihn wartete. Ebenso wie Thamiors Falke Sheera, oder wie eine ganze Horde Feinde und eine Handvoll Freunde, den diese Fünf gemeinsam angesammelt hatten, unter ihrem nom de guerre: Kettenbrecher.

»Frisches Bier«, murmelte Dirim versonnen in Gedanken an die nahe Wirtschaft.

»Fleisch«, sann Boras hinterher, »das nicht von Dämonen stammt.«

»Ein weiches Bett«, fügte Helion hinzu.

»Leute, die uns erkennen und unsere Rückkehr ausplaudern«, sagte Thargad nüchtern.

»Diese vermaledeite Dunkelelfe«, lautete Thamiors Kommentar.

»Gehen wir hin«, entschied Dirim, »aber vorsichtig.«

-

Der Glückliche Affe lag auf einer großen Lichtung nahe des Ostwegs, doch trotz der fehlenden Bäume war es auf dieser Lichtung nicht heller, als im Wald. Ein finsterer Schleier bedeckte den Himmel – er schien über Cauldron besonders dicht – und die Wirtschaft lag dunkel dar, das Holz fast schwarz. Hinter den Fenstern schimmerte Licht. Dumpf waberten Musik und Stimmen zu den Kettenbrechern hinüber, die sich am Rand der Lichtung versammelt hatten.

»Lasst mich mal sehen«, sagte Helion.

Er nahm ein Stück Fledermausfell aus einer seiner vielen Taschen und begann, es gezielt zu verknoten und zu zerreißen, während er arkane Gesten und magische Beschwörungsformeln murmelte.

»Oculis Arcanis«, schloss er endlich den Zauber, und dann die Augen. In seinem Geist sah er die Kettenbrecher von einigen Schritten Entfernung, wo er den magischen Sensor beschworen hatte, den er nun zum Affen lenkte.

Zunächst näherte er sich einem der Fenster. Es wirkte seltsam, als ob der Rahmen nur aufgemalt worden war. So sehr er sich auch anstrengte, er vermochte nichts durch das trübe Glas zu erkennen, allenfalls den Eindruck von sich bewegenden Schatten. Auch beim nächsten Fenster hatte er keinen Erfolg. Dann stutzte er. Hier, gegenüber des Pferdestalls, musste es eine Seitentür geben, durch die Gäste kommen konnten, doch die Wand war glatt und eben. Vielleicht hatten die neuen Besitzer die Seitentür entfernt.

Er riskierte einen Blick zum Pferdestall. Die Türen standen offen. Der Stall war leer. Völlig leer. Es gab keine Zwischenwände, keine Ställe, kein Heu, nichts. Es war nur ein leeres, gähnendes Gebäude, allenfalls randvoll mit Schatten. Einem Impuls folgend bewegte Helion das Zauberauge zur Vordertür. Es gab sie nicht, schien sie nie gegeben zu haben. Helion wurde unruhig. Er ließ das Auge aufsteigen, in den Kamin hinein, der im Schankraum enden sollte.

Die Dunkelsicht seiner Koboldaugen übertrug sich auch auf das Auge, doch außer den Wänden des Schornsteins war in der Finsternis nichts zu sehen. Helion lenkte das Auge hinab, immer weiter hinab. Fünf Schritt, zehn, zwanzig, fünfzig. Er müsste sich inzwischen tief in der Erde unterhalb der Wirtschaft befinden. Der dunkle Gang führte weiter in die Finsternis, und es gab keine Spur vom Schankraum.

Am Rand der Lichtung schlug der Kobold die Augen auf.

»Da ist etwas faul. Und zwar ganz gewaltig.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. August 2006, 00:19:51
Zitat von: "Gilvart"
Wie ich sehe seid Ihr bereits viel weiter in der Kampagne!
Der Zusatz "Die Gesichter Cauldrons" verrät schon einiges :)
Weiter so Berandor


Ja, die sind auf den neuesten Stand gebracht. Viel fehlt aber nicht – das meiste kommt im (langen) Prolog.

Die Frage von Helions Kobolden muss sich erst noch beantworten. Im Prolog kommen sie jedenfalls vor.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 22. August 2006, 08:52:58
Zitat

In dieser Stadt des Kessels
schien alles schon verloren
als Gutes tot oder gefesselt,
ward Hoffnung neu geboren
drum sing ich dieses Lied, höret mein Lied,
es macht jetzt seine Runden
wie sie Schätze gesucht und ihr Schicksal verflucht
und unser Glück gefunden
– Das Lied der Kettenbrecher. Der Wahrsänger, 1376 TZ


Kann mir bitte mal jemand sagen, warum ich dabei an 99 Luftballone von Nena denken muß??  :D  :D

Zitat

auch wenn alle bisherigen Gewinner anschließend verstummten. Das hat wahrscheinlich etwas damit zu tun, dass ich mit der Gastrolle auch eure Seele an mich binde


Das mit verstummen stimmt wohl aber nicht!! Also bitte!
Die Geschichte mit der Seele; naja, da könntest recht haben ... Meister!

dude
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 22. August 2006, 10:27:11
Oh ja, Oh ja Berandor ist wieder da!
Einfach nur GEIL dein Erzählstil! Finde ich persönlich wieder viel viel besser als bei "Der Prüfung des rauchenden Auges"!
Go on!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 22. August 2006, 10:49:01
Sohn des Sammaster
Zitat
Was ist eigenltich mit den Koboldfreunden von Pecarri?

Die bereiten die Feierlichkeiten für ihren zukünftigen König vor.... :grin:.


Berandor
Zitat
Die Frage von Helions Kobolden muss sich erst noch beantworten. Im Prolog kommen sie jedenfalls vor.

Siehste, wusst ich doch..... ein Königreich komme..... :lol:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 22. August 2006, 11:55:52
Zitat von: "Sohn des Sammaster"
Was ist eigenltich mit den Koboldfreunden von Pecarri?

Kommt Zeit, kommt Rat, kommt Attentat...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Furlong am 22. August 2006, 13:52:26
Wieder mal erste Sahne.
Tolle Atmosphäre, die du aufbaust, man sieht die Charaktere förmlich vor sich. Wenn ich nur halb so gut (be-)schreiben könnte, wäre ich ein besserer Spielleiter.

Furlong
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. August 2006, 00:25:40
Prolog: Heimkehr (Zweiter Teil)

Helion teilte den Gefährten seine Erfahrungen mit. Die Kettenbrecher entschlossen sich, den Affen aus der Nähe zu betrachten; Thargad sollte versuchen, eines der Fenster zu öffnen, die anderen suchten nach einem möglichen Eingang.

Leise und vorsichtig setzte Thargad seine Schritte auf die Wirtschaft zu. Die dumpfe Musik und das Stimmengewirr wurden kaum lauter, noch verständlicher. Thargad duckte sich unter ein Fenster. Er zog den linken Ärmel zurück, wo er sein Diebeswerkzeug verstaut hatte, und betrachtete den Spalt zwischen Fenster und Wand, um einen passenden Hebel auszuwählen. Der Spalt war dicht – nein, es gab keinen Spalt. Wie Helion gesagt hatte, waren die Fenster wie aufgemalt. Thargad schob sich etwas in die Höhe und spähte durch das Glas. Es war nichts zu erkennen, wo selbst das blindeste Glas noch verzerrte Einzelheiten enthüllt hätte. Unverrichteter Dinge ging Thargad um den Affen herum, bis er bei den anderen Abenteurern angelangt war, denen er mit einem Kopfschütteln den Erfolg seiner Aufgabe vermittelte.

»Dafür haben wir etwas gefunden«, sagte Dirim. »Die Küche ist offen. Es gibt zwar wieder keine Tür, aber es geht hinein.«

»Ich weiß nur nicht, ob das gut ist«, fügte Helion hinzu.

Einst hatten die Kettenbrecher Zungenfresser in der Küche überrascht, als sie durch den Hintereingang stürmten. Damals mussten sie die Tür mit einem gezielten Zauber öffnen. Jetzt gab es kein solches Hindernis mehr. Hinter dem Durchgang konnte man die Küche dennoch nur erahnen, wenn man nicht Zwergen- oder Koboldsicht besaß. An den Wänden der Küche hingen Fackeln, doch ihr Licht reichte nur auf Armeslänge hinaus, bevor es von gefräßigen Schatten verschlungen wurde. Die Schatten waren so dicht, dass selbst Dirim und Helion nur einen Bruchteil ihrer ursprünglichen Sehkraft hatten; in ihrer schwarzweißen Sicht erkannten sie gerade den großen Herd und die Küchenbank in der Mitte des Raumes.

»Da bewegt sich etwas«, sagte Thamior.

»Konntest du es erkennen?«, fragte Boras.

Der Elf zögerte.

»Ja... und nein.«

Thamior sah katzengroße Kreaturen, sie saßen auf den Tischen oder hingen an den Wänden und wiegten sich langsam im Takt der Musik. Hier hörte das Erkennen auf. Weiterhin sah er aber, dass es sich bei diesen Kreaturen um abgeschnittene Affenköpfe handelte, die vorne wie hinten ein Gesicht hatten. Zu den Seiten wuchsen ihnen dünne Arme mit scharfen Krallen, die ihnen beim Klettern halfen.

»Es sind wohl Wächter«, vermutete der Elf. »Aber mehr sage ich nicht dazu.«

In diesem Moment entdeckte einer der Köpfe die Gruppe. Er stieß ein schrilles Kreischen aus und katapultierte sich auf Thamior zu. Der Elf duckte sich, und dicht hinter ihm explodierte der Kopf in Schatten und Geschrei.

Sofort rollte sich Thargad durch die Tür und stieß einem zweiten Schädel sein Kurzschwert zwischen die Augen. Der Schädel zerfloss zu Schatten. Thamiors Pfeil nagelte einen dritten Wächter an die Wand. Auch dieser zerfloss. Der vierte Schädel warf sich auf Thargad, doch auch der Schurke konnte problemlos ausweichen, und die Explosion brachte nur ein paar Töpfe durcheinander.

»Wo sind wir hier?«, fragte Thargad, nachdem er sich vergewissert hatte, dass die Gefahr zunächst vorüber war. Die Kettenbrecher zogen sich wieder aus dem Affen zurück.

»Masks Wundersames Wunschland?«, riet Helion.

»Ernsthaft.«

»Ich würde sagen, in einer Art Zwischenwelt. Wir sind nicht nach Faerûn gekommen, sondern wurden seitlich verschoben, hinter die Welt, wo Schatten und Albträume hausen.«

»Häh?«, fragte Boras und sprach aus, was alle dachten.

»Ist genauso wahrscheinlich wie mein erster Tipp«, verteidigte sich der Kobold. »Wahrscheinlich ist es etwas ganz anderes.«

»Können wir nicht einfach hier weg?«, fragte Thamior. »Ich will in einen richtigen Wald.«

»Schauen wir doch mal«, sagte Dirim.

Er nahm eine Schriftrolle hervor, deren Zauber einen Ebenenwechsel bewirken konnte. Die Kettenbrecher nahmen sich an den Händen. Dirim las die Schriftrolle. Es geschah nichts.

»Und jetzt?«

Zur Antwort trat Thargad zurück in die Küche.

Helion seufzte. »Also gut, gehen wir rein. Fliehen können wir, wenn wir tot sind.«

-

Der Schankraum des Glücklichen Affen war leer, doch schien er gerade erst verlassen. Halb gegessene Gerichte, angetrunkenes Bier, Karaffen mit Wein standen auf den Tischen. Selbst Gesprächsfetzen trieben herrenlos durch den Raum und trafen hier und dort auf die Ohren der Kettenbrecher. Schatten überzogen die Decke, sammelten sich in den Ecken und tropften teergleich von den Dachbalken.

Helion stieß Thamior an. »Flüssiger Schatten«, sagte er.

»Da hätte ich nicht dran gedacht«, ächzte der Elf. »Danke.«

Rasch nahm er eine leere Phiole heraus und sammelte die Zutat für seinen Seelenbogen. Nun fehlte nur noch eine: der Muskel einer lebenden Maschine. Dann könnte er seine Tochter Annastrianna endlich vor dem Schicksal retten, das ihr die Götter als Ungläubigen zugedacht hatten. Zuvor musste er nur noch aus dieser Albtraumwelt entkommen.

Schritt für Schritt tasteten sich die Kettenbrecher durch den Schankraum, immer darauf bedacht, nicht in zu tiefe Schattenpfützen zu treten. Hinter der Theke lag der Gang, der zum Silvanusschrein führen müsste, und zu den Quartieren von Shensen Tesseril. Wenn sie in dieser Welt existierten. Der Gang jedenfalls war da.

»Ich habe da ein ganz mieses Gefühl«, sagte Boras.

»Jetzt erst?«, gab Thargad zurück.

Feuchte Hitze schlug ihnen aus dem Gang entgegen, als wären sie unversehens in die tiefsten Tiefen von Chult geraten. Schwarze Ranken wucherten wie Schattenefeu über Boden, Decke und Wände. Aus der offenen Tür zum Schrein wuchsen Pflanzen mit fleischigen, großen Blättern, Farne, Palmgewächse, allesamt pechschwarz. Die Kettenbrecher schoben sich zur Tür vor und die Blätter beiseite.

Vor dem Schrein hing Shensen Tesseril in der Luft. Ihre Arme und Beine waren gespreizt und mit dicken Ketten an die Wände gefesselt. Ihre ebenhölzerne Haut wirkte inmitten der schwarzen Pflanzen gar nicht mehr so dunkel. Aus der offenen Brust der Halbelfe wuchs ein Bündel aus Wurzeln und Ranken, die Quelle der Pflanzen. Die Ranken pulsierten im Takt von Shensens Herzschlag. Aus ihrem Mund wuchs eine besonders dicke und fleischige Wurzel. Shensen starrte die Kettenbrecher unverwandt an; jemand hatte ihr die Augenlider entfernt.

Im Bruchteil eines Atemzuges hatte jeder der Kettenbrecher seinen Gott um Gnade angefleht. Dann trat Dirim entschlossen vor und zog Treueschwur aus seiner Scheide.

»Shensen?«, fragte er laut.

Die Augenlider verdrehten sich. Ihrem Hals entrang sich ein Röcheln, dumpf geworden durch die knebelnde Ranke.

»Ich werde dir helfen.«

Shensen sah einmal kurz zu Boden, dann fixierte sie ihren Blick auf den Priester. Dirim hob das Schwert. Mit einem schnellen Hieb zertrennte er die dicke Ranke vor Shensens Mund. Die Ranke fiel zu Boden und verkümmerte dort sofort. Eine besonders große Schattenblume zerfiel zu schwarzem Staub.

Es gab ein würgendes Geräusch. Aus dem Stumpf in Shensens Mund quollen Unmengen von Blut, dunkel und zäh. Mit jedem Schwall pulsierten die Ranken aus ihrer Brust weniger, und schließlich verdrehte Shensen die Augen ein letztes Mal, und das Pulsieren erstarb. Die Schattenpflanzen verwandelten sich allesamt in schwarze Flocken, die langsam durch die Luft tanzten und dem Boden entgegen schwebten.

Dirim fühlte den Puls der Dunkelelfe. Sie war tot. Die Kettenbrecher nahmen ihre Fesseln ab und legten sie auf dem Altar ihres Gottes zur Ruhe, nicht ohne zuvor den Notvorrat an Heiltränken und Pfeilen einzustecken, der sich in einem Geheimfach befunden hatte. Dirim sprach ein kurzes Gebet, und sie verließen den Raum.

»Wie beim letzten Mal«, sagte Helion. »Wir müssen in den Keller.«

Dort hatten sie damals Shensen als einzige Überlebende des Massakers vorgefunden. Sie hatte sich in einem Kühlraum verschanzt.

-

Der Keller war dunkel und kalt. Schon auf den ersten Stufen hatten die Kettenbrecher die Kühle bemerkt, am Fuß der Treppe bildete ihr Atem schon weiße Wolken. Wo vorher ein Lagerraum gewesen war, erstreckte sich jetzt ein langer, dunkler Gang. Rauhreif an den Wänden reflektierte das Licht von Boras’ Laterne. Aus den Wänden ragten seltsame Formen, die an menschliche Oberkörper erinnerten, in größter Qual erstarrt.

Mit gezogenen Waffen und Zaubern auf den Zungen gingen die Kettenbrecher den Gang entlang, der immer kälter wurde, bis selbst der wildniserfahrene Thamior einen leichten Zug verspürte. Vorwärts ging es, immer weiter vorwärts. Längst hatten sie die Ausmaße der Wirtschaft überschritten und näherten sich dem Ende der Lichtung. Endlich erkannte man einen Durchgang in einiger Entfernung.

Prompt traten Gestalten hindurch und bewegten sich langsam auf die Kettenbrecher zu. Sie waren etwa menschengroß, völlig nackt und geschlechtslos, und hatten keine Arme. Dafür hatten sie einen grotesk angeschwollenen Bauch. Jetzt floss schwarze Flüssigkeit aus ihrem Bauchnabel, der sich erweiterte. Eine Klaue war zu sehen, dann eine ganze Hand, und schließlich zwängte sich ein von schwarzem Öl bedeckter Arm aus dem Nabel heraus und wies drohend voraus.

»Jetzt reichts«, sagte Helion. Er rieb bereits einen kleinen Schwefelball zwischen den Fingern. »Vielleicht wird es jetzt kalt«, sagte er zu seinen Gefährten, »aber die kommen nicht näher. Inferno!«

Der Schwefelball flog den Kreaturen entgegen und verging in einem großen Feuerball. Für einen Moment war die Kälte wie verflogen. Die Einarmigen vergingen in einer Mischung aus Feuer und Schatten; noch im Tode explodierten sie selbst. Dann kehrte die Kälte zurück, allerdings nicht stärker als zuvor – im Kühlraum hätte sie sich von den Flammen geradezu ernährt.

»Der gute alte Feuerball«, sagte Helion.

»Gehen wir weiter«, sagte Dirim.

Der Raum hinter dem Durchgang war durchzogen von Spinnweben aus Schatten und Eis; jeder der Kettenbrecher spürte jetzt die Kälte in seinen Knochen, nur Thamior fühlte sich dagegen gefeit, gerade so. Im Raum warteten weitere vier der einarmigen Gestalten, und der Herrscher über den Glücklichen Affen: Zungenfresser. Sein Hals war frisch versehrt, wo Boras’ Axt ihn getroffen hatte – er hatte seinen Kopf auf seine linke Hand gesteckt. Er grinste, und schwarzer Sabber rann ihm aus dem Mund. Seine rechte Hand endete in langen Schattenklauen, die er jetzt prüfend auf- und zuklappte. Dann begann der Kampf.

Boras stürzte gleich auf den Gegner zu. Noch bevor er Schlachtenwut sprechen lassen konnte, stieß Zungenfresser seine Klauen vor. Boras wehrte ab, aber konnte so selbst keinen guten Schlag anbringen. Thamior feuerte Pfeile auf die Einarmigen ab. Nach jeweils zwei Pfeilen schon zitterten sie und explodierten in einem Regen aus Schattenfetzen. Thargad rannte Boras hinterher, zog sich auf seine Schultern und sprang über Zungenfresser, der vergebens mit seinem Schädel nach dem Schurken stieß. Die scharfen Zähne trafen nur Luft. Dirim näherte sich ebenfalls dem Monstrum. Helion hingegen schloss die Augen und konzentrierte sich.

»Du kannst es«, redete er sich ein. »Los doch!«

Im Geiste ging er noch einmal all seine Aufzeichnungen durch. Die Formel war nicht so schwer, er konnte kaum glauben, dass sie ihm bislang nicht gelungen war. Aber jetzt, das spürte er, war der richtige Moment. Wann sonst? Er deutete mit seiner Klaue auf Zungenfresser, sammelte magische Energien um sich und sprach die Formel.

»Pulvo!«

Ein rosa Strahl raste auf Zungenfresser zu. Es gleißte, dann war das Monstrum von einer Horde Schmetterlinge umgeben, die friedlich-fröhlich flatterten.

»Sch...!« Helion fiel nicht einmal mehr ein guter Fluch ein, so erzürnt war er.

Währenddessen hatte Thargad festgestellt, dass Zungenfresser zwar ziemlich tot aussah, aber immer noch verwundbare Stellen hatte. Mit jeder Wunde schien er verwundbarer zu werden. Leider schlossen sich die Wunden wieder, und mit jeder Heilung kamen seine Hiebe wieder gezielter und seine Paraden wirkungsvoller. Auch drangen Thargads Waffen ebenso schlecht durch wie Boras’ Axt, auch wenn weder die Wucht des Barbaren noch die Genauigkeit des Schurken dadurch völlig aufgehalten wurden.

Jetzt zeigte Zungenfresser mit seinem Kopf auf den Barbaren. Sein Maul öffnete sich, aber anstatt eines Bisses spie er lange Tentakel aus, die sich um Boras’ Brust wickelten und versuchten, ihn zu erdrücken. Boras spannte die Muskeln an und sprengte den Würgegriff, bevor er richtig saß. Beinahe lässig schlug er dann die Klaue des Affen zur Seite. Zungenfresser war durch diesen Angriff langsamer geworden, hatte sich selbst geschwächt. Dirim versuchte abermals, ihn zu verwunden, aber Treueschwur und der Schwertarm des Zwergs waren nicht genug, die fleckige Haut des Monsters zu durchdringen.

Anders Thargads Schwerter. Der Assassine trieb Zungenfresser die Klingen durch die Schultern und hielt den Affen fest, sodass Boras zielen konnte. Der Barbar lächelte. In diesem Moment schossen fünf magische Geschosse an ihm vorbei. Zungenfresser zerplatzte wie eine reife Melone, und die Umstehenden waren mit Schattenfetzen bedeckt. Gleichzeitig zerplatzte der letzte Einarmige nach Thamiors Beschuss.

Helion pustete sich über den Zeigefinger. »Geht doch.«

»Das war gemein«, beschwerte sich Boras.

»Und sauber ist er auch geblieben«, moserte Dirim hintendrein.

»Sollten sich die Schatten jetzt nicht auflösen?«, fragte Thargad. »Das Eis schmelzen?«

»Es ist etwas wärmer geworden«, behauptete Thamior, aber das Eis schmolz nicht, und auch die Schatten verschwanden nicht. Sie wirkten nur harmloser und weniger hungrig als zuvor.

Die Kettenbrecher machten sich auf den Weg zurück. Schon nach wenigen Schritten  endete der Gang in der Treppe nach oben. Bald traten sie wieder aus dem Glücklichen Affen hinaus in die Dunkelheit. Es waren keine Sterne zu sehen.

Alle fünf blickten sie auf das Gebirge, das nur einen halben Tag entfernt begann. Auf dem ersten hohen Berg wartete die Kesselstadt auf sie: Cauldron. Dort lauerte sie, wo die Finsternis noch schwärzer war, eine Spinne im Netz, dessen gewiss, dass ihre Opfer zu ihr kommen würden.

«Gehen wir«, sagte Dirim, und machte sich auf den Weg.

-----------
(To be continued...)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. August 2006, 00:27:47
Werte wird es jetzt nicht geben, da ich für die Schattenkreaturen ein eigenes System entwickelt habe. Ich werde es nach dem Prolog "offenbaren". Schattenfresser war allerdings CR 8, die Schattenzombies CR 2 und die Schattenpaviane CR 1.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 23. August 2006, 01:35:43
Wirklich 1A Berandor!
Und die Spannung ist zum zerreißen!
Erinnert mich ein wenig an Silent Hill!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 23. August 2006, 10:41:15
Jepp, das war die bislang mit Abstand beste Session überhaupt. Und damit meine ich die beste Rollenspielsession meiner Rollenspiel-"Karriere" (und das sind dann 19 Jahre). Und ja, ich hatte schon viele herausragende und tolle Rollenspielmomente mit (A)D&D, Vampire und Shadowrun.

Zitat von: "Gilvart"
Erinnert mich ein wenig an Silent Hill!

Ach was ...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. August 2006, 10:43:15
Silent Hill hatte ich "zufällig" vorher im Kino gesehen.

Kylearan:  :wub:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 23. August 2006, 10:46:30
Zitat von: "Berandor"
Kylearan:  :wub:

Na ja, ist doch so. Die anderen waren ja auch dieser Meinung.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. August 2006, 11:21:24
Im Übrigen gilt das Lob natürlich der ganzen Gruppe; ein Spielleiter alleine macht vielleicht eine Story Hour*, aber noch keine gute Runde.

*auf Enworld gibt es eine Story Hour zum Adventure Path, die aus erfundenen Charakteren besteht.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 23. August 2006, 12:58:23
Zitat von: "Berandor"
Im Übrigen gilt das Lob natürlich der ganzen Gruppe; ein Spielleiter alleine macht vielleicht eine Story Hour*, aber noch keine gute Runde.


Dem kann und muss ich aus Erfahrung zustimmen. Meine Gruppe hat sehr viele Spielerwechsel mitgemacht. Die Story und das Flair bleibt da einfach auf der Strecke. Aus dem Grunde habe ich meine Story Hour auch auf Eis gelegt. Die Truppe als ganzes muss funktionieren sonst hat auch der SL keine Lust was zu schreiben :!: oder hättest du die Geschichte auch so geschrieben Berandor :?:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 23. August 2006, 13:02:10
Zitat von: "Berandor"
Im Übrigen gilt das Lob natürlich der ganzen Gruppe; ein Spielleiter alleine macht vielleicht eine Story Hour*, aber noch keine gute Runde.

*auf Enworld gibt es eine Story Hour zum Adventure Path, die aus erfundenen Charakteren besteht.


Nun ja, an diesem Abend war der größte Teil der Stimmung der Verdienst Deiner kranken Fantasie  :D

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kai am 23. August 2006, 13:14:49
Grosses Lob! Ist wirklich spannend geschrieben!

Hast du zu dieser "Gruselsession" spezielle Musik laufen lassen?
Denn wenn ich meinen Spielern etwas Horror verpassen möchte, ist das ohne Musik fast nicht möglich ...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 23. August 2006, 14:46:45
Genau das wollte ich auch fragen. Mir wären sofort jede Menge Titel eingefallen die gepasst hätten. (unter anderem der Soundtrack vom Gabriel Burns Hörspiel)

Aber was zur Hölle war da los?
Und hat Helion sich jetzt auf Schmetterlingszauber spezialisiert? Süß!

Sehr stylisch auch die durch den Raum treibenden Gesprächsfetzen.

Obwohl ich keinen richtigen Zusammenhang erkennen konnte bisher. (Was hat Shensen getan?)

Bin gespannt...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kai am 23. August 2006, 14:53:13
Ja, dass mit den Gesprächsfetzen erinnert mich an einen uralten (übrigens wie üblich schlechten) Stephen King - Film. Da sind irgenwelche Leute in die Vergangenheit gereist ... nur dass da niemand mehr war ausser irgendwelchen Viechern, welche die Vergangenene Zeit  /Welt aufgefressen haben ... Aber der Name des Films will mir einfach nicht einfallen  :roll:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 23. August 2006, 15:14:51
The Langoliers
Das buch war nicht schlecht, etwas arg abgefahren, aber irgendwie gruselig.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. August 2006, 16:51:07
Für den Glücklichen Affen habe ich "Prologue" von Loreena McKennitt gespielt, um die leise Musik zu simulieren
Shensens Szene hatte "Alley of Birth" aus dem Planescape-Soundtrack
Zungenfresser schließlich war die Mundharmonika aus "Spiel mir das Lied vom Tod".
Weieter Titel gebe ich gerne an, wenn es soweit ist.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 23. August 2006, 16:53:27
Und obwohl Shaz direkt nach der ersten Begegnung dieser Art sagte: "Hey, das erinnert mich an Silent Hill, wovon Berandor und ich vorhin zu Beginn der Session noch gesprochen haben!", war die Stimmung einfach gruselig. Oh, draußen war es hell, mein Sohn hat mich zwischenzeitlich in Anspruch genommen, und trotzdem einfach nur genial.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. August 2006, 19:46:03
Prolog: Heimkehr (Dritter Teil)
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Zwei gewaltige Säulen ragten über Cauldron in den Himmel. Eine der Säulen war kreisrund und bestand nur aus Schwärze, als flössen dort durch ein Glasrohr die Schatten in dem Himmel. Die andere Säule war uneben und verzweigte sich an mehreren Stellen. Als die Kettenbrecher sich der Stadt näherten, erkannten sie in dieser zweiten Säule einen Baum, dessen Krone in den Schatten verborgen lag. Keiner der Abenteurer hatte eine Idee, was in Cauldron geschehen war.

Endlich standen sie vor der Stadt. Die schwarzen Stadtmauern dampften einen Vorhang aus Schatten in den Himmel, und wo sonst das massive Stadttor gewesen war, versperrte ein ebensolcher Vorhang den Durchgang in die Stadt. Stiefeltritte, Kettengerassel und Schreie hingen leblos in der Luft. Es war niemand zu sehen.

»Was ist das für ein Vorhang?«, wandte sich Boras an Helion. »Können wir da durchgehen?«

Der Kobold zuckte mit den Schultern.

»Zumindest wird es dann wohl Alarm geben, aber ich lege meine Schnauze nicht ins Eis, dass es nicht auch schlimmere Folgen haben könnte.«

Thamior und Thargad erklommen die Stadtmauern, aber auch dort versperrte ihnen die Schwärze die Sicht.

»Was solls?«, fragte Dirim, als sie wieder unten waren. »Wir müssen in die Stadt. Also gehen wir durch.«

»Warte noch«, bat Helion, aber der Zwerg hörte nicht.

Dirim schritt auf das Tor zu. Er war keine fünf Schritt mehr entfernt, als plötzlich ein Feuerstrahl aus seinem rechten Auge schoss. Die Flammen fraßen sich durch den Vorhang aus Schatten und gaben einen Durchgang frei, durch den selbst Boras bequem passte. Schnell huschten die Kettenbrecher hinein. Hinter ihnen wuchs der Vorhang wieder undurchdringlich zusammen.

Die Straßen waren menschenleer. Hinter den Fenstern schimmerte Licht, und scharfe Ohren vermochten hinter den Schritten und den Ketten leises Gemurmel zu vernehmen. Ab und zu gellte ein Schrei durch die Düsternis. Schatten lauerten überall auf Opfer.
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»Seht mal«, sagte Thamior und wies auf eine Häuserwand.

Dicht unterhalb des Daches ragte ein halblingsgroßer Arm aus der Wand. Jeder Finger endete in einem Auge, und in der Handfläche wartete ein zahnloser Mund darauf, Alarmrufe auszustoßen. Suchend bewegte sich der Arm von einer Seite zur anderen. Die anderen Kettenbrecher hatten ihren Blick jedoch auf etwas anderes gerichtet.

»Der See«, flüsterte Dirim ungläubig.

Einst war in der Mitte Cauldrons ein Schwefelsee gewesen, den man von den hoch liegenden Außenbezirken der Stadt bewundern konnte, ohne ihn riechen zu müssen. Jetzt war er fort. Der große Baum, der in den Himmel ragte, hatte seinen Platz eingenommen. Und erst jetzt erkannten die Kettenbrecher, wie groß der Umfang des Baumes war, und wie hoch er wirklich sein musste. Daneben wirkte die Schattenlanze, die in etwa vom Azuthtempel ausging, wie eine Haarnadel neben einer Königspython.

Ein spitzer Schrei ertönte. Die Wachhand hatte sie entdeckt. Noch während die Kettenbrecher sich kampfbereit machten, spie der Handflächenmund einen klebrigen Schattenklops in die Richtung von Dirims Gesicht. Dirim konnte gerade noch seinen Schild vorschieben. Gleichzeitig sackte die Wachhand schlaff zusammen, dann zerfiel si zu Staub.

»Und jetzt?«, fragte Boras.

»Jetzt kommen die Wachen«, antwortete Thamior und wies mit dem Kopf die Gasse entlang.

Fünf Kreaturen schoben sich auf sie zu. Ihre Unterarme endeten in gut einem Dutzend scharfer Stacheln. In ihrer Brust prangte ein lidloses Auge. Ihr Hals endete in einem schwarz rauchenden Loch.

Thargad hatte seine Klingen schon gezogen und stürmte im Zickzacklauf auf die Wachen zu, als inmitten der Wesen ein Feuerball explodierte. Mehrere Pfeile bohrten sich in die Brust eines Wächters. Der Wächter verharrte. Er hob den Arm, und eine seiner Stacheln flog auf Thamior zu. Der Elf wirbelte herum und entging dem Geschoss mit knapper Not. Thargad war jetzt bei dem Wächter angekommen und bohrte seine Schwerter in dessen Brust. Der Wächter verging.

»Noch vier«, rief der Assassine.

»Drei«, sagte Boras und entfernte die Axt aus der Schattenpfütze vor sich.

Ein weiterer Wächter näherte sich dem Barbaren. Die Kreatur beugte sich vor. Aus seinem Hals sprühte es einen Nebel aus Schatten. Boras schrie auf, als sich der Schatten wie Säure in seine Haut fraß. Er packte den Wächter und schleuderte ihn gegen eine Wand, wo er zerplatzte.

Dirim fuchtelte mit seinem Schwert vor dem vierten Wächter herum. Es schien, als hätten sie die Lage im Griff, da wollte er keinen Zauber verschwenden. Jetzt beugte sich auch sein Gegner vor. Anstatt ätzender Schatten kamen allerdings zwei Schwertspitzen aus dem Hals gefahren, und ein Pfeil Thamiors besiegelte das Schicksal dieser Kreatur endgültig.

»Danke für die Ablenkung«, sagte Thamior.

Dirim nickte zurück.

Fünf magische Geschosse zerrissen den letzten Wächter, und nachdem Boras sich noch einmal über die Ungerechtigkeit dieser Kampftaktik ausgelassen hatte, war es wieder ruhig auf Cauldrons Straßen.

»Das war nicht besonders gefährlich«, sagte Dirim, nachdem sie einige Zeit auf mögliche Verstärkung gewartet hatten. »Aber wenn jedes dieser Augenviecher einen Wachtrupp ruft, kann es auch anders ausgehen.«

»Oder langweilig werden«, bestätigte Boras.

Thamior feuerte versuchsweise auf die nächste Wachhand. Sie zerfiel nach einem Schuss zu Schattenflocken.

»Also sind sie nicht sehr widerstandsfähig«, sagte Helion. »Wie viele Pfeile hast du noch?«

»Nicht genug«, gab der Elf zurück.

»Könnt ihr euch vorbei schleichen?«

Thargad versuchte es. Zuerst gab er sich Mühe, aber auf dem Rückweg bewegte er sich recht sorglos.

»Die sind nicht sehr aufmerksam«, sagte er. »Aber Dirim könnte trotzdem Probleme bekommen.«

»Ich habe noch einen Trank, der ihm beim Schleichen hilft«, sagte Thamior.

»So einen habe ich auch noch«, gab Thargad zu.

»Ein Stück weit kann ich uns teleportieren«, sagte Helion, »zumindest die lauteren unter uns.«

»Und zur Not schießen wir die Hände kaputt«, schloss Thamior.

»Dann sollten wir uns wenigstens halbwegs sicher bewegen können«, sagte Dirim. »Wohin also?«

Wie auf Kommando sahen alle fünf in die selbe Richtung.

»Zum Azuthtempel«, sagte Helion.

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Vom Azuthtempel waren nur noch die Stufen übrig geblieben, die zum Eingang hinauf führten. Zu beiden Seiten gähnte ein Abgrund. Die Stufen selbst waren rissig, löchrig. Am Ende der Stufen standen noch die Doppeltüren des “Fingers”, dahinter loderte die Schattensäule.

»Was ist hier passiert?«, fragte sich Dirim stellvertretend für die anderen zum wiederholten Male.

»Vielleicht bekommen wir da drin ja Antworten«, sagte Helion und schritt die Stufen hinauf.

Als sie das Ende der Treppe erreichten, öffneten sich die Doppeltüren. Dahinter war eine düstere Halle, die nur durch weniger schwarze Finsternis erhellt wurde, und ein altes, gebeugtes Männchen mit fleckiger Haut und einem Kopf, der größer war als sein Oberkörper. Seine dürren Ärmchen hatte das Wesen zur Stütze auf den Boden gestellt.

»Ihr habt euren Termin verpasst«, krächzte das Männchen. »Aber die Herrin empfängt euch noch. Folgt mir bitte.«

Dem listigen Blick des Männchens zufolge wäre es eine schlechte Idee gewesen, dies nicht zu tun, aber auch sonst wären die Kettenbrecher wohl hinter dem Wesen her gegangen. Sie stiegen eine Wendeltreppe empor, die an die Wand der Halle angebaut war. Zur einen Seite befand sich schwarze Wand, zur anderen nur ein Fall in die Finsternis. Schemen hasteten an den Kettenbrechern vorbei oder durch sie hindurch, und dissonannte Töne schwammen durch die Luft. Endlich endete die Treppe in einer einfachen Holztüre.

»Nur hindurch, nur hindurch«, drängte das Männchen.

Sie kamen in einen warmen, gemütlichen Raum. Ein Kaminfeuer prasselte, und hinter einem Schreibtisch saß die Hohe von Azuth, Embril Aloustinai, und schrieb etwas auf Pergament. Ihr weißes Haar war zu einem Knoten gebunden, und ihre silberne Robe schimmerte im Licht des Feuers, als wäre sie lebendig.

»Eure Gäste, Herrin«, verkündete das Männchen, dann zog es sich aus dem Raum zurück und schloss die Türe hinter sich.

Embril sah auf.

»Da seid ihr ja endlich. Wein?«

Sie stand auf und goss sechs Kelche ein. Dann wies sie auf die fünf leeren Sessel, die vor dem Schreibtisch standen.

»Setzt euch. Obwohl ich überrascht bin, euch zu sehen. Ich hielt euch für tot.«

»Sind wir nicht«, sagte Helion. »Aber was ist hier geschehen?«

»In Cauldron?« Embril schüttelte den Kopf. »Schatten und Angst kamen über die Stadt, und ein Engel der Finsternis stieg vom Himmel herab auf den Thron des Stadtherren. Adimarchus, der Brudermörder, herrscht nun im Kessel.«

»Ach?«, entfuhr es Helion. Mehr vermochte in diesem Augenblick keiner der Kettenbrecher zu sagen.

»Und ihr?«, fragte Helion schließlich.

»Ich bin nur ein kleines Licht im Dunkel«, gab Embril zurück.

»Welches Jahr haben wir?«, erkundigte sich Thargad.

»1377«, sagte Embril. »Fast zwei Jahre, seit ihr verschwandet, und über ein Jahr, seit der Säufer Terseon Skellerang erschlagen wurde.«

»Seit was?«, entfuhr es Boras.

»Seit Terseon Skellerang im Gottesurteil um Maavus Leben kämpfte, und der Streiter namens Finster ihn erschlug und den Händler rettete.«

»Ach«, wiederholte Helion.

Lange Zeit war es ruhig. den Kettenbrechern schwirrte der Kopf.

»Wir gehen wohl besser«, sagte Dirim schließlich.

»Habt ihr nicht etwas vergessen?«, fragte Embril.

Sie stand auf. Mit einem Ruck zerriss sie ihre Robe. Dann griff sie sich in den Magen und zerrte ruckartig ihren Darm heraus, den sie feierlich Thamior überreichte.

»Seid ihr nicht deswegen hier? Oder habt ihr schon einen?«

»Was?«, fragte Thamior verwirrt.

»Nun ja«, sagte Embril. »Ihr findet doch hinaus?«

Sie öffnete die Tür zu ihrem Zimmer und trat hinaus. Dirim wollte ihr nach, doch sie war verschwunden.

»Der Darm eines Verräters?«, fragte Thamior niemanden im Besonderen. »Aber–«

Ein Krächzen entrang sich ihm. Blut quoll ihm aus dem Mund. Der Elf brach zusammen. Als er auf dem Boden aufschlug, sickerten Schatten aus dem Teppich hervor und hüllten ihn ein. Dann war er verschwunden.

»Ist das so ein Azuthding?«, fragte Boras.

»Das wäre mir neu«, sagte Helion. »Aber wir sollten hier verschwinden.«

»Gute Idee«, sagte Dirim. »Gehen wir zu mir.«

-

Die Wände des Tyrtempels waren eingerissen, der Tempel selbst lag still und verlassen. Gras wuchs kreuz und quer.

»Tyr, enthülle mir auch die verborgensten Geheimnisse«, bat Dirim. Von wahrem Blick beseelt, begann er die Durchsuchung.

Der Tempel war geschändet worden. Was man tragen konnte, hatte man geraubt, was zu sperrig war, hatte man zertrümmert. Mit Tränen in den Augen stieg Dirim die Stufen in die Kellerräume hinab, wo sein Quartier gewesen war. Selbst die kunstvollen Wandbilder hatte man verunstaltet, aber das war es nicht, was dem Zwerg auffiel. Er blickte verwundert auf die magische Aura, die in etwa die Form einer Tür hatte, wo definitiv keine gewesen war. Eine Geheimtür. Schnell stellte er fest, dass jedes der vier Zimmer eine solche Aura hatte. Aber was er auch anstellte, er konnte die Türen nicht öffnen.

»Das mache ich in der richtigen Welt«, nahm er sich vor.

»Sie waren gründlich«, sagte Thargad angesichts der Zerstörung.

»Ich frage mich nur, was mit den Barakmordin passiert ist«, sagte Dirim und meinte die Ordenskrieger, die in diesem Tempel gewohnt hatten. »Hier finden wir es jedenfalls nicht heraus.«

»Jenya?«, wandte er sich dann an seine Freunde.

»Jenya«, bekräftigte Thargad.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. August 2006, 19:47:08
Da wir am Samstag spielen, gibt es heute evtl. noch einen weiteren Teil des Prologs. Ich will ja fertig werden. :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. August 2006, 23:05:29
Prolog: Heimkehr (Vierter Teil)
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Schwarze Adern durchzogen den einst makellosen Marmor wie die Vorboten einer Krankheit. Der große Tempel des Wächtergottes Helm stach dennoch nahezu grell aus der düsteren Umgebung heraus. Thargad spürte ein warmes Brennen auf und in der Brust, als er die Stufen zu der großen Doppeltür erklomm. Die Tür war geschlossen, daneben hing ein Seilzug. Thargad zog am Seil. Entgegen seiner Erwartung war keine Glocke zu hören. Trotzdem öffnete sich kurz darauf die Türe und entließen warmes Fackellicht, gedämpften Gesang und geflüsterte Gebete in die dunklen Straßen.

In der offenen Tür stand eine junge Priesterin. Ihr Schädel war vernarbt und kahl; das Narbengewebe verdeckte auch ihre Ohren. Die Priesterin sah die Kettenbrecher einige Augenblicke zögernd an. Ihre Augen weiteten sich.

»Wartet«, sagte sie mit einer Stimme, die das Reden nicht mehr gewohnt schien. Sie drehte sich um und hastete davon.

Die Kettenbrecher sahen sich an. Boras zuckte mit den Schultern.

»Warten wir halt.«

Schon sah man die Frau wieder durch das Kirchenschiff zurück kommen. In ihrer Begleitung war ein junger Mann, ein bekanntes Gesicht. Es war Rufus Laro, dem die Kettenbrecher das Leben retteten, kurz nachdem sie in Cauldron angekommen waren. Er war die rechte Hand der Hohen Wächterin Jenya Urikas, der engsten Vertrauten der Abenteuergruppe. Rufus’ rote Haare waren unversehrt, und seine grünen Augen leuchteten vor Freude, seine Lebensretter wiederzusehen. Sein Mund jedoch war durch Narben verschlossen.

»Rufus«, sagte Thargad. »Was ist passiert? Ist Jenya da?«

Rufus nickte. Er gebot den Kettenbrechern, ihm zu folgen.

»Das hatten wir heute schon mal, dass uns ein Kerl zu seiner Gebieterin brachte«, murmelte Dirim. »Wer weiß, welche Überraschung jetzt auf uns wartet?«

»Zumindest braucht keiner von uns einen Darm«, sagte Boras.

Rufus führte sie durch das große Kirchenschiff. Wo man sonst immer den einen oder anderen Bewohner angetreffen konnte, standen jetzt nur eine Handvoll schwer gerüsteter Priester Wache. Sie alle hatten eine vernarbte Kopfhaut und schienen taub zu sein.

Die Kettenbrecher bewegten sich geradewegs auf die Katakomben zu. Im Gegensatz zur üblichen Verbrennung bestattete die Helmkirche ihre Toten in einem Höhlensystem unter der Kirche. Es hieß, in Zeiten höchster Not würden diese ehrenhaften Männer und Frauen wiederauferstehen und der Stadt zu Hilfe eilen. Es sah jedoch nicht so aus, als hätten sie es getan.

Als sie den Eingang in die Katakomben erreichten, griff sich Rufus Laro eine Fackel von der Wand. Ohne sich umzudrehen, begann er den Abstieg auf der schmalen Wendeltreppe. Die Kettenbrecher folgten.

»Wäre Thamior doch hier«, sagte Dirim.

In den Katakomben lag auch Annastriannas Leichnam begraben, eine Ehrbezeugung der Wächterkirche.

»Wenigstens ist die Hand Helms bei uns«, sagte Helion nicht ohne Ironie.

Thargad warf ihm einen – finsteren – Blick zu.

Die Kettenbrecher und der Priester stiegen tief hinab. Ein halbes Dutzend Mal passierten sie Durchgänge in ein Stockwerk des ausgedehnten Beinhauses. Der anfänglich gut bearbeitete Stein wich natürlichen Formationen, und nun wirkte selbst die Treppe wie gewachsen. Dann verschwanden auf einmal die Wände, und sie befanden sich an der Decke einer riesigen Höhle. Zwei Dutzend oder mehr Sarkophage standen an den Wänden, einige von herabgestürzten Felsen zerstrümmert, andere halb mit Moos überwuchert. Am Ende der Höhle erhob sich die große Statue eines gepanzerten Mannes, und davor brannte eine schwache Flamme. Eine kleine Gestalt kniete neben dem Feuer.

Rufus Laro blieb am Fuß der Treppe stehen und deutete mit der freien Hand zur Statue hin. Wortlos gingen die Kettenbrecher darauf zu. Vor der Statue kniete eine Frau. Ihr langes, dunkles Haar war fettiger und von mehr weißen Strähnen durchsetzt als zuvor, und ihr Körper war hager, geradezu dürr. An den Auflagestellen des Plattenpanzers war die Haut wund und entzündet. Trotzdem war es eindeutig die Hohepriesterin, die hier zu ihrem Gott betete.

»Jenya?«, fragte Thargad leise.

Sie drehte sich nicht um. Thargad trat neben sie und erschrak. Jenya war der Statue zugewandt, doch anstelle ihrer Augen prangten zwei schwarze Löcher in ihrem Gesicht.

»Jenya!«, sagte er, lauter diesmal. »Wir sind es. Ich bin es!«

Die Hohepriesterin schüttelte den Kopf.

»Er hat gesagt, dass ihr kommen würdet, gesagt hat er das.« Sie kicherte. »Zuerst kommt ihr nicht, und jetzt kommt ihr wieder und wieder. Immer wieder, um uns zu foltern.«

»Wovon redet ihr?«, fragte Dirim.

»Seid ihr wirklich? So wirklich wie die Ratten, die wir verspeisen?«

Boras bewegte den Zeigefinger kreisend um seine Schläfe. Helion nickte zustimmend.

»Jenya«, wiederholte Thargad, »was ist passiert?«

»Passiert? Was ist passiert, fragt er. Alles. Sie haben uns gewarnt, doch wir wollten nicht sehen. Wollten nicht hören. Haben niemanden gewarnt. Und jetzt sind wir allein in der Finsternis, und keiner sucht mehr unseren Schutz.«

Thargad runzelte die Stirn.

Dirim trat neben ihn. »Was ist mit dem Stadtherren?«

»Verrat im Haus des Stadtherren. Geht nicht zu ihm!«

»Hatten wir nicht vor«, sagte Helion. »Kannst du was tun?«, wandte er sich an Dirim.

Der Zwerg schüttelte den Kopf. »Im Moment nicht.«

»Also gut. Wohin jetzt?«

Urplötzlich sah Jenya sich um und fixierte Thargad mit ihrem leeren Blick.

»Thargad? Wir haben einen Auftrag für ihn.«

»Welchen?«, fragte Helms Hand.

»Töte sie«, sagte Jenya. »Töte sie alle!«

»Wir sollten gehen«, sagte Helion entschlossen. »Bevor noch jemand umkippt.«

Boras stöhnte auf. Tiefe Schnittwunden erschienen auf seinem Körper, von mächtigen Klingen geschlagen.

»Warum gerade ich?«, fragte er. Dann kippte er um.

-

»Ehrlich«, sagte Helion. »Ich bin es nicht schuld!«

Sie standen wieder vor dem Helmtempel, nur noch zu dritt. Auch Boras war von Schatten verschlungen worden.

»Wir sollten versuchen, Meerthan aufzusuchen«, sagte Thargad.

»Wen?«, fragte Dirim.

»Ich habe euch bestimmt von ihm erzählt«, log Thargad. »Meerthan ist der Anführer der Silberstreiter, einer Organisation für das Gute im Land. Er hält sich in Cauldron auf, als Zwerg verkleidet, aber eigentlich ist er ein Elf, und ist oder war ein Freund meines Mentors. Er wohnt oder wohnte im Trunkenen Morkoth.«

»Also war das jemand, der Bescheid wusste?«, fragte Helion.

»Zumindest halbwegs, ja.«

»Nun gut. Schauen wir mal, was er zu sagen hat.«

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Der Trunkene Morkoth war um den Bug eines Schiffes erbaut worden. Dieser Bug ragte dunkel in die Straße hinaus, unter ihm Dunkelheit anstelle einer Türe. Durch die Dunkelheit kam man in einen gemütlichen Schankraum. Ein Feuer prasselte im Kamin, leise Harfenmusik zupfte umher. Der Schankraum war leer.

»Hallo?«, fragte Thargad vorsichtig.

Schritte erklangen über ihnen. Sie kamen die Treppe hinunter. Mit den Schritten: ein hagerer Elf mit goldener Haut und silbrigschwarzem Haar, gekleidet in schwarzen Samt. Vier der kopflosen Wächterkreaturen geleiteten den Elf in die Schankraum. Für einen Moment hielt der Elf inne, als er die Kettenbrecher sah. Dann lächelte er.

»Es tut gut, euch zu sehen. Vor allem dich, Thargad.«

»Meerthan«, begann der Assassine, aber Meerthan hob einen Zeigefinger.

»Nicht hier«, sagte er.

Die Umgebung verschwamm, dann befanden sich die Kettenbrecher mit Meerthan plötzlich in einem gemütlichen kleinen Raum. Auf einem Tisch standen Brot, Wein und Käse. Vier der Schattenwächter (dieselben wie vorhin?) standen in den Ecken des Raumes.

»So«, sagte Meerthan, »hier sind wir ungestört.«

»Dann mal raus mit der Sprache«, sagte Thargad unumwunden. »Was ist hier passiert?«

»Die Sonne verdunkelte sich«, erzählte Meerthan. »Die Erde bebte. Feuer und Schatten krochen empor. Dämonen folgten, und wir kämpften mit aller Macht. Der Baum wuchs in den Himmel. Und dann...«

Meerthan schloss die Augen.

»Dann kam ER. Der Widerstand verdiente seinen Namen nicht, so schnell war er gebrochen. Nur durch SEINE Macht und SEINE Kraft konnte Cauldron wieder auferstehen.«

»Du hast dich mit Adimarchus verbrüdert?« Thargad war fassungslos.

»Nein«, widersprach Meerthan. »Ich habe überlebt. Anstatt auf dem Stadtplatz zu verfaulen, diene ich der Bevölkerung Cauldrons weiterhin. Ich helfe, wo ich kann, so gut ich kann.«

Thargad war sprachlos. Meerthan seufzte.

»Ich hätte wissen müssen, dass du das nicht verstehst. Egal, wie zwielichtig du dich gibst, du bist am Ende genau wie Berion.«

»Berion?« Thargad schwamm der Kopf. Was hatte sein Mentor damit zu tun?

»Er war hier.«

»Was? Wann?«

»Vor gut einem Jahr, schätze ich. Berion wollte nicht auf mich hören. Er wollte kämpfen, als alles verloren war. Ihr findet ihn auf dem Stadtplatz, bei Maavu und all den anderen Narren. Werdet vernünftig, oder ihr werdet euch zu ihnen gesellen.«

Thargad schüttelte den Kopf. »Wie konntet Ihr nur?«

Meerthan sah zu Boden. »Es tut mir leid.«

Ein Kurzschwert rammte sich in Thargads Rücken und brach vorne aus seiner Brust. Der Assassine zuckte noch einmal, dann fiel er zu Boden. Schatten verschlangen ihn.
Dirim und Helion sahen sich an.

»Zeit zu gehen«, sagte der Kobold.

»Kommt«, sagte Meerthan. »Ich bringe euch raus.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 24. August 2006, 08:55:42
Zitat von: "Berandor"
»Zumindest wird es dann wohl Alarm geben, aber ich lege meine Schnauze nicht ins Eis, dass es nicht auch schlimmere Folgen haben könnte.«

Sehr geil, danke!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 24. August 2006, 12:33:05
DAS IST EINFACH NUR GEIL!!! SCHNELL WEITERSCHREIBEN:)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kai@uni am 24. August 2006, 13:09:16
Da kann ich Gilvart nur zustimmen. Vor allem die kurzen Wartezeiten in letzter Zeit haben mir gefallen ... aber wenn ich daran denke wie lange wir Mitleser hier auf dem trockenen gesessen haben sage ich doch lieber nichts mehr. :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 25. August 2006, 00:27:49
Prolog: Heimkehr (Fünfter und letzter Teil)

»Und jetzt?«, fragte Dirim, als sie wieder vor dem Wirtshaus standen.

»Ich habe noch etwas zu erledigen«, sagte Helion.

»Wir sollen uns trennen?«

»Ich kann dich jedenfalls nicht mitnehmen.«

»Na gut«, sagte der Zwerg. »Dann werde ich mir mal den Stadtplatz ansehen.«

»Viel Glück.«

Dirim lächelte. »Tyr ist mit mir. Ich brauche kein Glück.«

Und damit gingen die beiden getrennte Wege. Dirim schlug den Weg zum Stadtplatz ein. Helion wartete noch einen Augenblick, dann huschte er durch die Straßen, auf dem schnellsten Weg dem Versteck zu, in dem die Kobolde der Stadt gehaust hatten.

-

Surabar Zaubermeißel, der Gründer Cauldrons, lag am Boden. Zumindest seine Statue. Einst hatte sie über dem Stadtplatz gethront und mahnend auf das Ratshaus geblickt, jetzt lag sie auf dem Rücken und starrte hoffnungslos flehend in den finsteren Himmel. An ihrer statt hatte man fünfzig oder mehr Kreuze errichtet, dicht an dicht. Dicke Taue streckten sich unter schweren Lasten dem Boden entgegen, doch man sah niemanden an den Kreuzen hängen. Auf der anderen Seite des Platzes, vor dem Ratshaus, begegneten sich die Wächter des Platzes auf ihrer entgegengesetzten Kreisbahn um den Platz herum. Es waren sechs Schritt hohe, gewaltig aufgedunsene Bäuche, die sich mit vier Armen mühsam vorwärts zogen. Dirim würde einige Zeit haben, bevor sie den Platz umrundeten.

Er war allerdings nicht allein. Ein kleiner Junge und ein hagerer Mann, beide schwarz gekleidet, schlichen ebenfalls über den Platz. Dirim ging auf sie zu. Der Junge blieb vor einem der Kreuze stehen, aber der Mann packte ihn am Ärmel und zog ihn weiter.

»Komm jetzt, sonst lernst du heute nur, Backpfeifen einzustecken.«

»Pellir?«, fragte Dirim.

Die beiden blieben stehen und drehten sich zu dem Zwerg um. Der Junge war tatsächlich jener Pellir, den Dirim zuerst beinahe in den Tod geschickt und sich dann seiner angenommen hatte – bevor er für anderthalb Jahre verschwand. Der hagere Mann neben ihm war Dirim ebenfalls nicht unbekannt. Es war einer von vier Mitgliedern aus Cauldrons eigener Abenteuergruppe, den Sturmklingen. Todd Vanderboren war immer schon der gehässigste der vier gewesen, und der Blick, den er jetzt Dirim widmete, sprach nicht von einer Besserung in seinem Verhalten.

»Sie mal einer an«, sagte Todd. »Die verlorene Vaterfigur kehrt zurück.«

»Pellir«, sagte Dirim, »komm zu mir.«

»Ich habe mich um ihn gekümmert«, versicherte Todd. »Sollen wir ihm zeigen, was du gelernt hast?«

Todd zog einen langen, schwarzen Dolch, und spiegelbildlich zückte Pellir eine kürzere, doch ebenso schwarze Klinge. Noch bevor Dirim reagieren konnte, verschwamm der Junge in den Schatten und tauchte direkt hinter Dirim wieder auf. Der Zwerg wirbelte herum, und sofort war Todd Vanderboren zur Stelle und stieß ihm seine Klinge in die Kniekehle. Dirim schrie auf. Er stieß Todd von sich und stolperte einen Schritt in die andere Richtung. Dann wirbelte er herum und präsentierte ihm sein heiliges Symbol.

»Tyr, brenne diesem Teufel die Sünde aus!«

Der Boden explodierte in einer Flammenlanze. Todd schrie und stürzte sich auf Dirim, doch dieser brachte mühelos seinen Schild vor den Schlag. Da sprang ihm Pellir in den Rücken und stieß seinen Dolch in Dirims Achselhöhle. Dirim spürte, wie sein Schildarm taub und die Rüstung durch sein Blut schwerer wurde. Er schüttelte Pellir ab und taumelte rückwärts, nur um Pellir wieder hinter sich auftauchen zu sehen.

»Er hat noch nicht genug, Herr«, keuchte Dirim. Er blickte Todd direkt in die Augen. »Brenne, Bastard!«

Wieder stieg heiliges Feuer in den Himmel. Todd brüllte vor Schmerzen und machte eine Handbewegung. Pellir bewegte sich sofort von Dirim weg. Dafür begannen Todds Wunden, zu verheilen. Er tat einen langen Schritt und ließ sein Schwert gegen Dirims Rüstung krachen, der dem Schlag jedoch ohne die zusätzliche Ablenkung durch Pellir leicht widerstand. Grimmig lächelnd trat er wieder einen Schritt zurück.

»Asche zu Asche, Schatten zu Schatten.«

Eine dritte Flammensäule fuhr empor. Todd kreischte. Als das Feuer verlosch, waren sowohl er als auch Pellir verschwunden. Dirim taumelte. Ihm wurde schwarz vor Augen. Dann fing er sich wieder. Mühsam und zugleich möglichst leise schleppte er sich weg vom Platz, zurück in die Straßen der Stadt.

-

Die Gasse war länger, als Helion in Erinnerung hatte. Die feuchte Dunkelheit kitzelte seine Nase und brachte ihn dazu, kleine Rauchwolken gegen die Nässe auszustoßen. Eigentlich hätte er schon längst bei der Geheimtür in der Seitenwand sein müssen.
Mit einem Mal stand er im geheimen Unterschlupf. Helion sah sich um, aber hinter ihm war nur Wand. Vor ihm sah er einen großen Raum, die eine Ecke vollgestopft mit delikatem, fauligem Obst. Der Geruch des Obstes wurde durch dumpfes Stöhnen überdeckt. Vorsichtig trat ein Kobold aus dem Dunkel.

»Pecarri? Was machst du denn hier?«

Es war Teek, Helions bzw. Pecarris engster Verbündeter unter den Kobolden.

»Ich nehme an, ich komme wegen Trakis«, sagte Pecarri und bezog sich auf den bösrtigen Anführer der Kobolde, der Pecarri mit seiner geringen Zaubermacht und seiner toten Ratte hatte einschüchtern wollen.

»Trakis ist tot«, sagte Teek. »Du hättest nicht kommen sollen.«

»Wer ist denn da?«, fragte eine kehlige Stimme aus der Finsternis. Zuerst traten zwei gelbe Augen aus dem Dunkel, dann folgte ihnen der dazugehörige Körper eines schwarzen Wolfs. Der Wolf hob die Lefzen zu einem überraschten Knurren.

»Du?«

»Ich«, sagte Pecarri trocken und gebot Teek mit einer Handbewegung, zu verschwinden. Der gehorchte unversehens.

»Also ist der mächtige Helion zurückgekehrt«, sagte der Wolf. »Du hattest Glück, dass ich dich nicht sofort durchschaute, als du hier aufgetaucht bist. Aber ich hatte schließlich anderes im Kopf. Diese verdammte Tür öffnen, die Steine beschaffen – jetzt ist alles anders. Herr?«, fragte er etwas lauter. »Da ist Besuch für euch.«
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Aus dem Dunkel ertönte ein Schlurfen, verbunden mit dem Gerassel von Ketten. Helion ging in Abwehrstellung und bereitete seinen mächtigsten Zauber vor.

»Ihr dachtet, ihr hättet ihn besiegt«, verkündete der Wolf, »aber nun werdet ihr sein wahres Gesicht schauen.«

Eine große Gestalt schälte sich aus dem Dunkel. Sie war größer als Boras und mit schwarzem Fell bedeckt. Einst war ihre Haut verrottet gewesen, und ihr untotes Wolfsmaul hatte nur ein Wort sagen können, wieder und immer wieder. Jetzt aber wirkte die Kreatur lebendig und stark, auch wenn sie anstelle von Händen lange, stachelige Ketten besaß.

»Tar-ki-lar!«, schrie der Wolf.

»Malar sei Dank!«, rief Tarkilar aus. »Die Beute kommt zum Jäger, auf dass sie gefressen werde!«

»Nein danke«, sagte Helion. »Anima frigi!«

Er holte tief Luft, dann stieß er einen klirrenden Kälteodem aus. Der Zauber ließ ihn selber frösteln, aber noch einmal würde er nicht versuchen, jemanden aufzulösen, bis er die Formel wirklich konnte.

Tarkilar ließ den Odem einfach über sich ergehen. »Narr«, sagte er. »Die Natur kann einem Jäger nichts anhaben, weißt du das denn nicht?«

Er hob beide Kettenarme.

»Na ja«, sagte Helion und machte keine Anstalten, sich zu verteidigen, »einen Versuch wars wert.«

Die Ketten pfiffen auf ihn zu, und kurz fragte er sich, ob es wohl weh tat, gefressen zu werden.

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Dirim fühlte sich verlassen. Er mochte diese Version von Cauldron nicht. In seiner Ratlosigkeit wendete er sich dem Ort zu, den er als Erstes aufgesucht hatte, als er in der Stadt ankam. Seine Mutter hatte einen kleinen Turm errichtet und ihn Lathander geweiht, und auch wenn der jüngste Priester etwas aufdringlich, schwatzhaft und für zwergische Gemüter einfach zu gut aufgelegt war, so war Krystof Jurgensen doch ein Verbüneter gewesen.

Der Lathanderschrein stand nicht mehr. Nur eine Ruine war übriggeblieben, in deren Rissen und Löchern gehässige Schatten verstecken spielten. Eine schmutzige Gestalt hockte, gegen die hüfthohen Überreste der Wand gelehnt, und schluchzte vor sich hin. Erst nach dreimaligem Hinsehen erkannte Dirim die stinkende und verfilzte Gestalt.

»Krystof?«

Der Angesprochene sah auf. Seine Wangen waren eingefallen; ein schmutziger Bart hatte die Unterseite seines Gesichts überwuchert. Krystof zog lautstark die Nase hoch und wischte sich die Tränen mit seinem Ärmel weg, was sein Gesicht eher schmutziger machte. Er zog sich mühsam in die Höhe, fiel Dirim um den Hals und fing erneut zu schluchzen an.

»Ihr seid zurückgekehrt! Ich wusste es.«

»Was ist hier passiert?«, fragte Dirim.

»Sie... sie haben den Turm eingerissen. Und sie haben die Waffe mitgenommen!«

»Waffe? Welche Waffe?«

»Sie war versteckt... aber ich wusste es nicht, wirklich! Oh Dirim, Lathander antwortet nicht mehr!«

»Ach so«, sagte Dirim, der nichts verstanden hatte. »Und was ist mit dem Azuthtempel?«

»Embril«, sagte Krystof mit unverhohlener Abscheu. »Sie hat mir die Sonne genommen. Und dann wurde es Nacht.«

Krystof wurde von einem Weinkrampf geschüttelt. Dirim hielt ihn fest, bis er sich beruhigt hatte. Schließlich fragte Krystof:

»Dirim?«

»Was ist denn?«

Der Lathanderpriester trat einen Schritt zurück und sah Dirim in die Augen.

»Es tut mir leid.«

Und dann wurde es Nacht um Dirim.

-
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Der Saal war mit Marmor ausgelegt; reliefverzierte Säulen stützten eine Empore mit hüfthohem Geländer in etwa sechs Schritt Höhe. Hinter den allgegenwärtigen Schatten wirkten die Wände wie in getrocknetes Blut getaucht und blieben die Fresken und Wandbilder unkenntlich.

Ein Thron aus schwarzem Stahl stand am Ende des Saals, über ihm auf der Empore sieben hohe Sessel. In den Sesseln saßen unförmige Schemen. Im Thron hingegen saß eine Gestalt, ebenso schön wie schrecklich. Purpurne Haut, über und über von goldenen Runen bedeckt, eine goldene Rüstung, silberne Schwingen, ein linkes, pechschwarzes Auge und ein rechtes, loderndes. Zur Rechten dieses fürchterlichen Engels schwebte ein Betrachter mit dunkler, vernarbter Haut. Zu seiner Linken hockte ein Sukkubus, eine nackte, wunderschöne Frau mit pechschwarzem Haar und Fledermausflügeln, über ein Halsband und eine Kette an den Thron gebunden. Dumpfes Gemurmel lag in der Luft und verstummte, nur der Sukkubus sah nicht einmal auf, als inmitten des Saals eine Schattenpfütze entstand und ihr fünf Personen entstiegen.

Die Kettenbrecher sahen sich verwirrt um. Auf dem Thron beugte sich der verzückende Dämon vor. Sein Blick fixierte Dirim, dessen rechtes Auge glühte wie ein Foltereisen.

»Was wollt ihr hier?«

»Wenn wir das wüssten«, sagte Dirim.

Jetzt sah der Sukkubus auf. Ihre Augen weiteten sich.

»Nein...«, stöhnte sie. »Das kann nicht sein. Ich habe gewartet... warum kommt ihr jetzt?«

Sie stand auf und ging so weit auf die Kettenbrecher zu, wie es ihre Kette zuließ.

»Alles ist falsch! Versteht ihr nicht? Ihr seid zu spät!«

-

Die Abendsonne warf goldene Lanzen durch das dichte Baumwerk. Mannsdicke und behirhohe Stämme standen dicht an dicht, zu ihren Füßen Gestrüpp. Vögel beklagten das nahende Ende des Tages. Schatten verdichteten sich zu Schemen. Aus den Schemen schälten sich fünf Gestalten. Gierig sogen sie das Licht ein, als hätten sie zuvor nur Schatten atmen dürfen.

»Oh ja«, sagte der Elf, der als Thamior bekannt war, und schloss die Augen. »Viel besser.«

Die Kettenbrecher waren heimgekehrt.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 25. August 2006, 00:31:07
Ich kann nicht versprechen, dass ich dazu komme, das letzzte Update zu schreiben, bevor wir Samstag spielen. Aber viel fehlt nicht mehr.

Und hier meine Frage an die Leser:
Sind euch kürzere, dafür häufigere Updates lieber als längere?

Natürlich wird es nicht jeden Tag ein Update geben, aber ich habe festgestellt, dass ich in letzter Zeit nur wenige Kapitel schreibe, dafür wesentlich läneger als zu Beginn. Ich überlege jetzt, wieder zu den kleineren Updates zurückzukehren. Was meint ihr?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 25. August 2006, 01:11:47
Die Schattenkreaturen
Für dieses Zwischenabenteuer wollte ich Kreaturen schaffen, die von den Schatten erfüllt wurden und daher ihre Kraft bezogen. Also habe ich ein System entwickelt, nachdem die Menge an Schatten ihre Macht bestimmten. Die Abstufungen habe ich  Schattenpunkte  genannt. Das System bestand aus drei Elementen: Fixpunkten, Variablen, und Spezialitäten.

Variablen
Die Variablen heißen so, weil sie sich je nach aktuellem Vorrat an Schattenpunkten verändern. Die Variablen bestimmen folgende Werte:

Beispiel: Eine Schattenkreatur mit ursprünglich 6 SP nimmt 9 Schadenspunkte hin. Ein SP absorbiert 8 Schadenspunkte, aber der ürbige Schadenspunkt muss ebenfalls von einem SP absorbiert werden. Die Kreatur hat jetzt nur noch 4 SP, was ihren Angriffsbonus, ihre RK, ihre Schadensreduktion etc. um 2 verringert. Das bedeutet, dass die Kreatur mit fortlaufendem Kampf erheblich an Macht verlieren kann.

Fixpunkte
Die Fixpunkte werden von der ursprünglichen Anzahl von Schattenpunkten definiert und ändern sich im Laufe einer Begegnug nicht. In gewisser Weise zählt Initiative auch zu Fixpunkten, da während eines Kampfes keine neuen Werte ausgewürfelt. Aber die Initaitve wird trotzdem schlechter, was bei späteren Begegnungen wichtig werden könnten. Die Fixpunkte sind:


1-4 SP – Evasion / 5-9 SP – Fast Healing: 1 SP pro Runde / 10-14 SP – Fast healing 2, Blindsense / 15-17 SP – Fast Healing 3, Blur (dauerhaft)
[/list]

Spezialitäten
Spezialitäten sind zweierlei. Einerseits beziehen sie sich auf das Konzept bzw. die Idee der jeweiligen Kreatur, andererseits beinhalten sie besondere Angriffsformen.

Spezialitäten können schnellere oder langsamere Bewegung sein, zwei natürliche Angriffe oder Fernangriffe, etc.

Spezielle Angriffsformen verbrauchen Schattenpunkte; wenn eine Schattenkreatur durch eine spezielle Angriffsform auf 0 Schattenpunkte fällt, ist sie zerstört. Wenn sie nicht genug Schattenpunkte hat, kann sie die Angriffsform nicht nutzen. Einige Spezielle Angriffsformen, wie z.B. die Todesexplosion der Schattenzombies, verbrauchen keine Schattenpunkte. Solche Angriffsformen sollten aber selten und auf sehr spezielle Reaktionen beschränkt bleiben.

Im nächsten Beitrag poste ich die Schattenkreaturen, die von den Kettenbrechern getroffen wurden.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 25. August 2006, 01:38:03
Der Glückliche Affe
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Die Straßen von Cauldron
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In Cauldrons Gebäuden
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Ein abschließendes Wort zu den Skills: Diese Regeln sind nicht für dauerhafte Kampagnenbenutzung gedacht, darum habe ich mir keine Gedanken um Skillpunkte gemacht. Ich hätte aber z.B. Tarkilar nicht turnen lassen, während ich bei Todd keine keine Probleme gehabt hätte. Umgekehrt vielleicht bezüglich Überlebswürfe zum Spuren Lesen o.ä.

Und ihr seht es richtig, dass die Kreaturen keine Feats besitzen; wäre es nötig gewesen, hätte ich aber durchaus kein Problem gehabt, Fernkampfkreaturen zu entwickeln, die keinen Abzug auf Schüsse in den Kampf hatten. Dies wäre dann Teil ihres Konzeptes und "Spezielles".
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Taled am 25. August 2006, 07:47:13
Überragende Story-Hour.

Zur Frage, ob kürzere oder längere Updates: ich persönlich warte lieber ein Weilchen und habe dann einen längeren, in sich stimmigen Text der ein oder zwei Szenen zusammenfaßt, als daß die Geschichte in zu viele Teile zerhackt wird. Ich kann mir aber vorstellen, daß es auch sehr am "Stoff" liegt, ob längere odere kürzere Texte die Stimmung besser einfangen.

Taled
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kai am 25. August 2006, 07:57:54
Hat wieder mal Spass gemacht zu lesen (und die Bemerkungen zur Musik finde ich auch toll).

Zitat von: "Berandor"

Und hier meine Frage an die Leser:
Sind euch kürzere, dafür häufigere Updates lieber als längere?


Hmmm. Einerseits freue ich mich auf jedes Update, andererseits mag ich längere Texte da dort meist die Stimmung besser rüberkommt. Daher sind mir längere Texte wohl lieber ...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 25. August 2006, 08:41:42
Ich denke das sollte in deinem Ermessen liegen Berandor! Je nach Inhalt und Spannungsaufbau des zum zusammenfassen vorliegenden Kapitels!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 25. August 2006, 09:48:31
Zitat von: "Berandor"
Und hier meine Frage an die Leser:
Sind euch kürzere, dafür häufigere Updates lieber als längere?

Ich mag lieber die längeren, selteneren Updates. Das liest sich dann kohärenter, du hast mehr Möglichkeiten für Stimmung und durch die Anspannung beim Warten ist die Freude bei einem Update noch größer.

Außerdem kann ich dann ein paar Minuten länger abschalten und die Geschehnisse auf mich wirken lassen. Es hat mehr von einem Roman. Und die müssen nicht kurz sein.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 25. August 2006, 10:20:46
Berandor, du bist einfach nur gut. Hast du deine Seele mal irgendjemanden mit Hörneren verkauft??  :wink:

Kommt dieser Prolog eigentich in irgendeiner Form auch im Abenteuer selbst vor, oder ist das alleine deinen geistigen Ergüssen zuzuschreiben?

Längere Updates sind auf jeden Fall angenehmer zu lesen. Man kann so richtig schön eintauchen in die Geschichte.

Übrigens ist diese SH schuld drann, das auch ich mir The Shackled City besorgen werde!

dude
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 25. August 2006, 10:53:16
Der "Prolog" war ein gänzlich von mir und Silent Hill erfundener Exkurs.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 25. August 2006, 12:40:01
Zitat von: "Berandor"
Der "Prolog" war ein gänzlich von mir und Silent Hill erfundener Exkurs.

Du hattest das eigentliche Abenteuer doch nur noch nicht vorbereitet, gib's doch zu ;-)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 25. August 2006, 14:42:06
Längere Updates sind besser.
Wenn sie zu kurz sind, dann wirds immer nur ein kurzes Abtauchen nach Cauldron.
War ja ne richtige Ravenloft-Stimmung...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: meist3rbrau am 25. August 2006, 15:30:23
Zitat von: "Berandor"
Die Schattenmütter standen in der Kaserne, wurden von den Kettenbrechern aber nicht gesehen. Sie glichen im Enndeffekt einer riesigen Vulva auf drei Beinen.



 :blink:

Kurz hab ich gedacht: Berandor, du hast echt nicht mehr alle Stramm.

Aber was soll ich mich beschweren? That's exactly the stuff I like!  8)

*räusper* edit: Was die Aktualisierungsfrequenz angeht, schließe ich mich meinen Vorrednern an.  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 25. August 2006, 21:29:57
Zitat von: "Kylearan"
Zitat von: "Berandor"
Der "Prolog" war ein gänzlich von mir und Silent Hill erfundener Exkurs.

Du hattest das eigentliche Abenteuer doch nur noch nicht vorbereitet, gib's doch zu ;-)

Kylearan


Ja, das stimmt. Gebe ich gerne zu.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 26. August 2006, 13:05:04
Solange du uns nicht wieder monatelang warten lässt, sind längere Updates vollkommen in Ordnung.

P.S.: Der Prolog war echt spitze.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 28. August 2006, 09:12:48
Übrigens haben wir Samstag wieder gespielt, und die Story Hour hinkt gar nicht so weit hinterher (anderthalb kurze Sitzungen).

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Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kai am 28. August 2006, 10:48:56
@Kylearan

Du weisst aber schon, dass Folter eine böse Tat ist?

 :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 28. August 2006, 12:25:50
Zitat von: "Kai"
@Kylearan

Du weisst aber schon, dass Folter eine böse Tat ist?

Ja. Vorsatz liegt vor.

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Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 06. September 2006, 23:22:56
Als "appetizer" habe ich mal alle Gastrollen in ein Dokument gepappt und online gestellt.

Gast-NSC (http://www.p-pricken.de/pdf/gastrollen.pdf) (Die Werte aller Gastrollen)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 07. September 2006, 14:54:11
Sehr cool, und wieder musste ich bei Flitz grinsen.
Aber mein Favorit ist und bleibt Levold der Wolfsmensch-Priester. (Stylischer Auftritt und interessanter NSC)

Schon Licht am Ende des Tunnels was das nächste Update angeht?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 07. September 2006, 17:47:55
Na hoffentlich geht es schnell weiter! Seitdem Babylon 5 nicht mehr läuft, gibt es außer Berandors Story Hour nichts anderes mehr, auf dass ich mich jeden Tag wie ein kleines Kind freue:)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 07. September 2006, 19:45:29
Oh, Gilvart nimmt das Rennen um die Gastrollen aber ernst :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 07. September 2006, 23:14:38
Meine Seele kriegst du nicht  :P
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 08. September 2006, 14:35:39
Wie alt sind denn eigentlich die Kettenbrecher mittlerweile? Müssten doch schon so richtig gestandene Herren sein, oder?  :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 08. September 2006, 15:27:15
Die haben jedenfalls lange Bärte vom Warten auf Updates :)

Spielzeit ist (selten für Rollenspiel) weniger vergangen als Realzeit. Die Kettenbrecher kamen im ausgehenden Spätsommer 1375 nach Cauldron, und wie das nächste Update zeigen wird, ist es 1376 – das Jahr des Kessels. (Year of the Cauldron wurde von mir vorverlegt)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 08. September 2006, 17:33:24
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass Kobolde keine Bärte haben. (Sie würden ihnen auch nicht stehen.)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 08. September 2006, 17:56:48
Klar würden die stehen. Vor Schmutz. *rimshot*

Aber stimmt schon, die Schuppen von alten Kobolden färben sich um. Dunklere Schuppen werden verehrt, hellere Schuppen gelten als Zeichen von Schwäche. Dazu passt, dass die Färbung (hell oder dunkel) rein von Zufall abhängt.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 08. September 2006, 22:36:48
Schlechtes Timing

»Faszinierend«, sagte Helion.

Im Sonnenlicht wirkte die Phiole so leer, wie sie bei ihrer Abreise von Occipitus gewesen war. Wenn man sie aber aus dem Licht nahm, füllte sich das kleine Gefäß mit wirbelnder Finsternis.

»Ich bin nur froh, dass ich den flüssigen Schatten noch habe«, meinte Thamior. »Sonst ist uns nichts aus der Vision geblieben.«

»Nur neue Rätsel«, stimmte Dirim zu.

»Und erhellende Charaktereinsichten«, sagte Thargad und tätschelte seine Kurzschwerter. »Meerthan wird sich freuen, uns wiederzusehen.«

»Vielleicht sollten wir erst einmal herausfinden, wann wir sind?«, sagte Helion und gab Thamior die Phiole zurück. »Schließlich sind wir im Winter losgezogen, und jetzt ist es ziemlich sommerlich.«

»Ist der Glückliche Affe nicht hier in der Nähe?«, fragte Boras.

»Also verhalten wir uns wie in der Vision?«

»Ich bin immer noch nicht überzeugt, dass es eine Vision war«, sagte Dirim, »aber wahrscheinlich ist es das Beste.«

»Dann auf zum Glücklichen Affen«, sagte Helion. »Und hoffen wir, dass er eine Vordertür hat.«

-

Der Glückliche Affe wartete im Licht der untergehenden Sonne auf die Kettenbrecher. Aus dem abseits des Grenzwegs gelegenen Stall hörte man das Schnaufen mehrerer Reittiere, und ein gelangweilter Stallbursche saß gegen die Wand gelehnt und döste vor sich hin. Sanfte Musik lag in der Luft, und Pärchen tanzten oder lagen umschlungen im Licht von etwa einem Dutzend halruaanischer Drifter. Diese magischen Schwebelichter, die in ruhigem Takt und gedämpften Farben pulsierend über die Lichtung drifteten, waren das eindeutigste Zeichen dafür, an was für einem Tag die Kettenbrecher zurückgekehrt waren.

»Mittsommer«, sagte Dirim. »Also waren wir ein halbes Jahr weg.«

»Und morgen ist unsere einzige Chance, auf den Schattenmarkt zu kommen und Morena zu treffen«, sagte Helion. »Schließlich soll diese Frau nicht nur etwas über das Verschwinden unserer Eltern wissen, sondern vielleicht sogar einige ihrer Waffen besitzen.«

»Ist morgen nicht Schildtreff?«, fragte Boras. »Aber da soll Terseon im Gottesurteil kämpfen!«

»Und von Finster getötet werden«, sagte Thargad,

»Wir müssen ihm helfen«, sagte Boras.

»Wir sollten inkognito nach Cauldron reisen«, widersprach der Assassine. »Wenn niemand weiß, dass wir zurück sind, dann können wir die Mistkerle überraschen.«

»Wir müssen auf den Schattenmarkt«, sagte Helion.

»Ich will nicht unerkannt bleiben«, sagte Dirim. »Ich will den Mistkerlen ins Auge sehen.«

»Ich bin auf Helions Seite«, sagte Thamior. »Auf dem Schattenmarkt finde ich vielleicht die letzte Zutat für den Seelenbogen. Dann kann ich Anna retten.«

»Überhaupt«, sagte Thargad. »Wie wollt ihr Terseon helfen? Er wird kämpfen. Und wenn er gewinnt, dann stirbt Maavu.«

»Vielleicht könnte ich gegen ihn antreten«, sagte Boras. »Ich würde ihn nicht umbringen.«

»Dann können wir gleich vergessen, inkognito zu bleiben.«

»Du musst ja nicht mitkommen«, sagte Dirim. »Wir behaupten dann, du wärest tot.«

»Und die setzen sich über ihren Zauberspiegel und suchen mich, und schon ist klar, dass ich nicht tot bin«, gab Thargad zurück. »Super.«

»Ich will unbedingt auf den Schattenmarkt«, sagte Helion.

»Ich auch«, meinte Thamior.

»Können wir nicht beides machen?«, fragte Dirim. »Terseon helfen und auf diesen Markt?«

»Kommt darauf an«, sagte der Kobold. »Wir müssen wahrscheinlich genau zur Mittagszeit den Schattenmarkt betreten. Wann ist das Duell?«

»Keine Ahnung«, sagte Dirim. »Aber ich wenn ich raten müsste: zur Mittagszeit.«

Thamior schmunzelte. »Das nennt man dann wohl schlechtes Timing.«
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-

Thargad betrat den Schankraum des Glücklichen Affen. Er hatte sich die Weste eines besonders beschäftigten jungen Mannes geborgt, der auf der Lichtung mit seiner Angebeteten beschäftigt war, und hatte mir wenigen Handgriffen eine Verkleidung als einfacher Bürger hergstellt. Jetzt wollte er herausfinden, wann das Duell stattfinden sollte, und ob es eine Möglichkeit gab, sich nach Cauldron zu schleichen. Alles weitere, wie Informationen über den status quo oder ein paar Reittiere, war die Glasur auf einem ziemlich trockenen Kuchen.

Allein der Gedanke machte Thargad durstig. Er sah sich um. Eine große Gruppe von Leuten hatte mehrere Tische zusammen gestellt und prostete sich fröhlich zu. Es waren bestimmt zwei Dutzend oder mehr Menschen, die dort beisammen saßen. Die Gruppe wurde beobachtet von einem älteren Gnom mit Goldmünzen im Blick. Jeder Schluck der Gesellschaft schien sein Lächeln zu verbreitern. Etwas abseits saßen vier Männer um ein Schachspiel herum und schlugen sich gegenseitig Züge vor. An einem weiteren Tisch sah Thargad eine sehr vornehm gekleidete junge Frau, neben ihr ein beträchtlich angeheiterter Jüngling und ein verdrießlich dreinschauender älterer Mann. Eine Gruppe von Wachleuten, alle mit einem Familienwappen über dem Herzen, saß nahebei.

Neben den Gästen gab es zwei Schankfrauen, die zwischen Theke und der trinkgesellschaft hin und her flitzten. Der Wirt, ein junger Mann, erinnerte eine gerade daran, auch die anderen Gäste nicht zu vergessen. Auf der Bühne stand ein Halbelf mit grünen Strähnen im blonden Haar und goldenen Sprenkeln in den grünen Augen. Es war der Wahrsänger, den die Kettenbrecher zuletzt in Redgorge, in dem geheimen Unterschlupf der Steinmetze gesehen hatten. Der Barde nickte Thargad unverbindlich zu, wie er es sicher bei jedem neuen Gast tat. Bevor Thargad sich fragen konnte, ob der Wahrsänger ihn erkannt hatte, betrat Shensen Tesseril den Raum.

Die Dunkelelfe sah besser aus, als Thargad sie in Erinnerung hatte. Natürlich war in seiner Erinnerung eine Schattenwurzel aus ihrem Mund gesprossen, deshalb besagte das nicht viel. Shensen stockte in ihrem Schritt, als sie Thargad sah und höchstwahrscheinlich erkannte, aber dann wandte sie den Blick ab und setzte sich nahe der Bühne an einen Tisch. Thargad war ihr dankbar dafür, ärgerte sich aber, dass er erkannt worden war. Es war nicht zu ändern. Er sollte besser anfangen, Informationen zu sammeln.

Die reiche Dame und ihr Gefolge erschienen ihm an vielversprechendsten. Er näherte sich also ihrem Tisch.

»Waukeen zum Gruße«, sagte er. »Mein Name ist Thilo Weißdorn. Darf ich Euch vielleicht Gesellschaft leisten?«

»Waukeen zum Gruße«, erwiderte die Frau höflich.

»Was wollt ihr?«, unterbrach der Ältere schroff.

»Ich möchte mich nur unterhalten«, sagte Thargad. »Die Spielgruppe scheint mir zu vertieft in ihr Spiel, und die Gesellschaft dort vorn ist mir etwas zu laut.«

»Und?«, fragte der Mann wieder.

»Ach hör auf«, lallte der Jüngling. Zu Thargad sagte er: »Setz dich, Thilo. Ich bin Julian, und das ist meine Herrin Samara Silberfunkel. Und der da ist der bemitleidenswerte Rufo, bei dem die Götter das Lächeln vergaßen.«

Samara Silberfunkel lächelte bei dieser Beschreibung. Rufo blieb ernst. Thargad wartete nicht lange, sondern setzte sich schnell.

»Darf ich Euch etwas zu trinken spendieren?«, fragte er.

»Ja!«, rief Julian aus. »Gute Idee! He, Mädchen, noch eine Karaffe von dem Roten! Und einen neuen Kelch!«

Bald stand eine Karaffe Rotwein auf dem Tisch. Der Wein sah teuer aus, und er roch teuer. Thargad musste einfach herausfinden, ob er auch teuer schmeckte. Tat er.

»Also«, sagte er nach einem Schluck, »wie stehen die Dinge in Cauldron?«

»Warum wollt ihr das wissen?«, blaffte Rufo.

Julian verdrehte die Augen. Thargad setzte zu einer Erklärung an, aber Samara kam ihm zu Hilfe.

»Das nennt man unverbindliche Unterhaltung, Rufo. Wollt ihr unseren Gast beleidigen?«

Der Angesprochene schlug die Augen nieder. »Nein Herrin.«

»Also dann«, sagte Samara. »Ich bin Euch für Eure Vorsicht dankbar, aber haltet sie ein wenig zurück.«

Damit lehnte sich die Dame wieder nach hinten und überließ Julian und Thargad das Gespräch. Hauptsächlich jedoch Julian.

Leider wusste auch die Reisegesellschaft wenig über den aktuellen Stand der Dinge. Sie hatten vom Gottesurteil gehört, und dass es stattfinden sollte, wenn die Sonne am höchsten stand; Dirim hatte Recht gehabt. Ansonsten war das Gespräch mit den Reisenden wenig ergiebig, da sie sich über die eigenen Vorhaben ausschwiegen und über die anderen wenig wussten. Die Gesellschaft feierte den Vorabend einer Hochzeit, und die Schachspieler hatten in Cauldron ein Turnier. Der Gnom wiederum war der Bier- und Weinlieferant für den heutigen Abend und die morgige Hochzeit. Als Thargad spürte, dass er nichts mehr herausfinden konnte, verabschiedete er sich.

»Vielleicht gratuliere ich noch dem jungen Paar«, sagte er, als er aufstand.

»Gute Idee«, sagte Julian, dem seine Herrin keine Getränke mehr kaufen wollte. »Ich komme mit.«

»Wollt ihr mich wirklich allein lassen?«, fragte Samara Silberfunkel jedoch, und so blieb der betrunkene Barde sitzen.

Thargad hingegen ging zu den Feiernden und wurde freudig begrüßt, auch wenn das Paar sich bereits schlafen gelegt hatte, wie mit viel Augenzwinkern und rauhem Lachen versichert wurde. Hier erfuhr der Schurke zwar auch nicht mehr viel, aber es wurden ihm noch ein paar Getränke angeboten. Gut erzogen, wie Thargad war, lehnte er die Gastfreundschaft natürlich nicht ab.
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Etwas später machte er sich auf den Weg zurück zu seinen Gefährten. Es war schwer gewesen, aber er hatte sich losreißen können, bevor er wirklich betrunken war. Er hatte mit einem kurzen Bericht begonnen, als Shensen Tesseril aus dem Wald platzte.

»Ihr seid zurück! Silvanus allein weiß, wo ihr so lange gesteckt habt.«

Die Kettenbrecher sahen Thargad an. Der schwieg.

»Ich dachte, ich hätte Euch erkannt. Also bin ich Euch gefolgt. Keine Angst, ich war vorsichtig.«

»Ihr ja«, sagte Thargad mürrisch.

»Was ist mit Eurem Auge geschehen?«, wandte sich Tensen an Dirim.

Helion schob sich vor den Zwerg. »Wo ihr schon mal hier seid«, sagte er zu Shensen, »erzählt uns doch: was ist passiert, seitdem wir aufbrachen?«

Die Antwort viel recht kurz aus, da Shensen auf das Gerede von Reisenden angewiesen war, und deren Erzählungen meist nur die Oberfläche kratzten. Aber sie berichtete, dass Maavu gefangen genommen wurde und am morgigen Tag ein Gottesurteil zwischen Terseon Skellerang und einem bislang ungenannten Kämpfer stattfinden würde. Shensen wusste ebenfalls, dass inzwischen zwischen einhundertfünfzig und zweihundert Halborksöldner in Cauldron waren, und dass die Stadtwache sogar einige Oger in ihren Reihen hatte. Der Finger genannte Azuthtempel war kurz vor der Fertigstellung und musste nur noch geweiht werden. Tenebris Valanthru hatte die Tagesgeschäfte Cauldrons mehr oder weniger übernommen.

»Das sind wohl die wichtigsten Ereignisse«, sagte die Halbdunkelelfe.

Die Kettenbrecher berieten sich für einige Augenblicke. Schließlich kamen sie zu einem Entschluss.

»Du kannst etwas für uns tun«, sagte Dirim. »Erstens: ich werde einen Brief schreiben, den du zum Kloster der Barakmordin schicken musst. Sie sollen wissen, dass ich zurück bin. Zweitens: Wir brauchen Reittiere, und zwar solche, die in der Lage sind, durch die Berge zu kommen. Drittens: Du darfst niemandem sagen, dass wir zurück sind.«

»Der Brief ist kein Problem. Ich kann bestimmt ein paar Bergponys mieten. Und ich erzähle ohnehin nicht viel.«

»Auch Meerthan darf es nicht wissen«, sagte Thargad.

»Aber«, begann Shensen.

»Er wird es früh genug erfahren«, betonte der Schurke. »Aber wir wissen nicht, ob er nicht überwacht wird.«

»Ach so. Verstehe. Ich werde schweigen. Und ich nehme an, ihr wollt den Falken zurück haben?«

»Den Falken?«, fragte Thamior. »Sheera?«

»Das Tier war in Cauldron, ganz verstört. Meerthan hat mich verständigt, und ich habe sie zu mir geholt.«

»Danke«, sagte der Elf, obwohl es ihm schwer fiel angesichts der dunklen Haut seines Gegenüber.

»Ich gehe dann mal und besorge die Pferde«, sagte Shensen.

Als sie weg war, sprachen die Kettenbrecher noch einmal alles durch.

»Thamior und ich reisen also zum Schattenmarkt, und Thargad nehmen wir mit, damit er seine Anwesenheit nicht offenbart«, fasste Helion zusammen. »Dirim reitet nach Cauldron und nimmt die Arbeit am Tempel wieder auf. Hoffentlich sind wir vom Schattenmarkt zurück, bevor sich die Käfigmacher von ihrem Schock erholt haben. Und Boras–«

»Alles klar«, sagte der Barbar. »Ich gehe mit Dirim, und wenn möglich, fordere ich Terseon Skellerang zum Zweikampf.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 09. September 2006, 18:16:09
Oh Ja, die planenden Diskussionen... Das kann dauern und man selbst sitzt als SL daneben und hört interessiert zu, mit einem Lächeln.
Wir wollen Boras in der Arena!

Warum Thilo Weißdorn?

Schönes Häppchen für die kommenden Ereignisse. Bin gespannt!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 10. September 2006, 01:55:02
Thilo Weißdorn habe ich mir spontan ausgedacht. Ich weiß nur noch, dass Thargad sich nicht als Thargad vorgestellt hat. Und Thilo Weißdorn klingt schön ländlich :)

Das nächste update ist bereits fertig. Montag.

Dann Donnerstag (wahrscheinlich), damit am Samstag alles aktuell ist.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 10. September 2006, 15:06:40
Das klingt doch gut, weiter so  :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 10. September 2006, 21:51:16
Planänderung: Ich komme mit zwei Updates nicht aus. Also hier das nächste, dann Dienstag, dann Donnerstag.

Der Graf
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Die Kettenbrecher verbrachten die Nacht im Wald, dann brachen sie auf. Dirim und Boras hatten Reitpferde erhalten. Auf ihrem Weg nach Cauldron überholten sie einige Reisende, auf halber Höhe mussten sie einer größeren Reisegruppe Platz machen. Dann endlich war die Heimatschleuse in Sicht.

Cauldrons Wände waren immer noch hoch und aus schwarzem Malachit, aber anders als in der Vision waberte kein Schattenvorhang, sondern stand das große versenkbare Tor offen und enthüllte den Blick auf eine mit den Überresten der gestrigen Feierlichkeiten gesäumten Straße. Zwei halborkische Stadtwachen und ein Oger, den man in eine viel zu kleine Rüstung gesteckt hatte, hielten die Beiden an.

»Halt! Reisende müssen ihr Gut verzollen, und Eure Waffen wollen angebunden sein.«

Dirim fixierte den Sprecher mit seinem brennenden Auge. »Wir zahlen keine Zölle. Wir sind Bürger der Stadt. Und unsere Waffen bleiben frei.«

Damit ritt er los, und Boras folgte ihm. Der Oger stellte sich ihnen in den Weg, aber der Sprecher zog ihn wieder zurück.

»Lass man, ich kenne die. Um die wird sich gekümmert.«

Der Oger grunzte traurig.
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Dirim und Boras lenkten die Pferde im Schritt nach Cauldron hinein. Von dem Vorplatz hatte man einen guten Blick über die Stadt, und die beiden sahen die provisorische Arena, die man auf dem Stadtplatz errichtet hatte. Außerdem sahen sie den gewaltigen, über hundert Schritt hohen Turm des Azuthtempels. An der Spitze verbreiterte sich der Finger wie zu einem Auge, und die äußeren Ecken glänzten golden im Sonnenlicht.

Dirim verzog das Gesicht. »Zuerst zum Gottesurteil«, sagte er.

Die Einwohner Cauldrons blickten auf, wenn sie an ihnen vorbei ritten. Mehr als einer grüßte sie lautstark, und einige besonders flinke rannten an ihnen vorbei, um des Wegs von ihrer Rückkehr zu berichten. Bald hatte sich eine Menschentraube gebildet, und als Dirim und Boras die Arena erreichten, waren sie von Schaulustigen und Besuchern des Kampfes gleichermaßen eingezwängt. Nur dank ihrer Pferde kamen sie weiter voran.
Endlich waren sie am Eingang zur Arena angelangt. Die dortigen Wachen traten sofort vor.

»Wohin des Wegs?«, fragte die eine Wache barsch und hob den Arm.

»Zum Gottesurteil.«

Boras stieg ab und gab dem Mann die Zügel in die Hand.

»Danke.«

Der Mann ließ die Zügel fallen. »Ihr könnt hier nicht einfach durch!«

»Wer sagt das?«

»Ich«, kam eine Stimme vom Eingang. Sie war immer noch genauso ölig wie vor einem halben Jahr, aber sie klang nicht gewohnt hochnäsig. Auch sonst wirkte Tenebris Valanthru irgendwie blass um die Nase herum. Der Goldelf war wie immer in feinste Gewänder gehüllt, und seine goldenen Augen fixierten Dirim, der noch im Sattel saß.

»Wir kommen, um für Maavu zu kämpfen«, sagte Dirim.

»Mit welchem Recht?«

»Sprecht ihr einem Priester Tyrs die Rechtmäßigkeit ab, Valanthru?«

Der Elf hob abwehrend die Hände. »Aber nein. Seid ihr denn ein Priester Tyrs?«

Dirim hielt ihm seinen Schild entgegen. »Seht ihr dieses Zeichen nicht?«

Die Leute verfolgten das Schauspiel gebannt. Dirim spürte, dass er hier nicht klein beigeben dürfte.

»Ihr tragt die Kleidung eines Tyr-Priesters«, sagte Valanthru, »so viel gestehe ich ein. Aber Euer Auge brennt in infernalischem Feuer. Wer sagt mir, dass ihr der seid, der ihr zu sein vorgebt? Und dass ihr nicht in Tyrs Ungnade gefallen seid, als ihr mit Dämonen paktiertet?«

Die Menge wurde unruhig. Das Auge qualmte, und der Rauch roch wirklich stark nach Schwefel. Dirim hörte mehr als einmal das Wort ›Dämon‹ heraus. Valanthru lächelte.

»Infernal? Ist Cauldron tatsächlich schon zur Hölle gefahren?« Dirim hob sich aus dem Sattel. Er sprach zu den Umstehenden, so laut er konnte. »Sehet die Wachen! Blickt zum Finger, und gedenkt dem Namen des Helmtempels. Das Flammende Auge ist kein Teufelszeichen, sondern Wappen der Stadt. Tyr hat mich gesegnet. Ich, Dirim Gratur, komme als Beschützer Cauldrons, nicht als ihr Untergang, denn ich trage Cauldrons Zeichen!«

Mit diesen Worten jubelte die Menge auf, auch wenn Dirim noch einige zurückhaltende Gesichter sah. Diese Schlacht war gewonnen, aber der Krieg? Hatte gerade erst begonnen. Das besagte auch der Blick, mit dem ihn der Goldelf bedachte.

»Und jetzt lasst uns durch, wir haben einen Kampf auszutragen.«

-

Steile Bergpfade hatten Helion, Thamior und Thargad nach Osten geführt, tief in die Omlarandinberge. Hier, südlich vom Cauldron, lag irgendwo die verlassene Feste der Silberkelche. Der Paladinorden war inzwischen fast vollständig an den Hof Tethyrs berufen worden. Zwischen dieser alten Burg und der Kesselstadt lag Silberquell, überwiegend als ›die Geisterstadt‹ bekannt. Die Silberminen des kleinen Dorfes waren der Legende nach zum Erliegen gekommen, und in ihrer Gier hatten die Bewohner am falschen Ort gegraben. Die Stadt verging in einer Seuche, und bald herrschten Geister und Untote über diesen Ort. Kurz darauf kappte man die Brücke über die Silberschlucht, und seitdem gab es keinen Kontakt mehr mit dem Dorf, abgesehen von ein paar Übermütigen, die dort nach Schätzen oder dem Eingang in andere Dimensionen suchten.

Jetzt lag Silberquell vor den drei Kettenbrechern, und es war alles andere als verlassen. Schon aus der Entfernung sah man Arbeiter, die über die Straßen gingen oder an Häusern werkelten. Am Eingang der Stadt standen drei Wachen.

»Unerwartet«, sagte Helion, »aber nicht unwillkommen. Sagen wir hallo.«

Thamior schüttelte den Kopf. »Das sind Untote.«

»Wer?«, fragte Helion und kniff die Augen zusammen, aber das Sonnenlicht machte ihm zu sehr zu schaffen, um genaueres zu erkennen.

»Alle.«

Es verging ein Atemzug, bevor Thargad seine Stimme wiederfand.

»Alle?«

»Alle, die ich sehen kann«, sagte der Elf.

»Sie haben uns jedenfalls schon gesehen, und wir müssen ins Dorf hinein«, sagte Helion. »Sehen wir mal, ob sie friedlich sind.«

Die drei ritten langsam näher. Tatsächlich war die Stadt bevölkert von Untoten, skelettartigen Geschöpfen, deren Knochen mit Runen und Glyphen besetzt waren. Zwei der drei Wachen trugen nur kleine Glyphen auf Arm und Brust, der dritte hatte eine kleine Rune auf der Stirn und mehrere am Körper. Dieser dritte trug auch eine minderwertige Kettenrüstung. Alle waren sie bewaffnet.

»Halt«, sagte der Gerüstete, als die Kettenbrecher etwa zwanzig Schritt entfernt waren. »Was wollen?«

»Wir wollen nach Silberquell«, sagte Pecarri. Das Wachskelett war davon anscheinend überfordert.

»Warten! Holen.« Es wandte sich an die anderen Skelette. »Kru-chakarat. Nih!«

Die Skelette nickten.

Das Wachskelett drehte sich um und stiefelte ins Dorf hinein. Die Kettenbrecher betrachteten das Schauspiel, das sich ihnen bot. Im ganzen Dorf liefen Untote Skelette herum, alle mit noch minderwertigeren Glyphen als die Wachen, und gingen Tätigkeiten nach. Manche arbeiteten an Häusern, andere rupften Unkraut aus ihrem Vorgarten, wieder andere fuhren mit einem Karren durchs Dorf voller Waren, die niemand kaufte. Es war verrückt.

Endlich kam das Wachskelett zurück, und mit ihm ein größeres Skelett im Plattenpanzer, ein Zweihänder auf dem Rücken.

»Kommt«, sagte das Panzerskelett. »Folgt mir.«

»Wohin gehen wir?«, fragte Thamior.

»Zum Grafen.« In diesem Moment donnerte es vernehmlich.

»Zum Grafen«, wiederholte Thamior. Es donnerte, etwas leiser.
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Das Panzerskelett führte die drei zu einem großen Herrenhaus mitten in Silberquell. Dunkle Wolken hingen über dem Haus. Hohe Fenster ließen etwa zehn Schritt hohe Räume vermuten und gaben den Blick auf große Wandgemälde frei. Das Panzerskelett bat die Kettenbrecher, abzusteigen, und stieg dann die Treppen zum Eingang hoch.

Der Türklopfer war ein ginsender Mund, dessen Klopfen dreifach verstärkt durch das Haus hallte. Die Kettenbrecher hörten das Rasseln mächtiger Ketten, das Rumpeln schwerer Zahnräder und das Keuchen einfacher Dampfmaschinen. Dann schwang die Tür auf, und eine helle Stimme ertönte.

»Danke, Hugo. Du kannst jetzt gehen.«

Vor den Kettenbrechern erhob sich ein vier Schritt hohes Ungetüm aus schwarzem Stahl. Grauer Rauch drang aus einem kleinen Schlot, und in seiner Brust glomm ein Feuer. Anstelle von Beinen besaß das Wesen Ketten, die sich um eine Achse drehten, und an seiner Spitze war eine Kristallkugel, in der ein Totenschädel schwamm. Dieser Schädel sprach.

»Willkommen, Reisende. Ich bin Graf Silberquell!«

Es donnerte bedrohlich.

-

»Boras. Komm doch rein.«

Terseon Skellerang saß auf einem einfachen Schemel und polierte sein Schwert. Er sah schlecht aus: dunkle Ränder unter den wässrigen Augen, unrasiert, und aus der Nähe roch man deutlich Alkohol.

Boras gab ihm beide Hände. »Ich freue mich, dich zu sehen.«

»Gleichfalls. Ich bin froh, dass du es sein wirst, der mich tötet.«

»Tötet? Ich habe nicht vor, dich zu töten.«

»Nicht?« Terseon musste husten. Er spuckte einen Klumpen Schleim in einen Eimer in der Ecke. »Da hast du dir aber eine komische Art ausgesucht, das zu zeigen.«

»Wenn ich nicht kämpfen würde, würdest du sterben«, sagte Boras. »Darum kämpfe ich.«

»Das tut mir leid«, sagte Terseon. »Ich dachte, du weißt Bescheid.«

»Worüber?«

»Ich bin der Hauptmann der Stadtwache. Auch wenn das nur mehr ein Viertel von Cauldrons Streitmacht ist. Ich kann nicht aufgeben. Ich kämpfe für Cauldron.«

»Trotzdem–«, begann Boras.

»Entweder tötest du mich«, sagte Terseon, »oder ich töte dich.«

»Es muss auch anders gehen.«

Terseon schüttelte den Kopf. »Dann hättest du nicht antreten sollen. Meine Nützlichkeit hat sich erschöpft. Deine und Maavus nicht. Aber wenn meine letzte Tat sein soll, dass ich euch beide zum Tode verurteile, dann ist das Tempus’ Wille. Und deine Entscheidung.«

Boras schluckte. »Maavu wird leben.«

»Versprich mir das. Versprich mir, dass du mich töten wirst. Und versprich mir, dass du meine Leiche Gendry Lathenmire übergibst, damit ich in meiner heimat beigesetzt werden kann.«

Boras sah Terseon in die Augen. »Ich verspreche es.«

Terseon nickte. »Geh jetzt und bereite dich vor. Ich will alleine sein, und noch etwas trinken.«

-

»Ist das nicht klasse?«, fragte der Graf die Kettenbrecher.

»Was?«, fragte Pecarri.

»Na, der Donner. Es hat ewig gedauert, bis ich es richtig hinbekommen habe. Hört nur«, sagte er und sprach in düsterer Stimme weiter: »Bluut.« Windgeheul jaulte auf. »Das Essen ist – serviert.« Es blitzte. »Also, was sagt ihr?«

»Klasse«, sagte Thargad tonlos.

»Toll«, fiel Thamior monoton ein.

»Bewundernswert«, sagte Pecarri mit genau der richtigen Menge an gespielter Ehrfurcht.

»Ich wusste, es würde euch gefallen. Kommt, gehen wir ins Esszimmer. Ich glaube, die Igors haben etwas Wein und Häppchen vorbereitet.«

Die Igors waren die persönlichen Skelette des Grafen. Sie hießen alle Igor, angeblich ein traditioneller Name. Der Graf selbst war ein Nekromant, der nach Silberquell gekommen war, weil es dort Nekrotitvorkommen gab, die er zum Überleben brauchte, seit er ein seltenes Ritual durchgeführt und zu einer Eisenleiche geworden war. Im Moment arbeitete er daran, zauberkundige Skelettdiener zu erschaffen.

»Und dabei bin ich auf Nekrotitdampf gekommen«, sagte er.

»Und?«, fragte Pecarri, ohne diesen Dampf zu kennen.

»Ein Fehlschlag. Er dient höchstens dazu, Lebewesen in einfachste Untote zu verwandeln, völlig wildgewordene Skelette, die alles in ihrer Umgebung angreifen. So etwas kann ich wirklich nicht gebrauchen.«

»Wer kann das schon«, bemerkte Thamior bissig.

»Ihr würdet euch wundern. Ich habe alle meine Vorräte verkauft.«

»Ach ja? An wen?«

»An eine Frau aus dem Kessel. Sie hat mir dafür Seelen versprochen.«

Seelen waren der zweite Grund gewesen, dass der Graf nach Silberquell gekommen war. Er benötigte Seelen, um seine Magie zu wirken, und die Geister der Geisterstadt dienten ihm als Treibstoff, der nicht vermisst wurde.

»Was für eine Frau war das? Und was für Seelen?«

Der Graf dampfte vor sich hin. »Sie hat ihren Namen nicht genannt. Und sie wollte mir zum Tode verurteilte Verbrecher schicken. Ich habe extra darauf bestanden, dass ich keine Unschuldigen töte.« Er legte den Kopf schief. »Hört ihr?«

»Was denn?«

»Nichts! Früher hat die Wolke solche Sätze aus dem Zusammenhang gerissen. Ich habe ein ganzes Gemüsebeet verloren, weil ich unvorsichtig formuliert habe und einen Sturm auslöste. Aber nicht mehr!«

»Der Nekrotitdampf«, erinnerte Pecarri. »Wie funktioniert das?«

»Ganz einfach: Ihr lasst ihn frei, und nach etwa einer Minute werden die Lebewesen zu Erweckten. Es sei denn, er wird vorher gereinigt.«

»Wie macht man das?«

»Kleriker können das Nekrotit ebenso vertreiben wie einen Untoten. Damit reinigen sie den Dampf. Seid ihr etwa wegen des Nekrotits gekommen?«

»Nein«, gab Pecarri zu. »Wir wollen auf den Schattenmarkt.«

»Oho!«, machte der Graf. Die Fenster ratterten.

»Gibt es ein Problem?«

»Nein, nein. Ihr könnt den Markt natürlich besuchen. Gegen einen Gefallen.« Ein Wolf heulte.

Thargad seufzte. »Und was für ein Gefallen?«

»Na ja...« Der Graf stockte. »Es gibt da diese Vampirin... kommt mit.«

Er rollte eine Rampe hoch in den ersten Stock, wo auf einem stabilen Podest ein Schachspiel stand.

»Wie spielen seit Jahrzehnten. Ich denke, es ist mir endlich gelungen, ihre Verteidigung zu durchbrechen, aber ich... wir haben uns noch nie gesehen. Wenn ihr einen Brief an sie mitnehmt, und falls möglich ihre Antwort mitbringt, dann lasse ich Euch in die Schattenwelt.«

»Das sollte sich machen lassen«, sagte Pecarri nach kurzer Überlegung.

»Hervorragend! Wir haben allerdings noch etwas Zeit bis dort hin. Wie wäre es mit einer Partie Schach?«

Keiner der Kettenbrecher kannte das Spiel. Der Graf war schockiert.

»So kann ich euch nicht in die Schattenwelt lassen. Also gut, das sind die Regeln...«

-

Eine gute Stunde später standen ein Kobold, ein Elf, ein Mensch sowie zwei untote Krieger und Graf Feuerstein im Lagerraum eines ehemaligen Handelspostens, als sich pünktlich zur Mittagsstunde ein Riss in der Luft bildete.

»Wir warten, bis ihr wieder herauskommt«, sagte der Graf.

»Wir wissen nicht, wie lange wir bleiben«, mahnte Pecarri.

»Höchstens ein paar Minuten«, gab der Graf zurück. »Die Zeit funktioniert etwas anders, wenn ihr in die Schatten geht. Jetzt los, bevor sich der Riss wieder schließt. Und vergesst nicht: Wenn ihr zu viel Angst habt, um eure Spielsteine zu opfern, lasst ihr Euch am Ende in die einfachsten Fallen lotsen.«

»Alles klar«, antwortete Thamior mit mental rollenden Augen.

Die Kettenbrecher wandten sich dem Riss zu. Er war hoch genug, um selbst den Grafen durchzulassen, wenn er denn durchgehen wollte. Ohne noch länger zu zögern, traten sie hindurch.

-

Um sie herum war es dunkel, aber das Dunkel schien in Bewegung zu sein. Die Luft war weder kalt noch warm. Die Kettenbrecher standen auf einem Pfad aus bleicher Erde, dessen Ränder im Schatten verschwanden. Hinter ihnen war der Riss. Vor ihnen war eine gerade Brücke, die über ein Nichts führte.

Die Brücke war in rechteckige Felder eingeteilt, hell und dunkel wie ein Schachfeld gemustert – obwohl die Brücke nicht quadratisch war. Einige der Felder waren zerstört und nur mehr Löcher im Nichts. Auf der anderen Seite der Brücke standen menschengroße Figuren: zwei Türme, zwei Pferde, ein König und seine Dame.
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Helion betrat vorsichtig die Brücke. Eine goldene Krone entstand über seinem Kopf.

»Ich bin der König«, murrte er. »Hurra.«

Thamior wurde Läufer, und Thargad bekam ein Pferd an die Seite. Die jeweils erlaubten Züge wurden ihnen durch Kraftfelder angezeigt. Das Ziel schien einfach: entweder auf die andere Seite zu kommen, oder den König Matt zu setzen. Dann wurde Thargad von der gegnerischen Dame geschlagen. Er wurde von einem elektrischen Schlag getroffen und zurück ans Ende der Brücke befördert.

Als er den Schock abgeschüttelt und die Brücke erneut betreten hatte, war er ein Turm. Die gegnerischen Figuren waren immer noch in der Überzahl; tatsächlich nahmen sie keinen Zug, der sie in Gefahr brachte, geschlagen zu werden.

»Hat der Graf nicht etwas von defensiver Spielweise erzählt?«, fragte Helion.

»Hab ich ihm zugehört?«, konterte Thargad.

Trotzdem hatten sie nun einen Ansatzpunkt. Mit geschicktem Spiel schafften sie es, einen Springer dazu zu bringen, dass er in eines der Löcher sprang. Jetzt wussten sie, wie der Gegner spielte, aber das machte es immer noch nicht einfacher, diese im Zweifel flüchtenden Figuren zu stellen. Bald wurde Thargad zum zweiten Mal geschlagen. Diesmal kam er als Bauer zurück. Aber nach langer Strategie hatten sie es geschafft: der Gegner hatte nur noch den König, und auch wenn Thamior ebenfalls ein Bauer geworden war, hatten sie das Spiel doch gewonnen.

Auf der anderen Seite der Brücke lag ein großes Tal, dessen Gras aus schwarzen Pflanzen bestand. Zelte, Stände, sogar einige feste Gebäude säumten das Tal. Eine schwarzgekleidete Gestalt schwebte heran. Greifarme wuchsen aus ihrem Rücken, und zwei muskulöse Oberkörper, deren Hüften in Schläuchen endeten, schwebten nebenher.
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»Willkommen auf dem Markt der Schatten. Diebstähle werden mit Versklavung geahndet. Unprovozierte Gewaltakte mit Seelen bezahlt. Wenn ihr etwas zu verkaufen habt, so geht mit dem Verkauf der Gegenstand unwiderruflich in den Besitz des Käufers über. Gekauft ist gekauft.«

»Alles klar«, sagte Thargad. «Dann suchen wir mal Morena von den Schatten.«

»Erst bringen wir den Brief weg«, sagte Helion. Er hielt den Umschlag hoch, den ihnen ein aufgeregter Graf Feuerstein gegeben hatte. »Sofia von Ketten. Unauffälliger Name.«

-
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Die Arena war überfüllt. Dirim hatte das Angebot bekommen, sich zu Tenebris Valanthru in die Ehrenloge zu setzen, aber er hatte abgelehnt. Stadtherr Severim Nalavant war nicht anwesend, ebensowenig Jenya Urikas. Allerdings saßen Asfelkir Hranleurt, der Hohepriester der Gondkirche, und Embril Aloustinai neben dem Goldelfen. Ebenfalls nahebei waren die adeligen Familien der Stadt: Vanderboren, Lathenmire, Aslaxin, Taskerhill, Rhiavadi, sogar Ophellia Knowlern, obwohl sie eigentlich nur elfischem Adel entstammte, sah zu. Und allein für sich, bewacht von einem halben Dutzend Wachen, stand Maavu, um dessen Schicksal es ging.

In der Mitte der Arena standen sich Terseon und Boras gegenüber. Boras trug seine übliche Kettenrüstung und Schlachtenwut. Terseons Rüstung war ein zwergischer Plattenpanzer mit besonderen Scharnieren und verstärktem Stahl. Auf die Brust war ein Wappen eingeätzt, dass nur die Kundigen unter den Zuschauern als das Wappen der Familie Nalavant erkannten. Terseons Waffe war ein großes Zweihandschwert.

Dirim trat in die Arena, um den Kampf in Tyrs Namen zu segnen. Dieser Bitte Valanthrus war er nachgekommen.

»Bürger. Landsleute. Cauldroniten«, rief er. »Heute geht es um das Schicksal eines Mannes, dessen Taten zu viel Blutvergießen führten. Aber handelte Maavu in böser Absicht? Oder ist die Reue, von der er berichete, echt? In dieser Arena stehen sich zwei Männer gegenüber, die die Antwort auf diese Fragen suchen. Für die Stadt kämpft Terseon Skellerang, den ihr Hauptmann der Stadtwache nennt, obwohl die wahre Macht schon längst nicht mehr in seinen Händen liegt. Für Maavu tritt an Boras Breda, der den Bebilithen Thathnak mit einem Schlag tötete, und dessen Gebete Engel erhören. So weit ist es also, dass sich Freunde von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen. Möge Tyr ihre Arme führen und das Leben der Gerechten schonen.«

Dirim berührte sowohl Terseons Schwert als auch Boras’ Axt mit seinem heiligen Symbol. Dann trat er zurück. Terseon hob sein Schwert zum Gruß, und Boras entgegnete die Geste.

»Möge die Wahrheit obsiegen. Kämpft!«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 10. September 2006, 21:56:53
Der Graf ist ein Iron Lich (CR 14), die Untoten sind Thralls (CR 1/2 bis CR 4) aus dem Monsternomicon für die Iron Kingdoms. Und ja, der Graf ist LE.

Und hier als Teaser:
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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 10. September 2006, 22:18:18
Rocky Musik! Immer wieder was Neues Berandor!

Sehr feine Szenerie mit der Arena und dem Weg dorthin, kommt sehr atmosphärisch rüber.
(Gibts noch die Werte für die Ausrüstung von Skellerang)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 10. September 2006, 23:56:51
Wie Werte?

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 11. September 2006, 01:14:49
Meinte ich doch! Die Rüstung.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 12. September 2006, 13:21:44
Zitat von: "Sohn des Sammaster"
Oh Ja, die planenden Diskussionen... Das kann dauern und man selbst sitzt als SL daneben und hört interessiert zu, mit einem Lächeln.

An dem Tag haben wir uns selbst übertroffen. Endlose Debatten, dann das Schachspiel, wo wir auch wenig glorreich waren (das hat einfach zu lange gedauert, weil wir nicht gepeilt haben, dass es nur ums Überqueren der Brücke geht)... danach geht's aber wieder mit ein bisschen Action weiter.

Und Boras hat seinen großen Auftritt.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 12. September 2006, 14:25:42
Nämlich jetzt :)

Annastriana

Helion, Thamior und Thargad standen vor einem schmalen Turm. Seine Mauern waren außerordentlich glatt und hatten sich tief in den Boden eingegraben. Dies war der Turm Sofia von Kettens.

»Eine Daernsche Festung«, sagte Helion bewundernd. »Eines Tages...«

Daern, ein Magier, der es aufgrund diverser Frauengeschichten meist nicht lange in einer Stadt aushielt, hatte die Magie erfunden, die es dem Besitzer seines Turms erlaubte, diesen auf Taschengröße zu verkleinern und an einem anderen Ort wieder anwachsen zu lassen. Daerns Flotte Festungen, wie man sie nannte, waren selten, teuer, und begehrt.

Thargad zog am Klingelseil. Die schwere Eingangstür schwang auf. Die Kettenbrecher traten in einen dunklen Raum. Eine sehr elegante Frau, deren Haut schon lange keine Sonne mehr gesehen hatte, kam eine Treppe hinab ihnen entgegen.

»Shar decke ihren Mantel über euch, Fremde. Ich bin Sofia von Ketten. Was führt euch zu mir?«

»Was verkauft ihr denn?«, fragte Thamior.

»Ich biete Euch Unsterblichkeit. Für nur fünfundzwanzigtausend Goldmünzen und hundert Jahre Gehorsam mache ich Euch zu meinesgleichen, einem Vampir, einem Herren der Nacht.«

»Eigentlich wollten wir nur einen Brief abgeben«, sagte Pecarri schnell, bevor Thargad auf dumme Gedanken kam.

»Vom Grafen!«, sagte Sofia, als sie den Umschlag in Händen hielt. »Da bin ich aber gespannt.« Sie sah zu den Kettenbrechern. »Bevor ihr geht, kommt bei mir vorbei. Ich gebe Euch dann eine Antwort mit.«

»Da wäre noch etwas«, sagte Pecarri. »Oder besser zweierlei. Wir suchen Morena von den Schatten, und außerdem wüssten wir gerne, wie sich das mit der Zeit verhält, während wir hier sind. Der Graf hat da so etwas angedeutet.«

»Ha!« Die Vampirin lachte und entblößte dabei unangenehm lange Vorderzähne. »Die liebe Morena hat den Stand am Ende des Tals. Aber sie hat bestimmt nichts, was euch interessiert. Sie macht eine Durststrecke durch.« Bei dem Wort Durststrecke fuhr sie sich mit der Zunge über die Zähne.

»Das lasst unsere Sorge sein«, sagte Thargad. »Was ist mit der Zeit?«

»Kennt ihr die Hosenträger aus Tiefwasser? Sie sind aus einem dehnbaren Material.«

»Gummi«, sagte Pecarri.

»Genau. Die Welt der Schatten ist ähnlich. Wenn ihr sie betretet, dehnt sich die Zeit wie ein Gummiband. Je nachdem, wie fokussiert oder mächtig ihr seid, dehnt sie sich länger. Aber irgendwann ist der Zug zu straff, und dann schnappt sie vor. Solange sich die Zeit dehnt, könnt ihr an euren Einstiegsort zurückkehren, und es ist kaum Zeit vergangen. Darum gehen Reisen durch die Schattenwelt so schnell. Aber wenn ihr die Zeit überdehnt habt, dann ist die ganze Zeit, die ihr hier gewesen seid, wirklich vergangen. Und nicht nur das: Solange ihr in der Dehnung seid, kann euch die Schattenwelt nur bedingt beeinflussen. Auf dem Markt z.B. sind nur diejenigen zu sehen, die gleichzeitig mit Euch hierher kamen, und die Händler und Aufpasser, dank einer besonderen Verabredung mit den Herren dieser Ebene. Aber wenn die Zeit sich ausgleicht, dann seid ihr wirklich auf der Schattenebene, und ungeschützt.«

»Wie lange können wir hier bleiben?«, fragte Thamior, der hoffte, den Seelenbogen hier fertigstellen zu können.

»Ihr?« Sofia von Ketten maß sie mit ihrem Blick. »Drei oder vier Tage habt ihr in Euch, wenn ihr Euch konzentriert.«

»Hmm. Das könnte reichen.«

Die Kettenbrecher bedankten sich bei der Vampirin und machten sich auf die Suche nach Morena von den Schatten.

-

Morena von den Schatten war eine schlanke, fast zierliche Frau. Sie trug ein Kleid aus schwarzem Leder und eine passende Kappe, die ihren Kopf und ihren Hals bis auf die Schultern bedeckte und nur ihr Gesicht freiließ. Ihr Stand war ein einfacher Holzstand, hinter dem einige Kristall- und Metallbehälter sowie mehrere Waffen aufgereiht waren.

»Willkommen, Reisende, bei Morenas Meisterware. Was begehrt euer Herz?«

»Wir haben gehört, Euer Stand läuft nicht sehr gut«, sagte Thamior.

»Und jetzt kommt ihr, um euch über mich zu amüsieren? Dann geht lieber gleich wieder, von Eures gleichen sehe ich genug.«

»Also stimmt es?«, fragte Thargad.

»Ich weise darauf hin, dass ich sehr weitreichende Verträge mit den Neun Höllen abgeschlossen habe. Ich bin einer ihrer wichtigsten Seelenlieferanten.«

»Und was macht ihr dann hier?«, fragte Pecarri.

»Also gut, bitte, die Händler haben euch ja wahrscheinlich schon alles erzählt. Ja, ich habe einen Moment nicht aufgepasst. Muss ich darum Jahrzehnte leiden?«

»Wir würden gerne Eure Waren sehen«, sagte Pecarri.

Morena richtete sich auf. »Wirklich?«

»Ja. Habt ihr gute Waffen da?«

Morena musterte die drei für einen Moment. Dann lächelte sie. »Ich habe ein ganz besonderes Angebot.«

Sie griff in einen Nimmervollen Beutel und entnahm ihm drei Gegenstände. Zuerst ein mittelgroßer Stahlschild, dessen Oberfläche so glatt poliert war, dass man sich darin spiegeln konnte. Von der anderen Seite konnte man durch den Schild hindurch sehen. Der zweite Gegenstand war ein schlankes Langschwert aus dunkelgrauem Metall. Die Parierstange des Schwertes war in Form einer Waage gehalten. Zuletzt kam eine große Axt aus blauem Stahl, die Klinge gefurcht. Ins Axtblatt waren Runen der Vergeltung, in den Griff Symbole des Schutzes eingelassen.

»Dies sind sehr mächtige Gegenstände, aber ich würde sie ungern nicht zusammen verkaufen. Für zwanzigtausend Goldmünzen gehören sie euch, und schon ein einfacher magischer Blick wird euch enthüllen, dass dieser Preis geradezu lächerlich ist.«

»Warum verkauft ihr sie dann für so wenig?«, fragte Pecarri. »Am Ende sind diese Waffen schuld an Eurem Unglück.«

»Ach was, ich betrachte diesen Verkauf als Investition in die Zukunft. Fünfzehntausend?«

»Sie sehen aus wie die Waffen der Schätze von Tethyr«, sagte Thargad.

»Also kennt ihr die Waffen? Dann wisst ihr ja, dass sie ihr Geld mehr als wert sind. Zehntausend, mein letztes Angebot.«

Thamior nahm einen Geldbeutel heraus und legte ihn auf den Tisch.

»Das ist unseres.«

»Wie viel ist da drin?«, wollte Morena wissen.

»Hundert Goldmünzen.«

»Hundert? Ihr seid verrückt. Verschwindet.«

»Ich bin sicher, die Nachfahren der Schätze würde es sehr interessieren, dass ihr die Waffen hier habt, und dass sie euch gar nicht gehören.«

Morena erstarrte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Das ist ein Bluff. Ihr kennt keine Nachfahren der Schätze.«

Pecarri lächelte. »Nehmt das Gold.«

Morena kniff die Augen zusammen und studierte die drei.

»Möge die Hölle Eure Seelen schlucken«, sagte sie schließlich und griff den Goldbeutel. »Wenigstens bin ich die verfluchten Dinger los. Nehmt sie, bevor ich es mir anders überlege.«

Thargad packte sich die Waffen.

Thamior beugte sich über die Theke.

»Was denn noch?«, schnappte Morena.

»Habt ihr zufällig den Muskel einer lebenden Maschine?«

Ein teuflisches Glitzern trat in Morenas Augen. »Möglich.«

»Was würde das kosten?«

»Zehntausend Goldmünzen«, sagte die Händlerin sofort.

»Nehmt ihr Gegenstände in Zahlung?«, fragte Thamior.

»Für die Hälfte ihres Wertes.«

Thamior drehte sich zu seinen Gefährten. »Ich brauche diesen Muskel.«

Pecarri nickte. »Legen wir zusammen.«

Er nahm seinen unbeweglichen Stab heraus, sah ihn noch einmal sehnsüchtig an, dann reichte er ihn dem Elfen. Thamior nahm seinen magischen Bogen ab, seine Armschienen und einen Ring. Die Kettenbrecher sammelten all ihr Gold. Immer größer wurde der Haufen, bis Morena endlich seufzte, dass ihr Preis bezahlt sei. Mit zitternden Fingern nahm Thamior den Muskel entgegen.

»Jetzt habe ich alles beisammen«, sagte er. »Ich kann Anna retten.«
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-

Terseons erster Hieb trieb Boras die Luft aus der Lunge. Noch bevor er sich erholen konnte, schlug ihm Terseon mit der Klinge gegen Schlachtenwuts Schaft. Fast wäre die Axt ihm aus der Hand gerutscht. Boras machte einen Schritt nach hinten und holte tief Luft. Terseon hielt den Zweihänder schräg vor sich.

»Komm schon«, forderte Terseon.

Boras schlug von rechts auf ihn ein. Terseon schwang sein Schwert sofort zum Block und änderte dann den Griff, um auch den zweiten Hieb des Barbaren zu parieren. Dann trat er vor und klemmte sein Bein hinter das seines Gegners, während er gleichzeitg mit der Schulter zustieß. Boras stürzte nach hinten, und kaum lag er auf dem Boden, als Terseons Zweihänder schon niederfuhr. Boras rollte sich aus dem Weg und kam wieder auf die Beine.

»Zu langsam, alter Mann«, sagte Boras. »Oder zu betrunken?«

»Vielleicht hättest du dir Mut antrinken sollen, Kleiner. Zeig, was du kannst.«

Beiden Kontrahenten machte dieser Kampf sichtlich Spaß.

Wieder drang Boras auf Terseon ein. Der Hauptmann parierte jeden Schlag. Dann verkantete er seine Klinge mit der Axt und zog. Boras musste einen Schritt nach vorne machen, um die Waffe nicht zu verlieren. Terseon wirbelte herum und schlug ihm auf den Rücken. Die Rüstung hielt, aber Boras kniff schmerzhaft die Augen zusammen.

»Irgendwie bin ich enttäuscht«, sagte Terseon kopfschüttelnd.

»Genug«, sagte Boras. »Jetzt spielen wir nach meinen Regeln.«

Er schlug mit Schlachtenwut zu und legte alle Kraft in den Schlag. Terseon hielt das Schwert zum Block, aber die Wucht des Hiebs trieb ihn zurück, anstatt ihm einen Konter zu erlauben. Wieder krachte die Axt in seine Deckung, und wieder machte er einen Schritt zurück, und mit einem weiteren Schritt brachte er sich außer Reichweite. Dann lockerte er seinen Griff und seine Schultern.

»Hat das wehgetan?«, fragte Boras.

Terseon griff an. Sein Zweihänder beschrieb einen weiten Kreis. Boras wich aus, aber den folgenden Schlag musste er parieren. In diesem Moment trat Terseon wieder nah an ihn heran und versuchte, ihn zu Fall zu bringen. Boras bohrte sein Bein in den Sand und schob zurück. Terseon taumelte, dann stolperte er zurück. Boras folgte sofort. Schlachtenwut pfiff durch die Luft. Terseon brachte das Schwert vor. Die Waffen kollidierten, und Terseons Schwert flog zur Seite. Der Hauptmann war ungeschützt. Boras nutzte die Wucht des Schlags und drehte sich einmal um sich selbst, ließ die Axt ihren eigenen Weg zum Ziel finden. Einen Atemzug, bevor sich Schlachtenwut in die Brust des Hauptmanns bohrte, schloss Terseon die Augen. Einen Atemzug danach fiel er zu Boden.

Boras zeigte mit dem Arm auf den Gefangenen. »Lasst Maavu frei. Sofort!«

Die Menge jubelte und buhte. Langsam erhob sich Tenebris Valanthru und breitete die Arme aus. Nach und nach kehrte Ruhe ein. Valanthru fixierte Boras mit Triumph in den Augen.

»Tyr hat gesprochen. Der Gerechtigkeit wurde genüge getan. Maavu soll leben.« Das Volk jubelte, einige buhten. »Und doch ist dieser Tag getrübt, denn Cauldron hat einen seiner Treuesten verloren. Terseon Skellerang war der Stadt ergeben. Und auch wenn er zuletzt Probleme hatte, so zog er doch gegen Redgorge, um uns den Mann zu bringen, dessen Schicksal sich hier heute entschied. Noch seine letzte Tat brachte Gerechtigkeit nach Cauldron. Darum werden wir binnen eines Zehntags ein Fest feiern, auf dem wir Terseon Skellerang gedenken werden und seine Leiche dem Feuer übergeben.«

Jetzt buhte niemand.

»Er wollte nach Hause geschickt werden«, sagte Boras laut.

»Wie bitte?«, wollte Valanthru wissen.

»Terseon hat mir das Versprechen abgerungen, dass ich seine Leiche zu seiner Familie bringen lasse, damit er dort bestattet wird.«

Valanthru lächelte. »Unser guter Hauptmann. Wahrscheinlich betrachtete er sich als nicht würdig, ein Ehrenbegräbnis zu bekommen. Wachen! Nehmt die Leiche des Hauptmanns und bringt sie in den Finger, wo sie konserviert werden soll, bis wir sie verbrennen.«

Vier Stadtwachen betraten die Arena und näherten sich der Leiche. Boras stellte sich dazwischen, die Axt in der Armbeuge. Er schüttelte den Kopf. Die Stadtwachen blieben stehen, der eine sah den anderen an. Dann blickten sie zu Valanthru.

»Jetzt macht schon!«

Die Wachen zögerten. Boras streichelte den Griff seiner Axt.

»Ihr behindert die Stadtwachen bei der Ausübung ihrer Pflicht«, rief Valanthru. »Tretet zur Seite!«

Einige Pfiffe tönten durch die Arena, aber die meisten Zuschauer waren still.

»Ich habe es ihm versprochen«, sagte Boras.

»Helm schütze uns vor den Versprechen eines Barbaren«, sagte Valanthru. »Also gut, ich werde eure Bitte dem Stadtherren vortragen. Er war Terseon sehr verbunden, und ich bin gewiss, er wird seinen letzten Willen wohlwollend betrachten. Jetzt lasst uns dafür sorgen, dass der Hauptmann nicht zu stinken anfängt.«

Boras deutete eine Verbeugung an und trat zur Seite.

»Aber vorsichtig«, ermahnte er die Stadtwachen, die ihn nicht aus den Augen ließen, bis sie aus seiner Sicht waren.

Schließlich winkte Boras noch einmal in die Menge und machte sich dann auf in seine Kabine, um den Rest seiner Ausrüstung zu holen und sich etwas auszuruhen.

Als er die kleine Kammer betrat, lehte dort ein Besucher an der Wand. Er trug ein Gewand aus rotem Wildleder, seine blonden Haare waren zu einem Zopf zusammen gebunden. Bis auf einen kleinen Dolch war er unbewaffnet.

»Da seid ihr ja«, sagte der Fremde.

»Was wollt ihr?«, fragte Boras barsch.

»Euch gratulieren.« Er stieß sich von der Wand ab und hielt Boras die Hand hin. »Mein Name ist Finster.«

-

Ruhig setzte Thamior das Messer an und schnitzte eine Kerbe aus dem Drachenknochen. Er nahm den Muskel und zog ihn über die Kerbe, dann band er ihn um den Knochen, sodass der Muskel genauso straff gespannt war wie Kaurophons Darm neben ihm. Die Federn des gefallenen Engels prangten schon an der Spitze des Bogens. Thamior träufelte das Blut, das er von sich selbst, von Helion und von Annas Falken Sheera bekommen hatte, auf die Knoten. Das Material verhärtete sich und verband sich mit dem Knochen. Schließlich rieb er den ganzen Bogen geduldig mit flüssigem Schatten ein. Drei Tage hatte es gedauert, aber endlich war der Seelenogen fertig. Müde und erschöpft, aber auch dankbar, gedachte Thamior seiner Tochter und ließ den Tränen freien Lauf. Das salzige Wasser tropfte zischend auf die Waffe.

-

»Hiermit verurteilen wir dich, Annastriana, als eine der Ungläubigen. Zur Strafe sollst du diese Stadt beschützen. Deine Seele wird in die Seelenmauer verbracht, wo sie auf alle Zeiten unter ihresgleichen ist oder so lange, bis sie sich auflöst.«

Anna kannte nur Schmerz. Sie hatte keinen Mund, mit dem sie schreien, und keine Augen, die sie hätte verschließen können. Aber sie hatte Glieder, die gebrochen werden konnten, gestreckt, gedreht und wieder gebrochen, in ständiger Bewegung in der wimmelnden und wabernden Wand. Von ihrem Platz hoch in der Seelenmauer blickte sie auf das Treiben in der Stadt der Toten. Ab und an kam ein Dämon und erleichterte sich gegen die Mauer, ansonsten zogen die Unholde es vor, die Falschen zu bestrafen, die ihre Götter verleugnet hatten. Es kam Anna vor, als habe sie bereits Jahrhunderte in der Wand verbracht, und doch ahnte sie, dass es erst ein Atemzug war im Vergleich zu der Zeit, die ihr noch bevorstand. Sie wollte weinen, doch auch dazu war sie nicht imstande.

Dunkelheit umgab sie, und Kühle. Sie spürte ihre Glieder nicht mehr, eine Erholung nach den Schmerzen. Langsam drang Licht zu ihr vor, und jetzt sah sie einen Rastplatz um sich herum, gedämpftes Licht, und über ihr ein weinendes Gesicht. Das Gesicht ihres...


-

»Vater?«, kam Annas Stimme aus dem Bogen. »Wo bin ich?«

»Anna?« Thamior sah sich um, dann zurück zum Seelenbogen. »Tochter?«

»Ich bin hier«, antwortete der Bogen. »Aber ich weiß nicht, wo das ist. Und wer ist der Kobold neben dir?«

Thamior blickte zu Helion auf. »Was habe ich getan?«

»Du hast Annastriana gerettet«, sagte der Magier.

»Und ihre Seele in den Bogen gebannt«, fügte Thargad hinzu.

»Erklärt mir jetzt mal jemand, was hier los ist? Habt ihr mich wiederbelebt?«, fragte Anna.

»Du bist ein Bogen«, sagte Thargad kurz.

»Ein was?«

»Solonor ist schuld«, sagte Thamior düster.

Der Elf stand auf, den Seelenbogen in der Hand.

»Ich bewege mich«, sagte Anna. Dann schien sie zu verstehen. »Ich bin ein Bogen.«

»Machen wir uns auf den Rückweg, bevor uns die Zeit einholt«, sagte Thamior. »Und während wir reisen«, wandte er sich an den Bogen, »erkläre ich dir alles.«

Thamior marschierte auf die Brücke zu, Helion im Schlepp. Thargad blieb stehen.

»Was ist?«, fragte Helion.

»Geht schon mal vor«, sagte der Schurke.

»Und du?«

»Ich bleibe noch etwas hier. Es wäre nicht gut, mit euch zusammen nach Cauldron zu reisen. Schließlich ist Thargad verstorben.«

Helion nickte. »Es hat uns schwer getroffen«, bestätigte er.

Thamior nahm Thargad die Schatzwaffen ab. »Wir sehen uns dann in Cauldron«, sagte er.

»Ganz bestimmt«, gab Thargad zurück.

-

Der Graf wartete am Ausgang.

»Da seid ihr ja endlich«, sagte er. »Ihr wart fast eine halbe Stunde fort!«

»Wenns weiter nichts ist«, meinte Pecarri.

»Habt ihr bekommen, was ihr suchtet?«

»Ich denke schon.«

»Und habt ihr... eine Antwort?«

»Noch nicht. Aber unser Gefährte kommt nach. Er bringt Sofias Antwort.«

»Sie hatte nicht direkt eine Antwort parat?« Der Graf kicherte. »Ich wusste, dieser Zug wäre ihr Ende!«

Es donnerte laut.

»Kommt ihr noch mit zu mir?«, fragte der Eisenleichnam.

»Tut uns leid, Graf«, sagte Thamior. »Aber wir müssen aufbrechen. Wir haben es eilig.«

»Verstehe. Nun denn, gute Reise. Und wenn ihr die Frau trefft, der ich den Nekrotitdampf verkauft habe...«

»Ja?«

»Erinnert sie an ihr Versprechen. Wegen der Seelen.«

»Wegen der Seelen«, sagte Pecarri. »Wir tun, was wir können.«

-

»Finster«, sagte Boras. »Ich bin Boras.«

»Ich weiß«, sagte Finster. »Ich habe schon viel von euch gehört. Es ist schön, euch endlich gegenüber zu stehen.«

»Ich habe von Euch fast gar nichts gehört«, sagte Boras.

»Nicht?«

»Nein.«

»Nun, das kann auch so bleiben. Wenn ihr, sagen wir, binnen zweier Zehntage aus der Stadt verschwindet, dann hören wir vielleicht nie wieder voneinander. Wenn ihr bleibt, solltet ihr auf Euren Rücken achtgeben.«

Boras drehte sich um. Niemand stand hinter ihm.

»Droht ihr mir?«, fragte Boras verwirrt.

Finster lachte. »Ihr seid wirklich der Mühe nicht wert.«

»Also kann ich bleiben?«

Finster öffnete den Mund, aber es kam keine Antwort. Er war sprachlos.

»Ich muss gehen«, sagte er schließlich. »Entschuldigt mich.«

Der Mann drängte sich an Boras vorbei aus der Kammer. Boras sah ihm nach.

»Komischer Kerl«, sagte er.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 12. September 2006, 14:35:09
So...

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Die Schatzwaffen:
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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 12. September 2006, 14:38:02
Berandor war ernsthaft sprachlos. Zum ersten Mal in der Kampagne. Allein das war es wert.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 12. September 2006, 14:47:45
Teaser:

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 12. September 2006, 14:50:42
Zitat von: "Kylearan"
Berandor war ernsthaft sprachlos. Zum ersten Mal in der Kampagne. Allein das war es wert.

Kylearan

Wirklich großartig! Dass allerdings die Spieler mich dann zuerst zwangen, das Gespräch sofort aufzuschreiben und dann zur Probe direkt noch mal zu erzählen, fühlte ich mich schon etwas ausgelacht :)

Nein, absolut klasse, und da kann man wirklich sehen, dass die einfachsten Fragen manchmal die besten sind. Und einfacher als Boras stellt sie keiner :D

Ich wusste nichts darauf zu erwidern. Weiß ich eigentlich immer noch nicht. Und so wird aus einem imposant-bedrohlichen NSC eine weitere kleine Niete, die vor Boras kuscht. :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 12. September 2006, 14:56:10
Mist. Habe in die Spoiler geklickt und da Dinge gelesen, die mich nichts angehen. Na ja, mit der nächsten Stufe Loremaster kein Problem mehr :-)

Du solltest den Beitrag aber noch einmal wegen der Listen und der Smilies editieren.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 12. September 2006, 14:59:16
Zitat von: "Berandor"
Ich wusste nichts darauf zu erwidern. Weiß ich eigentlich immer noch nicht. Und so wird aus einem imposant-bedrohlichen NSC eine weitere kleine Niete, die vor Boras kuscht. :)

Und wir hoffen, dass die Kettenbrecher von den Finsteren Gesellen immer noch ein wenig unterschätzt werden. Immerhin machte Boras nicht den Eindruck, als sei er wegen seiner Geistesgaben zu beachten. Thargad gilt als tot (wohl auch gegen normales Scrying), Helion/Peccari ist eine Unbekannte (arkane Macht vorhanden, aber wie genau? OK, die Verräter im Azuth-Tempel könnten das kippen, aber das wissen wir nicht genau.), Thamior auch nicht wirklich bekannt (kein eigentlicher Kettenbrecher, selten in Erscheinung getreten).

Mal sehen, in wie weit uns das noch helfen wird.

Ach ja, und die Gruppenkasse ist Kappes! Vergesst die Taube!

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 12. September 2006, 15:01:27
Meinst du die nicht identifizierten magischen Gegenstände? Ja, da habe ich dran gedacht, aber die Identifikation wird ja wahrscheinlich Samstag erfolgen, deshalb habe ich nicht viel drum gegeben.

Sonst vergiss es einfach wieder. :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 12. September 2006, 15:15:34
Zitat von: "Berandor"
Meinst du die nicht identifizierten magischen Gegenstände? Ja, da habe ich dran gedacht, aber die Identifikation wird ja wahrscheinlich Samstag erfolgen, deshalb habe ich nicht viel drum gegeben.

Sonst vergiss es einfach wieder. :)

Ja, die Gegenstände meinte ich. (Besonders der erste Ring des Vallorianers.)

Btw, was ist ein Vallorianer? Ist das einfach nur so ein Gag aus einem Drittanbieterbuch wie die beiden Ironborn oder hat das doch mehr Einfluss auf die Kampagne, als ich momentan annehme? Ich unterstelle dir ja, dass du Dinge testen willst, die wir Spieler noch nicht kennen.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 12. September 2006, 15:25:28
Vallorianer stehen im "Legacy of Dragons", dem AU-Monsterbuch und sind sozusagen die AU-Drow. Die "lebenden" Waffen, die sie führen, haben mich dazu gezwungen, einen einzubringen :)

Im Hintergrund wurden die Vallorianer von Zenith Splitterschild aus Cauldron vertrieben (bis auf einen), wie man in Zeniths Prolog erahnen kann.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 12. September 2006, 16:30:36
Das neueste Update ist großes Kino! Echt gemein, wie man auf einmal mitfiebert und wissen will wie es weitergeht.
Auch schön: "Ich bin ein Bogen!
... Solonor ist schuld..."
 :grin:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 13. September 2006, 01:27:53
Sorry, aber ein Update reicht immer noch nicht. Also bitte:

Aufräumarbeiten

»Also, wir gehen da jetzt rein und machen sauber«, sagte Dirim zu dem guten Dutzend Tagelöhner, die er aufgegabelt hatten. »Und dass mir keiner mit Rückenschmerzen kommt.«

Dirim, Boras und die Tagelöhner standen vor den geschlossenen Türen des Tempels der Dreifaltigkeit. Die hohen Mauern gaben keinen Blick auf den Tempelgrund frei, und der ehemals so allgegenwärtige Klang der Barakmordin im Übungskampf fehlte in der städtischen Geräuschkulisse.

Zuerst hatten sich Dirim und Boras nach langem Zögern Friedensbänder anlegen lassen: sowohl die Waffen wurden mit einer Schleife befestigt, als auch zwei Finger jeder Hand eines Zauberwirkers. So musste man erst die Schleife lösen, bevor man Schaden anrichtete. Bevor einer der beiden sich weitere Gedanken machen konnte, kam schon ein Bote, der Boras zu einem Gespräch zu Gendry Lathenmire bat. Und Dirim war dann, als er sich allein in Cauldron fand, in Richtung des Lathanderschreins losmarschiert. Schließlich hatten sich beide dann – Dirim mit eben jenen Handlangern im Schlepptau – beim Tyrtempel eingefunden.

»Na dann«, sagte Dirim. »Machen wir die Türe auf. Boras, würdest du?«
Der Barbar senkte die Schulter und nahm Anlauf.

-

Das Anwesen der Lathenmires war ein vergleichsweise bescheidenes Herrenhaus aus grauem Malachit. Über den Eingang ragte ein Erker hinaus, dessen vergitterte Fenster den Blick auf eine Bibliothek freigaben. Boras wurde von einem Diener ungeachtet des Barbaren martialischen Auftretens begrüßt und durch das angemnehm ausgestattete Haus geführt. Die Lathenmires setzten ihren begrenzten Reichtum sehr viel zielsicherer ein als die meisten besser betuchten Familien der Stadt. Ein erdiger und zugleich exotischer Duft lag in der Luft.

»Riecht gut«, sagte Boras.

»Sir Gendrys Frau züchtet Blumen«, antwortete der Diener.

Im Hause Lathenmire gab es nur einen Adeligen: Sir Gendry Lathenmire war ein Held des Interregnums, der im Kampf für Tethyr seine Hand verlor und einen Titel gewann. Dieser Titel würde mit ihm sterben. Allerdings hatte Gendrys Tochter Corah vorgehabt, Zacharias Aslaxin den Zweiten zu ehelichen, womit sie und ihre Nachkommen ebenfalls von Siamorphes Segen profitiert hätten.

Der Diener brachte Boras in den ersten Stock, in eben jene Bibliothek über der Straße. Gendry Lathenmire saß aufrecht in einem hohen Sessel und bot Boras einen selbigen an. Der Barbar blieb stehen.

»Glückwunsch«, sagte Boras.

»Wie bitte?« Gendrys Stimme war rauh, kernig. Es war gut vorstellbar, dass er und Terseon Skellerang sich gut verstanden hatten.

»Zur Hochzeit«, sagte Boras. »Ist die nicht heute?«

»Ihr wart lange weg«, sagte Lathenmire. Er rieb sich den Stumpf seiner linken Hand. »Corah sitzt in ihrem Zimmer und heult, und nicht aus Glück. Zacharias ist tot.«

»Tot?«

»Und als wäre das nicht genug, verbietet dieser alte Miesfink, der sein Vater sein will, ihn wiederzubeleben. Jetzt liegt die Leiche des Verlobten meiner Tochter irgendwo im Finger und wartet darauf, dass die Schutzzauber ablaufen oder das Herz dieses Golems sich in Fleisch verwandelt. Hm. Ich weiß, was eher passieren wird.«

»Tut mir leid.«

»Darum habe ich Euch nicht kommen lassen. Ihr wart ein Freund von Terseon Skellerang. Er traute Euch. Und Ihr mögt Valanthru nicht. Das reicht mir. Ich werde Euch auch trauen. Wir haben ein Problem.«

»Dachte ich mir.«

»Terseon sollte wiederbelebt werden. Darum wollte er, dass ich seine Leiche bekomme; ich habe alles vorbereitet. Seit drei Monaten haben wir alles geplant: Erst hat Terseon hier dem Alkohol abgeschworen – er hat sich nur noch damit besprenkelt, um nicht aufzufallen. Und dann wollte er im Verborgenen bleiben, bis er benötigt würde. Und gerade als die Gefahr, dass ich in den Ring steigen und ihn erschlagen muss, abgewendet wurde...«

»Kommt Valanthru«, schloss Boras.

»Valanthru.« Gendry Lathenmire rieb sich wieder über den Armstumpf.

»Nun ja«, fuhr er fort. »Die Sache ist die: In zehn Tagen wird Terseons Leiche verbrannt werden. Das darf nicht geschehen. Ihr gehört zu den Kettenbrechern. Ihr seid tüchtig. Holt Terseon da raus. Und wenn ihr Zacharias mitbringt, hole ich ihn auch zurück, egal was dieser Hohlkopf sagt.«

»Wir werden es versuchen«, sagte Boras.

-

Der Tempelgrund war leer. Gras wuchs hoch, und in der von Dirim aufgesperrten Kirche hatte sich Staub gebildet.

»Sieht verlassen aus«, sagte Pecarri vom Eingangstor her.

Dirim sah auf. Am Tor standen Pecarri und Thamior, schwer beladen.

»Ihr seid schon zurück?«

»Es ging schneller, als wir dachten«, sagte der Kobold.

»Hallo, Dirim!«, sagte Annastriana.

»Anna?« Dirim starrte auf den Bogen. Auch Boras kam vorsichtig näher.

»Wo ist denn Thargad?«, fragte Boras.

»Hat’s nicht geschafft«, sagte Pecarri.

»Ich sehe schon, wir haben viel zu reden«, meinte Dirim.

»Jetzt nicht«, sagte Thamior und hob die Hand. Er betrachtete das Gras zu ihren Füßen. »Jemand ist kürzlich erst hiergewesen. Die Spuren führen in den Keller.«

Die Kettenbrecher zogen ihre Waffen.

-

»Hallo? Krystof?«

Dirim hatte den kleinen Turm betreten und stand im Schrein. An der Wand hingen Sonnenscheiben und Bilder von Sonnenaufgängen, auf dem Altar ein Weihrauchgefäß und ein Kelch. Das Erdgeschoss war der Schrein; der erste Stock das Gemach des ansässigen Priesters, und genau den rief Dirim gerade.

»Krystof!«

Endlich hörte man ein Rumoren.

»Ich komm ja«, klang eine müde und nicht ganz nüchterne Stimme die Stufen herab. Ihr folgte Krystof Jurgensen in einer orangeroten Robe, die schon bessere Tage gesehen hatte. Der junge Priester erstarrte, als er Dirim sah.

»Meister Gratur!«

Er lief die letzten Stufen herunter und fiel Dirim in die Arme.

»Ihr seid zurück«, schluchzte er. »Jetzt wird alles gut.« Urplötzlich hellte sich sein Gesicht auf. »Darauf müssen wir einen trinken!«

»Du hast genug getrunken«, sagte Dirim. »Tyr verpasse dir einen klaren Kopf.«

Der Zauber tat seine Wirkung und vertrieb das Gift aus Krystofs Blut.

»Au«, sagte der und rieb seinen Kopf.

»Du hast keinen Kater«, sagte Dirim, »und kriegst nichts, um den angeblichen Schmerz zu lindern.«

Krystof war enttäuscht, aber dann grinste er. »Es tut gut, euch wiederzusehen. Was ist mit Eurem Auge?«

»Ein Segen Tyrs«, sagte Dirim schnell. »Und was ist mit Euch?«

»Was soll mit mir sein? Seht ihr das nicht? Die verdammte Azuthkirche ist los!« Krystof spuckte auf den Boden. »Sie haben mir das Sonnenlicht genommen!«

Der Lathandertempel war so errichtet, dass bei Sonnenaufgang das Sonnenlich in einem Spiegel gesammelt und in den Schrein gelenkt wurde. Die Sonne ging jedoch genau über dem Azuthtempel auf, oder nachdem der Finger nun seine riesigen Ausmaße erreicht hatte, hinter dem Tempel.

»Diese verfluchten Zauberer«, sagte Krystof.

»Mach dir deswegen mal keine Sorgen«, sagte Dirim. »Das kriegen wir wieder hin. Morgen früh sehe ich mir an, wo man das Loch in die Kirche brennen müsste, damit die Sonne durchscheint. Und zur Not reißen wir das Ding eben ein.«

»Könnt ihr das?«, fragte Krystof.

»Aber nur mit Eurer Hilfe. Und dazu dürft ihr nicht mehr trinken.«

»Aber...«

»Keine Widerrede.«

»Also gut. Keinen Tropfen mehr, bis das Morgenlicht wieder im Schrein erstrahlt.«

»Gut. Ihr solltet vor die Leute treten und zu ihnen predigen«, meinte Dirim.

»Das... das mache ich!« Krystof zog an seiner Robe, bis sie halbwegs glatt saß, und trat vor die Tür.

»Endlich ist er weg«, sagte Dirim. Er begann, nach der Geheimtür zu suchen, von der in der Vision die Rede gewesen war.

Als Krystof gut zwanzig Minuten später wiederkam, hatte er nichts gefunden.

»Wie wars?«, fragte Dirim.

»Ich hab sie ganz schön gegen die Langfinger aufgehetzt«, sagte Krystof. Er lächelte böse.

»Schön. Und was ist sonst so passiert, während wir weg waren?«

»Außer dass die Azuthkirche mir die Sonne nahm?« Es klang, als könne gar nichts anderes passiert sein.

»Abgesehen davon.«

»Na ja... Zacharias der Zweite wurde getötet, als die Sturmklingen unter der Stadt angegriffen wurden. Die Sturmklingen haben sich aufgelöst.«

»Wer hat sie angegriffen?«

»Keine Ahnung. Aber angeblich wollten sie ein Koboldlager auflösen.«

»Und sonst?«

»Der Tyrtempel wurde aufgegeben.«

»Was?!«, entfuhr es Dirim. »Wann wolltest du mir das denn erzählen?«

»Die Azuthkirche hat mir die Sonne genommen«, meckerte Krystof.

»Ja, schon gut. Was ist passiert?«

»Keine Ahnung. Die Barakmordin sind abgereist, und der Tempel ist verschlossen.«

-

Die Tagelöhner hatten sich in die Kirche zurückgezogen. Dirim betrat den Wohntrakt des Tempels und ging langsam die Treppe in den Keller hinunter, wo sich die großen Zimmer befanden. Die heiße Quelle, die den Wohnbereich vom Treppenhaus trennte, reflektierte das dauerhafte Licht des Versammlungsraumes nebenan. Dirim hörte Stimmen, die sich unterhielten, aber das Wasser und der Schall machten die Worte unverständlich. Hinter Dirim ging Boras, dahinter Helion und schließlich Thamior.

Dirim hob Treueschwur zur Schlag. Er holte tief Luft, dann stürzte er durch den Raum mit der Quelle, direkt in den Versammlungsraum.

-

Als Silberquell den Geistern anheim fiel, wurde es den Bewohnern Cauldrons schnell zu gefährlich, einen offenen Handelsweg zur Geisterstadt zu haben. Also schickte man eine Einheit Stadtwachen los, um die Brücke, die sich über die Silberschlucht spannte, abzureißen. Sie arbeiteten sechs Tage, dann hatten sie alles vorbereitet, und mit ein paar letzten gezielten Axthieben stürzte die Holzbrücke in die tiefe Schlucht.

Genau vor dieser Schlucht standen nun Helion und Thamior mit drei Pferden. Gute zehn Schritt waren zu überwinden, eine Distanz, die keines der Pferde sicher springen konnte.

»Kannst du die Tiere beruhigen, während ich sie rüberbringe?«, fragte Helion.

Thamior, der trotz seiner Naturverbundenheit kein wirklicher Tierexperte war, bejahte zögerlich. Da die Pferde allerdings sehr groß waren, konnte Helion nur ein Pferd und den Elfen, oder zwei Pferde durch sein Dimensionstor schicken. Und er hatte nur zwei dieser Zauber zur Verfügung, wenn sie heute noch nach Cauldron wollten.

»Zuerst mich und ein Pferd«, sagte Thamior. »Dann kann ich das Tier drüben in Schach halten. Nach dem Sprung sind sie sicher aufgeregter als vorher.«

Also stiegen beide ab. Helion legte einen Flugzauber auf sich, und Thamior schnallte die Schatzwaffen und die wichtigsten Ausrüstungsgegenstände von den Pferden ab. Dann beschwor Helion ein Dimensionstor und sprang mit Thamior und seinem Pferd auf die andere Seite der Schlucht.

Thamior ließ sofort die Gegenstände fallen und griff nach den Zügeln des sich aufbäumenden Pferdes. Noch während er beruhigend auf das Tier einsprach, flog Helion
über die Schlucht zurück. Als Thamior ihm ein Zeichen gab, beschwor er das zweite Tor und nahm die beiden anderen Pferde mit. Kaum waren sie drüben, da wurde auch das erste Tier wieder unruhig. Thamior musste sich gegen die Zügel stemmen, damit ihm die Pferde nicht durchgingen, aber schließlich hatten sie es geschafft. Sie luden die Gegenstände wieder auf und ritten weiter zum Stadttor.

»Wie kommt Thargad da rüber, wenn er nachkommt?«

»Springen«, vermutete Helion.

Auf dem Weg nach Cauldron berichtete Thamior Anna alles, was seit ihrem Tod geschehen war, und er behielt nichts zurück. Helion warf immer wieder Einzelheiten ein oder beschrieb seine Sichtweise der Dinge, und so vergingen die Stunden wie im Flug, bis im Licht des Nachmittags endlich die hohen Mauern Cauldrons erschienen. Die beiden waren so schnell wie möglich gereist, und wieder einmal dankten sie Shensen für die bergerfahrenen Ponys.

Die Halborkwachen, die das kaum genutzte Tor öffneten, staunten nicht schlecht, als ihnen der weiße Bogen des Elfen einen spitzzüngigen Kommentar entgegen schleuderte, aber man wusste ja, was Elfen für komische Kerle waren, mit oder ohne Bogen. Thamior war aber sehr zuvorkommend, als die Halborks seinen Köcher mit einem Friedensband versehen wollten – bei Annastriana musste er schließlich keine Pfeile auflegen, um welche abfeuern zu können. Pecarri war schon etwas grummliger, als man zur Vorsicht seine Hand binden wollte. Wenigstens nahm ihm niemand die Keule weg, die er als Gehstock nutzte.

Dann aber waren die beiden in den Straßen Cauldrons unterwegs, und nach einem misstrauischen und ehrfürchtigen Blick zum Finger machten sie sich schnellstens auf den Weg zum Tempel der Dreifaltigkeit. Hoffentlich hatte noch niemand versucht, die zahlenmäßige Unterlegenheit der Kettenbrecher auszunutzen.

-

»Also ist es wahr! Ihr seid zurück!«

Dirim stand mit erhobenem Schwert im Raum. Ihm gegenüber saßen die Barakmordin um Beregard von Tyr herum und starrten ihn an.

»Ihr... ihr seid abgereist«, sagte Dirim schwach. Hinter ihm kamen die übrigen Kettenbrecher ins Zimmer.

»Nur ein Täuschungsmanöver«, sagte Beregard. »Niemand wollte auf uns hören, da dachten wir, aus dem Verborgenen könnten wir besser zuschlagen, wenn die Zeit kommt. Aber jetzt seid ihr ja zurück.«

»Ich habe auch dem Tempel einen Brief geschrieben und um Verstärkung gebeten«, sagte Dirim.

»Der Tempel.« Beregard zwirbelte sich den Schnurrbart. »Die Barakmordin haben uns ausgestoßen. Jedenfalls haben sie das angedroht, wenn wir nicht abreisen.«

»Ihr seid trotzdem geblieben«, stellte Dirim fest.

Er wollte Treueschwur wieder in die Scheide stecken, aber Beregard hob den Arm.

»Nicht so schnell. Wir können das Schwert noch brauchen.«

Er ging in die Knie. Die früheren Barakmordin folgten seinem Beispiel.

»Wir haben die Gefahr gesehen, die auf dieser Stadt liegt, und wir wollen ihr entgegen gehen. Dazu unterstellen wir uns Eurem Befehl, Dirim Gratur, Richtschwert von Tyr, und schwören Euch die Treue. Durch Feuer und Eis, Säure und Gift, Versuchung und Betrug soll unser Eid nicht zu lösen sein, bis ihr uns daraus befreit. Nennt das Ziel, und unser Arm wird folgen. Möge unser Pfad gerecht sein, mögen wir alles Leid ertragen, das uns trifft, und mögen wir uns unserer Pflicht als würdig erweisen.«

Beregard küsste Treueschwur, und die übrigen Krieger taten es ihm nach.

»Ich will auch eine Armee«, flüsterte Boras zu Helion.

Helion dachte an die Kobolde der Stadt. »Ich habe schon eine.«
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-

Dirim befahl den Tagelöhnern, erst einmal nach Hause zu gehen, aber am nächsten Tag wiederzukommen und an die Arbeit zu gehen. Einige von ihnen schienen sehr eifrig, und einer bat Dirim sogar, ob er dauerhaft bleiben dürfe. Dirim bat sich Bedenkzeit aus; er hatte den Mann nicht einmal arbeiten sehen.

Die Kettenbrecher bezogen dann gleich das Tyrzimmer und das arkane Zimmer, in denen Dirim während der Vision Geheimtüren entdeckt hatte. Und auch jetzt konnte er mit Wahrem Blick jenen magischen Schimmer in Form einer Tür wahrnehmen. Aber keinen Öffnungsmechanismus.

Schließlich hatte Helion eine Idee. »In manchen Tempeln werden Räume dadurch gesichert, dass nur höhere Priester sie mit ihrer Macht öffnen können. Kanalisiere doch einmal Tyrs Macht gegen die Tür.«

Dirim konnte, wie die meisten Priester, die Macht seines Gottes direkt kanalisieren, anstatt sie in Zauber zu leiten. Meistens wurde diese Fähigkeit benutzt, um Untote zu schädigen, aber man konnte noch viele andere Dinge damit tun. Speziell darauf ausgelegte Türen öffnen zum Beispiel.

Dirim konzentrierte sich und spürte, wie positive Energie in ihm aufwallte. Mit einer simplen Geste ließ er sie gegen das Bildnis Tyrs branden, hinter der sich die Geheimtür verbarg. Die Tür versenkte sich daraufhin im Boden. Dahinter ein kurzer Gang, der in einem T endete. Der rechte Gang führte hinter das arkane Zimmer. Der linke endete in einer kleinen Waffenkammer. Eine Rüstung aus rotem Leder hing an einem Haken, einfache Bolzen und Pfeile sowie normale Schwerter lagen bereit. Außerdem waren die Regale voll mit minderen und einigen mächtigeren magischen Gegenständen. Es war Zahltag!

Neben der Rüstkammer fanden die Kettenbrecher noch ein Labor, das ebenfalls als Heilzimmer herhalten konnte, und einen Beschwörungsraum. In der Mitte dieses Zimmers waren Runen eingelassen, die eine Vielzahl von übereinander liegenden Symbolen beinhalteten, und in der Mitte davon wiederum ein großer, durchsichtiger Stein sowie Aufhängungen für sechs weitere Steine, die jedoch fehlten. Die Vorrichtung war magisch, aber ohne die fehlenden Steine war sie nicht zu gebrauchen. Dirim legte zur Probe seinen Schatzring in die Vorrichtung. Er passte, aber sie war nicht dafür gedacht, also zog er den Ring, dessen Stein sich magisch mit der Lebenskraft seiner Mutter verband, wieder an.

In dem Ritualraum fanden sie außerdem eine Schriftrolle mit einem entsprechenden, in diesem Raum zu wirkenden Ritual, dass eine Person wieder zum Leben erwecken konnte, selbst wenn sein Körper zerstört war – einer der mächtigsten Zaubersprüche überhaupt.

»Wir müssen Terseon nicht retten«, sagte Dirim. »Wir lassen ihn verbrennen, und dann holen wir ihn zurück. Damit wird niemand rechnen.«

Ein weiterer Raum war den drei Göttern gewidmet. Als Dirim ihn betrat, fühlte er sich gestärkt, aber keiner der anderen Kettenbrecher hatte dasselbe Erlebnis. Schließlich gab es noch einen Vorratsraum, der seltsamerweise neben Trockennahrung noch Hand- und Fußfesseln für zwei mittelgroße Personen enthielt und, wie Thamior bemerkte, eine Geheimtür hatte. Der Elf fand auch den Öffnungsmechanismus.

Die Tür öffnete sich in einen kleinen, dunklen Raum. Nur ein paar abgenagte Knochen und eine schmutzige Raststatt waren zu sehen, sowie einige Kratzspuren an der Wand. Helion erkannte den Raum: Es war das Zimmer, in dem ihm der Anführer der Kobolde, Thrakis, eine Geheimtür gezeigt hatte und befahl, sie aufzumachen. Und in der Vision hatte der Wolf darüber geredet, dass erst die Tür geöffnet und dann die Steine gefunden werden mussten. Die Kobolde wollten also eindeutig an die Ritualschriftrolle gelangen. Helion wurde etwas schwindelig. Nicht auszudenken, wenn Thrakis die ganzen magischen Schätze bekommen hätte, die sie gerade gefunden hatten.

Auf Helions Bitte schlossen die Kettenbrecher die Tür wieder, ohne dass der Kobold sich erklärte. Dann gingen sie daran, die neuen Gegenstände zu identifizieren.

Die Rüstung war einem Feuergott geweiht und konnte neben ihrer normalen Schutzwirkung entflammen, wobei sie dem Gegner schaden und dem Träger Schutz bieten würde. Aus der Menge weiterer Gegenstände identifizierte Helion die Schatzwaffen sowie einen dunkelroten Zauberstecken des Feuers. Vier unbewegliche Stäbe waren klar erkennbar, ebenso ein Bündel Schriftrollen mit arkanen Zaubern. Ein Amulett schützte vor Gift, ein weiterer Stab öffnete  eine Taschendimension, in der man sich erholen konnte. Ein etwas schiefer Hut diente der Verkleidung, eine Brosche schützte vor magischen Geschossen. Eine Perle war in der Lage, einen einfachen Zauber zurückzuholen, eine weitere wirkte mit etwas stärkerer Magie, aber auf dieselbe Art. Ein tragbares Loch erklärte sich von selbst: Warf man es gegen eine Oberfläche, bildete es eine kleine Höhle, in der man Dinge und sogar Wesen aufbewahren konnte. Nahm man es wieder ab, konnte man es wie ein Tuch auf Taschengröße falten. Ausprobieren führte dazu, dass ein paar Armreifen als solche für Bogenschützen, ein weiteres als Geschicklichkeitsarmbänder erkannt wurden. Die letzten Armreifen, die aus geflochtenen Ranken bestanden, hatten eine eigentümliche Wirkung. Zog man sie an, so breiteten sich die Ranken über den ganzen Körper aus und bildeten eine zweite Rüstung. Boras beanspruchte diese Armreifen sofort und gab Thamior sogar sein Amulett ab, das ähnlich wirkte, aber nicht so effektiv war. Dirim erhielt einen Schildschmuck, der mit Symbolen der Tapferkeit und des Schutzes verziert war.

Blieben noch mehrere unbekannte Tränke, vier unbekannte Ringe, und ein kleines Glöckchen, deren Wirkung unbekannt blieb. Hinzu kamen die Gegenstände, deren Wirkung man erahnt hatte.

Dirim bat darum, sowohl Seelenblick als auch Schuldspruch führen zu dürfen. Da Thamior keine magische Nahkampfwaffe hatte, lieh Dirim ihm sogar Treueschwur. Da hatte niemand mehr Einwände. Dirim befestigte den Schildschmuck an der glatt polierten Oberfläche des Schildes und führte sein neues Langschwert probeweise durch die Luft. Es war schwerer, aber auf eine gute Art. Boras hatte eine Träne im Auge, als er Schlachtenwut beiseite legte. Aber Blutrache rief nach ihm. Es war die Waffe seines Vaters. Bedächtig hielt er sie in den Händen. Er konnte das getrocknete Blut der Feinde an der Klinge sehen, die er in Zukunft erschlagen würde. Vielleicht sogar Finsters Blut. Sehr gut.

Während die Kettenbrecher unten mit ihren neuen Reichtümern hantierten, kümmerten sich über dem Erdboden die Tagelöhner darum, dass der Tempel wieder vorzeigbar wurde. Am dritten Tag ihres Erscheinens würden die Kettenbrecher erst einmal dem Lathandertempel einen Besuch abstatten und die Waffe suchen, von der Krystof in der Vision gesprochen hatte, und dann mal sehen, wie es Jenya ging, der Hohepriesterin des Helmtempels.

»Hoffentlich hat sie ihre Augen noch«, sagte Boras. »Das war echt unheimlich. Und außerdem bin ich da gestorben.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Serath am 13. September 2006, 01:49:48
Ich hoffe dir ist klar, dass wir in Zukunft immer so ein Tempo bei den Updates von dir erwarten werden und wochenlanges Warten nicht mehr gedultet wird.  ;)

Hab ich schon erwähnt, dass Boras mein Lieblingscharakter ist?

Zitat
"Also kann ich bleiben?"


Zitat
"Ich will auch eine Armee", flüsterte Boras zu Helion.


Einfach nur genial.   :jester:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 13. September 2006, 13:18:28
Zitat
Seelenbogen: Annastriana


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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 13. September 2006, 13:18:59
Jap, Boras ist große Klasse! Wobei natürlich das Zusammenspiel einfach herrlich ist!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 13. September 2006, 13:27:32
Zitat von: "Citon"
Zitat
Seelenbogen: Annastriana


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Der Seelenbogen hat, wie die Schatzwaffen auch, keinen Geldwert. Ich gehe davon aus, dass die Spieler diese Waffen zumindest behalten werden. Sie sind darauf ausgelegt, auch in den obersten Stufen noch tauglich zu sein und nicht nur für Stufe 11/12.

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 13. September 2006, 13:50:39
Zitat von: "Serath"
IHab ich schon erwähnt, dass Boras mein Lieblingscharakter ist?

Zitat
"Also kann ich bleiben?"


Zitat
"Ich will auch eine Armee", flüsterte Boras zu Helion.


Einfach nur genial.   :jester:

Wärst du dabei gewesen, als Boras' Spieler sich umgedreht hat, wo Finster von "auf deinen Rücken achten" gesprochen hat, würdest du nicht mehr leben - unsere verdutzten Gesichter vor dem Gelächter waren sicher einmalig.Dämlich.

Ganz großes Kino.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 13. September 2006, 16:27:51
Übrigens musst du dich für Updates nicht entschuldigen Berandor. Zumindest nicht bei mir.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 13. September 2006, 18:02:15
Ich hatte schon sowas geahnt mit dem Seelenbogen und weiß nicht, ob ich wirklich glücklich sein soll. Zum einen bin ich froh, daß Anna aus dem Gefängnis der Klagemauer befreit ist, auch daß ich so eine schöne Waffe führen darf, zum anderen denke ich, daß ich doch versuchen werde Anna (sofern sie das will) wieder komplett in die materielle Ebene zu holen.

Im Grunde spiele ich jetzt 2 Chars, nur daß der SL maßgeblichen Einfluß auf Anna´s Wünsche hat - denke ich miir.

Mal sehen wie ich das gemeistert bekomme, denn Anna´s Charakter ohne Ihren Körper zu spielen finde ich etwas.... schwierig  :wink:

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 13. September 2006, 18:05:45
Der Vallorianer

Am Abend des Schildtreff traf sich der Betrachter Vlaathu mit seinen Untergebenen.

»Wie kann es sein, dass diese verdammten Kettenbrecher wieder auftauchen?«

Aus Zorn bestrahlte er einen seiner Diener mit einem seiner schwächeren Augen. Der Diener schrie auf und brach zusammen. Vlaathu löste mit einem gezielten grünen Strahl den Arm des Dieners von seinem Körper und führte ihn sich mit einem weiteren Strahl zum Mund. Er begann zu kauen.

»Herr, die Käfigmacher haben gesagt, sie wären tot«, erinnerte die dreiäugige Frau ihn. »Wir hatten keinen Grund, dieser Aussage nicht zu trauen.«

»Trotzdem hätten wir vorbereitet sein sollen. Dieser verdammte Zwerg! Alles war so schön, und jetzt bringt er Unruhe in unsere Pläne. Thazo, was sagt ihr?«

Der Hofnarr wirkte unter seiner Maske noch bleicher als sonst. Seine Stimme war emotionslos. »Ich sage, wir töten sie alle. Ich sage, wir rächen uns.«

»Zu unüberlegt. Die Kerle sind gerade erst zurück. Wer weiß, was die in der Zwischenzeit gelernt haben? Habt ihr dieses Auge gesehen? Unheimlich.«

»Das Problem gäbe es nicht, wenn ich direkt hätte handeln dürfen, wie ich es bei den Zwergen getan habe.«

Der Vallorianer erhob sich von seinem Sitz. Er wies auf seine beiden Diener, diese lebenden Maschinen, die er irgendwie selbst erschaffen und Folterknecht sowie Witwenmacher getauft hatte.

»Lass mich diesen Fehler beheben.«

Vlaathu fixierte den Vallorianer mit sieben Augen. Mit jeweils einem behielt er die anderen beiden im Blick, das letzte benötigte er, um weiter am Arm seines Dieneser zu knabbern. Der Vallorianer würde keine Ruhe geben, wenn er nicht agieren dürfte. Und wenn er scheiterte, würde Vlaathu wenigstens keine Diebesgilde verlieren. Aber einen mächtigen Verbündeten. Und vielleicht würde er sogar obsiegen.

»Also gut«, sagte er. »Geh und töte die Kettenbrecher.«

Der Vallorianer lächelte. Er verneigte sich. »Endlich kann ich mich beweisen. Habt Dank!«

Er verließ schnellen Schrittes den Raum, seine Maschinen im Schlepptau.

»Wir wissen nicht, was die Kettenbrecher gelernt haben«, wiederholte Vlaathu. »Also finden wir es doch heraus. In der Zwischenzeit werden wir einen etwas subtileren Weg einschlagen...«

-

Am Morgen nach Schildtreff kehrte Finster in den Unterschlupf der Käfigmacher zurück. Kaum war er in seinem Zimmer, als Dämonicus Grimm auch schon eintrat, ohne zu klopfen. Er klopfte nie.

»Ist der Hauptmann tot?«

»Ist er. Aber nicht durch meine Hand.«

»Wer hat es getan?«

»Ratet.«

Grimm sah Finster nur an.

»Also gut, ich sage es euch. Es war dieser Barbar, Boras. Die Kettenbrecher sind zurück.«

Grimm sah Finster an.

»Ich habe ihn getroffen«, sagte Finster. »Ist ein guter Kämpfer, aber sonst... da oben ist Licht, aber es ist niemand zu Hause, wenn ihr versteht. Na ja, ich habe ihn gewarnt, er soll seine Nase aus fremden Angelegenheiten lassen und abziehen.«

Grimm sagte immer noch nichts. Irgendwie seltsam. Grimm liebte es, sich reden zu hören.

»Und?«, fragte Finster.

»Und? Und?« Grimm klang sauer. »Die Kettenbrecher leben. Und nicht nur das, sie kommen nach Cauldron zurück. Jetzt! So kurz vor dem Abschluss unserer Aktivitäten. Und sie mischen sich ein. Und Ihr, ihr Schaukämpfer–«

»Langsam«, warnte Finster, aber Grimm reagierte nicht einmal.

»Ihr sucht einen von denen auf und warnt ihn? Ihr tötet ihn nicht?«

»Er ist es nicht wert«, sagte Finster ruhig.

»Ich bin noch nicht fertig! Ihr tötet ihn nicht. Und dann geht ihr seelenruhig zurück zu welcher Feier auch immer euch erwartet hat und welche Frau auch immer euch befriedigt hat«, Finster lächelte bei der Erinnerung, »und kommt am nächsten Morgen erst zu mir? Oh, nein, ihr kommt nicht zu mir. Ich komme zu Euch! Wer weiß, wann ich das sonst erfahren hätte! Und, fragt ihr? Ich frage es: Und?«

Dämonicus Grimm war größer geworden bei dieser Rede. Ohnehin eine imposante Erscheinung, türmte er jetzt über Finster, und sein Kopf reichte bis knapp unter die Decke. Schwarze Flügel hatten sich hinter seinem Rücken gebildet, und Feuer spielte seine Klauen entlang. Seine Augen loderten höllisch.

»Da fällt mir noch etwas ein«, sagte Finster. »Der Zwerg trägt das Adimarchusmal.«

Grimm blinzelte einmal, zweimal. Dann packte er Finster am Kragen und hielt ihn in die Luft. Unter dem Krieger tat sich ein Schlund auf, der bis tief in die Erde reichte.

»Sag mir, warum ich dich nicht töten sollte!«

»Lass mich erst runter«, sagte Finster ruhig. Grimm liebte große Gesten ebenso wie seine eigene Stimme.

Grimm warf Finster in die Ecke des Zimmers.

»Sprich!«

»Also«, sagte Finster. »Erstens: Wir stehen kurz vor der Vollendung. Zweitens: Trotz des Zeichens sind sie keine Gefahr – jedenfalls noch nicht. Drittens: Ich habe mit dem Stadtherren gesprochen. Er wird sie beschäftigen. Und wen kümmert es, wenn sie Cauldron “retten”?«

»Das ist deine Verteidigung?«

»Nicht nur. Es gibt da noch zwei Dinge.« Finster holte ein Bündel Pergament aus der Tasche. »Einerseits die Prophezeihung. Vergesst nicht, wir sind wieder vollzählig. Andererseits die Sache, die Phönix erzählte. Lady Dreiauge hat etwas herausgefunden.«

Er reichte die Notizen an den immer noch glühenden Grimm weiter. Dieser überflog die Pergamente, bis er an eine besonders interessante Stelle kam. Seine Atmung beruhigte sich, und er schrumpfte wieder auf knapp zwei Schritt zusammen. Als er Finster wieder ansah, lächelte er. Jetzt hatte Finster Angst. Grimm lächelte nie.

»Das ist... ist das wahr?«

»Woher soll ich das wissen?«, fragte Finster. »Ich bin Kämpfer, kein Ebenenkundler.«
Grimm schüttelte den Kopf. »Unglaublich. Adimarchus’ Fäden reichen weit.« Er wurde ernst. »Trotzdem müssen wir etwas gegen die Kettenbrecher unternehmen.«

»Vlaathu ist an der Sache dran«, sagte Finster. »Ich habe keine Lust, mir die Hände schmutzig zu machen.«

»Warten wir ab, was Vlaathu leistet. Im Zweifelsfall soll der Pfeifer ein paar Gefallen einfordern. Schließlich hat er uns diesen Stümper von Glabrezu besorgt.«

-

Die Kettenbrecher verließen den Tyrtempel und machten sich auf den Weg zur Rose des Morgens. Helion hatte den Verkleidungshut genutzt, um sich als Gnom auszugeben, und spazierte mit zusammen gekniffenen Augen – der Gnom schien extrem kurzsichtig – neben den anderen her. Thamior hatte ihnen allen ein Friedensband angelegt, dass man in kürzester Zeit ablegen konnte.

Viele Cauldroniten hielten inne, als die Kettenbrecher sie passierten. Die Mehrzahl der Blicke war einfach neugierig, aber oft schien ihnen der Anblick der Abenteurer auch Mut zu geben, wohingegen nur selten jemand mürrisch das Gesicht verzog. Thamior bemerkte einen einfach gekleideten Mann, der sich im Vorbeigehen auffällig unauffällig umwandte und seine Hand unter seine Jacke schob.

In diesem Moment flimmerte vor der Gruppe ein Teleportblitz. Dort stand ein gedrungener Mann mit blassblauer Haut und kahlem, leicht vernarbtem Schädel. Er hielt einen gewundenen Stecken kampfbereit vor sich. Neben ihm stand ein knapp zwei Schritt großes Geschöpf, dessen humanoider Körper aus Stahlplatten und Kabeln geformt war. Ein für Konstrukte ungewöhnlich intelligenter Blick kam aus den stählernen Augen der Kreatur. Ein über mehrere Gelenke befestigtes Schwert nahm den Platz des rechten Armes ein. Es waren – ohne dass die Gruppe dies wusste – der Vallorianer und Folterknecht.

Der Vallorianer hob den Stecken, und arkane Energie breitete sich auf der Waffe aus. Der Vallorianer wuchs auf eine Höhe von gut drei Schritt. Folterknecht wuchs ebenfalls, und der Bürger, den Thamior bemerkt hatte, tat es ihm gleich – es war der Witwenmacher.

»Arreste!« rief der Vallorianer und zeigte auf Dirim. Der Zwerg widerstand dem Zauber.

Folterknecht stürmte auf Boras zu und schwang seinen Klingenarm warnend durch die Luft. Thamior feuerte einen Pfeil auf den Witwenmacher, aber das Geschoss prallte harmlos von der unwirklich festen Haut des Wesens ab. Der Witwenmacher selbst zog sein Schwert, und aus seinem rechten Arm sprang eine Dolchklinge.

Helion sah sich um. Die Bevölkerung hatte Deckung gesucht, war aber in gefährlicher Nähe. Also keinen Feuerball. Die Angreifer waren sichtbar vorbereitet. Es half nichts, sie mussten es schnell beenden. Eigentlich wollte er den Zauber nur noch für Gegenstände anwenden, aber...

»Pulveris!«, rief er und zeigte auf den Vallorianer.

Ein grüner Strahl schoss aus Helions ausgestreckter Hand. Der Vallorianer drehte sich zur Seite, aber seine neue Gestalt war zu groß. Der Strahl erwischte ihn an der Schulter. Helion spürte, wie sein Zauber die Resistenz des Valllorianers durchbrach. Der Vallorianer biss die Zähne zusammen – und dann blitzte es grün auf, und Stecken, Ring, sogar der Ionenstein, den er auf dem Kopf gehabt hatte, fielen mitsamt einem vallorianergroßen Bündel Staub zu Boden.

»Es hat funktioniert!«, jubelte der Kobold/Gnom.

Sofort drehte sich Helion um und lenkte drei Flammenstrahlen gegen den Folterknecht. Sie wurden etwas abgeschwächt, aber an einigen Stellen war das Metall jetzt verschmolzen.

Boras hatte Blutrache in der Hand und ließ sie zum ersten Mal gegen einen Feind donnern. Er schlug dem Folterknecht ein großes Stück Metall aus den Rippen, mit einem guten Gefühl. Der Folterknecht versuchte, es ihm heimzuzahlen, aber seine Schwünge prallten von den Ranken ab, die Boras bedeckten.

Thamior ließ ein Stück seiner Seele in den Seelenbogen fließen. Der Bogen leuchtete blendend weiß, als Thamior die Sehne zurückzog und in schneller Folge vier Pfeile gegen den Witwenmacher abfeuerte. Die Pfeile bohrten sich tief in die Haut des Assassinenapparats, ohne sich um die magische Schutzhaut zu kümmern. Der Witwenmacher taumelte. Bevor er etwas tun konnte, hatte Dirim einen Flammenschlag beschworen und die Kreatur verbrannt.

Helion begnügte sich damit, Folterknecht mit magischen Geschossen einzudecken. Boras holte noch einmal mit seiner Axt aus, und bevor Folterknecht noch irgend etwas ausrichten konnte, lag auch er darnieder.

-

Der Kampf hatte nicht einmal eine halbe Minute gedauert. Helion ging zu den Überresten des Vallorianers und packte alles ein, was verwendbar erschien. Dann pustete er kräftig, um den Staub zu verteilen.

Währenddessen hielt Dirim eine Rede an das Volk.

»Bürger von Cauldron! Ihr habt gesehen, wir wurden auf offener Straße angegriffen. Und wo sind die Wachen? Hört ihr sie kommen? Ich höre nichts. Die Stadtwachen schützen Euch nicht. Die Kettenbrecher sind es, die euch schützen. Ich trage das Zeichen der Stadt in meinem Auge. Sie tragen ihres nur auf ihrer Rüstung. Die Rüstung können sie ausziehen, wie es ihnen beliebt. Mein Auge gebe ich nicht her. Überlegt euch, was euch lieber ist.«

Die Leute glotzten die Kettenbrecher stumm an.

»Gehen wir«, sagte Thamior, und sie setzten ihren Weg fort.

-

»Nichts.«

Die Kettenbrecher hatten den Lathandertempel genauestens durchsucht, aber keine Geheimtür gefunden, weder innerhalb noch außerhalb. Allerdings hatte Helion auch keinen entsprechenden Erkenntniszauber angewandt, sondern sich auf die scharfen Augen des Elfen verlassen.

»Es muss etwas hier sein«, sagte Dirim. »Wir müssen noch mal herkommen.«

-

Der Helmtempel war wie üblich offen. Etwa zwei Dutzend Menschen saßen im Kirchenschiff, versunkenen in ihre eigenen Gebete. Als sich die Kettenbrecher vorstellten, wurden sie sofort zum Zimmer der Hohepriesterin gebracht.

Jenya starrte sie mit großen Augen an.

»Ihr lebt?«

»Was ist mit Eurem Auge?«, flüsterte Dirim.

»Was ist mit Eurem Auge?«, fragte Jenya.

»Eine lange Geschichte«, sagte Dirim.

»Und Helion? Seid ihr erneut wiedergeboren worden?«

»Nein«, sagte Helion. »Der Gnom ist eine Verkleidung.«

»Und Thargad? Wo ist er?«

»Er ist tot.«

»Dafür bin ich wieder da«, sagte der Seelenbogen.

»Wer?«

»Anna, meine Tocher«, sagte Thamior.

Jenya blickte stumm auf die sonder- und wunderbare Waffe.

»Darf ich ihr die Überreste zeigen?«, fragte der Elf.

»Natürlich.«

Annastriana war in den Katakomben des Flammenden Auges beigesetzt worden. Thamior nahm sich eine Fackel und begab sich dorthin, um Anna ihren letzten Ruheplatz zu zeigen.

»Ich habe gezweifelt«, sagte Jenya. »Aber ihr seid gekommen. Die Hand Helms. Es tut mir leid, ich... ich habe noch kein Ziel für euch.«

»Ziel?«

»Ich soll euch leiten.«

»Vielleicht erzählt ihr einfach mal, was während unseres Verschwindens passiert ist«, bat Dirim.

Jenya berichtete, aber es war nicht viel. Sie erzähte, dass die Barakmordin sie gewarnt hatten. Sie erzählte auch von der Zwergendelegation, die auf Dirims Bitte hin nach Cauldron kamen, um Waffe und Rüstung des verstorbenen Zenith Splitterschild abzuholen. Die Zwerge wurden angegriffen, außerhalb der Stadt, als sie nach einem Zugang zu Zeniths Malachitfeste  suchten. Sie starben alle. Ihre Leichen wurden mitsamt Rüstung und Waffe an den Clan der Splitterschilde geschickt. Sonst wusste Jenya nur allgemeine Gerüchte, oder sie druckste unbeholfen herum.

»Es tut mir leid«, wiederholte sie. »Aber ich werde mich ab sofort ranhalten.«

»Schon gut«, sagte Dirim.

Etwas enttäuscht machten sich die Kettenbrecher auf den Rückweg zum Tyrtempel.

-

Gerold war ein einfacher Mann. Sein Vater war Bäcker gewesen, und so wurde er ebenfalls Bäcker. Er hatte keine großen Pläne, reich zu werden oder eine neue Brotsorte zu erfinden. Gerold wollte nur seine Familie ernähren, und sich ab und zu ein Glas Schnaps genehmigen können. Er hatte keine Meinung zur Stadt, und deshalb war er weder glücklich noch unglücklich, als ein Zwerg mit dem Symbol Tyrs auf der Brust und einem brennenden rechten Auge vor seinem Stand stehen blieb. Er hatte schon von Dirim Gratur gehört – wer hatte das nicht? – aber Gerold kümmerte sich um seine eigenen Sachen.

Dirim nahm sich das größe Brot, dass Gerold auf der Auslage hatte, und packte es in einen magsichen Beutel, wo es verschwand. Dann wandte er sich zum Gehen.

»Das macht zwei Silberlinge, Herr«, sagte Gerold.

Der Zwerg drehte sich um. »Weißt du nicht, wer ich bin?«

»Doch, Herr.«

»Und du willst Geld von mir?«

Dirim kam zurück und zog sein Langschwert. Der Stahl glänzte in der Luft. Dann schlug er auf den Brotstand ein, mehrere Male, bis das Holz splitterte und die Brote in der Umgebung verteilt herumlagen. Die anderen Cauldroniten starrten den Zwerg ängstlich an. Niemand sagte ein Wort.

»Da hast du deine Bezahlung«, sagte Dirim und spuckte Gerold ins Gesicht.

Dann drehte er sich um und ging davon. Als die Wachen kamen, war der Zwerg schon fort.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Serath am 13. September 2006, 19:25:26
Von dem Vallorianer bin ich etwas enttäuscht. Von dem hätte ich, nach allem was man im Laufe der Zeit über ihn mitbekommen hat, mehr erwartet. Aber wenn das Ende nicht mal neuen Ärger verspricht.  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 13. September 2006, 19:42:06
Weiter so!!!

Ich muss allerdings betonen, dass du, wenn du so ein Tempo einschlägst es auch halten musst, um deine Leser nicht zu vergraulen. Auf jeden Fall sind die letzten Updates alle klasse. Du und deine Spieler scheinen sich das Ziel gesetzt zu haben alles vorherige zu übertreffen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 13. September 2006, 20:48:28
Zitat von: "Berandor"

Dirim nahm sich das größe Brot, dass Gerold auf der Auslage hatte, und packte es in einen magsichen Beutel, wo es verschwand. Dann wandte er sich zum Gehen.

»Das macht zwei Silberlinge, Herr«, sagte Gerold.

Der Zwerg drehte sich um. »Weißt du nicht, wer ich bin?«

»Doch, Herr.«

»Und du willst Geld von mir?«

Dirim kam zurück und zog sein Langschwert. Der Stahl glänzte in der Luft. Dann schlug er auf den Brotstand ein, mehrere Male, bis das Holz splitterte und die Brote in der Umgebung verteilt herumlagen. Die anderen Cauldroniten starrten den Zwerg ängstlich an. Niemand sagte ein Wort.

»Da hast du deine Bezahlung«, sagte Dirim und spuckte Gerold ins Gesicht.

Dann drehte er sich um und ging davon. Als die Wachen kamen, war der Zwerg schon fort.


Gerecht ist gerecht. 2 Silber für ein Brot ist schon viel, aber Dirim wird aus diesem falschen Dirim ein paar Steaks schneiden und den Rest dem Mimik vorsetzen. Lebendig.

Dirim Gratur, Richtschwert Tyrs.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 13. September 2006, 20:53:26
Zitat von: "Serath"
Von dem Vallorianer bin ich etwas enttäuscht. Von dem hätte ich, nach allem was man im Laufe der Zeit über ihn mitbekommen hat, mehr erwartet. Aber wenn das Ende nicht mal neuen Ärger verspricht.  :D


Ich hatte gefürchtet, der Vallorianer würde ein oder zwei Mitglieder töten. Und dann, drei Runden später...

Erste Aktion der Kettenbrecher war: Auflösen auf Vallorianer, trifft RK genau, Zauberresistez überwunden, RW vergeigt, 80 SP (76 TP), quickened maximized scorching ray auf den Kämpfer, dann Thamior 60SP gegen den schon angeschlagenen Witwenmacher (der noch 1 TP hatte). Bumm.

Ich habe entsprechend aufgerüstet :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Serath am 13. September 2006, 21:15:23
Was hat Helion den gewürfelt um die Touchattack zu schaffen? Weil ganz ohne war die AC von dem ja nicht. Vor allem wenn man bedenkt, dass er bisher bei dem Zauber nur Einser gewürfelt hat.  :P
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 13. September 2006, 23:47:28
Kompliment Berandor! Die letzten Tage waren echt aufregend! :)
Weiter so! Aber schon heftig wie die Kettenbrecher den Vallorianer mitsamt Anhang geputzt haben!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 14. September 2006, 09:15:07
Zitat von: "Serath"
Was hat Helion den gewürfelt um die Touchattack zu schaffen? Weil ganz ohne war die AC von dem ja nicht. Vor allem wenn man bedenkt, dass er bisher bei dem Zauber nur Einser gewürfelt hat.  :P

Irgendwas Gutes ... 'ne 14 oder so. Dazu kam, dass ich den Zauber (bis auf den zweiten Versuch beim Drachen) immer mit Sudden Maximize gewirkt habe. Diesmal nicht. Und vorher noch verkündete, dass Disintegrate ja viel wirksamer gegen Objekte sei. :-)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 17. September 2006, 02:58:43
Ich komme grade vom Spielen...

Ich stelle es meinen Spielern ausdrücklich frei, etwas zu verraten, wenn sie denn möchten (am besten halbwegs in der Gruppe besprechen).

Ich sage nur: Es ist einiges passiert.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 17. September 2006, 10:25:57
Das hört sich gerade sehr seltsam an! Mich beschleicht ein ungutes Gefühl!
Berandor, im Namen aller Leser dieser Story Hour fordere ich dich auf sofort ein längeres Update des gestrigen Spielabends zu posten, um uns Lesern schlaflose Nächte zu ersparen!!!  :D
Wer möchte diese Petition unterschreiben? :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Serath am 17. September 2006, 12:08:21
*unterschreib*
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 17. September 2006, 13:36:21
Kein Update bevor nicht geklärt wurde was da passiert ist und wie es weitergehen soll...
2 von 5 (4) Spielern waren nicht anwesend wie mir scheint.

Das sollte erstmal ausdiskutiert werden...

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 17. September 2006, 14:05:23
Ihr seid des Wahnsinns!!!
Solche Sachen hier in den Raum zu werfen und uns Leser im Dunklen tappen zu lassen... tz tz tz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 17. September 2006, 16:26:55
Update: Thamior ist sauer. Verständlich.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 17. September 2006, 18:29:02
WARUM??? :?:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Furlong am 17. September 2006, 19:35:07
Zitat von: "Berandor"
Update: Thamior ist sauer. Verständlich.

Verdammte Teaser!
Wie lange müssen wir arme Konsumenten der besten Story Hour des Gates denn noch ausharren?

Furlong
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Milambar am 17. September 2006, 22:47:50
Es ist Sadistisch hier kleine Brocken in den Raum zu werfen.   :(

Nun sagt schon was ist passiert?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 18. September 2006, 09:48:57
Ich glaube es ist ein Trick. Ein guter. Ich bin ziemlich gespannt.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 18. September 2006, 13:49:33
Ich denke, ich darf wieder updaten (shaz?), also ein letzter Teaser:

Das Schicksal Cauldrons hing an einem seidenen Faden. Und zwar nicht übertrieben.

Ob der Faden riss oder verstärkt wurde, werdet ihr dann lesen, im vielleicht letzten Kapitel der Story Hour.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kai am 18. September 2006, 14:09:43
Zitat von: "Berandor"
... im vielleicht letzten Kapitel der Story Hour.


Aarrrgh! Das könnt ihr uns doch nicht antun!!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 18. September 2006, 15:54:53
Klar Berandor, leg los...

shaz :(
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. September 2006, 00:59:07
Eine Leiche zum Dessert

Helion und Thamior waren über die Brücke verschwunden. Thargad schlenderte über den Markt der Schatten, war aber bald deprimiert. Endlich war er an einem Ort, wo er Gifte und allerlei Nützliches und ebenso Illegales kaufen konnte – und er war pleite. Er entschied sich, bei der Brieffreundin des Grafen auf das Einholen der Zeit zu warten.

Die Vampirin bot ihm einen Stuhl und etwas zu trinken an: »Bier? Wein? Blut?«
Sie lachte. Sie wurde wieder ernst.

»Habt ihr schon einmal über die Unsterblichkeit nachgedacht?«

Sofia von Ketten lehnte sich vor und sah Thargad in die Augen.

»Eure Art der Unsterblichkeit ist mir zu teuer.«

»Die 25.000 Goldmünzen? Die kann man doch stehlen«, sagte die Vampirin in einem Ton, als spräche sie über eine störende Mücke in der Nacht.

»Es ist auch nicht das Gold, von dem ich sprach.«

»Die Dienstzeit?« Sofia schien überrascht. »Seht mich als Mutter. Natürlich will ich, dass es meinen Kindern gut geht, aber gerade zu Beginn ihres Lebens sind sie noch nicht selbständig, und natürlich habe ich dann erhöhte Aufsichtspflichten. Aber mit der Zeit geht diese Aufsicht zurück, bis ich nur noch zu Hause sitze und hoffe, dass mein Kind gesund und pünktlich heimkehrt. Und dann, wenn hundert Jahre vergangen sind, ist es erwachsen und zieht in die Welt hinaus, und mit ein wenig Glück gründet es selbst eine Familie.«

»Klingt einleuchtend«, sagte Thargad, »aber trotzdem.«

»Nun gut.«

Sofia erhob sich und holte ein Schriftstück von ihrem Tisch. Sie hielt es Thargad hin, zog die Hand dann aber doch noch zurück.

»Was haltet ihr eigentlich vom Grafen?«

»Warum fragt ihr?«

»Na ja... ich habe mich eigentlich nie als Frau für einen Leichnam gesehen – diese runzlige Haut, wisst ihr. Aber der Graf scheint mir recht treu zu sein, und vor allem geistreich. Ich frage mich... sollte ich ihn vielleich einmal zum Essen einladen? Und was isst ein Leichnam überhaupt?«

»Na ja... ist euch das körperliche denn nicht sehr wichtig?«

»Das habe ich auch gedacht«, sagte Sofia. »Aber wisst ihr: Ich kann mir einfach einen Jüngling suchen, ihm in die Augen sehen und schon«, sie schnippte mit den
Fingern, »gehört er mir. Aber mir fehlen kluge Gespräche, Bemerkungen, und ähnliches. Pläne, wie man Städte unterwandert und Organisationen übernimmt. Nicht nur ›Ja, Herrin‹, oder ›He, das blutet‹. Und deshalb dachte ich an einen Leichnam. Ich meine, er zerbricht doch nicht zu Staub oder so etwas?«

»Der Graf ist ziemlich robust«, sagte Thargad. »Außer an einer Stelle.«

»Oho!«, machte die Vampirin.

»Ihr solltet ihn schon einladen. Ich habe den Eindruck, er hat was für euch übrig, aber er ist schüchtern.«

»Ein schüchterner Mann«, überlegte Sofia. »Na ja, Gegensätze ziehen sich ja bekanntlich an.«

Sie öffnete den Brief und legte ihn vor sich auf den Schoß. Dann nahm sie eine Schreibfeder, tunkte sie in ihren Arm und schrieb einen Nachsatz unter den schon geschriebenen Text.

»Also gut. Mal sehen, was passiert«, sagte sie und überreichte Thargad den Brief.

»Ich hätte da auch noch etwas«, sagte der Assassine. Er nahm den Dolch, den er auf Occipitus gefunden hatte, hervor. Es war eine Waffe aus schwarzem Metall mit einem Totenschädel im Griff.

»Wunderschön«, sagte die Vampirin.

»Wisst ihr, was das für eine Waffe ist?«

Sofia hielt den Dolch bewundernd in der Hand. »Nein. Aber sie fühlt sich gut an.«

»Wollt ihr sie haben?«

»Wogegen?«

»Vielleicht fällt euch etwas ein?«, fragte Thargad lächelnd.

Sie überlegte. Schließlich nahm sie ein Kästchen aus Ebenholz und öffnete es. Das Kästchen war mit einer milchigen Flüssigkeit gefüllt, und darin schwammen zwei Linsen.

»Damit seht ihr in der Nacht«, sagte Sofia von Ketten.

»Sehr nützlich«, sagte Thargad. »Abgemacht.«

In diesem Moment spürte er einen Luftzug, und mit einem Mal hörte er Geräusche um sich herum. Er stand auf und öffnete die Tür zum Turm. Der Schattenmarkt war jetzt gut besucht, und ein Mann, der vor der geschlossenen Türe gestanden hatte, räusperte sich.

»Seid ihr fertig?«

»Äh... ja. Es ist Zeit, zu gehen.«

Sofia stand auf und lächelte Thargad noch einmal an. »Überlegt euch mein Angebot.«

Sie bat den neuen Gast freundlich herein und schloss die Türe. Thargad atmete einmal tief aus und machte sich auf den Rückweg. Das Portal war noch zu sehen, und als er hindurch schritt, war er in dem Hinterzimmer in Silberquell. Sonst war niemand da. Er trat auf die Straße, fühlte nach dem Brief in seiner Brusttasche, und marschierte zum wolkenverhangenen Herrenhaus des Grafen.

-

Am Morgen des vierten Tages besprachen sich die Kettenbrecher.

»Was machen wir heute?«, fragte Dirim. »Außer auf Thargad zu warten.«

»Ich werde mich zurückziehen und einen Zauber abschreiben«, sagte Helion. Er wandte sich an Thamior: »Wenn du mir die Tinte besorgen könntest?«

»Natürlich. Aber dann möchte ich Cauldron für einen oder zwei Tage verlassen, um zu Solonor zu beten. Es gibt da einen Erklärungsbedarf.«

»Ich dachte, ich sehe mal beim Stadtherren vorbei oder bei Embril«, sagte Boras. »Wenn ich das recht verstehe, brauchen wir ein Stück Haar von Terseon?«

»Ja«, sagte Dirim. »Das reicht. Nun ja, ich selbst werde durch die Stadt gehen und die Leute auf unsere Seite bringen. Die Barakmordin möchte ich noch hier unten lassen, als Trumpf im Ärmel. Aber oben wird aufgeräumt.«

-

Kurz darauf kam Thamior sehr verwirrt in den Tempel zurück und überreichte Helion ein kleines Kästchen.

»Da stimmt was nicht«, sagte er.

»Was ist denn?«

»Vortimax Weer«, sagte Thamior leise. »Er hat mir einen Rabatt gegeben. Und wasserfeste Tinte. Und... er war freundlich.«

»Wahrscheinlich Doppelgänger«, sagte Helion.

Thamior nickte. »Doppelgänger wollen auch nur leben«, sagte er. »Ich schlage vor, wir unternehmen nichts.«

»Antrag angenommen«, sagte Helion.

Daraufhin verabschiedete sich Thamior. Helion selbst holte den kleinen Stab heraus, den sie gefunden hatten, und sagte das Kommando: »Heidi.«

Er befand sich auf einem sonnendurchfluteten Hügel. Nahebei stand ein gemütliches und großes Bauernhaus. Eine Quelle sprudelte in der anderen Richtung, und ein paar Bäume trugen frische Früchte.

Helion hastete in den Schatten unter einen Baum und verfluchte die Erschaffer des Steckens, die eindeutig menschlich-elfische Vorstellungen verwirklicht hatten. Dem Kobold war es etwas zu frisch, und natürlich zu hell. Das Obst war nicht im mindesten faul oder trocken. Wenigstens war man ungestört. Er öffnete sein Zauberbuch und begann damit, den mächtigen Bannzauber einzutragen, den er gefunden hatte.

-

»Wohin willst du denn?«, fragte eine der vier Wachen, die vor dem Anwesen des Stadtherren standen.

»Ich will da rein«, sagte Boras.

»Ach. Hast du eine Einladung?«

»Eine was?«

»Einladung. Etwas schriftliches, auf dem steht, dass du hier rein darfst.«

»Ich kann nicht lesen«, sagte der Barbar.

Der Halbork lachte. »Du sollst den Zettel nicht vorlesen, und schreiben soll den Fürst Valanthru. Der hat uns nämlich verboten, jemanden reinzulassen, der nicht in seiner Begleitung ist oder einen Zettel hat.«

»Der Stadtherr will mich bestimmt sehen.«

»Vielleicht stehst du ja auf der Gästeliste? Gnarl?«

Ein anderer Wachmann sagte: »Es gibt keine Gästeliste.«

»Stimmt«, sagte der erste. Er hob die Schultern. »Schade.«

»Ist der Stadtherr denn da?«

»Weiß ich nicht. Wir schauen, dass keiner reingeht, nicht ob jemand rauskommt.«

»Könnt ihr nicht rein und ihn fragen, ob er mich sehen will?«

»Wir dürfen auch nicht rein«, sagte die Wache.

Fluchend drehte Boras um und machte sich auf den Weg zum Azuthtempel.

-

»Tyr zum Gruße.«

»Waukeen lacht«, antwortete der ältere Mann mit dem Bauchladen voller Brot.

»Könnt ihr etwas empfehlen?«

Der Mann zeigte auf ein rundes Gebäck. »Nuss-Beeren-Kuchen. Das Stück nur 8 Silber, Herr.«

»Ist das das Beste?«

»Das ist das Teuerste«, gab der Mann zu. »Na ja, die meisten kaufen die Kuchen nicht.«

»Ich nehme einen. Übrigens, ich bin Dirim Gratur. Ich leite den Tempel der Dreifaltigkeit.«

»Oh, ich weiß, Herr. Ihr seid das Höllenauge.«

Dirim lachte. »Du bist nicht sehr diplomatisch, wie? Wie ist dein Name?«

»Serg, Herr. Ich bin dreiundvierzig Jahre alt und zum zweiten Mal verheiratet. Meine Frau schickt mich morgens mit Frandols Broten los und nachmittags liefere ich Wäsche aus. Danach muss ich sofort nach Hause, um den Kindern noch eine Geschichte zu erzählen und meine ehelichen Pflichten zu erfüllen. Was soll ich also fürchten?«

Dirim lachte wieder. »Dann sollte ich vielleicht noch einen Kuchen kaufen, damit du dir mal ein Bier gönnen kannst.«

Er biss in den Kuchen und signalisierte, dass er schmeckte.

»Nun, Herr«, fragte Serg, »was kann ich für Euch tun?«

Dirim war verwirrt. »Ich verstehe nicht.«

»Ihr möchtet doch sicher etwas von mir, oder? Mich für Tyr begeistern oder so etwas?«

»Nein.«

»Dann wollt ihr mir etwas schenken, damit ich Euch in guter Erinnerung behalte?«

»Eigentlich hatte ich nur Hunger.«

»Oh.« Serg wirkte peinlich berührt. »Verzeihung.«

»Macht nichts.« Dirim klopfte ihm auf die Schulter. Dann sah er auf den angebissenen Kuchen. »Du kannst vielleicht doch etwas für mich tun. Wo gehe ich hin, wenn ich das hier runterspülen will?«

-

Thargad klopfte an. Jedes Klopfen klang wie ein Donnerstein. Einer der Igors öffnete die Türe und führte den Assassinen zum Grafen, dessen gewaltiger Eisenkörper vor einem Schachspiel harrte.

»Ah, der verlorene Sohn kehrt zurück«, sagte der Graf. Irgendwo schlug eine große Glocke. »Ihr wart etwas über vier Tage weg. Ich nehme an, ihr wollt schnellstens aufbrechen?«

»Ja«, sagte Thargad. »Aber ich habe noch etwas für Euch.«

Er nahm den Brief heraus und gab ihn dem Grafen. Fast schon gierig griff der Eisenleichnam danach und nutzte seinen kleinen Finger als Brieföffner. Dann überflog er die Zeilen, hielt kurz bei dem Gegenzug an und las zu Ende. Plötzlich färbte sich die Flüssigkeit, in der sein Schädel schwamm, leicht rosa, und der Graf fuhr sich verlegen über das Schädelglas. Die Klauen erzeugten ein jaulendes Kratzen.

»Oh«, sagte er. Dann: »Man muss doch schneller dahin kommen können als nur alle vier Jahre. Vielleicht im Dunklen Grimoire?« Thargad schien vergessen.

»Sofia ist nett«, sagte der Schurke, und der Schädel des Grafen wendete sich ihm wieder zu. »Vor allem sagte sie, dass ihr der Geist eines Mannes wichtiger sei als sein Aussehen.«

»Wirklich? Oje oje. Wirklich?«

»Ja.«

»Es muss einen Weg geben«. wiederholte der Graf mit neuer Stärke.

»Ich gehe dann mal.«

»Gehen?« Der Graf schien empört. »Mein Freund, ihr habt mir einen großen Dienst erwiesen. So jemand geht nicht einfach – er fliegt!«

Es donnerte bedrohlich.

-

Der Finger hatte sich tatsächlich verändert. Das Gebäude war einhundert Schritt hoch, und an die Spitze war in Form eines riesigen Auges geformt. Boras fühlte sich etwas kleiner, als er davor stand.
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An der großen Doppeltür des Azuthtempels hing ein Schild. Darauf standen Worte, aber Boras blieb die Wirkung verborgen. Er zog an der Tür, aber selbst mit all seiner Kraft bewegte sie sich nicht einmal ein wenig.

»Der ist zu.«

Boras drehte sich um. Ein kleiner Junge von sechs Jahren stand vor ihm. Er hatte einen kleinen Korb mit Früchten unterm Arm.

»Wie bitte?«

»Der Tempel ist zu, wegen Umbau. Steht doch da.«

»Ich kann nicht lesen«, sagte Boras.

»Ja, klar.« Der Junge war unbeeindruckt. »Lesen kann doch jeder.«

»Ich geh mal hinten rum«, sagte Boras. »Bis dann.«

Der Junge sah ihm nach und schüttelte den Kopf. »Da darf man nicht lang«, sagte er zu sich selbst und überlegte, ob er warten sollte bis man den Kerl rauswarf. Aber seine Mutter wartete auf ihn. Also ging er weiter.

»Wohin möchtet ihr? Dieses Gelände ist gesperrt.«

Der Mann war groß und trug die Robe eines Akolythen.

»Ich gehe zur Hintertür«, sagte Boras.

»Wie bitte? Nein, tut ihr nicht.« Der Mann griff Boras am Arm.

Boras drehte sich um. »Loslassen. Das ist nur gut für Euch.«

Der Mann schluckte. »Also gut. Ihr werdet ja sehen, was ihr davon habt.«

Die große Gebetshalle des Tempels war noch leer. Nur der Altar stand schon. Das große Mosaik auf dem Boden, das sonst von Bänken verdeckt war, lag frei. Immer wieder gingen Akolythen an Boras vorbei und holten von irgendwo außerhalb neue Einrichtungsgegenstände, die sie über eine große Treppe im Inneren nach oben brachten. Irgendwie schien Boras das Mosaik seltsam zu sein, aber er wusste nicht, warum.
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»Der Tempel ist geschlossen, Freund.« Ein Mann kam zu ihm in den Roben eines Klerikers.

»Ich will Terseon sehen«, sagte Boras. »Er war ein Freund.«

»Die Feier für den Hauptmann findet in sechs Tagen statt.«

»Ich will mich alleine verabschieden.«

»Es tut mir leid, aber der Leichnam liegt nicht in einem öffentlichen Bereich.«

»Dann will ich mit Embril reden, ob sie mich zu ihm lässt.«

Der Mann schickte einen Akolythen zur Hohepriesterin. Es dauerte etwas, dann kam die Nachricht, dass Embril zu tun habe und ihn leider nicht sehen könnte. Sie ließe sich entschuldigen, bis der Umbau beendet wäre.

Grummelnd ging Boras zurück zum Tyrtempel. Plötzlich fiel ihm etwas ein, und er änderte seine Richtung.

-

Auf der Straße kniete ein Mann. Seine gepflegte Kleidung wurde langsam schmutzig, aber der Mann kümmerte sich nicht darum, sondern suchte verzweifelt die Straße ab.

»Was sucht ihr?«, fragte Dirim.

»Was?« Der Mann sah auf und sprang förmlich in den Stand. Dann machte er Dirim Platz. »Verzeihung, Herr.«

»Wofür?«

»Ich war Euch im Weg, Herr. Oder nicht?«

Dirim schüttelte den Kopf. »Was sucht ihr denn?«

»Oh, nichts wichtiges, Herr.«

»Was denn?«

Der Mann bekam große Augen. »Entschuldigung, Herr, dass ich nicht sofort antworte. Meinen Verlobungsring, Herr.«

»Lass das mit dem Herr. Ich bin Dirim. Ich helfe dir suchen.«

Dirim fasste sein heiliges Symbol und konzentrierte sich. Der Mann sah sich verzweifelt nach Deckung um, dann schloss er die Augen.

»Beschreibe mir den Ring«, sagte Dirim.

Der Mann öffnete ein Auge einen Spalt weit. »Wie bitte?«

»Beschreibe mir den Ring.«

»Oh. Äh. Er ist silbern, mit einem Dreieck aus Gold an der Spitze, und in der Mitte ein kleiner Tigerstein. Auf der Rückseite steht... äh... ›Wuschi und Zucki‹, Herr... Dirim.«

Dirim schmunzelte, dass er fast den Zauber verlor. »Tyr, weise mir den Rechten Weg zu diesem Kleinod.«

Sofort wies er mit dem Finger auf einen kleinen Spalt zwischen zwei Steinplatten.

»Da vorne.«

Der Mann ging zögerlich zu der Stelle, beugte sich herunter. Er nahm sein Messer heraus und begann, im Zwischenraum zu kratzen, bis er einen etwas schmutzigen Ring in den Fingern hielt.

»Danke, Herr!« Er sah auf.

Dirim war schon wieder fort.

-

Der Graf war mit Thargad vor die Tür gerollt. Er sah nach oben. »Sieht nach Regen aus. Krch-krch-krch!«

Thargad wäre fast zur Seite gesprungen, aber der Graf lachte nur. Dann hob er beide Arme nach vorne und begann zu summen. Aus der Erde wuchsen Knochen, die sich zuerst wild, dann immer planmäßiger übereinander stapelten. Ein großes Skelettpferd wuchs heran, mit knochigen Fledermausflügeln.

»Das Pferd wird in einigen Stunden verschwinden. Bis dahin kannst du damit machen, was du willst. Aber gib Acht!«

Ein Wolf heulte.

»Beißt es?«, fragte Thargad ob der spitzen Zähne des Geisterrosses.

»Keine Ahnung«, sagte der Graf. »Ich reite nicht. Am besten gehst du einfach nicht an seinem Kopf vorbei.«

»Gute Idee«, sagte Thargad.

Vorsichtig setzte er sich auf das Pferd, aber er saß sehr bequem. Als er die Hand ausstreckte, bildeten sich Zügel, nach denen er griff. Dann jagte er das Pferd in den Himmel und machte sich auf den Weg nach Cauldron, immer tief über der Erde, durch Schluchten und Täler. Und wenn er beim Flug ein wenig lächelte, dann würde er dieses Geheimnis mit in sein Grab nehmen.

-

Der Antiquitätenladen hatte sich nicht verändert. Auf den Regalen stand alter Kram, und am Endes des Raums saß der ebenso alte Halbling in seinem Sessel und las, zu seinen Füßen der goldene Hund.

»Tygot?«

Der Halbling sah auf und blickte mit kleinen Augen auf den großen Mann.

»Ach, ihr seid’s. Hab gehört, dass ihr zurück seid.«

Boras ging zu Tygot. Er griff in seinen Rucksack und nahm die Silberplatte heraus, auf deren Rücken die Karte eingeritzt war, die zu Alek Tercival geführt hatte.

»Die hatte ich mir geliehen.«

Tygot blinzelte. »Ihr bringt sie zurück?«

»Sie war geliehen.«

»Ja, aber ihr seid ein Abenteurer. Abenteurer bringen solche Sachen normalerweise – ach, was solls. Danke!«

Boras zuckte mit den Schultern.

»Sagt mal: Was ist mit Alek passiert?«

»Der ist tot.«

Tygots Miene wurde traurig. »Ich hatte es geahnt. Wie?«

»Er ist verrückt geworden, aber dann kam ein Dämon, und im Kampf gegen den ist er gestorben.«

»Oh. Sagt mal: Könnte ich morgen mit Aleks Schwester zum Tempel kommen, und ihr erzählt dann genauer, was passiert ist? Vielleicht ohne die Verrücktheit.«

»Klar«, sagte Boras. »Bis morgen.«

»Bis morgen«, sagte der Halbling.

-

»Bis zum nächsten Mal, Mirla.«

Zwei Stadtwachen schüttelten einer jungen Frau die Hand. Sie trug einfache Kleidung, ihr Haar war ungewaschen, und ihre Brillengläser waren so dick wie Dirims Schild.

»Macht’s gut, Jungs.«

»Was war denn los?«, fragte Dirim.

»Das Übliche. Was habt ihr denn mit Eurem Auge gemacht?«

Dirim stutzte. »Habt ihr noch nichts gehört? Ich bin Dirim Gratur.«

»Ich heiße Mirla. Nein, nichts gehört. Was denn?«

»Ach nichts. Das Auge ist magisch, aber nicht gefährlich. Und was war mit den Wachen?«

»Ich missachte das Feuerverbot.« Alle Holzhäuser Cauldrons hatten strenges Verbot von offenem Feuer. »Ich lese eben gerne, und egal wie heimlich, irgendwann erwischen sie mich. Und dann geht es eine Nacht ins Gefängnis. Ohne Buch.«

»Warum kauft ihr Euch keine dauerhafte Fackel?«

Mirla zuckte mit den Schultern. »Ich arbeite in Zanathors Lager. Da verdient man nicht viel. Ich muss essen, und auch wenn Romana mir die Bücher leiht, kostet mich das etwas.«

Dirim nahm eine Kerze heraus. Mit einem kurzen Zauber erstrahlte die Spitze in flackerndem Licht.

»He, danke«, sagte Romana. Sie strahlte und gab Dirim einen Kuss auf die Wangen.

Dirim berührte die Stelle. »Die wasche ich nicht mehr.«

»Ha! Bei Zwergen heißt das nichts.«

Dirim lachte mit.

-

Thargad wartete vor der Stadt, bis es dunkel war. Auf der Stadtmauer gingen Wachen in Zweiergruppen entlang, jede mit einem Stab voll dauerhaftem Licht. Thargad hielt das für einen netten Trick, da die Halborks über den Radius des Lichts hinaus sehen konnten. Gleichzeitig wusste Thargad aber genau, wo die Wachen sich befanden. Mit seinen Kletterstiefeln kroch er die Stadtmauer hinauf, machte sich durch einen schnellen Zauber unsichtbar, und huschte über die Mauer wie ein Schatten.

Er klopfte am Tyrtempel. Dirim öffnete die Tür. Thargad sah sich um. In der Nähe des Tors lehnte ein Bettler an der Wand.

»Psst«, flüsterte Thargad. »Lass mich rein.«

Dirim trat kurz zur Seite, und Thargad schlüpfte in den Tempel. Dann hob er die Unsichtbarkeit auf.

»Endlich«, sagte Dirim. »Komm in den Keller. Es gibt viel zu besprechen.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 19. September 2006, 10:56:17
Hier hätte ich, nach der aufwendigen Teaserkampagne, mehr erwartet, wenn du Kritik zulässt. Ausserdem trinkt im gesamten Abschnitt niemand Kaffee. (Hier steht ein Smilie)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. September 2006, 11:31:13
Ich kann ja nicht einfach überspringen, was alles passiert ist, oder. Ich sagte ja: Einiges.

Keine Angst, du wirst dein Teil noch kriegen. Sieh es mal so – für einen Tag, oder auch zwei, scheint die Welt halbwegs in Ordnung. Lass die Kettenbrecher doch auch mal verschnaufen. Wer weiß, wann und ob sie jemals wieder dazu kommen.

Und ich ändere den Titel ab, ist mir gar nicht mehr aufgefallen – der Leichnam wird ja zum Essen eingeladen, nicht zum Kaffee :D

Ich möchte allerdings relativ schnell mit der SH fertig sein, darum wird es wohl bald weitergehen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 19. September 2006, 11:47:03
Dann findest du mich weiter gespannt vor dem Monitor sitzend. Und für heute abend bestelle ich mir beim TV Department einen meiner Lieblingsfime, an den ich schon durch den ersten Titel erinnert wurde.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. September 2006, 12:56:55
Mann der spricht mit Kuh and Wand...

(Habe ich als Kaufvideo :D)

Benson, Ma'am.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 19. September 2006, 15:14:57
Zitat von: "Berandor"
im vielleicht letzten Kapitel der Story Hour.


Ob es nun das letzte oder vorletzte Kapitel sein wird Berandor, ist doch letztlich egal. Das die Story gut war, wird jeder sagen der sie länger verfolgt hat.

Die alles entscheidende Frage wird sein, war's das :?:
Oder kommt nach diesem mega Abenteuer schon das nächste :?:  
Hast Du dich vielleicht schon darauf vorbereitet, ja vielleicht ein neues Abenteuer entworfen/gekauft :?:
Ader letztlich musst Du einfach nur weiter schreiben..... :twisted:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. September 2006, 15:24:43
Wenn es zuende geht, habe ich mir eine kleine Pause verdient, und einer unserer Spieler wird dann das Ruder übernehmen. Eberron wartet auf uns.

Ob ich da auch eine Story Hour schreiben werde? Vielleicht.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pestbeule am 19. September 2006, 15:40:17
Zitat
Eberron wartet auf uns.


Da tut ihr gut dran! :)

Vielleicht kann man dich auch mal breitschlagen einen Artikel für den Sharner Kobold zu tippseln!^^
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 19. September 2006, 15:49:54
Zitat von: "Berandor"
Eberron wartet auf uns.

Das tut es aber auch schon sehr lange.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. September 2006, 15:59:35
Wie geduldig ist es denn?

PB: Ich habe keine Ahnung von Eberron – ich werde ja auch nicht leiten. :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 19. September 2006, 16:08:22
Werde ganz kirre von Eurem Gerrede!!!! :)
Mach doch mal Nägel mit Köpfen Berandor!
Und warum sollte Schluß sein?Eine Karriere in den FR muss mit dem Tod nicht enden.
Gab es einen TPK, oder was? Schonmal was von Wiedergeburt etc. gehört?  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 19. September 2006, 16:39:43
Fand das Update mal wieder sehr schön zu lesen. Ist auch immer wieder interessant und unterhaltsam ein wenig den Alltag mitzukriegen.
Aber Zeit hat der Mann...  :wink:
Na ja, auch ich bin begeisterter Leser und  trauere schon beim Gedanken an das Ende.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 19. September 2006, 16:47:38
Zitat von: "Gilvart"
Schonmal was von Wiedergeburt etc. gehört?  :D

Du hast "Stadt in Ketten" nicht ganz verfolgt, oder? ;-)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pestbeule am 19. September 2006, 16:58:23
Zitat von: "Berandor"
Wie geduldig ist es denn?

PB: Ich habe keine Ahnung von Eberron – ich werde ja auch nicht leiten. :)


Irgendjemand (ich nehme an Kylearan) wird schon Ahung haben. ;)

Von ihm wären Artikel sicher auch gern gelesen. Und Du, Berandor, wirst dich dort auch sicher schnell auskennen.  :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 19. September 2006, 17:07:04
Zitat von: "Gilvart"
Eine Karriere in den FR muss mit dem Tod nicht enden.

Um mal wieder auf das aktuelle Thema zu kommen: "Remember, there are things worse than death!" (Dragon Highlord of the Red Wing Verminaard)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 20. September 2006, 00:00:20
Die Qual der Wahl

Die Barakmordin saßen in der heißen Quelle. Die Tür zum Versammlungsraum war geschlossen, und das Geschrei der Wasserschlacht übertönte alles, was von den Kettenbrechern besprochen wurde. Außer Helion, Boras, Thargad und Dirim war noch Beregard anwesend.

»Und so habe ich den Grafen und Sofia verkuppelt«, schloss Thargad seine Geschichte.

»Die Vampirin steht also auf schwimmende Werte«, sagte Helion.

»Wenn die Kinder kriegen, nennt man das wohl zusammengeflickte Familie«, sagte Dirim.

»Also, was müssen wir tun?«, fragte Thargad.

»Ganz einfach«, meinte Dirim. »Wir müssen im Lathandertempel die Waffe finden. Wir brauchen die Steine für den Ritualraum.«

»Ritualraum?«, fragte Beregard.

»Ist nicht so wichtig«, meinte Dirim. »Wir müssen in den Azuthtempel und Terseon retten. Entweder jetzt, oder wir warten und nutzen das Ritual.«

»Welches wir ohne die Steine nicht nutzen können«, sagte Helion.

»Wir müssen außerdem die Stadt retten und uns davor schützen, was die Käfigmacher gegen uns unternehmen werden. Sonst noch was?«

»Ich muss gleich noch mal los«, sagte Thargad.

»Ich hab auch noch was«, sagte Helion. »Thrakis muss sterben.«

»Wer?«, fragte Beregard.

»Ist nicht so wichtig. Aber dann wäre die Geheimtür sicher.«

»Welche Geheimtür?«

»Ist nicht so wichtig«, sagte Boras. Die anderen sahen ihn an. »Stimmt doch, oder?«

»Ähem«, sagte Beregard. »Da ist auch noch dieser Brief gekommen, in dem Celeste um einen Termin bittet.«

»Oh, und morgen kommen Tygot und Franca Tercival vorbei«, fiel Boras ein.

»Also gut«, sagte Dirim. »Morgen treffen wir uns mit Celeste und Franca, töten Thrakis, und abends gehen wir in den Azuthtempel und knöpfen uns Embril vor.«

»Und noch etwas«, sagte Beregard. »Ich würde die Männer gerne wieder ans Licht lassen, und den Tempelhelfen ein wenig Kriegskunst beibringen. Wenn es wirklich schlimm wird, sollten sie wissen, welches Ende einer Waffe wohin zeigen muss.«

»Einverstanden«, entschied Dirim nach langer Überlegung. »Aber passt auf.«

»Alles klar«, sagte Thargad. »Dann gehe ich mal.«

Er stand auf und ging, um am Trunkenen Morkoth nach Meerthan oder auffälligen Besuchern Ausschau zu halten. Umsonst.

-

Am nächsten Morgen ging Helion direkt zum Versteck der Kobolde. Er gebot dem Goblin an der Tür, mit hinein zu kommen. Er öffnete die Geheimtür. Dann brach die Hölle aus.

Oder zumindest etwas genauso schlimmes. Ein kleiner, dicker, flügelloser Vogel stapfte an ihm vorbei, sah ihn an und stieß ein lautes Kreischen aus, bevor er weiterstapfte. In einer hinteren Ecke des Raums war ein kleiner Stapel faulen Obstes, gierig beobachtet von sieben koboldgroßen Ratten. Helion wusste, dass diese Tiere in ihrem Magen Fäulnisgase sammelten, um dann auf Erschütterung hin zu explodieren. In einer anderen Ecke stand ein Fass, um das alle einen großen Bogen machten. Wieder anderswo machte ein muskulöser Pygmäentroll mit seiner Steinaxt Schattenkämpfe. Ein Geschöpf, das halb aus Luft bestand – ein Luftmephit – grüßte Pecarri militärisch.

»Gute Morgen, Soldat. Neu hier?«

»Nein«, antwortete Pecarri. »Hol Thrakis her.«

»Hör mal«, sagte der Mephit. »Ich bin der Baron. Nicht irgend ein Diener.«

»Willst du sterben?«

»Herrje, ich geh ja schon. Dein Pech.«

»Pecarri?« Teek kam auf ihn zu gelaufen. »Unglaublich, oder? Wir haben eine Armee! Die Kreischer sind unsere Späher und Wachen, die Skriggs sind Artillerie, und Con-aan ist unser Stoßtrupp. Der muss dir mal zeigen, wie er sich einen Arm abschneidet und daraus ein neuer Troll wird, das ist echt klasse. Unsere Luftwaffe hast du ja schon kennengelernt. Und da im Fass ist O’Flannigan, unser Spion.«

»Hat Thrakis die alle hergeholt?«

»Thrakis und sein neuer Stellvertreter, Brolf. Das ist ein Goblin, der sich in einen Wolf verwandeln kann.«

»Brolf?«

»Ja. Seit der hier ist, dürfen wir die Goblins aber nicht mehr treten.«

»Das ändert sich.«

»Ach ja?« Thrakis’ gehässige Stimme erklang. Er kam aus seinem Lager, seine Rattenkeule in der Hand, seine Ratte auf der Schulter. Neben ihm ging knurrend ein Halbwolf, den Pecarri als Barghest erkannte.

»Ich weiß über dich Bescheid«, sagte Thrakis. »Geh, oder stirb.«

»Ich will nicht sterben«, sagte Pecarri.

Thrakis stutzte. »Dann geh.«

»Nein.«

Thrakis sprach ein kurzes Wort, und sofort hatte er vier Spiegelbilder um sich herum.
Mit einem Wink seines Handgelenks feuerte Pecarri fünf magische Geschosse ab, und schon war Thrakis wieder allein. Dann wandte sich der Kobold an den Barghest.

»Pulveris.«

Der grüne Strahl traf den Barghest. Er explodierte in einer Staubwolke.
Thrakis’ Ratte wurde unsichtbar.

»Stirb!«, schrie Thrakis und feuerte einen Flammenstrahl auf Helion ab.

»Kann ich auch«, sagte Pecarri. »Incendere!«

Drei Flammenstrahlen schossen aus seinen Fingern und trafen Thrakis. Einen Moment später fiel sein Stab zu Boden.

Die versammelten Zuschauer klatschten Beifall. Ein besonders euphorischer Kobold verpasste einem Goblin einen Freudentritt.

»Halt!«, sagte Pecarri. »Ich bin jetzt der Anführer, und ich will, dass ihr Euch vertragt. Nur gemeinsam können wir den Menschen einen Denkzettel verpassen.«

»Und dem verdammten Gnom«, rief eine Stimme von hinten.

»Pass lieber auf, dass die Skrigg sich nicht vollstopfen«, gab eine andere Stimme zurück.

»Gut, gut. Jetzt will ich erst Mal den Spion kennenlernen. Komm raus!«

Flüssigkeit spritzte aus dem Fass, die sich in einen Kobold verwandelte, der eine grüne Kappe und ebensolche Weste sowie eine sehr große Nase hatte.

»O’Flannigan mein Name. Was gibt’s?«

Pecarri verlangte eine Vorstellung, und O’Flannigan erklärte, dass er sowohl die Gedanken von Betrunkenen lesen, sehr Betrunkene steuern, als auch mit einem Rülpser lähmen konnte – was er sogleich anbot, vorzuführen. Pecarri lehnte ab, und O’Flannigan schwamm ins Schnapsfass zurück.

Schließlich bekam Pecarri noch eine Vorführung von Con-aans Fähigkeit. Der felllose Troll hackte sich seinen Arm ab, und kurz darauf wurde dieser zu einem noch kleineren Troll, der Helion wütend anstarrte und Luftschläge machte. Allerdings gingen diese Trollkinder nach einigen Stunden ein.

»Ich bin bald zurück«, sagte Pecarri schließlich. »Benehmt euch.«

»Ihr habt gehört, was mein Kumpel gesagt hat«, sagte Teek. »Zurück an die Arbeit!«

-

Thargad hatte seine Schwerter auf halber Höhe auf den Rücken gebunden. Sein Gesicht war leicht schmutzig, mit Kohle hatte er Gesichtszüge verstärkt, die sein Aussehen veränderten. Er hatte sich einen einfachen Umhang übergeworfen, und in dieser Verkleidung als einfacher Reisender war er zum Helmtempel gegangen.

»Helms Auge über Euch, Reisender.«

Der Tempelwächter sah wohlwollend auf die große Hand, die Thargad vom Hals baumelte.

»Und über Euch«, entgegnete Thargad. »Ist der Tempel geöffnet?«

»Helms Tempel ist immer offen.«

»Und die Hohepriesterin?«

»Leider ist die Hohe Wächterin nicht zu sprechen. Sie empfängt niemanden. Aber«. fügte die Wache hinzu, »übermorgen hält ihr Stellvertreter Rufus Laro einen Gottesdienst. Ich würde mich freuen, Euch dort zu sehen.«

»Ich komme bestimmt«, sagte Thargad. Er betete für einige Momente, dann ging er zu den anderen zurück.

-

Tygot Mispas führte Franca Tercival an der Hand. Die junge Frau trug schwarz. Dirim empfing sie im Tempel. Boras war ebenfalls anwesend.

»Franca,« sagte er. »Ich habe eine gute, und eine schlechte Nachricht. Die schlechte ist: Alek ist tot.«

Franca brach in Tränen aus.

»Die gute ist: Er starb, wie er lebte. Er war monatelang gefangen, in einem dunklen Raum, und nur Magie als Nahrung. Und doch, als wir von einem bösartigen Glabrezu angegriffen wurden, war Alek es, der diesen mächtigen Dämon zum Kampf forderte. Sein Schwert glühte im Licht des Guten, und beseelt von Siamorphe fügte er dem Unhold tiefe Wunden zu. Allein sein Mut war es, der unser Überleben sicherte, und beinahe erschlug er den Dämon. Doch leider war das böse Geschöpf zu mächtig. Am Ende war Alek tödlich getroffen, doch noch im Tode ermöglichte er uns die Flucht, als der das Wüstengrab hinter uns einstürzen ließ, und nahm so seinen Feind mit sich.«

Franca hatte aufgehört zu weinen. Ihre Augen glänzten. »So... so hätte er es gewollt. Habt Dank.«

Auf den alten Halbling gestützt, verließ sie den Tempel.

»Äh, Dirim«, sagte Boras. »Von wem hast du da geredet?«

-

Dirim, Boras und Helion warteten im Tyrtempel, Thargad im Nebenzimmer. Beregard empfing Celeste am Tor und warnte die anderen mit lauten Worten. Dirim nutzte seinen Schild, um Falschheit zu durchschauen.

Celeste kam herein. Für einen Moment sah Dirim eine halbnackte Dämonin mit Fledermausflügeln, dann verschwand das Bild und er sah, was die anderen sahen: ein eng geschnürtes Mieder aus rotem Leder, passende Hosen und passend gefärbte Haare, unter einem grünen Mantel. Drei Kettenbrecher schluckten im Chor.

»Ihr wolltet uns sprechen?«, fragte Dirim, während Beregard ins Nebenzimmer ging.

»Ja. Wollt ihr mir erzählen, was ihr erlebt habt?«

»Nein. Wollt ihr erzählen, dass ihr ein Sukkubus seid?«

Celeste ging darüber hinweg. »Gut, dann komme ich gleich zur Sache. Ich habe meine eigenen Pläne, das wisst ihr wahrscheinlich. Aber ihr botet mir Hilfe an, obwohl ihr dabei sterben würdet. Ich will das vergelten. Ich weiß viel. Mehr, als gut für euch wäre, zu wissen, sowohl ob Eurer Gesundheit als auch ob meiner Pläne. Aber eine Frage dürft ihr stellen.«

»Ein wenig Wissen kann gefährlich sein«, sagte Dirim.

»Ist das nicht gerade der Spaß?«, fragte Celeste. »Ich nenne Euch die möglichen Fragen, und ihr trefft Eure Wahl.«

Celeste stellt den Kettenbrechern acht Fragen zur Auswahl:
»Beachtet: Ich kann alle Fragen beantworten, manche mit mehr, andere mit weniger Details. Einige Fragen sind vielleicht im Augenblick hilfreicher, aber sie alle haben ihren Nutzen. Entscheidet.«

»Wir müssen uns das überlegen.«

Dirim nahm Lehnstreue heraus, das Thamior in der Stadt gelassen hatte.

»Außerdem will ich, dass ihr auf dieses Schwert schwört, nur die Wahrheit zu sagen.«

»Wenn ihr dafür genau erzählt, wie Thargad gestorben ist.«

»Einverstanden.«

»Dann bin ich es auch. Überlegt, wenn ihr wollt.«

Die Kettenbrecher gingen zum Nebenraum und riefen Beregard heraus. Celeste setzte sich in die erste Reihe und legte die Hände in Gebetsstellung.

»Das werde ich nicht tolerieren«, sagte Dirim. »Macht Euch nicht lustig.«

Celeste seufzte. »Dann lasst mir wenigstens diesen netten Mann hier«, hauchte sie.

»Ja. Beregard bleibt.«

»Aber geschützt«, sagte Helion und wirkte einen Schutzzauber auf den Krieger, der vor Bösem schützte und jegliche Beeinflussung verhinderte.

Im Nebenraum besprachen sie sich.

»Ich bin dafür, gleich einen Dimensionsanker zu wirken«, sagte Helion.

»Erst Mal sehen wir, was sie uns sagt.«

»Und was ist mit Thargads Tod?«

»Ich sage ihr einfach, dass ich nichts weiß.«

»Ich glaube nicht, dass sie nur dich meinte«, sagte Helion, »sondern uns alle.«

»Dann habe ich das missverstanden.« Dirim zuckte mit den Schultern.

»Wir könnten sie foltern«, sagte Boras.

»Das auch«, sagte Dirim.

»Erst Mal die Frage«, sagte Helion. »Es ist doch klar, oder? Wir fragen nach den Schätzen.«

Dirim schüttelte den Kopf. »Ich bin für die Pläne der Käfigmacher. Das ist am wichtigsten.«

Thargad nickte. »Ich fürchte, er hat Recht.«

»Ich auch«, sagte Boras.

»Also gut«, sagte Helion. »Es ist nicht meine Meinung, aber bitte.«

Sie gingen zurück. Beregard blieb.

Dirim hielt Celeste die Schwertklinge hin. »Schwören, und küssen.«

Celeste kniete nieder und sah Dirim aus großen Augen an.

»Ich schwöre, dass ich die Frage nach bestem Wissen und Gewissen beantworten werde.« Sie küsste die Klinge.

Dann stand sie auf und sah Boras an. »Und jetzt erzähl mir, wie Thargad gestorben ist.«

»Aber er ist doch gar nicht tot«, sagte Boras. Er konnte nicht anders, als es zu erzählen. »Er ist im Nebenraum.«

Helion lachte. Celeste lächelte.

»Die Frage?«

»Wie sehen die Pläne der Käfigmacher aus?«

Sie seufzte. »Ich bin enttäuscht von Eurer Wahl. Leider ist es auch die Frage, von der ich am wenigsten weiß. Die Käfigmacher planen folgendes: Sie wollen die Cauldron in Schatten tauchen. Dann wollen sie mit Feuer einen Samen begießen, der ihnen Tore in äußere Ebenen öffnet. Und schließlich soll mit einem Blutopfer gesichert werden, dass sich ein Tor dorthin öffnet, wo Adimarchus gefangen gehalten wird, denn ihn zu befreien ist ihr Ziel.«

»Danke«, sagte Helion. »Wirst du anderen von Thargad erzählen?«

Celeste runzelte die Stirn auf zuckersüße Art.

»Nun ja... ich werde versuchen, es nicht zu erzählen, aber...«

Helion griff nach seinem Komponentenbeutel. Celeste sprang auf.

»Verrat!«, rief sie.

»Lass uns reden«, rief Dirim. »Tyr, stärke unsere Arme!«, bat er dann, und ein goldenes Glänzen umgab die Kettenbrecher.

Thargad öffnete die Seitentüre und zog seine Schwerter.

»Ja, reden«, sagte Boras. Er schwang mit seiner Axt. Celeste wich nach hinten aus und fiel fast über die Bänke.

»Ihr habt Hausverbot«, sagte sie. »Doch kommt in großer Not. Und Thargad: Dein Vater wäre stolz auf dich.«

Damit teleportierte sie davon, bevor Helion seinen Anker werfen konnte.

»Verdammt!«

-

»Herr?«, rief einer der Barakmordin. »Da ist ein Bote.«

Die Kettenbrecher hatten gerade erst begonnen, Celestes Information zu besprechen.

»Lass ihn rein«, sagte Dirim.

Ein junger Mann, fast noch ein Junge, kam in den Tempel. Er sah gehetzt aus.

»Herr, ich soll Euch bitten, schnell zur Scheuen Fee zu kommen. Es ist dringend. Ihr bekommt eine Goldmünze pro Person, nur für Euer Erscheinen.«

»Na, da kann ich nicht nein sagen«, sagte Dirim. »Dann geh mal voraus.«

Die Kettenbrecher folgten dem Jungen; Thargad allerdings allein und abseits in Verkleidung.

-

Die Scheue Fee war ein hohes, von Efeu umwachsenes Haus aus weißem Marmor. Über dem Eingang war ein Bild: Hinter Schilfrohren sah man den nackten Rücken einer jungen Frau, die ihre Füße in einem See badete und mit spitzen Ohren und mandelförmigen Augen über die Schulter zum Betrachter blickte. Darüber ein Schriftzug: ›Ein Lächeln versüßt den schlimmsten Tag‹.

Der Innenraum war hell erleuchtet. Zwei Wachen flankierten en Eingang in den Schankraum, ein älterer Herr stand hinter einer Theke mit einem Schild, das zur Abgabe der Waffen aufforderte. Die Kettenbrecher wurden an diesem Mann vorbei in eine Hinterzimmer gebracht, wo ein in Seide gekleideter junger Mann nervös hin und her lief.

»Ihr seid gekommen!«, rief er, als die Kettenbrecher hereinkamen. Ein großes Seidentuch umschnürte seine Hüfte. Daraus nahm er jetzt einen Lederbeutel.

»Ich gebe euch erst einmal Euer Gold.«

»Lass dein Gold stecken«, sagte Dirim freundlich. »Es gibt einen Notfall?«

»Na ja – ich nehme es an. Es gibt da einen Mann, Fran Wintergerst. Er ist Priester im Azuthtempel, und er kommt regelmäßig vorbei. In den letzten Tagen war er komisch und machte sich Sorgen, dass im Finger irgend etwas vorgehe, was sich nicht gehörte. Und, na ja, er sollte gestern abend kommen, aber er war nicht da und heute kam er auch nicht, und keine Nachricht. Ich glaube, es ist etwas passiert.«

Dirim nickte. »Alles klar.«

»Wir kümmern uns darum«, sagte Pecarri.

-

Wieder im Tyrtempel angekommen, hatte jemand einen Brief abgegeben. Ein gewisser ›SK‹ bat um ein Treffen am folgenden Abend, beim Pavillon am Seeufer, nach der Feuerwerksvorführung von Keygan Ghelve.

»Wer ist denn jetzt schon wieder SK?«, fragte Helion.

Niemand hatte eine Idee.

»Na gut, was unternehmen wir mit den Azuthtempel?«, fragte Thargad.

»Ich versuche mal, Fran Wintergerst zu sehen«, sagte Dirim. Er ging in den geheimen Trakt des Tempels, wo der gesegnete Raum auch ein Ausspähungsbecken hatte. Wo sich Dirim allerdings zuvor in diesem Raum gesegnet fühlte, empfand er nun nichts.

»Komisch«, meinte er, dachte aber nicht lange nach. Er beugte sich über das Becken und konzentrierte sich auf Fran Wintergerst. Das Becken blitzte auf und ein Energiestrahl schlug in Dirim ein.

»Ein wirksamer Schutz vor Ausspähung«, kommentierte Helion. »Wir müssen also persönlich im Tempel vorstellig werden.«

»Ich würde gerne noch eine Nacht warten und um Zauber bitten«, sagte Dirim.

»Wir können auch morgen hingehen«, sagte Helion. »Aber wir wollten heute los. Jetzt.«

»Ja, aber trotzdem. Ich möchte noch einmal um die richtigen Zauber beten.«

»Ich könnte natürlich auch noch einen Auflösungszauber zurückholen«, sagte Helion.

»Also morgen?«, fragte Boras.

»Morgen. Ach, Dirim, ich habe eine kleine Verbrennung«, sagte Helion und wies auf die Stelle, wo Thrakis’ Feuerstrahl getroffen hatte.

»Klar.« Dirim bat um einen Heilzauber und legte Helion die Hand auf. Die Wunde wurde schwarz und entzündet.

»Au!«, rief Helion. »Was soll das?«

»Hm.« Dirim wirkte einen Heilzauber auf sich selbst. Nichts geschah. Er wirkte einen Heilzauber auf Boras. Ein blauer Fleck bildete sich.

»Vielleicht hat es was mit dem Rückschlag zu tun, als du Fran gesucht hast?«

»Wir werden sehen.«

Dirim versank in Trance. Minutenlang betete er, dann stellte er eine Frage an die Götter: »Warum wirken meine Heilzauber nur auf mich?«

Der entsprechende Zauber endete oft in einem Rätsel, oder einer Prophezeihung, wenn er überhaupt beantwortet wurde. Darum war Dirim über die Klarheit der Antwort
überrascht: Wenn du ein Tyrpriester sein willst, benimm dich entsprechend.

»Äh, Jungs«, sagte Dirim. »Ich habe wohl ein Problem.«

Er berichtete, was er erfahren hatte.

»Kannst du nicht beichten und sühnen?«, fragte Helion und spielte auf einen Zauber an, der Klerikern zur Verfügung stand.

»Ja. Schon. Aber dazu müsste ich wissen, was ich getan habe.«

»Und? Weißt du es?«

»Ich denke, es ist, weil ich Celeste belügen wollte.«

Helion nickte. »Das kann sehr gut sein. Ich fand das auch nicht toll.«

»Trotzdem. Bevor ich den Zauber wirke, möchte ich sicher gehen. Ich werde beten.«

Der Rest der Kettenbrecher begab sich erst einmal ins Bett, um für den nächsten Tag bereit zu sein.

Dirim begab sich in den Tempel und betete. Er betete stundenlang. Endlich spürte er eine Antwort, eine Breitschaft, ein Opfer anzunehmen. Dirim bot an, für den Tag auf einen Zauber des höchsten Grades zu verzichten.

Er stand in einem großen Zimmer mit sehr hohen Wänden. Es sah aus wie in einem Tempel. Hinter einem großen Schreibtisch saß ein Schreiber. Dieser sah auf.

»Ah, Bruder Dirim. Ihr wollt wissen, was ihr angestellt habt, nicht wahr?«

»Ich glaube, ich weiß es bereits.«

Der Schreiber hob die Augenbrauen. »Ich höre.«

»Ich habe Celeste versprochen, von Thargad zu erzählen, und wollte sie belügen.«

»Und?«

»Wie und?«

Der Schreiber sah auf ein Blatt Papier. »Dann wollen wir mal. Ihr schlagt willkürlich den Pfad der Ehrlichkeit oder der Lüge ein. Ihr brecht Versprechen oder habt bei dem Akt des Versprechens nicht die Absicht, sie zu erfüllen. Ihr seid bereit, Wesen aus Bequemlichkeit zu foltern. Ihr handelt mit Lug und Trug, und nicht in offener Zurschaustellung von Tyrs Macht. Mit Eurem Wissen wurde eine von Kelemvor bestrafte Person ihrer Bestrafung entrissen. Noch dazu wisst ihr seit Tagen, dass Gefahr droht, und ignoriert diese Information. Und jetzt, wo ihr noch einmal ein eine dringende Mahnung erhalten habt, zögert ihr immer noch und verschiebt Euer Handeln auf morgen.«

Dirim schwieg betroffen.

Der Schreiber fuhr fort: »Wir haben nichts gegen Kleriker, die Ausnahmen machen und Regeln missachten, wenn es ihnen um das Gite geht. Wir haben nichts gegen jene, die im Streben für Recht und Gerechtigkeit nicht so sehr auf Moral achten. Aber wenn Ihr weder moralisch noch gerecht seid, dann können wir Euch nicht gebrauchen. Haltet an Euch.«


Dirim war zurück in der Kirche. Er fühlte sich erschöpft und fiel beinahe sofort in Schlaf.

-

Am nächsten Morgen regnete es. Die Kettenbrecher marschierten durch die Stadt, beobachtet von einigen Neugierigen. Endlich standen sie vor dem Finger.

»Vorne rein«, sagte Helion, und Dirim stimmte zu. Sie stiegen die Stufen hoch.

»Helion Dambrodal«, hörte Helion die Stimme Azuths in seinem Kopf. »Bist du bereit, die Verräter zu stellen?«

»Ja«, sagte Helion.

»Dann geh.«

Die massiven Doppeltüren zitterten, bebten. Für einen Moment war das Symbol Azuths zu sehen. Dann explodierten Metall und Holz in den Tempel hinein.

Es war nicht der Altar, den die Kettenbrecher zuerst bemerkten, obwohl dort ein Kleriker und zwei Halborkwachen standen. Es waren nicht die beiden Steinriesen, die hinter den massiven Säulen Deckung gesucht hatten und nun kampfbereit zum Eingang blickten. Den Kettenbrechern fielen auch nicht die Trios aus axtbewehrten Halborkwachen auf, die zu jeder Seite der Tür standen, oder die hohe Treppe, die am Rand des dreißig Schritt hohen Saales in den nächsten Stock führte.

Nein, als erstes sahen die Kettenbrecher das große Mosaik auf dem Boden des Tempels, dass einen Totenschädel mit Krone darstellte – das Zeichen Vel’Sharoons, des Gottes der Leichname.

»Jetzt sehe ich es auch«, sagte Boras.

Und dann begann der Kampf.
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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Milambar am 20. September 2006, 05:41:46
Ich glaube nicht an ein TPK. Gab es schonmal, und damals kam de Diskussion auf was wäre wenn nicht alle Spieler anwesend ware. Die Frage wurde damals zugunsten der Gruppe geklärt und Boras hat seine Versteinerten Freunde retten können. Diesmal sollen ja sogar zwei Spieler nicht anwesend gewesen sein.
Vorallem wäre bei einem TPK vor allem Thamior sauer?

Vielleicht hat die Gruppe ausversehen nen guten NSC gekillt und sich damit einen Weg zum Sieg ersperrt, der Seelenbogen könnte zu Bruch gegangen sein (was vorallem Thamior mißfallen dürfte) oder einer in der Gruppe wurde in etwas verwandelt was nicht so einfach rückgängig zu machen ist.

Nun ja, wir werden sehen...

Hoffentlich schon heute  :roll:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 20. September 2006, 08:44:40
Zitat von: "Milambar"
Ich glaube nicht an ein TPK. Gab es schonmal, und damals kam de Diskussion auf was wäre wenn nicht alle Spieler anwesend ware.

Das war damals. Wir sind alle älter geworden und haben auch terminliche Probleme, immer alle Spieler dabei zu haben.
Damit sage ich nichts zu Ausgang des letzten Spieleabends (der ziemlich gelungen war); nur diese Annahme ist mittlerweile nicht mehr richtig.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 20. September 2006, 11:07:02
Zitat von: "Kylearan"
Damit sage ich nichts zu Ausgang des letzten Spieleabends (der ziemlich gelungen war); nur diese Annahme ist mittlerweile nicht mehr richtig.

Aha, dann ist ja alles gut augegangen und die Runde hat ein gutes Ende genommen!

@ Berandor: Du weisst ja das wir alle auf ein Update warten....
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 20. September 2006, 12:17:04
Zitat von: "Kylearan"

Das war damals. Wir sind alle älter geworden und haben auch terminliche Probleme, immer alle Spieler dabei zu haben.


Wobei Kylearan hier unterschlägt, dass seit einem geheimnisvollen Unfall Thargad nicht älter, sondern jünger wird.

Ich hatte noch vor, die Gesinnungssache etwas zu erläutern, und das mache ich jetzt einfach hier, dann haben die Leser auch noch was davon.

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zum Update kann ich nocch nichts sagen. Es kommt aber zu 99% nur noch eines, deshalb will ich das natürlich richtig machen.

Als teaser kann ich Euch schon mal den Tempel ohne Spitze geben – die habe ich noch verändert, und die einzige Kopie besitzen die Spieler. Vielleicht scannt die jemand ein?

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 20. September 2006, 12:43:39
Zitat von: "Citon"
Zitat von: "Kylearan"
Damit sage ich nichts zu Ausgang des letzten Spieleabends (der ziemlich gelungen war); nur diese Annahme ist mittlerweile nicht mehr richtig.

Aha, dann ist ja alles gut augegangen und die Runde hat ein gutes Ende genommen!

@ Berandor: Du weisst ja das wir alle auf ein Update warten....

Interessante Ansicht. Ich fand auch schon Spieleabende gelungen, in denen die Gruppe draufgegangen ist... und das "mittlerweile" galt schon vor letztem Samstag, falls du daraus den guten Ausgang liest...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 20. September 2006, 13:18:07
Zitat von: "Kylearan"
Interessante Ansicht. Ich fand auch schon Spieleabende gelungen, in denen die Gruppe draufgegangen ist... und das "mittlerweile" galt schon vor letztem Samstag, falls du daraus den guten Ausgang liest...


Was..., verdammt... und ich hab was anderes gedacht, war's so schlimm?

Citon
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 20. September 2006, 13:25:13
Zitat von: "Citon"
Was..., verdammt... und ich hab was anderes gedacht, war's so schlimm?
Citon

Habe ich gesagt, dass es einen TPK oder ähnliches gab? Nein.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 20. September 2006, 14:47:09
Die dunkle Seite hat sie alle korrumpiert?!  :o
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 20. September 2006, 14:56:43
Zitat von: "Sohn des Sammaster"
Die dunkle Seite hat sie alle korrumpiert?!  :o


Vielleicht liegt ja die wahre Macht im Bösen :twisted:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 20. September 2006, 15:21:12
Also doch...  :x
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 20. September 2006, 15:22:04
Also doch...  :x

Upps doppelpost...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 20. September 2006, 16:35:31
Wäre doch egal!
Anakin Skywalker wurde zum Schluss doch auch wieder gut!  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 20. September 2006, 17:58:40
Ich fand übrigens das letzte Update ein bisschen verschwurbelt. Lass dir lieber ein bisschen Zeit mit der Fortsetzung, aber das hast du ja schon selber gesagt.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 21. September 2006, 20:38:37
Sehe ich nicht so, eigentlich bin ich der Meinung, dass es schon andere gab,auf die das eher zutraf.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 21. September 2006, 22:12:41
Stimmt, die vorvorletzte ( wenn ich mich nicht irre) hatte einige wilde Szenenwechsel. Trotzdem muss ich zugeben, das Berandor zumindest Longcopy besser beherrscht als ich.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 27. September 2006, 15:52:48
*sitz rum und wartauf ein Update*
 :(
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 30. September 2006, 16:21:54
So, jetzt kommt der Anfang vom Ende. Ich fürchte, es hat nicht für ein Update gereicht. Aber es ist bald geschafft.

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Das Empfangskomitee

»Wisst ihr«, sagte Lyanna, als sie alle zusammen am Feuer saßen, »warum ich Riesen mag?«

»Ich kanns mir vorstellen«, sagte Boros. Kheyne prustete, Branda verschluckte sich an ihrem Bier, und Alessandra schlug dem Barbaren strafend gegen den Arm.

»Au«, machte Boros und rieb sich die Stelle. Er bemerkte Horas Blick und streckte ihm die Zunge raus.

»Auch«, lachte Lyanna. »Aber ich meine die bösen Riesen, nicht die süßen.«

»Warum?«, fragte Branda mit ihrer ich-erwarte-das-Schlimmste-Stimme.

»Während des Kampfes kann man wunderbar auf ihnen klettern«, begann Lyanna. Sie kramte in ihrem nimmervollen Beutel. Heraus kam ein großes, rundes, haariges und stinkendes Etwas, das sie vor sich auf den Boden fallen ließ.

»Und nachher kann man ihre Köpfe als Fußlehne gebrauchen.«

Die Schätze starrten auf den Schädel. Nur Horas schnippte mit dem Finger, und der Kopf verschwand.

»Du sollst die Illusionskarten doch nicht für Körperteile missbrauchen«, sagte er nüchtern, aber mit einem Funkeln im Auge.

Jetzt streckte ihm Lyanna die Zunge raus.


---

Thargad reagierte als Erster. Mit einem kurzen Wort sandte er eine Schockwelle durch die Halle, die eine Hälfte der Wachen und die Riesen verwirrten. Er hob die Zwillingsklingen und stürzte sich auf einen der beiden Steinriesen. Bevor das Ungetüm überhaupt wusste, was geschah, hatte ihm Thargad ein Schwert in den Schenkel gerammt, sich daran hochgestemmt und die andere Klinge über die Wange gezogen. Der Riese blinzelte verblüfft. Dann spürte er den Schmerz. Sein Gesicht verwandelte sich in eine hasserfüllte Fratze, und seine große Keule raste nieder.

Thargad brachte eine Säule zwischen sich und die Waffe, und der Hieb des Riesen vermochte nur etwas Marmor herauszubrechen. Thargad schluckte, als er erkannte, dass ein oder zwei Schläge dieser Wucht genügen würden, um ihn niederzustrecken. Und dann kam der andere Riese seinem Freund zu Hilfe. Thargad konzentzrierte sich, und seine Rüstung wurde von knisternden Flammen eingehüllt. Die Riesen zögerten.

Währenddessen hatte sich Boras drei Wachen entgegen gestellt. Die Halborks trugen ebenfalls Brustplatte und Großäxte und wussten sicher mit ihnen umzugehen, aber die Kettenbrecher hatten sie auf dem falschen Fuß erwischt. Boras schlug kraftvoll und ungezügelt auf den ersten der drei ein und hatte ihm den Panzer unangenehm zerbeult, bevor die Halborks reagieren konnten. Dann aber bewiesen sie ihre Erfahrung und versuchten, den Barbaren in die Zange zu nehmen. Boras lachte nur, wirbelte wild herum und parierte jeden Schlag.

Helion interessierte sich erst einmal für die Gegner in der zweiten Reihe. Der Kleriker war von zwei Wachen flankiert, und wer wusste schon, was der Altar für Vorzüge hatte. Der Kobold machte eine ausholende Handbewegung.

»Ignus Berlinus!« Ein Wall aus Flammen loderte auf, schmerzhaft nah an Kleriker und Kämpfern.

»Erkennet die scharfe Klinge der Wahrheit, und schneidet Euch an ihr!«, rief Dirim im selben Augenblick, und um die Versammlung herum erschienen scharfe Metallsplitter, die klirrend und kreisförmig umherwirbelten.

Die derart Eingekesselten mussten sich entscheiden: durch die Klingenbarriere, oder bei der Flammenwand stehen bleiben? Der Kleriker – Helion erkannte in ihm Calmus Vel, den dritthöchsten Kleriker des Tempels – streckte sein heiliges Symbol vor und versuchte, einen der beiden Zauber zu bannen. Erfolglos. Da suchten die Wachen ihr Heil im Angriff. Die beiden stürmten blind durch die Klingen. Metall kratzte auf Metall, Blut und Hautfetzen verteilten sich in der Umgebung, doch dann waren sie durch, zerschunden aber intakt. Die eine Wache machte sich gleich zu Boras auf. Der Barbar sah den nächsten Gegner kommen. Er packte den vor ihm stehenden verbeulten Halbork am Kragen und verpasste ihm eine Kopfnuss, dass die Wache bewusstlos zu Boden ging.

»Komm nur«, rief Boras, »ich hab dir Platz gemacht!«

Der andere Halbork aber, der sah, dass Dirim von drei seiner Gefährten flankiert seelenruhig Schlag um Schlag mit seinem Schild abwehrte, ahnte, was die Stunde geschlagen hatte. Er stolperte vom Kampfgeschehen weg und versteckte sich hinter einer Säule. Ein Dimensionstor später war Helion ebenfalls am anderen Ende der Halle und stellte sicher, dass dieser Wachmann keine Schweinereien plante. Gleichzeitig nahm er ein Säurefläschchen heraus und warf es auf das Zeichen Vel’Sharoons, wo es sich zischend daran machte, die groteske Fratze des untoten Magiers zu tilgen.

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Dirim hatte derweil Schuldspruch gezogen und kämpfte seelenruhig gegen die
Übermacht aus Halborks, die nicht ahnten, was für ein dickes Fell der Zwerg besaß. Die Halborks schlugen ebenfalls heftig zu, um jeden einzelnen Treffer zählen zu lassen, jedoch sie trafen nicht. Wo Seelenblick nicht blockte und Schuldspruch nicht parierte, da bot Dirims Ritterrüstung immer noch genügend Schutz, dass er kaum ins Schwitzen kam. Leider waren die Wachen weder böse noch chaotisch, weshalb auch Dirims Angriffe nicht sehr viel Biss besaßen. Es würde eine lange Angelegenheit werden.

Auf der anderen Seite des Eingangs lernte Boras seinen neuen Rüstungsarmreif mehr und mehr zu schätzen. Die festen Ranken auf seiner Haut behinderten ihn kaum, aber sie fingen so manchen Schlag ab. Zwar parierten auch die Wachen fast jeden seiner Hiebe, aber sie gerieten dabei doch in arge Bedrängnis, und blaue Flecken wie keuchende Atemzüge verrieten von der resultierenden Erschöpfung.

Nur Thargad hatte nicht so viel Glück. Zwar stand sein Riese nur noch auf einem Bein und wagte nicht, das andere zu belasten, aber der zweite Steinriese machte ihm schon zu schaffen. Außerdem kamen sie nicht nahe genug an ihn heran, um von den Flammen seiner Rüstung verbrannt zu werden. Mehrmals schaffte er es nur mit einer beherzten Rolle, einem womöglich tödlichen Schlag auszuweichen.

»Inferno!«

Der Feuerball explodierte direkt vor Thargad, aber mitten in den Riesen. Der erste Steinriese stieß einen gewaltigen Rußatem aus und fiel vornüber. Der zweite aber schüttelte sich die Asche vom Haupt und trat nach Thargad. Der Schurke hatte mit einem Hieb gerechnet und konnte nicht mehr ausweichen. Der Tritt schleuderte ihn zurück und neben eine Säule, gerade noch bei Bewusstsein. Schnell nahm der Schurke Deckung.

Calmus Vel versuchte krampfhaft, durch die Flammenwand und die Klingenbarriere hindurch seine Ziele zu erkennen. Zwecklos. Er musste den schützenden und stärkenden Altar verlassen. Mit einem Gebet an seinen untoten Herren auf den Lippen marschierte er durch die Klingen. Schmerzhaft schnitten ihm die Scherben in die Beine, die Rippen, die Arme. Er ignorierte den Schmerz. Eine Scherbe erwischte seine Achillessehne. Er zog sich weiter voran. Im Gehen schluckte er einen Spiegelbildtrank, dann nahm er Maß.

Die Formel für die magischen Geschosse kam so schnell über Helions Lippen, dass man sie kaum verstehen konnte. Jedes der vier Spiegelbilder und Calmus Vel selbst bekamen ein Geschoss ab, und schon war der Schutzzauber verflogen. Helion nahm sich etwas mehr Zeit für den zweiten Teil der Aktion.

»Incendere!«

Flammenstrahlen brannten dem bösen Priester, der gerade erst der Flammenwand entkommen war, sein schwarzes Herz aus dem Leib und schickten ihn zu seinem Herren. Calmus Vel brach zusammen.

Im selben Moment schlug Boras einem der Wachen seine Axt so tief in den Magen, dass er sie nicht schnell genug für den Doppelschlag wieder heraus bekam. Dirim stellte sich dem Steinriesen in den Weg, und als Schuldspruch rot und grell aufleuchtete, frohlockte der Zwerg: der Riese war böse – und chaotisch! Thargad nutzte Dirims Stellungswechsel für einen überraschenden Angriff auf eine der Wachen, und als er ihm die Klinge wieder aus dem Hals zog, hatte er noch Zeit für eine Frage:

»Kannst du mich heilen?«

Zuerst hatte Schuldspruch seinen Auftritt. Die Klinge sang in der Luft, und als Dirim den Riesen in der Flanke traf, platze die Wunde auf wie mit heiliger Lava begossen. Einer der übrigen Wachleute sah, wie sich in Sekunden die Lage katastrophal verschlechtert hatte, und ergriff die Flucht durch die offene Doppeltür. Der Halbork, den Helion im Auge gehabt hatte, rüttelte derweil verzweifelt an der Hintertür, doch sie war abgesperrt.

»Du musst schon vorne raus«, rief Helion ihm zu. »Und beeil dich, bevor du der letzte bist, den der Zwerg oder der Barbar als Gegner betrachten.«

Unsicher bewegte sich der Wachmann im weiten Bogen auf die Vordertür zu.

»Ha!«, rief eine der Wachen, als sich ihre Axt in Boras’ Arm bohrte. Blut quoll aus der Wunde und vermischte sich am Boden mit dem Blut der Gefallenen. »Jetzt bist du dran!«

Boras blickte ihm in die Augen. Die Runen auf Blutraches Klinge pulsierten in einem nahezu weißen Blau und Boras spürte den Zorn der Waffe auf diesen Unhold, der ihren Träger verletzt hatte.

»Danke«, sagte der Barbar. Er schlug von links oben, rechts oben, und wieder links oben zu. Beim dritten Schlag zerteilte er den Axtschaft seines Gegenübers, und noch während Blutrache dem Halbork das Brustbein spaltete, drehte sich Boras herum und schmetterte die Waffe gegen den letzten verbliebenen Feind.

Thargad sah sich der anderen Halborkwache gegenüber, die noch übrig war. Er parierte den Überkopfschlag mit gekreuzten Klingen und trat seinem Gegner im Gegenzug zwischen die Beine. Gleichzeitig versengte ihm Thargads Rüstung die Schenkel. Der Halbork beugte sich schmerzhaft vor und fixierte Thargad vorwurfsvoll.

»Unfair«, keuchte er.

Thargad trat einen Schritt zur Seite, ließ ein Schwert wirbelnd in der Scheide verschwinden und köpfte mit einem Zweihandschlag seinen Gegner.

»Verklag mich doch«, sagte er zu der Leiche.

In diesem Moment stieß Boras’ Gegner ein Röcheln aus, das abrupt endete, als der Barbar die Axt aus dem Magen des Halborks entfernte. Der Steinriese trat zwei Schritte zurück und sah sich um. Neben ihm lag sein Bruder, vor ihm ein Zwerg mit einer sehr schmerzhaften Waffe, ein wild und hingrig aussehender Barbar, und hinter der Säule lugte dieser Hänfling hervor, der seinen Bruder derart zugerichtet hatte. Zu allem Überfluss näherte sich aus seinem Rücken der verrätersiche Kobold mit einem Glitzen in den Augen. Der Steinriese erkannte den Tod, wenn er ihn sah. Aber er würde nicht alleine gehen.

Er nahm seine Keule quer und schleuderte sie auf den Kobold. Helion gin in Deckung, gerade als der Riese vortrat und nach Dirim griff. Boras schlug ihm auf den rechten Arm, und Thargad trennte ihm gar den linken Daumen ab, aber der Riese packte sich Dirim trotzdem, um ihm das Leben aus der Brust zu pressen. Mit einem Ruck riss er den Zwerg an sich. Dirim spannte seine Muskeln an und schaffte es, Schuldspruch gerade voraus zu halten. Er spürte einige Rippen knacken, aber er spürte auch, wie die Waffe butterweich in den Magen des Riesen glitt. Der Riese stöhnte auf und blickte sich verwirrt um. Dann knickte er ein und fiel rückwärts nach hinten.

Diesen Augenblick nutzte der letzte Halbork zur Flucht. Die Kettenbrecher sahen ihm einen Moment nach, dann studierten sie die Szene vor sich. Dirim heilte sich, Thargad und Boras, während sie sich schnell beratschlagten.

»Nettes Empfangskomitee«, sagte Thargad.

»Sie wissen also, dass wir kommen«, sagte Helion.

»Oder vermuten es«, sagte Dirim. »Und wer weiß, ob die Flüchtlinge nicht Verstärkung holen.«

»Stimmt.« Helion schüttelte den Kopf. »Wir hätten Beregard und seine Leute mitnehmen sollen, um die Tür zu sichern. Boras, du musst das übernehmen.«

»Ich?«, fragte der Barbar. »Aber da oben warten Kämpfe auf mich.«

»Du kannnst die Wachen in Schach halten, wenn sie zurückkommen, ohne mit einem Feuerball die ganze Straße niederzubrennen oder uns die Heilzauber zu nehmen«, erklärte Helion. »Du bleibst hier und bewachst das Tor. Wenn nichts passiert, oder Thamior kommt, kannst du ja nachkommen.«

Boras legte die Stirn in Falten. »Das gefällt mir nicht. Aber gut.« Er bezog Aufstellung an der Vordertür.

Die restlichen drei Kettenbrecher stiegen die große Trepppe hinauf, die sie in die nächsten Ebenen des Tempels bringen sollte.

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-

Dreißig Schritt über dem Boden verjüngte sich der Finger abrupt. Der Zwischenraum war ein breiter Absatz, der mit einer hohen Brüstung gesichert wurde. An den acht Ecken des Turmes standen steinerne Gargylen Wache. Die steile Treppe aus dem Inneren der Kirche endete außen auf dem Absatz, genau entgegengesetzt zu einer Doppeltür, die in die privaten Bereiche der Kirche führte.

Helion, Dirim und Thargad hasteten durch den Regen zu eben dieser Tür. Aus den Augenwinkeln behielten sie die Gargylen im Auge, doch sie rührten sich nicht. Dirim zog an der Tür.

»Verschlossen«, grummelte er.

»Wenigstens wissen wir jetzt, dass keine Falle dran ist«, sagte Thargad mit Blick auf den Zwerg. Er betrachtete das Schloss. Es sollte kein Problem sein, es zu knacken. Ruhig nahm Thargad zwei Metallbolzen heraus. Einen Handgriff später zog er die Tür auf.

Die drei Kettenbrecher standen in einem kleinen Vorraum, der mit immerleuchtenden Fackeln und Bildern zu Ehren Azuths geschmückt war. Je eine Doppeltür führte nach links und rechts, eine kleinere Türe geradeaus.

»Hört ihr das?« Von rechts kamen Knurrlaute.

Thargad zog seine Schwerter, Dirim sein heiliges Symbol und Helion die Tür auf. Sie blickten in einen großen Speisesaal mit langen Tischen und Platz für zwanzig Personen. Große Eichenschränke mit Glastüren hielten das passende Geschirr. Zwischen den Tischen liefen zwei große hundeähnliche Geschöpfe herum. Ihre Schnauzen waren auf der Höhe von Dirims Helm, ihre Kiefer voller gelblicher Zähne, und ihre Haut war faulig schwarz, runzlig. Es waren Untote.

»Ich mache das«, sagte Dirim.

Er marschierte in den Saal. Einer der beiden Ghulhunde sprang auf den nächsten Tisch und bleckte die Zähne. Der andere näherte sich knurrend, zum Sprung bereit. Dirim streckte ihnen sein heiliges Symbol entgegen.

»Im Namen der Gerechtigkeit: weichet!«

Das Symbol blitzte auf. Dirim spürte, wie heilige Energie durch seinen Arm floss,
aber er spürte auch, dass sie sich in dieser bösen Umgebung nicht voll entfalten konnte. Die Hunde wichen zurück, den Schwanz zwischen den Hinterläufen eingeklemmt, aber nicht zerstört.

»Gehen wir weiter«, drängte Helion.

Die Kettenbrecher durchquerten den Raum, beobachtet von hilflosen Hundeaugen. Am Ende des Speisesaals führte eine Treppe in den nächsten Stock. Unter der Treppe war ein offener Verschlag mit verstärkten Türen, in denen sonst anscheinend die Hunde aufbewahrt wurden. Die drei beachteten den Verschlag nicht. Sie gingen nach oben.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 30. September 2006, 16:27:43
Im Originalabenteuer war der Azuthtempel erschreckend langweilig. Ich habe einen mehrstöckigen Tempel gebaut, aber wollte keine wirklich schweren Begegnungen hinzuerfinden. Darum habe ich die Ghulhunde erschaffen:

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 30. September 2006, 17:30:53
Zitat
Fun Note
Als die SC zum Azuthtempel gingen (und als Dirim seine Zauber aussuchte), habe ich auf Helions Anregung tatsächlich "Ein guter Tag zum Sterben" musizieren lassen


Von JBO oder Manowar?
Zu dem Zeitpunkt waren die Kettenbrecher aber doch noch ganz gut beieinander oder?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 30. September 2006, 17:34:17
JBO. :)

Ich hoffe, es kommt rüber, dass der Kampf gegen 8 KÄ8, zwei Steinriesen und einen KLE8 fast ohne Verwundung ablief – erst, als ich die Kämpfer Boras' "Power Attack 5" habe kopieren lassen (statt PA 9), gings etwas besser für mich.

Da ich Netzprobleme habe (mein Provider ist seit gestern unerreichbar), muss ich bis zum nächsten Update weitere Kommentare in die Hände meiner Spieler legen.

Bis nächste Woche.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. Oktober 2006, 21:04:43
Fuck that waiting shit!

Berühmte letzte Worte

Die anderen hatten sie nur verächtlich angesehen.

»Wir wollen kein Geschenk von Graz’zt«, hatte die Elfin gesagt. Dabei hatte gerade sie doch ihr eigenes Geschenk erhalten, wenn auch aus der anderen Richtung. Nur der Mann mit den Tätowierungen – Kheyne – hatte sie ruhig angesehen.

»Warum nicht?«, hatte er gefragt. Und trotz der Proteste seiner Kameraden hatte er ihre Hand ergriffen und sie in den ersten Stock dieser kargen Wirtstube geführt, in sein Zimmer. Dort hatte sie sich sofort ihres Kettenhemds entledigt. Sonst trug sie nichts. Ihr Schweif kitzelte seine Brust.

»Was willst du?«, fragte sie. »Blond? Brünett? Mein wahres Antlitz? Einen Mann?«

Kheyne sah sie an. Sein Blick war hart, unbarmherzig. Das gefiel ihr.

»Ich will«, sagte er und klopfte neben sich auf das Bett, »dass wir uns unterhalten.«

»Reden?«, fragte sie und biss sich auf die Lippen. »Schmutzige Worte? Tiernamen? Beleidigungen?«

»Nein«, sagte Kheyne kalt. »Das Thema lautet Unabhängigkeit.«


----

Im nächsten Stock wartete eine weitere, schmalere Treppe nach oben, außerdem einige kleinere und zwei größere Türen. Von einer der größeren Türen kam ein kratzendes Geräusch.

»Wieder Hunde?«, mutmaßte Thargad.

Dirim griff sein heiliges Symbol. »Wir werden sehen.«

Helion zog die Tür auf. Dahinter war einst der Schlafsaal der Jungpriester gewesen, unschuldige Akolythen, ihr Herz voller Ehrfrucht für den Gott der Magie. Zwanzig Betten standen darin, davor ein kleiner Koffer für Hab und Gut. Ein dumpfer, schwarzer Rauch erfüllte die Luft. Nekrotitdampf. Doch seine Macht war verflogen, sein Werk getan. Anstelle der Akolythen blickten nun neunzehn hungrige Untote, noch immer in den Gewändern der Azuthkirche, zur offenen Tür. Sie hoben ihre Klauen und bleckten die Zähne.
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»Tyr vergib mir«, schluckte Dirim. »Ich hätte diese Seelen retten können.«

Er trat in den Raum.

»Jetzt gibt es nur noch eine Rettung.« Er riss sein Symbol nach oben, und ein gleißendes Licht füllte den Raum. Die Kettenbrecher schlossen für einen Moment die Augen, und als sie aufsahen, waren von den Untoten nur neunzehn leere Roben geblieben.

»Ruhet in Frieden«, sagte Dirim. Helion machte das Zeichen Azuths. Thargad schwieg.

»Weiter«, drängte der Kobold nach einer Minute.

Die zweite Doppeltüre führte in ein großes Bad, von wo man wieder in den Schlafsaal kam, oder zu den Aborten. Wieder war es Thargad, der etwas von dort vernahm.

»Ein Keuchen«, sagte er.

Die Kettenbrecher betraten den Abort. Ein Dutzend einzelner Verschläge bot Raum für Privates, und hinter einem dieser Verschläge keuchte und schluchzte es. Helion riss die Tür auf.

Dahinter saß ein Azuthpriester mit verquollenen Augen und blasser Haut. Er war leicht übergewichtig und sein Haar hatte bereits begonnen, lichter zu werden.

»Hilfe!«

Der Priester begann mit einem Zauber. Thargad klopfte ihm mit der Breitseite seines Schwerts auf die Finger.

»Au!«

»Lass das lieber, Fran«, sagte Helion.

»Ihr kriegt mich nicht lebend!«, rief Fran Wintergerst.

»Fran«, sagte Dirim langsam, »sehen wir aus wie Schergen Embrils?«

Fran betrachtete den Zwerg mit dem brennenden Auge, den Kobold, und den ganz in schwarz gekleideten düsteren Krieger.

»Ja«, sagte er.

»Sind wir aber nicht«, sagte Thargad. Er hielt ihm das Symbol Helms entgegen, das von seiner Brust baumelte. »Schon mal gesehen?«

»Wir kommen von Jonas«, sagte Helion. »Aus der Scheuen Fee.«

Fran errötete. »Oh. Er... er ist ein Schulfreund.«

»Schon klar«, sagte Dirim. »Erzähl mal, was hier passiert ist.«

»Also... also gestern abend habe ich gehört, wie Calmus Vel mit Sendra sprach, dass sie etwas den Akolythen antun wollten. Ich war auf dem Weg zu... na ja. Zu Jonas. Eigentlich durfte niemand den Finger verlassen, Embril hatte es verboten, aber... Im Speisesaal waren diese, diese, keine Ahnung. Ich habe versucht, sie zu vertreiben, aber es hat nicht geklappt. Als ich die Akolythen warnen wollte, kam so ein komischer Rauch unter der Tür durch. Und dann hörte ich Calmus Vel die Treppe runterkommen. Also habe ich mich hier versteckt.«

»Die ganze Nacht?«, fragte Helion.

»Ja. Irgendwann bin ich eingeschlafen.«

»Also gut. Wir sind hier, um dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Calmus Vel ist tot. Die Anderen werden folgen. Wo müssen wir lang?«

»Tot?« Fran sah sie an. »Ah. Entschuldigt. Ihr müsst nach oben. In die Spitze des Turms. Von da aus kommt ihr in Embrils Gemächer.«

»Wer ist noch da oben?«

»Ich – keine Ahnung. Vielleicht ein paar Wachen, vielleicht Ike Iverson. Der zweite Stock ist für uns tabu gewesen, außer dem Zauberraum und dem Krankenzimmer.«

»Na gut. Wenn wir dich schweben lassen, kommst du dann hier weg?«

Fran dachte nach. »Nein. Die Gargylen auf dem ersten Absatz bannen alle, die nicht über die normalen Wege kommen.«

»Aber von dem Absatz aus kannst du zu Fuß aus der Kirche raus«, sagte Helion.

»Dann... ja.«

»Gut. Wir nehmen dich mit bis zum zweiten Absatz, und dann lassen wir dich auf den ersten Absatz runter. Dann kannst du uns wenigstens noch sagen, ob wir etwas Wichtiges verpassen.«

-

Der augenblickliche Stock enthielt noch die Zimmer von Fran, Sendra und Calmus Vel, aber in keinem war besonders viel zu holen. Calmus Vel hatte anscheinend gepackt, und die Kettenbrecher sackten sich den Goldbeutel und die Tränke ein, die griffbereit standen. Der nächste Stock beinhaltete Labor, Werkstatt und Schreibstube. Die Kettenbrecher ließen alle links liegen und stiegen eine schmale Treppe hinauf, die sie nach draußen auf den zweiten Absatz führte. Es regnete immer noch, und auch hier waren die Ecken mit Gargylen besetzt.

Fran stellte sich auf die Kante der Brüstung, und Helion wirkte einen Federfallzauber. Fran sprang, und die Kettenbrecher sahen ihm nach, wie er durch den Regen segelte, um sanft auf dem Absatz dreißig Schritt unter ihnen zu landen. Mit einem letzten Gruß verschwand er im Inneren der Kirche.

Die Kettenbrecher überquerten den Absatz. Wieder wartete eine Tür auf sie. Thargad beugte sich vor, um das wesentlich bessere Schloss in Augenschein zu nehmen. Die beiden Gargylen nahe der Tür räkelten sich plötzlich und sprangen mit einem Flügelschlag auf den Schurken zu.

»Vorsicht!«, rief Helion.

Thargad drehte sich instinktiv zur Seite, und die Klaue des Gargylen ging fehl. Thargad rollte sich unter dem Geschöpf durch, damit er und Dirim es in die Zange nehmen konnten. Seine Schwerter fanden wie von selbst in seine Hände. Eins schlug eine tiefe Kerbe in die Steinhaut, das andere Schwert aber prallte nutzlos von derselben ab. Gleichzeitig zog Dirim Schuldspruch hervor. Er schwang das Schwert in hohem Bogen, und die Klinge loderte in rotweißem Feuer, als sie dem Gargylen einen Flügel abtrennte. Helion stemmte sich auf die Brüstung, um ein wenig Platz zu haben, und zeigte dem Gargylen die offene Handfläche.

»Manus Ignum!«

Ein Fächer aus heißem Feuer bedeckte die Kreatur. Der Gargyle sprang zurück, flatterte einmal mit seinen verkrüppelten Flügeln, und stürzte in den Tod. Helion sah ihm nach. Am Eingang der Kirche hatten sich einige Schaulustige und ein halbes Dutzend Wachen versammelt. Sie alle blickten zu ihm hoch, einige zeigten mit dem Finger.

Der zweite Gargyle stieß mit dem Kopf nach Thargad. Der Schurke wich aus, stützte sich auf den Kopf und lief dann seitwärts an der Wand entlang, um hinter das Geschöpf zu kommen. Dirim trat vor und machte die Zange komplett. Thargad tieß zu, Dirim stieß zu, und der Gargyle starb wie ein Brathuhn: aufgespießt.

Thargad steckte seine Waffe ein und nahm die Dietriche hervor.

»Keine Zeit«, sagte Helion. »Apertis!«

Die Tür schwang auf. Dahinter war eine schmale Kopie des ersten Vorraums, links und rechts je eine Tür. Links: Ein langer Raum, am Ende Schmauchspuren, nahe der Tür ein Regal mit Komponenten. Rechts: ein Zimmer mit Bahre und einer magischen Holzkiste, aus der man Verbandszeug abrollen konnte. Und eine weitere Tür.

»Verschlossen«, sagte Dirim wieder. »Und kein Schlüsselloch.«

»Wie schließen Priester ihre Türen?«, fragte Helion naseweis.

Dirim tätschelte sein heiliges Symbol. »Schon klar.« Er sammelte heilige Energie in seinem Arm, und mit einem Ruck stieß er die Tür auf.

Sendra, die jüngste Klerikerin Vel’Sharoons in Cauldron, stand in einer wahren Folterkammer: eine Streckbank, eine eiserne Jungfrau, ein Kohlefeuer mit glühenden Eisen, sowie drei enge Käfige standen in dem Zimmer. Zwei glasartige Röhren führten nach oben. Neben Sendra waren drei Ghule im Zimmer, die auf ihrer Haut Spuren der Folterwerkzeuge aufwiesen.

»Willkommen!«, rief sie. »Seid ihr bereit für den Schmerz?«

»Und du?«, fragte Helion und hob seinen Stecken des Feuers zum Gruß.

Flammen explodierten im Raum. Zwei der Ghule wurden zu Staub zerblasen. Der dritte Ghule war angesengt. Sendra war voller Brandblasen, und ihre Rüstung war an einigen Stellen geschmolzen.
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Thargad ließ sie gar nicht mehr zu Wort kommen. Er lief vor, deutete einen Schlag auf den Ghul an, rollte sich über die Streckbank und stieß Sendra sein Kurzschwert direkt in den Hals. Dirim war direkter: er trat einfach nur vor, und die flammende Klinge seines Schwertes schlug dem Ghul den Kopf ab.

Dirim tätschelte das Schwert. »Ich mag dich.«

Schließlich sahen sie sich die seltsamen Röhren an. Schnell hatten sie herausgefunden, was es damit auf sich hatte. Auf einer Röhre lag ein Schwebezauber, auf der anderen Federfall. Gefährlich war nur, dass jeweils nur eine Person in der Röhre Platz fand.

Dirim ging zuerst. Er schwebte langsam nach oben, und bald stellte sich Thargad unter ihn. Dann folgte Helion.

-

Die Röhren endeten in einem großen Raum. Zwei Hochbetten standen am anderen Ende, vier Rüstungshalter, ein Waffenständer und eine Übungspuppe. Es war ein Wachraum, und die vier dazugehörigen Wachen warteten schon. Alle vier waren weibliche Halborks und mit denselben Großäxten bewaffnet wie die Wachen im Tempel. Je zwei von ihnen standen rechts und links der Schweberöhre, sodass Dirim sich mitten in diese Gasse stellen musste, wenn er den nachkommenden Kettenbrechern Platz machen wollte.

»Komm her, Kleiner«, sagte eine der Wachen.

Dirim trat vor, und gleich prasselten die Schäge auf ihn ein. Er ertrug das Gewummer mit Fassung. Hinter ihm kam Thargad aus der Röhre und erfasste die Situation mit einem Blick. Er schob sich an Dirim vorbei, sprang über einen Axtschwung, landete kurz auf Dirims Schild und sprang gleich weiter, in einem Salto über eine Halborkin, die sich nun zwischen ihm und dem Zwerg befand. Schon lagen die Waffen in seinen Händen, blutverschmiert, und die Wache ging in die Knie, ohne verstanden zu haben, was passiert war.

Dirim warf einer anderen Wache einen Kussmund zu. Sie schrie auf und donnerte ihre Axt gegen Seelenblick, aber der Schild bekam nicht einmal einen Kratzer. Dirim stieß sie zurück und ließ seinerseits einen Schwerthieb folgen, der ihr eine Wunde am Arm beibrachte.

Unbemerkt von den Kämpfenden kam nun auch Helion oben an. Er blieb im Schutz der Röhre stehen und suchte sich ein Ziel.

»Arcanex!«

Fünf weiße Perlen zerplatzten in einer bislang unverletzten Wache, und zur Sicherheit ließ Helion noch einen schnellen Flammenstrahl folgen. Die Halborkin flimmerte vor Hitze, aber ihr Blick verhieß nichts Gutes für den Kobold. Sie hob die Axt – und erstarrte, als zwei kurze Klingen aus ihrer Brust wuchsen.

Thargad trat der toten Wache mit dem Fuß in den Rücken und schob sie von seinen Schwertern. Dann lief er auf die Seitenwand zu, trat gegen die Mauer und katapultierte sich seitwärts an der nächsten Wache vorbei, die jetzt ebenfalls zwischen ihm und Dirim stand. Der Zwerg schüttelte den Kopf.

»Zu einfach«, sagte er.

Er schlug zu, und die Wache blockte den Schlag mit ihrer Axt. Damit legte sie ihre Seiten offen, und Thargad spießte gleich beide ihrer Nieren auf.

»Stört mich nicht«, sagte der Assassine.

Dann sahen sie alle zur letzten Wache. Die Halborkin schluckte, blickte kurz zur Federfallröhre, neben der Helion grimmig hockte, und stürzte sich dann mit einem Kampfschrei auf Thargad. Der blieb unbeeindruckt.

»Selber schuld.«

-

Aus dem Wachraum führte eine Türe in ein Nebenzimmer, sowie zwei Röhren weiter nach oben.

»Wir müssten bald da sein«, sagte Dirim. »Sollen wir noch ein paar Schutzzauber wirken?«

»Keine Zeit«, sagte Helion.

Dirim zuckte mit den Schultern. Er trat in die Schweberöhre.

-

An der Spitze des Fingers saß ein riesiges Auge von fast zwanzig Schritt Höhe. Das Innere des Auges war hohl. Auf eine der unteren Schrägen hatte Embril ein Podest bauen lassen, von dem herab sie hoffte, ihre unheiligen Messen zelebrieren zu können. Zwei Opferkreuze standen auf diesem Podest. Dasselbe Röhrensystem, das überhaupt ins Innere des Auges führte und von dort in Embrils eigene Kammer, verband das Podest mit der unteren Ebene. Dort warteten vier Zombies, die Embril aus mühsam hierher geschafften Graureißern geschaffen hatte, auf die Eindringlinge.

Neben diesen zähen Riesen warteten aber noch weitere Gehilfen hier, die Embril dank einiger mühsam ausgehandelter Verträge für ihre Sache hatte gewinnen können: Infernale, teuflische Geschöpfe der Nacht. Die Infernale hatten keinen Namen genannt; einer war ein Krieger, der andere ein Hexer. Beide hatten sich hinter die Röhren zurückgezogen und Schatten um sich gesammelt, um beinahe zu verschwinden.

Und dann war da ja noch Embril selbst. Sie hatte gewusst, dass die Kettenbrecher früher oder später kommen würden. Wussten sie inzwischen, wer damals die Schätze verraten hatte, um die Gunst der Käfigschmiede und Vlaathus zu erhalten? Damals hatte Horas Dambrodal für die Maßlosigkeit gezahlt, ihre Avancen zurückzuweisen, und bis heute war Embril erbost darüber, dass sie nicht wusste, ob die Schätze tot waren. Aber es war egal. Bei den Kettenbrechern würde sie sicher gehen.

Sie hatte ihre Hausaufgaben gemacht. Sie hatte Zauber auf sich, die sie vor Feuerbällen, Blitzstrahlen und natürlich magischen Geschossen schützten. Sie war vor Todesmagie geschützt. Sie war auf den Flammenschlag des Zwergs vorbereitet. Sie hatte sich generell vor Zaubern geschützt, und Rüstungszauber auf ihrem Plattenpanzer sowie ihrem Schild liegen. Ihre Sense glänzte vor geliehener Magie. Sie war künstlich stärker, und ausdauernder. Sie konnte auf einen Blick erkennen, wer ihrer Gegner am schwersten verwundet sein würde. Sie hatte ein Heldenmahl eingenommen. Durch eine Schriftrolle umgaben sie drei Spiegelbilder, und dank des Schattenhexers konnte sie fliegen. Auf ihrer Zunge lagen ein schneller Gunstzauber sowie Gebete um göttliche Macht und Stärke. Und wenn alle Stricke reißen sollten, hatte sie immer noch...  daran würde sie nicht einmal denken.

Embril hörte Kampfgeräusche aus dem Wachraum und zog sich tiefer in die Schatten um ihr Versteck zurück. Es war doch gut gewesen, einen der Seelenkäfige zu behalten.

Sie war bereit.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. Oktober 2006, 21:05:30
Besserer Schnittpunkt, oder?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 02. Oktober 2006, 11:37:50
Zitat von: "Berandor"
Sie war bereit.

Hexe.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 02. Oktober 2006, 14:27:31
Ach... du... Scheiße...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Nye am 02. Oktober 2006, 14:50:24
Ich kann mir irgendwie gar nicht vorstellen dass die SC einem Kampf mit Embril gewachsen sind. *zitter*
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 02. Oktober 2006, 18:25:28
Ihr wollt mir doch nicht wirklich erzählen, dass die Kettenbrecher in einen "Endkampf" gehen ohne ihren besten Kämpfer!?!?!? :x
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 02. Oktober 2006, 18:30:18
Da zeigen sich die wahren Helden ;).
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pestbeule am 02. Oktober 2006, 20:05:21
@Berandor (passt hier besser rein): Nur bei der wörtlichen Rede. Das ist für mich so sehr anstrengend zu lesen. Ich habs lieber zusammengerückt. Aber da ich der einzige bin, den diese Schreibweise stört, liegt wohl mehr an mir!  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 02. Oktober 2006, 20:12:38
Kann ich verstehen; in der Druckfassung ist der Dialog ja "normal".
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 03. Oktober 2006, 16:31:02
Sie ziehen in den schwersten Kampf ihres Lebens-und zwar nur zu dritt und ohne zusätzliche Schutzzauber :boxed:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Serath am 03. Oktober 2006, 16:58:33
Zitat
»Wir müssten bald da sein«, sagte Dirim. »Sollen wir noch ein paar Schutzzauber wirken?«

»Keine Zeit«, sagte Helion.


Was hat denn deine Spieler da geritten? Sich nicht mal 30 Sekunden Zeit nehmen um ein paar Zauber zu wirken? Aber hätte vermutlich auch nichts gebracht, ohne den Besten, Boras, können die doch nieeeeeemals gewinnen.  8)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 03. Oktober 2006, 17:44:29
Ich sehe das anders. Das zeigt, daß einem Alignment nicht ganz so egal ist. Effizienz wird bei Vielen nur allzu oft ind en Vordergrund gestellt.

Wie oft ich bei meinen Leutz schon die Haare gerauft habe, weil sie aus Eile freiwillig auf bestimmte Sachen verzichteten.

Weiter so, Kettenbrecher 8) .
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 03. Oktober 2006, 18:20:33
Weil heute Feiertag ist...

Im Auge des Sturms

»Embril, ich kann nicht!« Horas war aufgestanden, und als Embril seine Hand ergriff, schüttelte er sie ab.

»Warum nicht?«, fragte die junge Priesterin. »Wir verstehen uns, lieben die Magie – und ich weiß, dass ich gut aussehe.«

Horas sah sie nicht an. »Ich liebe eine andere.«

Embril stand jetzt auch. Sie griff seine Schultern. »Aber sie liebt dich nicht. Ich schon.«

Horas begegnete ihrem Blick. »Dann weißt du ja, wie ich mich fühle.«

Embril ließ ihn los. »Dann geh. Geh zu ihr wie der Hund, der du bist. Schlaf zu ihren Füßen und freu dich über die Reste, die sie unter den Tisch fallen lässt.«

Horas schüttelte den Kopf. »Ich verzeihe dir«, sagte er. Dann verließ er sie.

Embril aber saß noch lange da. Verzeihen? Das würde er büßen...


---

Die Fahrt mit der Röhre dauerte länger als die vorherigen. Zwischendurch war Dirim von Stein umgeben. Es war klar, dass die Röhre ein Stockwerk übersprang und direkt im Auge landete.

Dann sah er die große, hohe Halle. In der Mitte des Auges, ganz oben unter der Decke, hing ein großer Metallkäfig mit Totenschädelmotiven. Ansonsten sah Dirim vier gewaltige Zombies, aus Geschöpfen gefertigt, die er noch nie gesehen hatte, aber die sich vor allem durch ein großes Maul auszeichneten. Schnell trat er aus der Röhre, um Thargad Platz zu machen.

Im selben Augenblick hörte er, wie jemand in der Entfernung begann, Zauber zu wirken. Er wartete, aber es kam kein Effekt, und das Zaubern ging weiter. Während er verzweifelt versuchte, den Ursprung des Zaubers auszumachen, kam hinter einer weiteren Glasröhre ein Schattenwesen hervor. Es war die humanoide Gestalt eines starken Kriegers, in seinen Händen ein nachtschwarzer Zweihänder. Trotz seines fehlenden Gesichts sah der Schattenkrieger aus, als grinse er. Die Kreatur schlug nach Dirim, und nur seine Rüstung stand zwischen Dirim und der nächsten Welt.

Thargad kam aus der Röhre und erbleichte, als er die ganzen Untoten sah. Auch der Schattenkrieger schien ein solcher zu sein und damit vor Thargads gezieltesten Angriffen geschützt. Der Schurke zog sich erst einmal auf die Schräge zurück, die gegenüber des Podests lag. Er sah sich um. Irgendwo zauberte jemand. Für einen Moment waren es zwei Stimmen, die zauberten, dann war es wieder nur die eindringliche Stimme aus den Schatten. Er meinte, hinter einer entfernten Säule eine weitere Schattenkreatur gesehen zu haben, diese wie in einer Robe aussehend, aber sicher war er nicht.
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Dirim beachtete den Schattenkrieger nicht und suchte weiter nach dem versteckten Zauberwirker. Aber er konnte nur das ungefähre Gebiet einschätzen. Es musste reichen. Er trat einen Schritt vom Schattenkrieger weg.

»Bei dem Lärm kriegt man ja Kopfschmerzen. Tyr mach, dass es aufhört!«

Ein Gebiet der Stille breitete sich über die hintere Ecke des Raumes aus und ließ auch den Zauberer verstummen.
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»Schon besser.«

Einer der großen Zombies schob sich langsam auf Dirim zu und stand nun über ihm. Langsam zogen sich die Lefzen zurück, um ein Stück Zwerg zu kosten. Die anderen Zombies schoben sich langsam durch den Raum, ohne Ziel.

Helion kam aus der Röhre, und mit einem Wort und einem Dimensionstor sprang er auf das Opferpodest. Er sah den Käfig unter der Decke, und ihm kam eine Idee. Er zeigte mit dem Finger direkt auf die Kette des Käfigs.

»Pulveris!«

Der grüne Strahl fraß sich durch das Eisen, und mit einem lauten Knirschen löste sich der Käfig aus seiner Verankerung. Das tonnenschwere Gerüst schwebte für einen Moment, dann fiel es langsam, schneller, schließlich raste es dem Boden entgegen. Dem Boden und einem der Zombies.
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Der Seelenkäfig durchbohrte die linke Seite des Graureißers und rammte sich dann tief in den Boden des Tempels, sodass der Zombie festgenagelt war. Jedes Lebewesen wäre gestorben, aber der Zombie riss sich einfach von dem Käfig los und kümmerte sich nicht darum, dass die Hälfte seines Körpers dabei zurückblieb. Gleichzeitig sah man nun Embril Aloustinai an der Decke fliegen, wo sie sich versteckt hatte. In diesem Augenblick vollendete sie ein weiteres Gebet und wuchs auf gut drei Schritt Größe an. Sie sprühte vor magischer Energie und war von drei Spiegelbildern umgeben.

Endlich hatte Thargad ein Ziel. Mit Hilfe seiner Spinnenstiefel schritt er die Wand des Auges hoch.

»Ich komme, Embril.«

Während dies geschah, hatte Dirim selbst genug zu tun. Der Schattenkrieger nahm sein Schwert in eine Hand. Schwarzes Feuer bildete sich in der anderen, und er griff nach Dirim. Der Zwerg war zu langsam. Der Krieger berührte ihn, und die schwarze Energie breitete sich über Dirims Plattenpanzer aus. Dann flackerte es, und mit einem mal war die Rüstung geisterhaft-durchlässig. Dirim unterdrückte einen Fluch.

»Wollen wir mal sehen, ob du Feuer magst. Tyr, brenne dieses Geschöpf vom Antlitz Faerûns!«

Der gewaltige Flammenschlag brannte sich in den Zombie neben ihm. Der Schattenkrieger hob schützend die Arme, und auch wenn er sichtlich verwundet war, so hatte sich Dirim doch mehr erhofft.

»Danke, Tyr«, ätzte er. Dann fasste er Seelenblick und Schuldspruch. »Hoffentlich bist du wenigstens chaotisch böse.«

Aus dem Schatten und dem Stillefeld trat der Schattenhexer heraus, den Thargad zuvor schon erhascht hatte. Die berobte Gestalt hob die Arme zu ausholenden Gesten, und ihre Stimme hallte durch den Saal.

»Imago Horribilis!«

Thargad sah plötzlich ein Geschöpf auf sich zukommen, dass jeder Beschreibung spottete. Es hatte Klauen, und Zähne, und Tentakel, und – eine Schulmädchenuniform? Er schüttelte den Kopf. Blinzelte. Das Geschöpf verblasste, dann war es weg.

»Das war wohl nichts.« Er sah auf. »Embril! Komm her!«

Mit einem Gedanken entflammte die Rüstung wieder.

Embril sah auf den Schurken nieder. »Also gut. Hebe ich mir Helion eben für den Schluss auf.«

Der Angesprochene fixierte Embril mit zusammengekniffenen Augen. Ein Wort genügte, und magische Geschosse zerfetzten Embrils Spiegelbilder. Aber sie prallten harmlos in die echte Priesterin. Embril bedachte ihn mit einem mitleidigen Blick. Rauch kam aus Helions Nüstern.

»Incendere!«

Er konzentrierte sich, und lodernde Flammenstrahlen rasten durch die Luft, von Helion mit maximaler Wirkungskraft versehen. Zwei brannten schmerzhaft auf ihrer Haut, den dritten verriss Helion und lenkte ihn gegen die Wand.

»Embril!«, rief er. »Azuth ist gar nicht gut auf doch zu sprechen.«

»Zu dem komme ich auch noch«, sagte Embril nur. Dann flog sie auf Thargads Höhe herunter. Der Schurke erkannte zu seinem Entsetzen, dass er die Priesterin gar nicht berühren konnte. Durch ihre Magie hatte sie ihre Sense eine zu große Reichweite. Embril grinste. Funken sprühten bei jeder ihrer Bewegungen, und selbst die Flammen der Rüstung boten kaum Schutz vor ihren Hieben.

»Na los, Schlampe«, sagte Thargad. »Zeig, was du kannst.«

Embril legte alle Kraft in ihre Schläge. Die Sense fuhr nieder und zerteilte die Luft auf ihrem Flug. Thargad tänzelte, warf sich herum, und Embril schlug daneben. Ihr zweiter Hieb kam waagerecht. Thargad löste seine Füße von der Wand und hielt sich nur mit den Händen. Wieder daneben. Noch ein senkrechter Hieb, und wieder rollte sich Thargad zur Seite. Embril schrie.
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Der Zombie biss von oben herab. Dirim hielt Seelenblick empor und verkantete es zwischen den gewaltigen Kiefern. Er war zwar vor dem Biss geschützt, wurde aber hin und her gerüttelt, da er den Schild nicht loslassen wollte. Der Schattenkrieger schlug einmal, und Dirim blockte mit Mühe. Der zweite Hieb verletzte ihn am Bein. Dirim spürte, wie sich Gift in seine Wunde fraß, aber die Wirkung stellte sich nicht ein.

»Einen Zwerg vergiften«, sagte er. »Idiot!«

Trotzdem stand die Lage schlecht. Er war ungerüstet. Er konnte fliehen, zurück ins Heiligtum des Tyrtempels. Und seine Freunde allein lassen? Nein. Schuldspruch riss dem Schattenkrieger die Seite auf, und Dirim sah die Waffe leicht rötlich flimmern. Also nur böse.

»Wenigstens etwas«, sagte er.

Thargad war in Nöten. Er zog einen Dolch heraus und schleuderte ihn auf Embril, aber mit all ihrer Magie wehrte sie den Angriff spielend ab.

»Helion!«, rief er. »Tu was!«

Helion trat einen Schritt vor. Sein Blick fiel auf den Schattenhexer. Der Schattenhexer sah zu ihm.

»Oh-oh«, machte der Kobold, als er die Gesten des Hexers erkannte. Es war der Beginn zu einem Zauber, der für Helion noch zu mächtig war, und der auf schreckliche Art jedes Leben in seinem Wirkungsbereich verdörren ließ. Negative Energie sammelte sich in den Händen des Schattenhexers. Helion sah sich um. Hinter den Opferkreuzen stand ein Altar. Besser als nichts. Er lief los. Der Schattenhexer streckte die Arme, und der Ball aus negativer Energie schoss direkt nach oben. Helion sprang auf den Altar. Ein Blick zurück zeigte ihm eine Wolke aus schwarzem Hunger, die sich rasch vergößerte. Helion rutschte hinter den Altar und zog die Arme über dem Kopf zusammen.

Kälte umpülte ihn, zerrte an ihm, presste ihn zusammen.

Helion biss sich auf die Zunge. Der Schmerz fühlte sich gut an. Er wehrte sich.
Dann war das Gefühl vorbei, und Helion noch am Leben.
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Er stand auf und spurtete zurück zum Rand des Podests. Der Schattenhexer schien überrascht.

»Ich bin dran.« Sein Zeigefinger wies direkt aufs Ziel. »Pulveris!«

Der grüne Strahl traf den Hexer und überwand seinen Widerstand. Für einen Moment zitterte die Kreatur, dann explodierte sie zu Staub.
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»Der nächste«, sagte Helion und sah zu Embril. »Dispensat!«

Embril fuhr herum, als Helions Zauber an ihren Schutzzaubern zu nagen begann. Sie schrumpfte, wurde schwächer, irgendwie – gewöhnlich.

»Der Flugzauber«, bat Helion. »Bann den Flugzauber!«

Jedoch gehörte der Flugzauber zu dem Teil der Magie, die an Embril haften blieb. Trotzdem war sie jetzt wieder menschengroß, und damit für Thargad erreichbar.
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»Na dann«, sagte der Schurke. »Gib Küsschen.«

Der Zombie riss weiter schmerzhaft an Dirims Arm. Der Zwerg ignorierte den Schmerz. Er hatte einen wichtigeren Gegner. Wieder traf ihn der Zweihänder des Schattenkriegers am Bein, und nur mit Mühe parierte Dirim den zweiten Hieb. Er selbst schlug verzweifelt auf den Krieger ein, der ebenfalls auf mehreren Wunden blutete. Es war knapp. Wenn dieser Zombie nicht wäre...

Thargad stieß nach Embril, doch sie wehrte auch in ihrer geschwächten Form den Hieb ab. Dann ließ sie Sense Sense sein und konzentrierte sich.

»Vel’Sharoon, ich schenke dir das Leben dieses Mörders. Nimm es dir.«

Ihre Hand glühte purpurn, und als sie Thargad berührte, wich das Leben aus ihm. Nur mit Mühe blieb er bei Bewusstsein. Embril wirbelte herum und ließ einen weiteren Schadenszauber folgen. Irgendwie schaffte es Thargad auszuweichen... nein, doch nicht. Der Zauber entlud sich mit einem Knall, und der Schurke fiel zu Boden. Embril flog ihm nach und blieb neben ihm stehen.
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Wieder riss der Zombie an seinem Arm, und diesmal musste Dirim den Schild loslassen. Wild schlug er nach dem Schattenkrieger. Der trat zur Seite und stieß dem Zwerg das Schwert in die Seite. Dirim hustete Blut. Dann brach er zusammen.

Der Schattenkrieger trat in den Schatten hinter der Säule und stand plötzlich hinter Helion auf dem Podest. Im letzten Moment spürte Helion die Anwesenheit und wich dem Schlag aus, während sich unten der hungrige Zombie direkt über Dirim positionierte.

Embril lachte. »Zu dritt? Ihr kommt zu dritt? Ich werde dir zeigen, was euch dieser Hochmut eingebracht hat.«

Sie sah zum Zombie.

»Eins.« Gelbe Hauer durchbohrten Dirims Körper und zerfetzten ihn dabei. Embril hob die Sense.

»Zwei.« Sie schlitzte Thargad von oben nach unten auf. Sie sah zum Schattenkrieger, der sein Schwert bereitmachte.

»Arcanex!« Magische Geschosse rammten sich in den Körper des Infernalen und schleuderten ihn zu Boden, wo er leblos liegen blieb. Helion stieß Rauch aus.

»Oh, entschuldige. Habe ich dich unterbrochen?«

»Dann mache ich es selbst.« Sie erhob sich in die Lüfte. »Wenn du wirklich Horas’ Sohn bist, wird es mir eine besondere Freude bereiten, dich ebenso zu vernichten wie deine Eltern.«

Helion schluckte. Er hatte noch einen Teleportzauber. Aber Embril war verletzt. Ein Blitzstrahl könnte genügen. Oder ein gut getroffener Flammenstrahl. Er leckte sich die Lippen. Er musste nur gut treffen.

»Grüß deine Eltern von mir«, sagte Embril. »Vel’Sharoon, ich bitte dich: Zerstöre diesen Emporkömmling!«

Helions Augen öffneten sich erstaunt über die Macht des Zaubers. Dann öffneten sie sich noch weiter, als die Schmerzen einsetzten. Und dann schwollen sie so stark an, dass die Augäpfel zerplatzten. Schließlich stieß eine Flamme empor, und dann war von dem Kobold nichts mehr übrig als das, was er im Leben besessen hatte.

-

Embril verharrte einen Augenblick in der Luft und atmete tief durch. Es gab viel zu tun. Die Leichen fleddern – Dirim würde sie aus dem Zombiemagen schneiden müssen. Ihre Sachen packen, die Spuren verwischen und Ike Iverson töten. Und verschwinden, bevor der Elf und der Barbar auftauchten.

Trotzdem gönnte sie sich einen Augenblick, um den Sieg zu genießen. Ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. Der Test war erfolgreich gewesen, und die Käfigmacher hatten ihr Paket bereits erhalten: sowohl der Nekrotitdampf als auch die Traummaschine waren bereit. Der Tempel war aufgeflogen, aber mit Ike Iversons Tod würde der letzte mächtige Kleriker aus Cauldron verschwinden. In ein paar Wochen würde sie wieder im Finger einziehen, ganz offiziell. Zu guter Letzt hatte sie den Zwerg vernichtet, vor dem sie die Käfigmacher gewarnt hatten, und den möglichen Nachfahren des Schoßhunds Horas Lutharias und seiner Hure.

Heute war ein guter Tag.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 03. Oktober 2006, 18:30:56
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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 03. Oktober 2006, 18:56:56
Sie gingen das Los der Helden. Denn Helden haben alle eines gemeinsam: Sie sterben für ihre Ideale und bewirken bis dahin Großes, bleiben am Ende in den Geschichten der einfachen Bürger bestehen :wink: .
Amen. :pope:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Serath am 03. Oktober 2006, 19:07:58
Ach du Sch****.

Aber ich hoffe doch, dass Boras und Thamior sie rächen werden und dieser Embril zeigen was es heißt sich mit den Kettenbrechern anzulegen. *das kann doch nicht das Ende sein mein*

Wobei es sicher schlechtere, unwürdigere Enden gibt als dieses...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pestbeule am 03. Oktober 2006, 19:40:51
Schade das sie nicht erfolgreich waren. Für mich waren sie sowieso eher eine Art Antihelden. Die meisten kamen sehr kalt und rabiat rüber.  :oops:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Blackthorne am 04. Oktober 2006, 07:34:57
Komm schon, die sollen weitermachen. Ich habe gestern mit meiner Gruppe Kapitel Neun gespielt; da fängt der Spaß erst an.  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 04. Oktober 2006, 09:24:24
So, jetzt kann ich ja ein paar Worte schreiben, weil es raus ist. Wird natürlich wirr und unstrukturiert, aber das kennt ihr ja...

1. Es war spät, Shaz nicht da (Thamior), Boras um 23:00 Uhr nach Hause gefahren (Boras nicht mehr da), Dirim und Kylearan hundemüde (wie immer vor 07:00 Uhr vom jeweiligen Kind geweckt). Dann sagt Beranor noch "ist nicht mehr viel", und zumindest ich habe den heftigen Endkampf da nicht drunter verstanden, also weitermachen.

2. Ja, ich war derjenige, der zu Eile (in game) getrieben hat - ich hatte noch einige Schutzzauber laufen, die im 1 Minute/Stufe Bereich liegen und so noch Wirkung hatten.

3. SL-Fehler? Gab's mE keine - ich fand den Kampf wirklich fair (auf dem Papier), und ohne meine Müdigkeit hätte ich wohl etwas anders gehandelt. Zum Beispiel hätten wir von den Hast-Tränken einige mitgenommen, ich hätte mich mehr um den Ring of Wizardry II des Valorianers gekümmert (und damit zwei, drei Scorching Rays mehr feuern können), meine Pearl of Power II eingesetzt und so weiter.

Nun gut, ich hatte mir auch deutlich mehr von der Aktion mit der Säure auf Velsharoons Antlitz versprochen und natürlich gedacht, dass der Seelenkäfig eine wirklich Bedeutung hatte. So ein Mist.

4. Spielerfehler - siehe 3. Und DIrim hat auch die Sache nicht Richtung Endkampf gesehen wie Berandor das wohl erwartet hat. Selbst Thargad, sonst auch jemand, der sagt, hey, das ist jetzt mal eine Scheiß-Idee, war mit dabei.

5. Gefühl der Session
Seit gut zehn Jahren habe ich nicht mehr die Zeit beim Rollenspiel vergessen. Es war gegen 02:00 Uhr, als ich im Bett war - und Berandor hat um 23:00 Uhr gesagt "nicht mehr viel". Meine Frau fand das gar nicht lustig, aber der Abend war erfolglos (aus Sicht der Kettenbrecher) und total klasse (aus Sicht des Spielers).

6. Gefühl nach der Session
Mies. Boras und Shaz sauer (besonders letzterer, weil er ja nun gar nicht dabei war und ich spontan gesagt habe, dass für mich die Kampagne jetzt vorbei sei) und bei mir Frust, da mir Helion doch sehr ans Herz gewachsen ist. Und dann Embrils letzter Spruch: "Ein Versager, genau wie sein Vater." Schl....pe!

7. Was folgt?
Ihr werdet es ja sehen. Jedenfalls treffen wir uns am 21.10. wieder, und dann werden die Käfigmacher erfahren, was ein Phyrrhus-Sieg ist... Im Ernst, die Kampagne macht zuviel Spaß, Dirim, Berandor, Thargad, Boras und Shaz wollen unbedingt weitermachen, und ich habe - neben dem Verlangen nach JBO's "Ein guter Tag zum Sterben" immer gescherzt, dass mein Ersatzcharakter ja schon fertig in der Schublade liegt. Stimmte so zwar nicht, aber das ist er mittlerweile fast. Berandor hat schon signalisiert, dass er ihn in die Kampagne einbauen kann, und so ist Cauldron noch nicht endgültig verloren, denke ich.

8. Infos zu einigen Hintergründen von Berandor
Heb' dir das mal auf, bis wir wirklich fertig sind. Meine Anfragen waren verfrüht...

9. @Darigaaz
So soll es sein. Zumal die Kettenbrecher ja schon einige in Cauldron für sich geworben haben, sogar Vortimax Veer ist ja ein wenig aufgetaut.

10. @Serath
Ich denke, dass werden Thamior und Boras auch tun. Und ja, das Ende der drei war schon ziemlich übel und heroisch. Ab jetzt gibt's aber richtig auf's Maul, denke ich!

11. @Pestbeule
Antihelden? Ts, ts. ;-) Mich würde aber mal deine Kurzcharakterisierung der fünf Kettenbrecher interessieren, wer "kalt" war etc. Immer nett, sich mal von außen zu sehen. Wie üblich stellt sich mir auch die Frage nach den von euch gefühlten Gesinnungen, da wir sie im Spiel eher sekundär betrachten (Ausnahmen bei Dirim bestätigen die Regel) und ja so spielen, dass Handlungen die Gesinnung bestimmen und nicht der Eintrag auf dem Charakterbogen.

12. @Blackthorne
DU hast Recht, das wird jetzt richtig spannend. Zumal Berandor es hervorragend versteht, solche Ereignisse auch stimmungsvoll in seine Kampagne einzubauen.

13. Schlusswort
War doch chaotisch, oder? Ich habe aber die Hoffnung, dass wir inhaltlich überzeugend weiter spielen werden und die Geschichte jetzt zwar einen mittleren GAU erlebt hat, aber nicht zu Ende ist. (Wer Schätzings "Schwarm" gelesen hat, weiß, was ich meine.)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 04. Oktober 2006, 10:35:21
Ich persönlich warte auf die Truppe, die der ''Biatch'' :D  so richtig die Kanne blankhaut. Ziemlich frustrierend sich sowas kurz vor seinem Tod anhören zu müssen von wegen Versager etc.
Alleine deswegen solls nicht aufhören, obwohl es eigentlich kein schlechter Abgang war. Man kann eben nicht immer gewinnen.

Ich persönlich finde es viel schlimmer, daß solche Sachen wie Käfige an der Decke etc., die eigentlich nur Atmosphäre verbreiten, so hingestellt werden, als würden sie nicht beachtet. Die Idee mit dem Käfig war einfach nur genial, ich finde, in vorgefertigten Abenteuern sollte es bedacht werden und mit einer Möglichkeit B integriert werden, also auf die Intelligenz der Spieler eingegangen werden, denn so abwegig ist dieser Einfall gar nicht, obwohl ich jetzt nicht habe rauslesen können, ob der Käfig an nem Seil oder mit Ketten befestigt war, evtl. hätte man mit nem einfachen Pfeil oder so da Zauber sparen können. Noja, hinterher ist man immer schlauer ;).

Auf jeden Fall Rache gewähren. Der Tusse gehört der Hintern versohlt ;).
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Zechi am 04. Oktober 2006, 10:39:36
Die richtig gefährlichen Gegner kommen ja noch :D

Da ja nicht alle SC anwesens waren, war es auch kein richtiger TPK, da heißt es definitiv weitermachen.

Also neue SCs machen, Optimierungstips gibt es hier im Forum ;)

Gruß Zechi
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 04. Oktober 2006, 14:34:02
Zitat von: "Zechi"
Die richtig[/i] gefährlichen Gegner kommen ja noch :D

Da ja nicht alle SC anwesens waren, war es auch kein richtiger TPK, da heißt es definitiv weitermachen.

Also neue SCs machen, Optimierungstips gibt es hier im Forum ;)

Gruß Zechi

Na ja, zwecks schönerer Story muss Berandor den ein oder anderen etwas leichter gestalten. Und das Optimierungsforum meide ich, ich sehe den AP (noch) nicht als so gefährlich an, dass ich da Hilfe suche ;-)

Und dank Hintergrundgeschichten zu Ausrüstungen "out of the book" habe ich die Goldschwelle bei Berandor etwas nach oben drücken können ;-)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 04. Oktober 2006, 15:24:12
*applaudier*
Ein großes Ende, einer großen Gruppe. Dennoch darf nicht aufgegeben werden.
Hoffe die Kettenbrecher steigen wieder in den Ring? (Wie auch immer)
Grandiose Momente durfte ich mit diesen Jungs erleben und ich danke allen Teilnehmern. Mögen eure Seelen ewig Ruhe finden und mögen euch eure Kameraden rächen...
Klasse SH und ich war jedes Mal, wenn ich ein neues Update lesen konnte, heiß auf meine eigene Gruppe. (In der zum zweiten Mal das Frontschwein in letzter Sekunde draufgegangen ist)
Thx Berandor
Thx Kettenbrecher, wir sehen uns in Faerun  :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pethoc am 04. Oktober 2006, 15:38:26
Geniale SH, das muss man dir lassen. Bei dem letzten Kampf empfinde ich als einzigen wirklichen Fehler den Umstand das du zugelassen hast das deine Gruppe unvollständig in den Kampf geht. Ich denke das mit Boras der Kampf ganz anders verlaufen wäre.

An die Gruppe. Lasst den Kopf nicht hängen, noch ist nicht aller Tage abend und evtl. kann man ja den einen oder anderen Wiederbeleben. Hatte Dirim eigentlich seinen Wunsch noch offen?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 04. Oktober 2006, 17:22:19
Zitat von: "Pethoc"
Hatte Dirim eigentlich seinen Wunsch noch offen?

Jepp.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pethoc am 05. Oktober 2006, 10:57:50
Hm wenn Dirims Leiche  nach einem Tag nach Occipitus verschwindet, sorgt die Ebene eigentlich auch für eine Wiederbelebung oder wird der Körper nur "konserviert"?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Jadephoenix am 05. Oktober 2006, 11:14:07
Tolle Story Hour, hab sie mir mit großer FReude die letzten Tage durchgelesen. Ich hab zwar ein KApitel glaub ich ausgelassen, aber doch meinen Respekt Berandor toll geschrieben. Auch an die Spieler die Charaktere gefallen mir echt gut.

Ich hoffe doch mal, dass es noch weitergeht. Boras ist ja auch noch da. Helion als Kobold find ich immer noch klasse *g*.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Nye am 05. Oktober 2006, 11:57:22
Die Situation riecht imho nach zweiter Teil einer Trilogie. Spannungshöhepunkt, es sieht aussichtslos aus für die Helden, usw. Im dritten Teil schlagen die Helden dann zurück! :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 05. Oktober 2006, 15:03:21
Dirim wird konserviert, nicht wiederbelebt.

Berandor
wundert sich über die ganzen Leute, die hier plötzlich posten :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 05. Oktober 2006, 15:42:33
Stille Leser.  :grin:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 05. Oktober 2006, 15:54:57
Du weißt doch, man schweigt und genießt.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 05. Oktober 2006, 16:15:05
Hm, wenn Dirim nicht mehr auftaucht, wer übernimmt dann das Ding mit dem Kifferauge? Oder brauchts das nicht zum Bestehen des AP?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 05. Oktober 2006, 16:43:02
Es gine auch ohne... irgendwie Aber Dirims Spieler ist relativ sicher, dass der Zwerg sein letztes Urteil noch nicht gesprochen hat.

Und "Kifferauge" ist super. So heißt das ab jetzt.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pestbeule am 05. Oktober 2006, 16:48:03
Zitat von: "Berandor"
Dirim wird konserviert, nicht wiederbelebt.

Berandor
wundert sich über die ganzen Leute, die hier plötzlich posten :)


Tu nicht so scheinheilig. Das war alles geplant um die Posts nach oben zu treiben!  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 05. Oktober 2006, 17:20:57
Also wann gehts weiter?  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 05. Oktober 2006, 17:31:38
Wir spielen am 21.10. und zwar in voller Besetzung.

Unser zweijähriges Kampagnenjubiläum! Ich schenke der Gruppe einen Pit Fiend. Das kriegen die locker hin. Ist ja schließlich kein DSA hier.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 05. Oktober 2006, 17:42:38
Zitat von: "Berandor"
Wir spielen am 21.10. und zwar in voller Besetzung.

Unser zweijähriges Kampagnenjubiläum! Ich schenke der Gruppe einen Pit Fiend. Das kriegen die locker hin. Ist ja schließlich kein DSA hier.

Wünsche für Kiffer! Wünsche für KIffer! Hurra!

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 05. Oktober 2006, 17:51:59
Storyteller unser in Krefeld,
gepriesen sei dein Name,
deine Fortsetzung komme,
deine Geschichte erzähle,
wie bei dir, so auch auf unseren Bildschirmen,
unser tägliches Update gib uns heute,
und vergib uns unsere dummen Kommentare,
so auch wir vergeben dir lange Wartezeiten,
und führe uns nach Cauldron...

Amen  :P
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 05. Oktober 2006, 18:57:32
Amen  :pope:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 23. Oktober 2006, 07:58:01
Hallo, haaaaallllloooo

Wir wissen alle was Du letzten Samstag getan hast....!
Du bist schuldig!
Erkläre dich hier und heute und setze fort was Du Sonntag an deinem PC begonnen hast.
Wir warten schon viel zu lange Berandor :twisted:
Citon

P.S. gibts hier einen Computerhäcker :twisted: ......ach vergesst die Frage :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Anonymous am 23. Oktober 2006, 18:29:19
also die SH ist schon der Hammer! wäre schade wenn sie vorbei wäre!!!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. Oktober 2006, 20:33:14
Wie man auf meiner Homepage[/utl] sehen kann, ist die aktuelle SH nicht sehr weit fortgeschritten. (http://www.p-pricken.de)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 25. Oktober 2006, 08:38:07
Zitat von: "Berandor"
Wie man auf meiner Homepage[/utl] sehen kann, ist die aktuelle SH nicht sehr weit fortgeschritten. (http://www.p-pricken.de)


Du hast vergessen an die 1 noch zwei nullen dranzuhängen :roll:

Bitte :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 16. November 2006, 14:29:51
Hast Du vielleicht einen kleinen Teaser für uns?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 16. November 2006, 19:29:47
Ich bin voilstens beschäftigt. Leider also nein. Aber ich bemühe mich, was geschrieben zu kriegen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: meist3rbrau am 16. November 2006, 20:17:16
...und vergiß die Absätze nicht!  :grin:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 17. November 2006, 20:50:14
Auf jeden Fall ist Cauldron noch  nicht gefallen. Und es mag sein, dass die Kettenbrecher nicht ganz so allein sind, wie zuletzt angenommen.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 18. November 2006, 01:58:03
Diese Warterei und eure Andeutungen machen mich wahnsinnig... :)
Berandor bitte denke doch mal an deine Fangemeinde, denn diese ist dein Kapital  :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 19. November 2006, 13:52:23
Ich tease mal ein bisschen...

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Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. November 2006, 15:50:22
Mehr! :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 19. November 2006, 18:16:36
Das ist sarkastisch und deinen Lesern gegenüber unfair Berandor...  :D
Aber jetzt weißt du wie wir uns fühlen  :P
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 19. November 2006, 19:35:56
Zitat von: "Berandor"
Mehr! :D

Morgen vielleicht.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. November 2006, 23:31:40
Ich versuche, morgen ebenfalls was zu posten. Und dann lobe ich die nächste (übernächste) Gastrolle aus für denjenigen, der rät, was ich gerade lese :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 20. November 2006, 20:44:44
Schicksale

Mit den Göttern ist das so eine Sache. Früher, da gab es mal Tyche, die Göttin des Schicksals, Zufalls, und was so dazugehört. Aber die Zeiten ändern sich, und da muss auch eine Göttin immer auf der Hut sein. Plötzlich also keine Tyche mehr, sondern Zwillingsschwestern. Tymora und Besheba. Und seitdem gab es diese Streitigkeiten, wer denn jetzt wofür zuständig ist. Weil wenn einer in den Abgrund fällt, ist das zwar Pech für ihn, aber gleichzeitig Glück für die Tiere, die unten am Abgrund leben und zu fressen kriegen. Oder nehmen wir ein anderes Beispiel, die Sache mit den Kettenbrechern.

Da waren also die drei Kettenbrecher von Embril umgebracht worden. War natürlich Pech dabei. Und Glück für Embril, dass Thamior zu dem Zeitpunkt nicht in der Stadt war, sondern im Wald beten. Thamior bekam von Solonor Thelandira sogar eine Antwort, warum Annastrianna im Bogen gefangen war. Obwohl natürlich, Götter sind halt so, die Antwort verschlüsselt war:

»Annas persönliche Hölle bedeutet das Seelenheil vieler anderer, aber ihr könnt sie befreien – wenn das euer Wunsch ist.«

Thamior ärgerte sich, dass der Satz so undeutlich war, und hat noch etwas mehr gebetet, ob noch eine Erklärung kommt. Kam aber nicht. Also ist er zurück in die Stadt. Ist natürlich Pech gewesen, dass er jetzt erst am Tyrtempel ankam, als Dirim und die anderen gerade im Auge des Fingers getötet wurden.

Und in dem Augenblick sind auch noch andere in die Stadt gekommen, also Neuankömmlinge. Der eine ein richtiger Ritter, in glänzender Rüstung aus roten Schuppen auf einem prächtigen Rappen. Hat einen purpurnen Umhang und einen Schild gehabt, beide mit dem Symbol von Siamorphe, und einen Namen: Jørgen von Velbert (von Siamorphe). Hat sogar einen Koch gehabt, und der natürlich: Halbling, also Dieb. Obwohl der Milo, so hieß der Halbling nämlich, in Wahrheit gar kein Dieb war, sondern ein Magier, und der konnte zwar gut verschwinden, aber mehr so zufällig.

Milo hatte einen Teleportfluch, und manchmal stand der in dem einen Augenblick noch da, und im nächsten Moment schwupps, sitzt der auf dem Schoß von einem Paladin – ohne dass die sich kennen. So haben sich Milo und Jørgen auch kennen gelernt, und weil der Jørgen nett und der Milo eben kein Dieb war, sind sie zusammen gereist. Nach Cauldron. Wo sie genau in dem Moment in die Stadt kommen, als Embril den Dirim aus dem Magen des Zombies schnitt hat, und Thamior sich auf den Weg zum Azuthtempel machte.

»Was ist denn hier los?«, hat Milo gefragt.

»Die sind alle auf dem Weg zu diesem riesigen Tempel«, hat Jørgen geantwortet. »Das sehen wir uns an.«

So, und jetzt kann man natürlich sagen, das war Pech, dass die beiden auch erst nach dem Tod von Dirim, Helion und Thargad in die Stadt kam. Oder es war Pech, dass Milo ausgerechnet zu Jørgen teleportiert wurde, weil was danach alles passierte... aber letzten Endes auch wieder Glück, weil zu zweit hätten Boras und Thamior Dirim bestimmt nicht retten können, und Cauldron sowieso nicht. Obwohl das natürlich schon wieder so etwas Schicksalhaftes hat, dass wenn Abenteurer sterben, die schnell von noch gierigeren Abenteurern ersetzt werden, und das kam dann eigentlich noch von Tyche. Da haben die Schwestern gar nichts mit zu tun, mit dem Schicksal.

Jedenfalls waren plötzlich viele Leute auf dem Weg zum Azuthtempel, weil da stand der Boras vor und ließ keinen rein. Nicht mal die ganzen Stadtwachen, die davor waren. Und obwohl der Anführer seine Leute angebrüllt hat, ist doch keiner auf die Idee gekommen, den Boras anzugreifen, weil dessen Axt war immerhin genauso groß wie so ein durchschnittlicher Wachmann. Gleichzeitig wollte der Anführer der Wachen auch nicht auf den Boras schießen, weil Armbrustbolzen sind ja mehr wie Insektenstiche, wenn der einmal sauer ist, und dann ist er vielleicht vom Tor weg, aber die Wachen alle tot, und das hilft dann auch nicht. Also eigentlich haben alle gewartet, dass jemand kommt. Der Anführer der Stadtwachen auf die MGA, und Boras auf Thamior. Auf Jørgen und Milo hat natürlich keiner gewartet, weil die ja neu waren. Die sind aber trotzdem gekommen, fast gleichzeitig mit Thamior. Der war zwar schnell, und auch ein wenig eher in der Stadt, aber wenn da ein Ritter mit seinem Streitroß durch die Straße prescht, dann machst du Platz, egal ob der eine glänzende Rüstung oder einen Halbling auf dem Schoß hat.

»Ha!«, hat Boras gerufen, als Thamior sich an den Wachen vorbeischob und in den Tempel.

»Heda!«, hat der Anführer der Wachen gerufen, aber gemacht hat er doch nicht viel, weil eigentlich mochte er die Kettenbrecher, und die Leute haben zugesehen, und er wollte weder die Kettenbrecher umbringen noch vor den Leuten niedergeprügelt werden, und da hat er lieber nichts gemacht.

»Ho!«, hat Jørgen gerufen, weil da bleibt so ein Pferd bei stehen, und die Leute hören gleich, dass wer da ist. Dann ist der Jørgen abgesprungen, und der Milo auch schnell. Der kannte das nämlich schon, dass das Pferd vom Jørgen so einfach verschwindet, und wirklich: ist dann auch passiert. Aber Jørgen hat das geschickt gemacht, weil er jetzt schon auf der Treppe zum Tempel gestanden, vor den Wachen, und nur noch Boras zwischen ihm und dem Blutbad, was er aber schon von außen sehen konnte.

»Was ist hier passiert?«, hat Jørgen gefragt.

»Der Tempel ist böse«, hat Boras geantwortet, und wie Jørgen seine Paladinsicht eingesetzt hat, hat er gesehen: stimmt.

»Bist du neu?«, hat Thamior gefragt. Jørgen hat genickt. »Hmm. Zwei Neulinge in der Stadt, und ihr seht wehrhaft aus.« Dann hat er die Augen geschlossen, weil er kennt natürlich auch dieses Schicksalhafte, und jetzt hat er nicht gewusst: Glück oder Pech. Auf jeden Fall hat er jetzt natürlich Böses geahnt, und deshalb hat er auch gesagt: »Am besten kommt er mit«, obwohl er die Wachen niemals mitgenommen hätte.

»Moment mal!«, hat der Anführer der Wachen gerufen. Er war ja schließlich Anführer, da will man nicht so einfach übergangen werden. Hat aber nix genützt. Jørgen und Milo sind einfach die Treppe hochgestiegen, und Boras hat sie zögerlich vorbei gelassen, vielleicht auch, weil beim Milo so viele Töpfe und Kochsachen am Rucksack gehangen haben und Boras irgendwie hungrig war. Aber jetzt hat der Anführer der Wachen doch gedacht, wenn ich die Neulinge auch noch in den Tempel lassen, dann kann ich mich gleich zur Hühnersuppe melden, weil gerupft. Und da haben die Armbrustschützen sich doch bereit gemacht. Und dann hat der Jørgen seinen Trumpf ausgespielt.

Ist natürlich klar gewesen, dass Jørgen nicht so einfach zufällig nach Cauldron gekommen ist. Tyche gab es ja nicht mehr, und damit war es auch mit dem Zufall so gut wie gegessen. Jørgen gehörte nämlich dem Ritterorden des Silberkelches an, der die Reichsritter stellte. Und er hatte eine königinliche Order, sich in Cauldron umzuschauen, ob denn da der Adel noch so gut fürs Volk wäre, wie Siamorphe es fordert. Und natürlich wollte er das nicht unbedingt an die große Glocke hängen. Aber jetzt ist er gerade erst in der Stadt, und schon steht er vor einem riesigen unheiligen Tempel und wird von Stadtwachen bedroht, und also doch Glocke.

»Im Namen der Krone werde ich jetzt diesen Tempel betreten und mir selbst ein Bild machen, welche Bösartigkeit sich in seinen Grundfesten breit gemacht hat.«
Das hat er gesagt – wenn man Eindruck schinden will, redet man am besten etwas geschwollen, jedenfalls haben sie ihm das auf der Paladinschule beigebracht – und dabei seine versigelte Order hochgehalten. Mit dem königinlichen Sigel. Und da hat der Anführer der Stadtwachen gleich Ruhe gegeben, weil der Jørgen war damit irgendwie selbst von der Wache. Und wenn ich mir den Anführer so angucke, der bis vor gut einem Jahr sein Schwert nur zum Putzen in der Hand hatte, dann war das doch wieder ein ziemliches Glück.

Und so sind Thamior, Jørgen und Milo dann in den Azuthtempel gegangen, Thamior vorneweg – weil böse Ahnung –, und Boras ist am Tor geblieben, weil Hoffnung auf Straßenkampf.

-

Weil der Kettenbrecher und die beiden Neuen jetzt ja nicht gewusst haben, dass Dirim, Thargad und Helion im Auge gestorben sind, mussten sie natürlich jeden einzelnen Raum des Tempels durchsuchen. Das war auch interessant, aber außer einem kurzen Kampf gegen die Ghulhunde – Jørgen war ein ziemlich guter Kämpfer: sein Schwert hieß Läuterung, sein Bogen Herzfinder, und seine Rüstung Treoks Bollwerk, da musste man nicht mehr viel sagen, wusste man schon alles. Jedenfalls dadurch war der Kampf gegen die Ghulhunde ziemlich kurz, und davon abgesehen war alles ruhig.
In der Folterkammer haben sie dann die tote Klerikerin entdeckt, und die Transportröhren. Thamior ist mit seinen magischen Schuhen gleich die Abwärtsröhre hochgeklettert, wozu hat man diese Schuhe sonst? Milo und Jørgen sind ganz normal hochgeschwebt, von denen hatte ja keiner Kletterschuhe. So sind sie dann durch den Wachraum und in das Auge hoch, aber keine Sorge: Embril war schon weg. Da waren nur noch die vier Graureißerzombies, und zwei von denen sowieso schon tot, darum der Kampf keine Frage von Glück oder Pech, sondern nur der Zeit. Als die dann gekommen war, haben die drei nach Spuren gesucht.

Thamior hat natürlich schnell die Leiche des Schattendämons gefunden, und ein Haufen Überreste von Helion, weil die neuesten Zerstörungszauber lassen natürlich alle Wertgegenstände zurück, sonst würde die ja kein Abenteurer einsetzen, der was auf sich hält. In einem der vorher schon toten Zombies haben sie die Leiche von Dirim gefunden, aber die war nicht mehr zu gebrauchen. Ein paar Gegenstände haben auch gefehlt, zum Beispiel Schuldspruch. War jetzt natürlich Pech für Embril, dass Dirim bald mit all seinen Besitztümern nach Occipitus gebracht wurde. Obwohl natürlich auch kein Glück für die Kettenbrecher, weil Dirim war ja noch tot, und bis die in Occipitus waren... so gesehen war das also ganz im Sinne von Besheba, und Tymora hat diesmal ziemlich dumm geguckt. So wie die drei Recken, als der zweite tote Zombie mehr so von innen aufgerissen worden war, und von Thargad keine Spur. Weil haben sie ja damals nicht wissen können, was da passiert ist.

Außerdem noch blutige Fußspuren, die zu einem neuen Paar Schweberöhren führten, und Thamior musste zwar jetzt die richtige Röhre nehmen, um runter zu kommen, ist aber trotzdem geklettert.

Drunten dann das Zimmer von Embril, leicht durcheinander. Man darf natürlich nicht vergessen, Embril hat ja geahnt, dass da noch mehr kommen würden, und deshalb schnell alle Beweise packen und verschwinden. Und vorher natürlich noch Ike Iverson umbringen. Das haben sich die drei zumindest gedacht, als sie die nackte Männerleiche in ihrem Käfig gefunden haben. Weil vorher waren sie in Ike Iversons Zimmer gewesen, und der Azuthaltar darin, reines Gold! Also immer noch heilig, sprich: Ike kein Verräter, sondern nur tot.

Jetzt hat Thamior das Zimmer grob durchsucht, und nicht viel gefunden. Aber weil der Grundriss so komisch war – das war nämlich ein wenig so, als hätten die Kettenbrecher eine Karte des Turms gehabt, und da kann man so was natürlich leicht erkennen –, hat er noch einmal genau eine Wand abgesucht. Und ist gleich zweimal fündig geworden. Erst hat er die Geheimtür in die Schatzkammer gefunden, und dann noch die Falle mit dem Auflösenzauber drauf. Aber keine Angst, den Thamior trifft man erstens sowieso nicht, und dann Auflösenzauber ohnehin sehr ungenau, da musst du nur den Helion fragen. Die Schatzkammer war jetzt also auf, und voller Gold, aber sonst nichts wichtiges.

Da sind die Kettenbrecher wieder runter gegangen, und auf dem Weg hat Thamior noch mal genau gesucht, aber der Hinweis war eben genau da in Embrils Zimmer, wo er nicht so genau gesucht hat, so kann das gehen. War natürlich Pech, obwohl: wer weiß, was die sonst gemacht hätten mit dem Brief, und ohne Dirim – da ist es besser so, wie es dann gekommen ist. Also irgendwie doch Glück.

-

Natürlich waren Thamior und Boras jetzt ganz geknickt, weil ihre alten Freunde tot waren oder zumindest irgendwie aus dem Magen eines Zombies verschwunden sind – und sollte man nicht glauben, wie schleimig so ein Zombiemagen noch sein kann. Jedenfalls kennt man das ja, wenn da zwei Leute trauern, und man selbst kennt weder die Leute noch die Toten besonders gut. Da haben sich Jørgen und Milo also erst Mal verabschiedet. Boras und Thamior sind heim gegangen, was wieder den Anführer der Stadtwache gefreut hat, weil der ja jetzt seine Jungs hat reinschicken können in den Tempel. Und Jørgen und Milo, die sind zum Stadtherren, um Bericht zu erstatten. Der Stadtherr war zwar nicht da, aber Valanthru hats dann auch getan.

Der Valanthru saß gerade mit Grukk Zwölftöter zusammen, als Jørgen und Milo reingekommen sind. Jørgen hat sich noch mal vorgestellt, komplett mit Glocke, und dann berichtet.

»Der Azuthtempel wurde von Verrätern geführt, die Vel Sharoon anbeten, den Gott der Untoten.« Jørgen hat nämlich das Symbol von dem Mosaik erkannt gehabt. »Wie es aussieht, war Embril Aloustinai die Anführerin dieser Verräter. Als die Kettenbrecher ihr auf die Schliche kamen, hat sie ihnen eine Falle gestellt und einen Kampf geliefert, bei dem die erwähnten Helden getötet wurden.«

Jetzt hat Valanthru erst Mal verwirrt geschaut, und dann betroffen, weil merkt man ja schon, der Jørgen hat wieder so eindrucksvoll geredet.

»Die Kettenbrecher tot?«, hat Valanthru gefragt. »Wie furchtbar.«

Er war ganz ernst dabei, aber hinter ihm hat der Ork gegrinst und Wein geprustet. Das hat der Ernsthaftigkeit schon ein wenig geschadet, und Valanthru hat ihn auch böse angesehen.

»Das muss ich erst einmal verdauen«, hat Valanthru gesagt, und da hat man gleich gesehen: der Grukk hat den Wein ausgespuckt, der muss nicht verdauen. Valanthru schon.

»Natürlich«, hat Jørgen gesagt, obwohl: der hatte jetzt schon so seine Zweifel.

»Bitte entschuldigt. Ich lasse euch ein Zimmer im Trunkenen Morkoth herrichten, auf Kosten der Stadt. Wir können dann ein anderes Mal besprechen, was der eigentliche Grund Eures Besuchs ist.«

»Natürlich«, hat Jørgen wieder gesagt, und dann ist er mit Milo wieder rausgegangen, um seine Sachen unterzubringen und die Kettenbrecher aufzusuchen. Weil auch wenn der vom Königshof kam: Abenteurer sind einander ímmer sympathischer als Verwalter, und Valanthru war zwar Elf und fast Stadtherr, hat Jørgen aber trotzdem an einen ziemlich unangenehmen Verwalter erinnert, und da ist er natürlich lieber bei Leuten, mit denen er sich über Blut und Gold unterhalten kann. Und Milo ist sowieso mitgekommen, weil Kochen und Totenfeier gibt Leichenschmaus, und da war ein Halbling natürlich immer dabei. Auch wenn der kein Dieb war und betrunkene Trauernde ausrauben wollte.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 20. November 2006, 22:35:23
Hehe! Die Sendung mit dem Berandor ;)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 21. November 2006, 11:42:12
Klingt komisch,  ist aber so.
Euer Peter Lustig...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 21. November 2006, 13:13:02
Netter Versuch.

Hattest du eigentlich keine Lust mehr oder wolltest du einfach mal was neues probieren?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: meist3rbrau am 21. November 2006, 17:44:45
Also wenn ich mir vorstelle, da sitzt so ein Berandor in einer Taverne und erzählt mir diese Geschichte, dann sehe ich gleich: Der ist betrunken. Was Irgendwie schon Pech ist, denn so ein Berandor redet dann furchtbar undeutlich und mit viel zu vielen Absätzen. Aber immerhin weiß ich dann schon mal wieder, wie es weiter gegangen ist, oder zumindest, dass es weiter gegangen ist. Und das ist dann schon wieder Glück, irgendwie.

Irgendwie ging es mir da vorhin ein wenig schlechter, als ich so diese Geschichte gelesen habe. Aber nun geht es mir schon wieder ein wenig besser, kleiner Bär-andor.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 21. November 2006, 18:38:39
Zeit für eine neue Kampagne: don't drink and write ;-)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 21. November 2006, 19:39:00
Dem muss ich widersprechen, die besten Autoren waren stets betrunken.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 21. November 2006, 21:04:14
Da es keiner rät: Ich lese gerade einen Fünf-Roman–Band von Wolf Haas (Die Brenner-Krimis), und die sind so geschrieben. Da wehr dich mal gegen, wenn du dich einfach abends hinsetzt und was runterschreibst, und noch in Zeitnot.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 22. November 2006, 00:00:46
Sammaster sei Dank liest du nicht gerade Krieg und Frieden. Wobei dann wenigstens die Länge der Updates entsprechend anwachsen würde.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 22. November 2006, 12:02:52
Den Stil hat jemand 5 ganze Romane durchgehalten?! :blink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 22. November 2006, 12:03:07
Zitat von: "Osric"
Dem muss ich widersprechen, die besten Autoren waren stets betrunken.

Oder auf Drogen. Lewis Carrol war bei Alice im Wunderland und Hinter den Spiegeln ganz bestimmt unter Drogen.

Übrigens bin ich mal gespannt darauf, ob der Erzähler ingame auftaucht, denn eigentlich empfand ich den Wechsel des Stils mal sehr nett; er ist auch in sich stilistisch gelungen, finde ich. Und er spiegelt so ein bisschen den Frust mit, bei Embril versagt zu haben und nun ein paar neue Helden einbringen zu müssen.

Aber: die Drehbuch-Szene zu Stadt in Ketten II (?) war besser ;-)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. November 2006, 18:32:53
Der Stil wird auf jeden Fall noch ein oder zwei Updates bleiben, also quasi bis "jetzt". SO was auszuprobieren (wie auch das Drehbuch) behalte ich mir vor :) Demnächst also: Epische Dichtung!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 22. November 2006, 18:50:45
Aber bitte in mittelhochdeutsch!

Berandor was ein here:
sine dinc stunden mit erin
unde mit grozen zuhtin an sinen grove
daz ime da an gote nichtes ne gebrach,
wene daz er ane vrowen was.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. November 2006, 18:59:12
Na, da muss ich bald auf aventiure, das sehe ich schon. Und dann Zwerge, Ritter... lieber nicht.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 22. November 2006, 20:55:45
*Luftsprung mach*
Endlich ging es weiter!
Der Stil war eigentlich ganz lustig zu lesen und eine schöne Abwechselung, der normale ist zwar besser, jedoch wiegt die  Abwechselung das aus.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 23. November 2006, 09:13:55
Zitat von: "Berandor"
in glänzender Rüstung aus roten Schuppen

Spoiler (Anzeigen)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 23. November 2006, 09:15:51
OK, nicht so spannend.

Spoiler (Anzeigen)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. November 2006, 10:55:36
Zitat von: "Kylearan"
Er schimmert noch leicht bronzen, wenngleich die Schuppen etwas angelaufen sind.


 :oops:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Evermore am 23. November 2006, 12:33:31
Zitat
Da es keiner rät: Ich lese gerade einen Fünf-Roman–Band von Wolf Haas (Die Brenner-Krimis), und die sind so geschrieben. Da wehr dich mal gegen, wenn du dich einfach abends hinsetzt und was runterschreibst, und noch in Zeitnot.


Wolf Haas ist Gott. Einer meiner absoluten Lieblingsautoren. Hab sogar mal angefangen eine Story Hour in dem Stil zu schreiben.

Finde den Stil absolut klasse. 8)

edit: Das beste ist der Schluss im letzten Brenner-Roman. Da erfährt man nämlich was es mit der Erzählweise auf sich hat :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 29. November 2006, 12:34:53
Habe mir ein Buch besorgt, von Haas. Weil ja die Kritik hier so toll. Also ich zum Buchladen, da auch fündig geworden. "Wie die Tiere" Bremmer Krimi, exakt wie empfohlen. 7 Euro hat es gekostet, bezahlbar. Obwohl 5 in einem nur 3 Euro mehr, geradezu billig. Aber was, wenn der Stil nicht gefällt. Doch bei einem geblieben.  War auch gut so. Denn: Nicht so mein Stil.

Aber eine nette Abwechslung war's schon.

Zusammenfassend ziehe ich  die Story Hour von Berandor dem Haas Krimi vor :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 30. November 2006, 09:54:52
JUHU! die Story Hour geht weiter! Endlich!
Noch dazu in meiner Sprache, österreichisch  :grin:

Wem es zu mühsam ist ein ganzes Wolf Haas Buch zu lesen würd ich empfehlen einfach eine der beiden Verfilmungen mit Josef Hader zu konsumieren, "Komm süsser Tod" und "Silentium". Über diese Filme wird sich auch der geneigte Deutsche freuen   :wink:

Wann ist denn das nächste Update geplant?

Gruß
dude
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 30. November 2006, 17:22:37
Kurze Info: wir mussten den letzten Spieltermin ausfallen lassen, weil drei von sechs Mitspielern ihre Kinder hüten mussten (was allerdings bei allen dreien sehr plötzlich und überraschen kam - Krankheit, Ausfall des Babysitters, Frühgeburt). Somit hat Berandor noch fast bis zum Jahreswechsel Zeit, die weiteren Geschehnisse zu "Papier" zu bringen.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 08. Dezember 2006, 18:13:58
Und angeblich hat Berandor weiter an der SH geschrieben; vielleicht kommt ja vor dem 3. Advent noch etwas?

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 17. Dezember 2006, 18:35:42
Zitat von: "Kylearan"
Und angeblich hat Berandor weiter an der SH geschrieben; vielleicht kommt ja vor dem 3. Advent noch etwas?

Kylearan


Fast.

Leichen raus

»Vorsicht!«

Jørgen hatte gerade noch die gepanzerte Hand vorstrecken können. Die schwere Eichentür blieb nur eine Fingerbreite von Milos Gesicht stehen. Ein Junge mit geröteten Wangen und großen Augen tat einen Schritt rückwärts in die Wirtschaft hinein.

»Das hätte ins Auge gehen können«, sagte Milo, der dem Knauf geradewegs entgegen blickte. »Danke.«

Der Junge zwängte sich tonlos an Jørgen vorbei auf die Straße. Jørgen sah ihm nach. Er schüttelte den Kopf, dann betrat er das Wirtshaus. Milo folgte ihm. Zu dieser Zeit gab es noch keine Gäste in dem großen Schankraum. Ein rundlicher Mann redete leise auf zwei Schankmädchen ein. Der Mann warf einen Seitenblick auf die Neuankömmlinge, dann machte er eine herrische Geste zu den Mädchen. Sie trollten sich über die breite Treppe in den ersten Stock. Der Mann machte sich lautlos zu den Gästen hin.

»Willkommen im Trunkenen Morkoth. Ich bin Halpeen Welvihk, der Wirt dieses bescheidenen Hauses. Ihr seid Herr von Velbert und Gefolge?«

Jørgen nickte, die Brauen erhoben.

Halpeen Welvihk war, aus der Nähe betrachtet, nicht so alt, wie man auf den ersten Blick glauben mochte. Nicht das Alter, sondern Genuss hatten seinen Körper gerundet, und als er jetzt lachte, fehlten seinem Gesicht die Kerben, mit denen die Jahre ihre Anwesenheit dokumentierten.

»Der Bote des Stadtherren ist gerade erst zur Tür hinaus. Eure Unterkunft wird vom Stadtherren übernommen, wie ich höre. Nun, nun. Braucht ihr ein Zimmer, oder zwei?«
Jørgen und Milo tauschten einen Blick.

»Ein Zimmer, fürs Erste.«

Der Wirt nickte. »Wie Ihr wünscht. Möchtet Ihr vorher etwas zu Euch nehmen?«

Jørgen wollte schon verneinen, aber Milo kam ihm zuvor. »Was gibt es denn?«

Welvihk sah die Freude im Gesicht des Halblings. »Nun, am Besten fragen wir in der Küche nach. Was meint ihr? Unser Koch ist zwar noch nicht da – Cudas kommt erst zum Abend –, aber Fina kann euch bestimmt etwas Gutes zaubern.« Mit einer schwungvollen Bewegung wies er Milo den Weg zur Tür, die in die Küche führte. Welvihk sah Jørgen an. »Wenn ihr sonst noch irgendetwas benötigt...«

Die Stimme des Wirts enthielt auch anrüchigere Deutungen seines Angebotes. Jørgen fragte sich, ob Welvihk die Schankmädchen selbst in die Pflicht nähme, oder ob er anderweitige Quellen sprudeln ließe. Fürs Erste stellte er sich einfach taub.

»Wenn Ihr mein Gepäck aufs Zimmer bringen würdet? Und, wenn ich zurückkomme, ein Bad bereit habt?«

»Selbstverständlich«, sagte der Wirt. Er runzelte die Stirn. »Zurückkommen, Herr?«

Aber Jørgen hatte schon kehrt gemacht, und aus der Küche kam der überraschte Ausruf: »Ihr seid ja eine Gnomin!« Halpeen Welvihk war stolz auf seine Fähigkeit, Prioritäten zu setzen, und als er sich auf den Weg in die Küche machte, hatte er die Andeutung des Paladins schon fast vergessen. Erst, als er wider Erwarten Milo und Hilfsköchin Fina Mersin in reger Gewürzdiskussion fand, erinnerte er sich überhaupt daran, dass er ein Bad vorbereiten musste.

-

»Wisst ihr, was das ist?«, fragte Jørgen gereizt.

»Ein Ring?«, fragte der linke Wachmann.

Der rechte stieß seinen Gefährten mit dem Knauf seiner Hellebarde vor die Schulter. »Dösel, siehst du nicht, dass er leuchtet? Das ist ein magischer Ring!« Entschuldigend sah er zu Jørgen hinüber.

»Dieser Ring ist ein königliches Sigel«, erklärte Jørgen mit mühsamer Gelassenheit. »Und er leuchtet, weil ich sein rechtmäßiger Träger bin. Das bedeutet, dass ich im Auftrag des Sterns unterwegs bin.«

Die beiden Halborks sahen einander an. Sie verbeugten sich vor Jørgen.

»Kann ich dann jetzt rein?«

»Nein, Herr«, sagte der Linke.

»Niemand darf zum Stadtherren, der uns nicht angekündigt wurde«, fügte der Rechte hinzu, zum wiederholten Male.

Jørgen schloss für einen Moment die Augen und dachte an seine Ausbildung. Er stand in der Gunst der Silberherrin, und er kam im Auftrag der Krone. Und doch riet ihm eine innere Stimme, nicht auf seiner Autorität zu beharren. Er könnte seinen Weg zu Severen Nalavant erzwingen – notfalls mit Gewalt, daran zweifelte er nicht. Aber er war gerade erst angekommen, und es mochte einen Grund dafür geben, dass Gäste nicht einfach vorgelassen wurden. Vielleicht war der Stadtherr krank? Aber dann käme er, Jørgen, wiederum gerade recht. Siamorphes Gnade erlaubte ihm, Gebrechen zu widerstehen und zu heilen. Er sollte… er sollte darauf hören, was ihm sein alter Lehrer, Mikkel der Samtene, stets geraten hatte.

»Wer zu laut donnert, dessen Blitz geht fehl.«

»Häh?«, machte der Linke.

Jørgen schüttelte den Kopf. »Gar nichts. Gehabt euch wohl.«

»Jau«, sagte der Rechte. Und als er den Paladin außer Hörweite glaubte: »Ihr mich auch.«

-

Bürger von Cauldron, merkt auf! Verrat und Verlust regieren den Tag! Embril Aloustinai, die falsche Schlange, nährte den Tod an ihrer Brust. Und zur Gegenleistung kam der Tod über ihre Feinde. Dirim Gratur, Peccarri und Thargad fanden den Tod. Das Flammende Auge und der Feuerdrache erloschen, die Hand Helms im Todeskrampf erstarrt. Die Schlange ist entkommen. Heute, bei Sonnenuntergang, sollt ihr trauern, wenn im Tempel der Dreifaltigkeit gebetet wird. Und wenn in sieben Tagen Verstümmelung und Göttlicher Tod zusammen treffen, so wollen wir der heiligen Zahl genügen und ein Fest mehr begehen: den Tag der Gebrochenen Ketten. Also spricht Severen Nalavant, Stadtherr des Kessels, und also soll es geschehen.

-

Im Tempel der Dreifaltigkeit ging es geschäftig zu. Ein halbes Dutzend livrierter Jungspunde war dabei, den großen Saal des Tempels zu säubern und herzurichten, und weitere Diener steckten eine kleine Bühne ab und schleppten Truhen her und hin.
Jørgen war im Eingangstor stehen geblieben und betrachtete das Treiben. Dort entdeckte ihn Thamior und kam, mit einem großen Krieger im Schlepptau, zu ihm her.

»Beregard, dies ist der Mann, von dem ich erzählt habe. Jørgen, dies ist Beregard von Tyr, Dirims rechte Hand.«

»Mein Beileid«, sagte Jørgen.

Beregard wischte die Bemerkung weg. »Papperlapapp. Wir werden Dirim schon wiedererwecken.«

»Und seine Gefährten?«

Beregard stockte. Er sah zu Thamior, dann zu Boden. »Entschuldigung. Ihr Verlust hat uns sehr getroffen.« Er blickte wieder auf. »Aber ihr müsst verstehen, dass wir mit den Vorbereitungen beschäftigt sind. Die dunklen Nachrichten müssen erst sacken, bevor man sie versteht.«

»Beschäftigt ist kein Ausdruck«, sagte Jørgen mit Blick auf die Dienstboten.

Beregard grummelte.

»Die sind nicht von hier«, sagte Thamior. »Fürst Valanthru hat die Bewirtung des Leichenschmauses übernommen, als erste Geste der Entschuldigung. Er behauptet, Embril habe ihn mit bösartigem Gerede über die Kettenbrecher vergiftet, und erst jetzt habe er seine Fehler erkannt.« Aus dem Ton des Elfen war klar zu hören, was er von dieser Entschuldigung hielt.

»Und dann hat er noch diesen Ausruf machen lassen«, seufzte Beregard. »Tomker ist so nervös, ich weiß nicht einmal, ob er bei der Predigt ein Wort herausbringt, geschweige denn eine Predigt.«

»Tomker von Ilmater ist der zweite Priester hinter Dirim«, erklärte Thamior. »Er ist noch etwas unerfahren.«

»Aber talentiert«, kam Beregard seinem Schützling zu Hilfe. »Allerdings… Dirims Leiche ist ziemlich übel zugerichtet. Wir können ihn nicht so ohne weiteres wiedererwecken – dazu fehlt uns momentan der richtige Zauber – aber da er der einzige ist, von dem überhaupt etwas übrig ist, können wir ihn den Trauernden auch nicht vorenthalten, oder?«

»Boras hat ihn in seine Rüstung gesteckt«, sagte Thamior. »Hoffentlich hält sie ihn zusammen.«

»Nun ja«, sagte Jørgen. »Ich bin eigentlich wegen etwas anderem gekommen.«

Thamior sah sich kurz um, dann gebot er dem Paladin, zu folgen. Gemeinsam stiegen sie in die Privatgemächer des Tempels hinab.

»Was gibt es?«

»Was könnt ihr mir über die Situation hier in der Stadt erzählen?«

Thamior holte tief Luft. »Wie viel Zeit habt ihr?«

»Solange es braucht.«

Der Elf legte seinen Bogen sanft auf den Tisch. »Ich bin nicht sehr gut mit Worten. Anna wird dir alles erzählen.«

-

»Ihr lasst mich auch nicht rein?« Jørgen konnte es kaum fassen.

»Tut mir leid, Herr. Die MGA war unmissverständlich.«

Bevor Jørgen sich wieder eines Ausbilders entsinnen konnte, kamen zwei weitere Personen im Eingang zum Finger zum Vorschein. Die eine war eine Halblingsfrau, nicht unansehnlich, in einer Robe aus rotem Leder, an der Seite ein Stecken aus Elfenbein. schnörkellos und gerade. Mit ihr ging ein junger, nervöser Mann, dicklich, ausdünnendes Haar und fahle Haut.

»He!«, rief Jørgen. »Bist du nicht Fran Wintergerst?« Boras hatte den Azuthpriester beschrieben, der aus dem Tempel gehastet war.

Fran Wintergerst zuckte zusammen. Die Halblingsfrau trat einen Schritt vor.

»Ihr müsst der Paladin sein.«

»Jørgen von Velbert«, sagte Jørgen und überhörte die Unhöflichkeit. »Ich bin im Auftrag des Sterns unterwegs.«

»Das ist mir bereits bekannt. Ich bin Lialee Wurzeldach. Ich leite die Magische Gefahrenabwehr.«

»Sehr erfreut. Ich würde gerne noch einmal den Tempel kontrollieren, aber eure Wache hat sich als würdiges Hindernis erwiesen.«

»Das sollte er auch besser. Aber selbstverständlich könnt ihr noch einmal hinein. Wir schließen gerade unsere Untersuchung ab. Sollte Euch etwas auffallen, so verständigt ihr mich doch sicher?«

»Wenn es wichtig genug ist«, sagte Jørgen lächelnd.

Lialee Wurzeldach lächelte zurück. Es lag keine Wärme in der Geste. »Fran wird euch begleiten, er kennt sich aus.«

»Ich soll schon wieder da rauf?«, fragte der Priester etwas weinerlich.

»Ihr seid jetzt Hohepriester des Tempels«, beschied ihm die Halblingsfrau schlicht. »Gewöhnt euch dran.«

»Keine Angst«, sagte Jørgen. »Mit mir seid ihr sicher.«

Der Rundgang durch den Tempel enthüllte nicht viel, aber das hatte Jørgen auch nicht erwartet. Schließlich kamen sie in die Heilkammer. Jørgen staunte über den magischen Verbandskasten.

»Ich habe gehört, Terseon Skellerangs Leiche soll hier sein?«

»Ja, und auch die von Zacharias Aslaxin dem Zweiten«, sagte Fran stolz.

»Aber wo? Ich habe unten keine Lagermöglichkeit gesehen, und hier ist auch keine.«
Fran hob die Brauen. Aus einem Regal nahm er eine Art Weinkaraffe, die mit einem grauen Sand gefüllt war. Er reichte sie Jørgen.

»Terseon Skellerang«, sagte er.

»Ihr habt die Leiche verbrannt?«, fragte der Paladin erstaunt.

»Seid ihr verrückt? Das soll doch erst in vier Tagen geschehen.« Fran nahm ihm die Karaffe ab. Er machte eine ausgießende Bewegung und sprach dabei: »Fiat Carne!«

Eine Staubwolke später lag der Leichnam Terseon Skellerangs auf dem Behandlungstisch. Seine Wunden waren versorgt worden. Mit einem kurzen Wort befahl Fran den Körper wieder zurück in die Flasche.

»Und darum möchten wir, dass Trauernde sich anmelden«, sagte der Azuthpriester. »Das Ausschenken kann verstörend wirken.«

»Ich nehme die Flasche mit«, sagte Jørgen, »und auch die von Zacharias.«

»Was? Nein.«

»Überlegt doch mal. Das sind der Leichnam des Hauptmann der Stadtwache und des Sohnes eines der wichtigsten Fürsten der Stadt.«

»Und?«

»Und was, wenn Embril zurückkommt, um sie als Faustpfand zu holen?«

Fran wurde noch bleicher, als er ohnehin schon war. »Glaubt ihr, das ist möglich?«

»Durchaus.«

Der Priester schluckte. Seine Hände zitterten, als er die Karaffe überreichte.
»Wahrscheinlich ist er in Euren Händen ohnehin besser aufgehoben. Nur… für die Bestattung…«

»…bringe ich die Karaffe zurück.«

Kurz darauf machte sich Jørgen auf den Weg zu Gendry Lathenmire. Es war spät. Bald begann die Trauerfeier. Aber diesen Botengang würde er noch erledigen können. Und wenn dann der Moment der Bestattung käme, würde der neu erweckte Terseon Skellerang die Karaffe vielleicht sogar selbst überreichen können.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 21. Dezember 2006, 10:45:13
Damit man vor Weihnachten noch was zu lesen kriegt:

Leichenschmaus

Der Tempel der Dreifaltigkeit war voller Leute. Die Sitzbänke bogen sich unter ihrer Last. Von den Wandbehängen waren nur vereinzelte Flecken zu erkennen und seltene Streifen, wo sich ein Gnom oder Halbling in die Reihe gezwängt hatte. Das Volk war gekommen, um sich zu verabschieden.

»So viele!«, flüsterte Tomker im Nebenzimmer.

»So viele sind das nicht«, sagte Thamior. »Selbst im Helmtempel wäre noch reichlich Platz.«

Er hatte nicht unrecht, aber sie befanden sich nun mal nicht im Helmtempel, sondern in einem kleinen, für vielleicht fünfzig Gläubige ausgelegten Haus, in dem hundert Personen schon Platzangst erzeugen konnten. Und je länger Tomker wartete, desto unruhiger wurde die Menge.

Der Ilmaterpriester schob sich die blonden Haare aus dem Gesicht und setzte sich seine graue Gebetskappe auf. Er holte noch einmal tief Luft, dann trat er weichen Knies vor die Versammlung. Es wurde schlagartig still. Tomker stockte. Er tat zwei schnelle Schritte, dann zwang er sich zu einem gemächlichen Gang, bis er vor der aufgebahrten Leiche Dirims stehen blieb. Thamior schlüpfte in die erste Reihe.

Tomker räusperte sich.

Tomker blickte in die Menge.

Die Menge blickte zurück. Jemand hustete.

»Leiden«, sagte Tomker. »Leiden.« Dann schwieg er.

Beregard hob eine Augenbraue.

»Unser Leben besteht aus Leiden. Wir leben, um zu leiden. Nie wird uns das bewusster, als wenn jemand stirbt. Warum leiden wir im Angesicht des Todes? Trauern wir um das Schicksal der Gestorbenen? Nein. Wir wissen, dass das nächste Leben bereits auf uns wartet. Wir wandeln im Schatten der Götter, und wenn wir uns stets in ihrem Schatten aufhalten, dann reisen wir nach unserem Tod an ihre Seite. Es gibt kein größeres Glück als das Leben nach dem Tod.«

Thamior blickte auf Annastrianna herab. Seine Brauen zogen sich zusammen.

»Und doch ist es uns nicht gegeben, unseren Tod selbst herbeizuführen. Wir müssen auf Faerûn bleiben, bis unsere Zeit abgelaufen ist, und sind bis dahin dem Himmel entrissen. Innerlich wissen wir das, und wir leiden. Besonders, wenn jemand anderes das Glück hat, zu seinem Gott befohlen zu werden.

»Wir trauern auch, weil uns der Gestorbene fehlt. Seine Anwesenheit, seine Taten. Die Kettenbrecher Dirim Gratur, Richtschwert von Tyr, He– Pecarri und Thargad werden uns besonders fehlen, denn ihre Waffen standen zwischen Cauldron und der Finsternis, und das mehr als einmal.

»Schließlich leiden wir auch, weil geteiltes Leid ein halbes Leid ist. Mitleid, oder Mitleiden, nimmt den Stein von eines anderen Brust und zertrümmert ihn zu Kieseln. Darum trauert, Bürger von Cauldron, um euer Leid zu lindern. Leidet, umhüllt den Schmerz mit fester Hand, und dankt Ilmater, dass ihr noch lebt und mögt, ein fremdes Leid zu lindern. Scheut Eurer Tränen nicht, sondern gießt das Land mit ihnen, damit ein neuer Tag daraus erwächst und Cauldron fortbesteht, weint einen reißenden Strom, der das Böse mitreißt und ertränkt.«

Tomker seufzte. Er blickte zur Decke hinauf. Seine Lippen zitterten, und als die erste Träne seine Wangen hinab rollte, begann er zu singen. Es war die ›Elegie des leeren Stuhls‹, und nach und nach fiel die versammelte Gemeinde in das traditionelle Klagelied mit ein:

»Noch ist er warm von deiner Wangen Kuss,
doch schon verweht der kalte Wind die Spur
nie mehr bringst du ihm wohligen Genuss
es bleibt ihm die Erinn‘rung nur.

Noch bleibt dein Abdruck ihm zurück
doch plustert schon der Wind ihn auf
nie mehr verspürt er dieses Glück
nur mehr dein Schatten sitzt darauf.

Ich hör' ihn knarzen, knarren, biegen
seh' dich in seine Arme fallen
doch nie mehr wirst du in ihm liegen
um ihm und mir so zu gefallen.

Der leere Stuhl in diesem Raum
bleibt unbesessen, ungeliebt
dein Fortgang ist ein böser Traum
aus dem es kein Erwachen gibt.

Wie dieser Stuhl so bin auch ich
unbeseelt, allein und leer
es bleibt nur Leiden, ewiglich
und keine Liebe nimmermehr.«


-

Um ehrlich zu sein, waren die Kettenbrecher Tenebris Valanthru ein wenig dankbar. Das halbe Dutzend Diener und die unerschöpflichen Vorräte, die Valanthru hatte auftischen lassen, nahmen den Bewohnern viel Arbeit ab, sodass sie tatsächlich einige ruhige Atemzüge nehmen konnten, während sich Beileidiger zum nächsten Ansturm formierten.

Neben den Dienern hatte Valanthru noch mit halruaanischen Driftern aufgewartet, jenen magischen Schwebelichtern, die sanft pulsierendes, wechselfarbiges Licht abgaben und nun den Tempelhof in ein schummriges Licht tauchten. Skie Aldersun hatte schließlich eine Harfe zur Verfügung gestellt, die sanfte Klimpereien erzeugte.

Es waren nur wenig bekannte Gesichter anwesend, oder jedenfalls gingen diese ihm Wust der wechselnden Bevölkerung unter. Ständig näherten sich kleine Gruppen oder Familien, seltener auch einzelne Leute, auf Hörweite und starrten zu den Kettenbrechern hinüber. Sah man zurück, so kamen sie gleich vor, murmelten ein Beileid und zogen ihren starrenden Nachwuchs wieder fort. Hatten die Beileidiger – Boras hatte diese Bezeichnung erfunden – schon etwas getrunken, so warteten sie nicht auf Zuspruch, sondern kamen sogleich zu den Kettenbrechern hinüber, klopften ihnen auf die Schulter und umarmten sie herzlich. Und die lebenden Kettenbrecher waren da nicht die einzigen. Beregard hatte drei seiner Barakmordin im Tempel postiert, um allzu Neugierige vom Betreten der Wohnräume und allzu Betrunkene vom Umarmen Dirims abzuhalten, sei es aus Trauer oder um ein Erinnerungsstück einzuheimsen.

Thamior hatte schnell den Überblick über die wichtigeren Gäste verloren. In einer ecke stand ein hochgewachsener Goldelf, der sich im Hintergrund hielt und regelmäßig vielsagend zu ihm blickte. Irgendwo hier war Jenya – er hatte sie aus den Augen verloren. Fran Wintergerst hatte sein Bedauern bereits kund getan; er wartete auf Nachricht aus Darromar, und hoffte auf die Entsendung eines neuen Hohepriesters oder zumindest die Mittel, um den verstorbenen Ike Iverson wiederzuerwecken. Die Besitzerin des Waisenhauses – Gretchyn? – hatte ihn aufgesucht und, als sie Annas Stimme vernommen hatte, laut aufgeschluchzt, sodass ein einäugige Halbork sie nach Hause bringen musste. Die Adeligen der Stadt hatten gemeinsam einen Brief geschickt, in dem sie ihre Trauer ausdrückten und in Aussicht stellten, eine private Trauerfeier abseits der Öffentlichkeit abzuhalten. Die Kettenbrecher sollten nur mit einem Tag Vorgabe der Dame Rhiavadi Bescheid geben.

Der Gruß einer warmen Stimme riss Thamior aus seinen Gedanken. Vor ihm stand ein Halbelf von etwa vierzig Jahren und hagerer Gestalt. Um sein rechtes Auge herum war die Haut dunkel verfärbt.

»Ich bin Mellianor Silberzunge«, sagte der Mann.

»Sehr freundlich«, sagte Thamior automatisch, bevor er begriff, dass Mellianor gar kein Beileid ausgesprochen hatte.

Der Halbelf überging das Missverständnis. »Ich bin Erzähler. Die Barden Cauldrons haben mich auserwählt«, unbewusst betastete er sein blaues Auge, »um Euch aufzusuchen. Ich möchte Euer Chronist sein, also der Chronist der Kettenbrecher.«

»Wie bitte?«

»Es ist ganz einfach.« Mellianor legte seine langfingrigen Hände zusammen, und es schien Thamior, als ging ein beruhigender Duft von ihm aus. »Ich möchte Euch begleiten. Aufschreiben, was euch geschieht. Und ich bin bereit, euch zehn Goldköniginnen für jeden Tag zu zahlen, den ich mit Euch reisen kann. Und das ist nicht alles.«

»Nicht?«, fragte Thamior ohne Enthusiasmus.

»Ich zahle Euch außerdem eine Goldmünze für jede Frage, die ihr mir beantwortet. Natürlich bin ich sicher, dass wir uns mit der Zeit gut genug verstehen, dass keine Bezahlung mehr notwändig ist. Aber ich bin gewillt, das Angebot aufrecht zu erhalten.«

»Gut zu wissen«, sagte Thamior. »Es passt nur gerade gar nicht. Können wir auf Euch zurück kommen.«

Mellianor lächelte breit. »Natürlich!«

»Gut.« Thamior klopfte ihm auf die Schulter. »Und keine Sorge: wir kommen zu Euch.«

»Milil sei gelobt!«, rief Mellianor. Dann wurde er wieder ernst. »Da wäre noch etwas…«

»Was denn?«

»Wenn ihr womöglich geneigt wäret, Euer Essen im Schlüpfigen Aal zu Euch zu nehmen, dann würde euch Joris Kerwig zehn Königinnen pro Person und Abend für Eure Anwesenheit zahlen, wie auch dieselbe Summe an Speis und Trank. Weitere Sonderzahlungen müsstet ihr aber mit ihm absprechen.«

»Werden wir. Jetzt entschuldigt mich.«

»Aber natürlich!« Mellianor verbeugte sich. »Ihr werdet es nicht bereuen.«

-

»Hallo. Sieht mir aus, als hättet ihr die Kettenbrecher gekannt?«

Der junge Mann musterte den Halbling mit schnapstrüben Augen unter wirrem blonden Haar.

»Gekannt? Dirim war mein bestester Freund. Wir haben zusammen gegen den Azuthtempel gekämpft.«

»Ach wirklich?«

»Wirklich.« Der Mann sah in die Ferne.

»Ich bin übrigens Milo.«

»Er hat versprochen, ihn niederzureißen«, sagte der Mann.

»Wen?«

»Den Finger. Und jetzt… jetzt ist er tot.«

Der Mann hob den Kelch, den er in beiden Händen hielt, und trank. Seine Handgelenke lagen in Ketten.

»Was ist mit Euch passiert?«, fragte Milo.

»Wieso?« Der Mann sah sich um.

»Wegen der Ketten.«

»Sie können nicht mehr brechen«, sagte der Mann und begann zu schluchzen.

Milo legte ihm eine Hand auf den Arm und hoffte, dass dieser Kerl ebenfalls nicht brechen würde.

»Wie heißt ihr?«

»Es war wegen dieser blöden Schlampe von der MGA.«

»Wie bitte?«

»Ich habe ihr gesagt, sie solle besser aufpassen, weil bald ihr ganzer Scheißladen über ihr zusammenbrechen würde. Pass blos auf, hab ich gesagt, und sie hat gefragt, ach ja, hat sie gefragt, und ich, ja.«

Der Mann zog die Nase hoch. Milo nahm die Hand von seinem Arm.

»Krystof Jurgensen von Lathander.«

»Wo?« Milo sah sich um, dann verstand er. »Ach, ihr.«

»Und dann ist sie auf mich los. Kleines Luder. Aber zäh. Hat mich umgerissen, und ich zurückgeschlagen, und sie gekreischt, und ich an den Haaren gezogen, und sie gebissen, und ich sie von mir gestoßen und, na warte du dreckstück, und gebetet, und dann hat sie zugetreten.«

Krystof trank erneut. Der Kelch war jetzt leer.

»Ihr solltet vielleicht nichts mehr trinken«, sagte Milo.

»Er hat versprochen, den Finger einzustürzen. Sie haben mir das Licht genommen, und jetzt auch noch Dirim. Ich werde es ihnen zeigen.«

»Aber erst solltet ihr nüchtern werden.«

»Ich hab sie gepackt, trotz der Schmerzen. Ich hab mich auf sie geworfen, und egal wie sie sich gewunden hat, ich war zu schwer. Ich hab gesagt, jetzt pass auf, und sie, lass mich los, und ich, vergiss es, und sie, ich zeig dir nen finger, und hat mir ins Auge gestochen, und dann kam die Wache und sie, der hat angefangen, und ich nur du Miststück, und ich hätte sie schon noch geschafft, wenn man mich nicht weggezerrt hätte, und sie hat noch gerufen, nicht mal nen Halbling kriegst du klein.«

»Einen Halbling? Ihr habt einen Ringkampf gegen einen Halbling verloren? Wart ihr da auch betrunken?«

»Dirim wollte nicht, dass ich trinke.«

»Und jetzt trinkt Ihr doch.«

»Ich sitzte einen Zehntag fest, und nur ausnahmsweise darf ich heute hier sein, weil die Kettenbrecher tot sind und der Finger noch steht.«

Ein Heulkrampf schüttelte Krystof.

»Na ja. Legt erst mal den Krug weg, holt tief Luft, und morgen sieht alles schon besser aus.«

»Sie ist eine Magierin«, verteidigte Krystof sich.

-

 »Ich habe eine Nachricht von Celeste.« Der Junge sah sich verschwörerisch um. »Unter vier Augen.«

»Sechs«, sagte Thamior und gab Boras ein Zeichen. Gemeinsam zogen sie sich in die verlassene Schmiede zurück.

»Also?«, fragte Thamior und bereitete sich darauf vor, einer Falle auszuweichen.

»Ich bins selbst«, sagte der Junge mit veränderter Stimme. Celestes Stimme.

»Wir sollten dich töten«, sagte Boras.

Der Junge hob die Hände. »Sachte. Ich komme in Frieden.«

Thamior nahm den Bogen in beide Hände. »Du hast eine Minute.«

»Herrje. Ich komme nur, um mein Beileid auszusprechen, und euch etwas zu erzählen. Meine Geschichte.«

»Und warum sollte die uns interessieren?«

»Wer weiß? Hört sie euch an und entscheidet dann.«

Der Junge nahm mit einem Hopser auf dem Amboss Platz.

»Ihr wisst, was ich bin.«

Boras grunzte. »Ein Dämon.«

»Ein Succubus«, sagte der Junge. »Einst wurde ich von meinem Herrn nach Faerûn geschickt, um den Schätzen Tethyrs zu Diensten zu sein. Doch etwas geschah. Die Kettenbrecher verjagten mich nicht – damit hätte ich gerechnet. Sie kümmerten sich.«

Der Junge bleckte die Zähne, und für einen Moment hatte er ein spitzes Raubtiergebiss.

»Das tut ihr doch, ihr guten Helden, oder? Ihr kümmert euch um Dinge, die euch nichts angehen. Mischt euch ein. So auch die Schätze. Und was geschah? Sie waren erfolgreich. Irgendwann hörte ich zu.«

Thamior verzog das Gesicht. »Papperlapapp.«

»Mir gefällt das auch nicht. Aber es ist wahr. Ich begann, zu zweifeln. An meinem Schicksal. Zu glauben, selbst bestimmen zu können. Ich wandte mich von meinem Herrn ab. Von meinem Wesen ab. Und dann verschwinden die verdammten Schätze vom Antlitz dieser Welt.«

»Und wo sind sie?«, fragte Boras.

»Wo ihr sie nicht erreichen könnt, und ich auch nicht. Noch nicht. Aber das ist unwichtig. Wichtig ist nur eines: Hier in Cauldron wartet nur der Tod auf Euch. Boras, du bist der Letzte. Ich schulde es den Schätzen, dass ich dich warne. Verschwinde von hier. Reise ab. Wenn es die Suche nach deinem Vater ist, die dich hier hält, dann sei gewiss, dass es mein Ziel ist, die Schätze zurück zu holen. Du musst hier nicht sterben um ihnen Ehre zu erweisen. Haut ab, ihr beiden. Rettet euch. Lasst die Schätze zu Euch kommen.«

Mit einem Flimmern war der Junge verschwunden. Boras blickte auf den Fleck, wo er gewesen.

»Ich mag das nicht.«

»Ich auch nicht«, sagte Thamior. »Und ich werde bleiben, egal was diese trügerische Person behauptet. Komm, gehen wir wieder hinaus.«

Kaum waren sie aus der Schmiede getreten, da trat Skylar Krewis zu ihnen hin. Er packte Thamior am Arm und flüsterte:

»Wir verschieben das Ganze auf morgen, ist doch klar.«

Bevor Thamior antworten konnte, nickte der Wachmann den Beiden zu und verschwand in Richtung Ausgang.

»Was wollte er?«, fragte Boras.

»Ich habe keine Ahnung«, sagte Thamior. Er reckte seinen Hals. »Da vorne ist Jenya. Komm.«

-

Jørgen hatte ebenfalls kurz zuvor die Helmpriesterin entdeckt. Er wusste, dass Jenya eine enge Verbündete der Kettenbrecher war. Nachdem er Milo gefunden und Krystof Jurgensen nach Hause geschickt hatte, bahnte er sich, dem Halbling im Schlepptau, einen Weg durch die Menge. Erst war er enttäuscht, als er Thamior direkt vor ihm zu ihr gelangen sah, aber der Elf winkte ihm zu, und so fanden sich alle vier gleichzeitig bei Jenya ein.

»Jenya«, grüßte Thamior. »Gut, dass ihr hier seid. Dies sind Jørgen von Velbert und Milo. Sie haben uns geholfen.«

Jenya verzog keine Miene. »Gut, dass ihr hier seid. Und euch mein Beileid.«

»Ist alles in Ordnung«, fragte Thamior. »Ihr wart nicht anzusprechen, habe ich gehört.«

Ihre Stimme blieb hart. »Ich war beschäftigt, und bin es noch. Wenn die Dinge reif sind, gebe ich euch Bescheid.«

»Aha. Gut.« Thamior sah zu Jørgen hin, ob der etwas fragen wollte.

Jenya kam ihm zuvor. »Werdet ihr jetzt abreisen?«

»Wie bitte? Ihr seid schon die zweite, die das glaubt. Warum sollten wir das tun?«
Jenya zuckte mit den Schultern. »Es war nur eine Frage. Ich wollte wissen, auf welche Streitmacht ich vertrauen kann.«

»Sagt mir nur, wohin ich schlagen soll«, meine Boras.

Zum ersten Mal lächelte Jenya. »Das werde ich. Bald.«

Sie nickte den vieren zu, dann ging sie davon.

»Der Abend wird immer komischer«, sagte Thamior. »Und anstrengender. Ich glaube, ich ziehe mich zurück. Sollen die Leute doch jemand anderen anstarren.«

-

Mit einem unguten Gefühl in der Magengrube stand Jørgen zum zweiten Mal vor dem Anwesen von Gendry Lathenmire. Der Adelige hatte ihm versprochen, auf seine Anwesenheit zu warten, bevor er Terseon Skellerang wieder erweckte. Ohnehin hatte er etwas Zeit gebraucht, da er erst einen Zauberwirker seines Vertrauens zu sich holen musste; weder Gendry noch Jørgen vermochten, die Schriftrolle mit dem Erweckungszauber zu lesen. Gendry hatte ihm versichert, dass Terseon wieder ins Leben zurückkommen wollte, dass er sogar diesen Plan eigenhändig ausgeheckt hatte, um verdeckt gegen die Mächte vorzugehen, die er als schädlich und böse identifiziert hatte. Dazu zählte vor allem Grukk Zwölftöter, und Tenebris Valanthru war in Terseons Augen auch immer verdächtiger geworden. Fraglich war nur, wie viel Frust hinter diesen Vermutungen steckte. Das wollte Jørgen nun von Skellerang selbst erfahren. Aber sein ungutes Gefühl stammte noch von anderen Dingen; Gerüchten. Kürzlich war der Hofmagier gestorben, das wusste er, aber seine geplante Erweckung hatte er nicht mehr miterleben können. Und die Gerüchte besagten nun, dass diese Wiedererweckung schief gegangen war – obwohl jeder Inhaber eines ersten Postens den Wunsch bezeugen musste, für Tethyr selbst vom Tode zurückzukehren. Kelemvor habe seine Macht verloren, hieß es, oder ähnliche Stimmen. Jørgen wünschte, er wäre erst an Schildtreff aus Darromar abgereist – er wäre jetzt zwar noch nicht in Cauldron, wüsste aber Gerücht von Wahrheit zu unterscheiden.

Der Zauberwirker, den Gendry Lathenmire herbeigeholt hatte, trug die Farben Gonds und einen Umhang mit tiefer Kapuze. Jørgen fand ihn im Gebet vor, den gesalbten Leichnam Terseon Skellerangs vor ihm liegend. Auf einem Tisch nahe der Wand lagen drei Schriftrollen.

»Vorrat«, sagte Gendry grimmig. »Falls etwas schief läuft. Und um Zacharias zurückzuholen.«

Lathenmire war wild entschlossen, den Verlobten seiner Tochter ebenfalls zu erwecken, nachdem er schon einmal die Möglichkeit hatte. »Scheiß darauf, was der Vater will«, hatte er gesagt.

Jørgen musste wieder an die Gerüchte denken. Zacharias Aslaxin der Erste hatte alles vorausgesehen, hieß es, und deshalb keine Wiedererweckung gewollt, weil sie ohnehin fehlgeschlagen wäre, und dann die Seele seines Sohnes für immer verloren. Nun warte er, bis sich die Lage geklärt hätte.

»Ich hätte nicht mehr viel länger gewartet«, sagte Gendry. »Gut, dass ihr gekommen seid. Priester, beginnt.«

Die Gestalt in der Robe intonierte einen Gesang. Das Lied klang abgehackt, künstlich – mechanisch. Und ebenso bewegte sich der Priester, als er das Ritual der Wiedererweckung begann. Schließlich griff er nach der ersten Schriftrolle, die bereit lag, und öffnete sie. Der Gesang wurde zu Formeln, einem melodischen Silbensang, einem Sprechlied. Der Leichnam flimmerte rötlich auf, und man hörte das Geräusch mahlender Räder. Dann war es still.

Jørgen sah zu Terseon hinab. Gendry kniete sich neben seinen Freund. Nichts geschah. Gendry fühlte die Brust, horchte nach Atem. Nichts. Er sah zum Priester. Dessen Stimme immer noch abgehackt, wie unter Zwang dem Stimmband entrissen.

»Es gab keinen Defekt.«

»Wir versuchen es noch einmal«, entschied Gendry.

»Wie ihr wünscht.«

Jørgen räusperte sich. »Ich werde mich zurückziehen, wenn Ihr erlaubt.«

Gendry nickte. »Ich schicke nach Euch, wenn sich etwas ergibt. Wir werden nicht aufgeben.«

Aber etwas sagte Jørgen, dass alle Versuche vergebens sein würden.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 21. Dezember 2006, 16:14:13
Zitat
Damit man vor Weihnachten noch was zu lesen kriegt:

Schönes VorWeihnachtsgeschenk. Danke
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 21. Dezember 2006, 21:43:03
Und falls ihr nicht einfach kommentieren wollt, hätte ich gerne eure Meinung zu dem Gedicht (das ich spontan geschrieben habe und zuerst gar nicht ausschreiben wollte). Ich weiß, dass es kitschig ist und nicht gerade Goethe oder Rielke, aber stört das im Text, oder hilft das der Stimmung? Das wäre meine Frage; Literaturkritik wäre sekundär (wird aber auch angenommen).

Und zur Spekulation: Warum konnte Terseon nicht erweckt werden?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 22. Dezember 2006, 09:07:24
Zitat von: "Berandor"
Und zur Spekulation: Warum konnte Terseon nicht erweckt werden?

DAS wüsste ich auch zu gern...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. Dezember 2006, 22:08:43
Zwischenspiel?

Felliarn schrak auf, als die Tür ins Schloss donnerte. Er hatte noch genug Zeit, die Füße vom Tisch und eine halbwegs wache Haltung anzunehmen, bevor Meerthan ins Zimmer stürmte. Die Verkleidung als Goldelf fiel von dem Magier ab und wich hochelfischen Zügen. Meerthan ging ohne Gruß an Felliarn vorbei und griff nach Krug und Kelch, um sich Wein einzuschenken. Für einen Moment stand Meerthan still und sah auf den Kelch hinab. Seine Züge spannten sich. Er schleuderte den Kelch gegen die Wand und stand mit geschlossenen Augen und bebenden Schultern. An der Wand hinterließ der Wein die Spuren eines Blutbads.

»Was ist passiert?«, fragte Felliarn.

Meerthan atmete tief durch. »Sie haben mich ignoriert.«

Felliarn hob den Kelch auf und füllte ihn erneut. Er reichte Meerthan den Wein und wartete. Meerthan trank.

»Ich habe versucht, ihre Aufmerksamkeit zu erlangen. Mit Sicherheit wissen sie von mir. Sie müssen mich erkannt haben. Also wollten sie nicht mit mir reden.«

»Aber warum?«

Meerthan bleckte die Zähne. »Das ist die Frage, nicht wahr? Wollen sie einfach nichts mit mir zu tun haben? Oder ist es aus denselben Gründen, weshalb Thargad sich nach seiner Rückkehr nicht bei uns gemeldet hat?«

»Warum sollten sie uns misstrauen? Ich glaube immer noch, dass sie einen Plan hatten.«

»Einen Plan? Sieh dir diese Kerle doch mal an. Sie sind nicht gerade große Planer, oder Geheimniskrämer. Sie tragen ihre Laune am Hemdkragen spazieren.«

»Trotzdem…«

»Ja ja.« Meerthan winkte ab. »Sie standen auf der richtigen Seite. Aber sie sind wandelnde Zielscheiben, und wir halten uns versteckt.«

»Vielleicht haben sie uns deshalb nicht aufgesucht«, fiel Felliarn ein.

»Vielleicht«, gab Meerthan zu. »Aber so oder so scheint die Zeit unserer direkten Zusammenarbeit beendet.«

Felliarn senkte den Kopf. »Sollen wir nicht noch einmal versuchen, mit Thargad zu reden?«

Meerthan sah seinen Schützling nachsichtig an. »Also gut. Aber nicht heute abend. Ich bin müde. Morgen.«

-

Embril wälzte sich auf die andere Seite, aber noch in der Bewegung wurde ihr klar, dass es sinnlos war. Sie war wach, an ein erneutes Versinken im Traum war nicht zu denken. Mit geschlossenen Augen tastete sie ihren Körper ab. Einige Stellen schmerzten noch ein wenig, aber es war ein guter Schmerz, wie nach einer ausgelassenen Liebesnacht. Die Verbrennungen waren verheilt. Sie musste lächeln. Selbst als Priesterin eines Totengottes fühlte es sich bisweilen sehr gut an, lebendig zu sein.

Je wacher sie wurde, desto bewusster wurde ihr allerdings ihr Aufenthaltsort. Sie hatte die Kettenbrecher vernichtet, aber zu welchem Preis? Sie hatte alte Schulden eingefordert und musste sich glücklich schätzen, wenn ihr der Tod der beiden Schattendiener nicht angerechnet würde. Sie hatte ihren Tempel verloren. Ihren schönen Tempel, gerade erst Vel'Sharoon geweiht! Sie hatte fliehen müssen, und ihr einziger Trost war, dass die Zeit beinahe abgelaufen war. Nur noch wenige Wochen, dann würde sie wieder im Finger einziehen können. Bis dahin galt es, sich den guten Willen der Käfigmacher zu erkaufen. Die Ausrüstung, die sie hatte mitgehen lassen, würde dabei helfen.

Also warum lag sie immer noch untätig in diesem Bett, das jeden Augenblick unbequemer wurde? Embril zwang ihre Augen auf, schüttelte die Decke ab und schwang sich in eine sitzende Position. Sie erstarrte. Sie sprang auf und packte ihre Sense in einer Verteidigungshaltung. Jemand war in ihrem Zimmer gewesen und hatte sie bestohlen. Dirims Schwert und Schild waren weg.

-

»Er ist weg«, sagte Beregard, als würden erst seine Worte Tatsachen schaffen. er stand mit den verblieben Kettenbrechern vor der Bahre, wo kurz zuvor noch Dirims Leichnam gelegen hatte. Jetzt war sie leer.

»Auf nach Occipitus?«, fragte Thamior den heiligen Krieger.

Beregard zuckte mit den Schultern. »Ich wollte immer schon sehen, wie Dirim so wohnt.«

-

»Was genau brauchen wir jetzt?«, fragte Jørgen noch einmal. Er und Milo hatten sich entschlossen, den Kettenbrechern zu helfen. Sie schienen in dieser konfusen Stadt noch die vertrauenswürdigsten zu sein. Und Jørgen wollte diesen guten Kleriker, der über eine Höllenebene herrschte, mit eigenen Augen sehen.

»Einen Ebenenschlüssel«, sagte Milo. »Um eine Ebene zu bereisen, benötigt man einen entsprechenden Schlüssel. Die gängigen Ebenen sind einfach zu erreichen, aber Occipitus… Wir brauchen den Knochen eines Externaren, der schon einmal dort war. Oder die Hilfe eines Wesens, das von sich aus Ebenen bereisen kann – diese Wesen benötigen keine Schlüssel, sie brechen sozusagen in der Ebene ein.«

»Einen Ebenenschlüssel also«, sagte Thamior und öffnete die Tür zu Skies Schatzkammer. Milo folgte ihm hinein, nur Jørgen blieb noch einen Moment versonnen im Morgenlicht stehen. Er versuchte sich zu erinnern, ohne zu wissen, woran. Es gelang ihm nicht. Schulterzuckend folgte er Elf und Halbling in den Magierladen.

Thamior hatte bereits die mitgebrachten Gegenstände auf einem Tisch ausgebreitet. Skie zog sich gerade einen Stuhl heran und setzte sich ein Monokel auf. Ruhig glitt ihr einäugiger Blick von Gegenstand zu Gegenstand, bis sie alle identifiziert hatte. Es war eine stattliche Liste: Hasttränke, Diverse Heil- und Wiederherstellungstränke, zwei Magierringe, ein Entrinnensring, ein Ring der Feuerresistenz, ein Ring des Zauberwissens, ein Schutzring und eine Öffnungsglocke.
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»Habt ihr einen Ebenenschlüssel?«, fragte Thamior, nachdem Skie ihre Arbeit beendet hatte. »Für die Ebene Occipitus?«

»Das wüsste ich«, sagte die Halblingsfrau. »Aber ich habe von dieser Ebene nicht einmal gehört. Ich habe allerdings eine Schriftrolle mit Ebenenwechsel – den Schlüssel müsstet ihr trotzdem besorgen.«

»Wie sieht es mit einer Schriftrolle aus, um jemanden wiederzuerwecken?«

In diesem Moment fiel Jørgen wieder ein, woran er sich erinnern wollte. Er nahm Milo und Thamior etwas abseits.

»Dass ich da nicht eher dran gedacht habe«, sagte er. »Das Fest der Helden!«

»Natürlich«, sagte Milo. »Wie dumm.«

»Was denn?« Thamior verstand kein Wort.

»Am vierzehnten Tag der Flammleite setzte Zarandra Stern zum ersten Mal wieder ihren Fuß auf Tethyrs Boden, um ihn nicht mehr zu verlassen. Zur Erinnering hält die königliche Abenteurergilde jedes Jahr das Fest der Helden ab, einen Wettstreit unter Abenteuergruppen. Diesmal ist Turnier in Saradush, also ganz in der Nähe.«

»Ein Karren braucht zehn Tage, ein schnelles Pferd grob vier, und meine Geisterrösser einen einzigen«, fügte Milo hinzu.

»Und?«, fragte Thamior ungeduldig.

»Der Gewinner bekommt eine lebenslange Mitgliedschaft in der Gilde«, sagte Jørgen«, und einen besonderen Preis.«

»In diesem Jahr«, vollende Milo, »ein Djinniring!«

Beide blickten Thamior grinsend an.

»Und?«

Milo zwinkerte. »Djinnis können die Ebene wechseln, von Geburt an. Wir brauchen keinen Schlüssel.«

»Wir müssen nur das Turnier gewinnen«, sagte Jørgen.

»Ein Turnier, bei dem sicher noch andere Gruppen mitmachen.«

»Aber das ist es ja gerade«, sagte Milo. »Es geht nicht darum, der mächtigste zu sein. Es gewinnt die Gruppe, die am klügsten und gewitztesten ist. Man darf nicht einmal Magie einsetzen, die man nicht gestellt bekommt.«

»Trotzdem muss man erst einmal gewinnen«, sagte Thamior. »Es gibt noch andere gewitzte Abenteurer – und wir haben Boras.«

Jørgen lachte. »Da habt ihr natürlich Recht.«

»Oh, gegorene Sahne«, fluchte Milo. »Wir haben etwas vergessen.«

»Was denn?«

»Das Turnier findet am Vierzehnten statt.«

»Dann haben wir doch noch Zeit genug«, meinte Jørgen.

»Aber mit einer normalen Schriftrolle kann man nur Leute erwecken, die nicht länger als neun Tage tot sind. Selbst, wenn wir sofort am vierzehnten nach Occipitus reisen, bei Dirim ankommen und nicht wieder ein halbes Jahr vergeht, ist er trotzdem dann zehn Tage tot.«

Die gute Laune war wieder verflogen. Geknickt gingen die drei wieder zu Skie zurück. Hatte die Ladenbesitzerin etwas gehört? Jedenfalls grinste sie fast, als sie sagte:

»Was eure Frage angeht: Leider hat Sir Lathenmire alle meine Erweckungsschriftrollen aufgekauft – bis auf eine, die ihm zu teuer war. Er sagte, er bräuchte keine hochstufige Spruchrolle; neun Tage seien mehr als genug.«

Und so verkauften die Kettenbrecher einen ihrer Magierringe für die Identifizierung der Gegenstände und die hochstufige Erweckungsschriftrolle, die Dirim auch nach elf Tagen noch ins Leben zurückholen würde. Der Weg schien klar: Nach Saradush, und das Turnier gewinnen. Hoffentlich.

-

Felliarn hielt die dauerhafte Fackel in der einen, das geheiligte Schwert in der anderen Hand. Meerthan trug die Katze. Sie stiegen die feuchte Treppe hinab; einer der Gründe, warum Meerthan diesen Unterschlupf ausgewählt hatte, war der Keller. In Cauldron waren die meisten Häuser ohne Keller gebaut, und nur die wenigsten Ausnahmen standen leer.

Felliarn erreichte den Absatz und trat zur Seite, um Meerthan vorbei zu lassen. Der Elf befreite eine Hand von seiner Last und zog umständlich einen großen Schlüssel hervor. Der Schlüssel passte genau auf das Vorhängeschloss vor der Brettertür. Felliarn schüttelte den Kopf; im Notfall hätte diese Tür wohl kein wirkliches Hindernis bedeutet. Trotzdem fühlte er sich besser, wenn er sie verschlossen wusste.

»Obacht jetzt«, sagte Meerthan.

Mit einem lauten Klacken öffnete er den Riegel und entfernte das Schloss. Felliarn machte sich kampfbereit. Meerthan zog die Tür auf. Das dauerhafte Licht tastete sich in den dunklen Raum dahinter, legte sich über steinernen Boden und Wände, erweckte die Schatten zum Leben. Nur in einer Ecke verharrten die Schatten regungslos. Dort warteten das böse Funkeln, der dunkle Hunger, der Ursprung des feuchten Schimmelgeruchs, der nun, vom Licht vertrieben, aus dem Zimmer quoll.

Meerthan hielt die Katze an ausgestrecktem Arm. Sie war höchstens seit einem halben Tag tot, aber in diesem Licht, mit diesem Geruch, glaubte Felliarn schon die Maden zu sehen, die sich unter ihrer Haut wälzten und wanden. Er schloss die Augen und schluckte.

»Felliarn!«, zischte Meerthan.

Felliarn zwang sich, hinzusehen. Wenn er nicht hinsähe, würde er eine mögliche Gefahr nicht bemerken. Und dann… Meerthan ließ die Katze ein-, zweimal baumeln, dann warf er sie in die dunkle Ecke des Raums. Erst jetzt, vor dem Kontrast aus klirrenden Ketten und rupfend-reißendem Geschmatze, fiel Felliarn auf, wie still es vorher gewesen war. Immer noch konnten selbst seine Elfenaugen kaum einen Umriss ausmachen. Dafür hörte er umso genauer, wie Fell von Fleisch gerissen, Knochen gebrochen und Gedärme geschlürft wurden. Es dauerte vielleicht eine halbe Minute, die Felliarn wie eine Stunde vorkam, dann endete das Gemetzel mit einem vernehmlichen Rülpser. Felliarn wurde schlecht.

Meerthan sah ihn an. Felliarn nickte: Ich bin bereit, sollte das heißen. Meerthan studierte ihn noch einen Moment länger, dann griff er nach der Fackel. Felliarn gab sie ihm. Meerthan nahm sie in die Linke, und mit einem kurzen Wort befahl er einen Angriffszauber in seine rechte Hand. Dann traten sie beide in den Gestank hinein.

Es war fast, als wehre sich die Dunkelheit dagegen, auch nur kurzzeitig vertrieben zu wurden, als krallte sie sich an den Wänden fest, entschlossen, die Fackel versiegen zu lassen. Aber der Kampf war vergebens. Der Lichtkegel marschierte ihnen voraus, in stetem Abstand, und enthüllte nach und nach diese leere Zelle. Jetzt sah Felliarn ein paar Knochensplitter – war das da vorn ein Fellbündel? Nun rückten die in die Wand eingelassenen Eisenfesseln ins Licht, gefrorene und ineinander verflochtene Schlangen von glitzernder Schwärze. Unwillkürlich folgte Felliarns Blick dem Auf und Ab der Kettenglieder, krampfhaft immer auf den Punkt gerichtet, der gerade nicht von der Fackel erhellt wurde.

Und dann traf das Licht auf zusammen laufende Wände, drängte auch in die letzte Ecke und gab die grauslige und bedauernswerte Gestalt frei, die Meerthan und Felliarn hier gefangen hielten. Geschwollene Handgelenke, wo das Wesen versucht hatte, sich zu befreien. Lange Krallen, stark genug, um Knochen zu brechen, dünn genug, um das Mark aus ihnen zu pulen. Arme, deren Gelenke widernatürlich abgeknickt wirkten. Spitze Schulterblätter, ein runzliger Hals, darüber ein eingefallenes Gesicht, ein gieriges Maul, aus dem eine lange, gelbe Zunge walkte. Haut in der Farbe von Knochen unter einer Lederschicht wie Muskelfleisch. Und böse, funkelnde Augen, deren Intelligenz der tierhaften Erscheinung höhnten. Dies war kein gewöhnlicher Ghul. Natürlich nicht.

»Also dann.«

Meerthan ging in die Hocke. Sein rechter Arm spannte sich, bereit, eine schmerzhafte Berührung auszuführen. Der Ghul wiegte sich hin und her, fuhr sich mit der Lippe über das Kinn, aber er sprang nicht vor. Meerthan hob eine Augenbraue.

»Wir haben dazugelernt«, sagte er anerkennend. Bei ihrem ersten Besuch hatte der Ghul, wahnsinnig vor Hunger, wieder und wieder an seinen Ketten gezerrt, Meerthan gerade außerhalb siner Reichweite sitzend und schmerzhafte Zauber austeilend, ebenfalls wieder und wieder.

»Hrasch hreullt iir?«

Die Stimme des Ghuls war wie ein Fingernagel auf einer Schiefertafel. Felliarn zuckte unwillkürlich zusammen. Bei aller Fremdheit aber war das Menschliche in ihr noch erkennbar – und das war vielleicht sogar noch schlimmer. Felliarn sprach ein schnelles und stilles Gebet. Der Kopf der Ghulkreatur fuhr herum und fixierte ihn mit einem hasserfüllten Blick, als spürte es, was Felliarn tat. Meerthan stieß seinen Gefolgsmann vorwurfsvoll an. Dann wandte er sich an den Gefangenen.

»Wir wollen reden, Thargad. Nur reden.«

Der Ghul kreischte auf. Er zuckte vor und zurück, und seine Halskette baumelte und blinkte im Licht. Die Kette zeigte eine gepanzerte Handfläche, in deren Mitte ein Auge prangte. Die Hand Helms. Das Kreischen kam in Stößen, und es dauerte einen Atemzug lang, bis Felliarn erkannte, was es war. Der Ghul lachte.

-

»Mir ist noch etwas eingefallen«, sagte Jørgen. »Ein Gerücht, nicht mehr, aber es könnte wichtig sein.«

»Na dann raus mit der Sprache«, sagte Thamior. Sie saßen bei einem Wein zusammen, im Wohnbereich des Tyrtempels.

»An der Dampfsee gibt es eine kleine Stadt. Sie wird ›die Ställe‹ genannt.«

»Wie Wasserstelle?«

»Eher wie Schweineställe«, fiel Milo ein. »Nach allem, was ich weiß, kein sehr gastlicher Ort. Was ist denn dort?«

»Wie gesagt, nur ein Gerücht. Aber angeblich hat man dort kürzlich einen Oktopusschlüssel gefunden.«

»Oktopus?«, fragte Boras.

»Ein Kraken«, erklärte Thamior und fügte sicherheitshalber noch hinzu: »Ein Fisch.«

»Jedenfalls soll dieser Schlüssel aus dem Schädel eines Spinnendämons geschaffen worden sein. Ein Bebilith.«

»So ein Wesen haben wir auf Occipitus besiegt«, sagte Thamior.

»Ich habe es besiegt«, berichtige Boras stolz.

»Glaubt ihr, es handelt sich um denselben Bebilithen?«, fragte Milo zweifelnd.

»Nicht wirklich«, sagte Jørgen. »Aber es gab schon komischere Zufälle.«

»Nicht viele«, meinte der Halbling.

»Trotzdem könnten wir da mal nachsehen«, meinte Thamior. »Wie weit ist das denn weg?«

»Etwas so weit wie Saradush«, meinte Milo. »Also auch einen langen Tagesritt mit Geisterrössern. Wenn wir morgen früh aufbrechen, sind wir morgen abend dort.«

»Und hätten genug Zeit, um immer noch zum Abenteuerturnier zu kommen«, sagte Jørgen.

»Dann gehen wir besser früh schlafen«, meinte Thamior.

»Eine Sache noch«, sagte Milo. »Können wir Dirim wirklich wiedererwecken?«

»Wir haben doch die tolle Schriftrolle«, sagte Beregard, der bislang still dabei gesessen hatte. Er würde mit den Kettenbrechern reisen, als zusätzliche Schwerthand. »Und wenn wir morgen schon den Ebenenschlüssel aus diesen Ställen kriegen, dann haben wir gar kein Zeitproblem mehr.«

»Aber was ist mit Terseon Skellerang? Und den anderen Erweckungen, die fehlgeschlagen sind?«

»Das sind doch nur Gerüchte«, meinte Beregard.

»Skellerang ist keines. Und wir sind auch bereit, Gerüchten an die Dampfsee zu folgen. Was machen wir, wenn wir Dirim nicht erwecken können?«

»Damit beschäftigen wir uns, wenn es so weit ist«, sagte Beregard bestimmt. »Und jetzt entschuldigt uns bitte. Thamior hat Recht. Wir sollten früh schlafen gehen.«

Die Gefährten verabschiedeten sich, und Thamior zog sich in das Waldstück am Pavillon zurück, mit dem ungewissen Gefühl, etwas vergessen zu haben.

-

Sie würden nicht kommen. Skylar Krewis verfluchte sein Unglück. Was hatte er sich auch mit den Kettenbrechern treffen wollen? Aber nach dem Tod des Hauptmanns war ihm in der Stadtwache nicht mehr ganz wohl gewesen. Darum hatte er diesen dummen anonymen Brief geschrieben – als ob ›SK‹ irgend jemanden täuschen konnte. Warum war er nicht einfach zum Tempel gegangen? Weil er Angst gehabt hatte, darum. Wenn die Kettenbrecher ihm nicht hätten helfen wollen, wollte er unbehelligt seinen Posten behalten können. Und als Freund der Kettenbrecher hatte er schon genug Sticheleien zu ertragen gehabt. Wenn man ihn jetzt für einen Spitzel hielte…

Natürlich war alles anders gekommen. Noch bevor er sich hatte mit ihnen treffen können, waren die Kettenbrecher Embril zum Opfer gefallen. Er hatte also die Initiative ergriffen. War zur Trauerfeier gegangen – das war schließlich unverdächtig. Hatte das Treffen verschoben.

Natürlich hatte gerade heute das Schicksal zugeschlagen. Er war bei der MGA vorbei gegangen, um Mirta zum MIttagessen einzuladen. Da war diese Kiste gewesen, mit den Fundsachen aus dem Finger. Nur die Kiste; niemand in ihrer Nähe. Skylar hatte einen schnellen Blick hinein geworfen…

Jetzt saß er hier im Pavillon am Seeufer, die Beweise brannten ihm ein Loch in die Tasche, und die Kettenbrecher kamen nicht. Hatten sie ihn vergessen? Egal. Skylar sah zum Himmel. Es war bald Mitternacht. Nur noch ein anderer Tisch war besetzt – ein selbstvergessenes junges Paar, das wohl keinen anderen Ort hatte, um sich ein Stelldichein zu geben. Je länger er jetzt noch wartete, desto verdächtiger machte er sich. Skylar nickte Nisa zu und legte eine Königin auf den Tisch.

»Stimmt so«, sagte er.

Nisa warf ihm einen gespielten Kussmund zu. Skylar fasste sich ans Herz und gab sich getroffen.

»Mach, dass du heim kommst«, sagte Nisa. »Die beiden Turteltauben reichen mir.«

»Dein Wunsch ist mir Befehl«, sagte Skylar.

Mit zügigem Schritt marschierte er die Lavaallee entlang. Die Nacht war angenehm warm. Cauldron schlief. Eigentlich mochte Skylar diese Zeit, wenn der Schwefeldampf unbehelligt durch die niedrigen Straßen zog. In diesen Momenten fühlte sich Cauldron mehr als sonst wie sein Zuhause an. Wie er jetzt so in die Schrumpfgasse abbog – eine Abkürzung – dachte er, dass sein Posten bei der Wache doch gar nicht so schlecht sei. Für einen Moment vergaß er die Kettenbrecher und die Beweise, die er in der Tasche hatte.

Skylar wurde nach hinten gerissen, zu Boden geworfen. Dumpf spürte er den Aufprall in seinem Rücken. Ein großer Stein ragte aus dem Pflaster heraus und prellte ihm die Schulter. Bevor er reagieren konnte, pflanzte sich ein Stiefel auf seine Brust. Im Mondlicht erkannte Skylar die Umrisse zweier Halborks. Dem einen gehörte der Stiefel auf Skylars Brust.

»Keinen Mucks«, sagte er.

Der andere beugte sich nieder und zog Skylars Schwert aus der Scheide.

»Kein Friedensband«, sagte der stehende Halbork. »Gegen das Gesetz.«

»Ich gehöre zur Wache«, presste Skylar hervor. Es fiel ihm schwer, zu atmen.

»Heute nacht nicht«, sagte der Halbork. Er wandte sich an seinen Gefährten. »Filz ihn.«

Skylar schloss die Augen. Helm, hilf! Er fühlte Finger an seiner Brust, seinem Gürtel, seinen Beinen… jetzt kamen sie zurück, fummelten an seiner Tasche, zwängten sich hinein, zerrten das Geheimnis ans Licht.

»Was haben wir denn hier?«, fragte der Halbork.

Der andere gab ihm die beiden Briefe, die Skylar aus der MGA-Kiste entwendet hatte.

»Gehört das dir?« Seine Stimme klang, als würde er lächeln.

Helms helfende Hand, dachte Skylar. Ich werde sterben.

-

»Ein guter Tag zum Reisen«, sagte Milo. Er blickte zum Himmel auf. »In ein paar Stunden liegen höchstens ein paar Schäfchenwolken zwischen uns und der Sonne.«

»Habt ihr alles, was ihr braucht?«, erkundigte sich Jørgen bei den Kettenbrechern und Beregard. Alle drei bejahten.

»Na dann«, sagte Milo. »Ich werde meine Rösser außerhalb der Stadt beschwören. Auf zum Stadttor.«

In zügigem Schritt marschierten die fünf los. Es gab viel zu tun.

-

»Was gibt es denn noch, alter Mann?« Der Wachmann wirkte ungehalten.

»Könnt ihr mir sagen, wie ich den Tempel der Dreifaltigkeit finde?«

Der Halbork zuckte mit den Schultern, dann beschrieb er den Weg. Er musterte den Alten. »Ilmater, wie?«

Berion von der Dornigen Rose nickte. »Ganz recht«, sagte er und schulterte seinen Rucksack. »Ilmater.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. Dezember 2006, 22:10:51
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Und damit sind wir up-to-date. Frohes Fest!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 23. Dezember 2006, 18:35:38
Der Wolf-Haas-Stil war wohl doch nicht so das Gelbe vom Ei? Schade eigentlich...

Also die Geschichte mit Thargard find ich sehr witzig... ein kleiner Thargard-Ghul... wer hätte das gedacht... wobei ich bei der Katzenmahlzeit eher an Alf erinnert wurde  :lol:

Wirklich wieder mal ne Wohltat sowas zu lesen; danke Berandor!
Hast du das Totenlied eigentlich gesungen oder "nur" vorgelesen?

dude
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: meist3rbrau am 24. Dezember 2006, 02:17:03
So jetzt hab ich auch endlich alles gelesen. Berandor, dein Totenlied ist jedenfalls mehr als gut genug, der Trauerzeremonie die nötige schwermütige Athmosphäre zu verpassen. Also wen schert der literarische Wert, wenn die Stimmung... ehm... na stimmt :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Trøll am 25. Dezember 2006, 07:08:27
Zitat von: "Berandor"
Und falls ihr nicht einfach kommentieren wollt, hätte ich gerne eure Meinung zu dem Gedicht (...).

"Noch ist er warm von deiner Wangen Kuss" - wenn man weiß, dass es sich um einen Stuhl handelt, dem es offensichtlich "wohligen Genuss" bereitet, von meinem knüseligen Hintern geküsst zu werden, hätten diese Zeilen wohl eher dafür gesorgt, dass ich bei einer Trauerfeier laut hätte losprusten müssen. Klingt irgendwie ziemlich albern, auch wenn der Gedanke dahinter erkennbar nicht spaßig gemeint ist. Allein die Wortwahl ist in diesen ersten Zeilen eher unpassend, danach wird es deutlich besser. Grundsätzlich gefällt mir die Metapher mit dem leeren Stuhl sehr gut.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 01. Januar 2007, 20:09:23
Übrigens: wir haben am letzten Samstag des Jahres tatsächlich gespielt, wenn auch in kleiner Besetzung (Berandor, Dirim, Shaz und ich). Und ich liebe die Eberron Action Points. Wirklich und wahrhafrig.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 02. Januar 2007, 17:15:00
Das ist nicht untertrieben. Kylearan küsst die immer, bevor er die abgibt, und ich muss die dann sauberwischen.

Ansonsten war der Samstag recht ereignisreich. Und sie trafen auf ihren ausdauerndsten Gegner, den schier unbesiegbaren Fnord! Selbst nach mehrmaligem Besiegen stellte er sich ihnen immer noch mal in den Weg.

Ansonsten gab es Cthulhuesque Tentakel, und natürlich als Highlight den Dude in einer Gastrolle. :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 03. Januar 2007, 10:49:52
FREU!!!

 :wub:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 24. Januar 2007, 20:45:23
hmm... ich warte nun schon recht lange drauf das sich irgendwas hier tut. Aber leider scheint alles sehr eingeschlafen zu sein. WANN GEHTS WEITER?

Warte auf cthuloideAuswüchse des Wahnsinns und natürlich auf den Auftritt meines alten Egos!

btw... auf welcher Stufe sind denn die Spieler grad so durschschnittlich? Will mir jetzt auch endlcih mal The shackled City anschaffen (weiß zwar noch nicht genau wo, aber das ergibt sich) und würd gern wissen auf welcher Stufe sich das ganze über die Zeit gesehen spielereisch ausgewogen darstellt.

gruß
dude
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 25. Januar 2007, 10:14:09
Zitat von: "dude"

btw... auf welcher Stufe sind denn die Spieler grad so durschschnittlich? Will mir jetzt auch endlcih mal The shackled City anschaffen (weiß zwar noch nicht genau wo, aber das ergibt sich) und würd gern wissen auf welcher Stufe sich das ganze über die Zeit gesehen spielereisch ausgewogen darstellt.

gruß
dude

Momentan sind wir teils Stufe 11, teils Stufe 12 - besser wäre wohl Stufe 13, habe ich so zwischen den Zeilen herausgehört, und beim letzten Treffen wurden die 11er in die 12 versetzt. (Muss von Velbert noch aufsteigen lassen, fällt mir dabei ein.)

Übrigens fand zwischendrin noch ein Spieltermin statt. Da Berandor aber in der Klausurvorbereitung steckt, wird wohl bis Mitte Februar eher nichts kommen. Der Dude hatte aber seinen Spaß...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sylvarion am 25. Januar 2007, 15:57:02
Sehr feine Story Hour! Sie bietet mir schonmal viel Inspiration und ich hoffe ein paar Ideen in meiner Kampagne einbauen zu können. Eventuell wird daraus dann auch eine SH, wobei ich wohl nicht soviel Durchhaltevermögen beweisen kann wie unser Meister hier. :)
Ansonsten wünsch ich euch noch viel Glück und bin gespannt auf die nächste Episode.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 27. Januar 2007, 20:42:55
Ja, sorry, dass hier nix ist. Aber ich habe null (!) Zeit momentan für die SH. Obwohl mir das Schreiben sehr viel Spaß macht, ist sie doch in der Prioritätenliste ganz unten. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es bis nach dem 16.02. dauern, dass ich wieder ans Schreiben komme.

Tut mir wirklich leid.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Gilvart am 28. Januar 2007, 16:59:25
Solange es danach ein MEGAUPDATE gibt verzeihen wir es dir lieber Berandor :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 01. Februar 2007, 21:00:28
Zitat
Frohe Weihnachten, Thargad!



Sehr gut, doch muss ich sagen, sehr gut.... nich war Thargad.... toll zu spielen... liegt alles in deiner Natur... die Fettnäpfchen meine ich... :grin:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 15. Februar 2007, 14:08:12
Können wir Dir irgendwie zu ein wenig mehr Freizeit verhelfen, lieber Berandor?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 18. Februar 2007, 19:12:48
Zu spät. :)

Allerdings muss ich jetzt erst noch einen Ceramic DM-Beitrag verfassen... und dann hat Talamar ja noch Rezi-Bücher hergeschickt, und die Spielvorbereitung, und die Hausarbeiten... aber wie gesagt, ich hoffe auf ein Update diese Woche.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 24. Februar 2007, 17:15:14
So, es fehlen zwar die Geschichten der letzten beiden Sitzungen, aber gleich trifft die Bande bei mir ein und es geht weiter.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 25. Februar 2007, 19:12:16
Wie Kylearan bereits schrieb, haben wir gestern gespielt. Als Zwischenmahlzeit bis es hier endlich weiter geht (wer schreibt dieses Ding, und warum kommt der nicht in die Puschen?), hier ein kurzer Exkurs.

Es sah einige Zeit so aus, als würden wir Thargads Spieler an George Bush verlieren. Um ihm ein Andenken zu verschaffen, hat die Gruppe zusammen gelegt und bei Storn Cook (http://stornart.com/) ein Charakterportait in Auftrag gegeben. Im Spoiler könnt ihr eine detailarme Version sehen (aus 72 dpi noch einmal Qualität verringert); die bessere Version (400 dpi) zeigt eindeutig, dass es sich bei dem Amulett um ein Helmsymbol handelt.

Ohne weitere Vorrede also hier, was wir gestern dem Spieler in einem einfachen Ausdruck überreicht haben...

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 26. Februar 2007, 09:25:07
Zitat von: "Berandor"
wer schreibt dieses Ding, und warum kommt der nicht in die Puschen?

DAS würde ich gerne auch mal wissen... ;-)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 26. Februar 2007, 13:57:24
Das sehen mindestens drei dutztend andere Leser genauso.  :roll:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Taled am 26. Februar 2007, 14:01:37
Sooo, eben mal auf den neusten Stand gelesen. Gespannt bin ich sehr. Wenn man Wünsche äußern darf: den stilistischen Ausflug von "Schicksale" nicht wiederholen.


Ansonsten Danke für die Mühe.


Taled
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 03. März 2007, 01:24:32
Nach nur gut zwei Monaten schon wieder ein Update? Undglaublich!

Ship of Fools

 Die Kettenbrecher standen vor der Stadt.

»So«, sagte Milo und griff in den Komponentenbeutel. »Dann wollen wir–«

Er verschwand. Die Luft schimmerte kurz, dann verging auch diese letzte Spur.

»Teleportfluch«, sagte Boras beeindruckt. »Doch übler, als man denkt.«

Nach kurzer Überlegung entschlossen sich die Kettenbrecher, auch ohne die Hilfe von Milos fliegenden Pferden in die Ställe zu reisen. Die Gerüchte des Schlüssels waren zwar nur vage, aber die Wahrscheinlichkeit, die Abenteuerspiele zu gewinnen, schien noch geringer.

»Außerdem habe ich keine Lust auf solche Spielchen, während das Gleichgewicht von Gut und Böse bedroht scheint«, sagte Jørgen.

Und so sattelten die Kettenbrecher ihre gewöhnlichen Pferde und machten sich auf den Weg nach Osten an die Küste. Auf dem Weg begegneten ihnen nur wenige Reisende, die sie vor Yuan-Ti warnten, die in den Dschungeln des Ostens hausten. Einmal wurden sie von Landhaien angegriffen, aber sie ritten den Tieren einfach davon.

Schließlich kamen sie an die Dampfsee. Ein flaches Süßwasserbecken, dank unterirdischer Vulkane stets von schwefeligem Dampf gekrönt, an seiner tiefsten Stelle vielleicht sechzig Schritt und doch groß genug, um den Horizont zu bedecken. Und an der Küste die Ställe, in die See hinein gebaut auf Flöße und Pfähle, dem Schwefel zum Trotz von einem ganz eigenen Gestank erfüllt, schmutzig und krank. Im Osten das Alchimistenviertel, wo in die See gekippte Chemykalien aus Wasser Schlamm gemacht hatten, wo die Ärmsten selbigen Schlamm durchwateten in der Hoffnung, ein versehentlich weggeworfenes Kleinod zu finden. Im Westen das Händlerviertel, leere Lagerhallen zu Schlafsälen verkommen, Zeugnis des Niedergangs der ehemals aufstrebenden Stadt. Im Süden das Villenviertel, wo Wachen durch die leeren Gassen patrouillierten, wo keine Bettler und Tagediebe in den Ecken hockten und jammerten. Und im Norden Treibgut, das sinkende Viertel, Hütte um Hütte auf die Dächer bereits im Schlamm versunkener Wohnstätten erbaut, wo die Bewohner der Stadt versuchten, in Exzessen ihr Leben zu vergessen. Die Ställe, Heimstatt der Verzweiflung, wo die Kettenbrecher Hoffnung suchten.

Die Kettenbrecher ritten durch die engen Gassen des Händlerviertels, begleitet von schmutzigen Gesichtern und ausgestreckten Händen. Ihr Ziel war das Amt des Hafenmeisters, um sich von offizieller Stelle einen Überblick zu verschaffen. Der Hafenmeister selbst, ein dreitagebärtiger Mann mit ruhiger Ausstrahlung, begegnete ihnen mit skeptischem Blick.

»Ihr macht doch keinen Ärger?«, fragte er.

»Nein, wieso?«, fragte Jørgen.

Der Mann deutete auf Jørgens Insignien und seinen Umhang, dann auf Beregards Schildwappen. »Krichen sind hier nicht so gerne gesehen. Und Tyr...«

»Gibt es ein Problem mit Tyr?«

Der Hafenmeister rang sich zu einem Lächeln durch. »Natürlich nicht. Ihr solltet nur versuchen, nicht dem Triumvirat aufzufallen. Und jetzt zu etwas anderem: habt ihr schon eine Unterkunft?«

Der Hafenmeister hatte einen Schwager, der zufällig ein leeres Lagerhaus vermietete. Die Kettenbrecher nahmen das Angebot an, und nach einer Mütze Schlaf ließen sie Boras bei den Pferden zurück und machten sich auf die Suche nach dem Schlüssel bzw. dem Letzten, der diesen Schlüssel gesehen hatte. Bald hatten sie folgendes herausgefunden: Eine Abenteuergruppe, die sich die Unternehmer nannte, hatte bösen Umtriebe im Irrenhaus der Stadt ein Ende gesetzt. Dabei war auch der gesuchte Oktopusschlüssel gefunden worden, ein Amulett, das der Barbar Fnord an sich genommen hatte. Der Auftraggeber der Unternehmer war der Sammler Antobury; Fnord selbst war in den Ställen geblieben, wo er bei seiner Geliebten Nessaja untergekommen war.

»Erst zu Nessaja«, beschied Jørgen, und weder Beregard noch Thamior widersprachen.

Als sie über den Marktplatz gingen, sahen Jørgen und Beregard missbilligend zur großen Turmuhr hinauf. Es war elf Uhr, aber das war nicht der Grund ihrer Missbilligung. Die Turmuhr hatte eine besondere Eigenschaft. Zu jeder vollen Stunde fuhren kleine Puppen in Form von Bäurinnen auf ein Podest hinaus, eine Figur pro Stunde. Dann klappte das Ziffernblatt auf, und heraus kam die Figur eines Sensenmannes, der im Takt des Glockenschlags die Puppen köpfte. Es hieß sogar, dass in Zeiten größter Not dreizehn Puppen herauskämen, etwas, das trotz aller Not in der Stadt noch nicht geschehen war. Dafür hatte die Ehefrau des momentanen Turmwächters ihre Wäsche an den Puppen aufgehangen, weshalb zu einer besonders bemerkenswerten Mittagsstunde der Sensenmann in einen riesigen Büstenhalter gekleidet war.

Nessaja, Tänzerin im Meerbusen, bewohnte eine kleine Hütte in Treibgut, die auf den Resten eines umgedrehten Bootes erbaut war. Sie meldete sich erst nach anhaltendem Klopfen.

»Nu mach man langsam«, kam es aus dem Inneren, »de Sonn is jrad erst uffjejange.«

Eine muskulöse, großbrüstige und verschlafene Halborkfrau öffnete die Tür und blinzelte in den Morgen.

»Wat jibbet?«

Thamior, Beregard und Jørgen durchzuckte gleichzeitig der selbe Gedanke: Sie hätten Boras mitbringen sollen.

»Wir suchen Fnord«, sagte Jørgen.

»Hia is kein Fnord.« Nessajas Augen verschmälerten sich. »Treibter Schulden ein? Ich zahl nix, dat is dem Fnord sein Sach.«

»Keine Schulden«, versicherte Thamior. »Es geht um sein Amulett. Wir möchten es ihm abkaufen.«

»Achja? Na, is mich auch ejal. Fnord is wieda wech. Ich sach imma, bei mia müssen die Suffköpp bezahle, und nich umjekehrt.«

»Habt ihr denn eine Ahnung, wo er sein könnte?«, fragte Beregard.

»Ihr mich nich, ja? Dat bin ich nich jewohnt. Wat springt denn bei raus?«

»Wie bitte?«, fragte Jørgen.

»Watte ausspuckst, will ich wissen. Ich hab nich de janze Tach Zeit, Jung.«

Thamior antwortete am schnellsten. »Tausend Goldmünzen.«

Nessaja lachte dreckig. »Ja, klar.«

»Ehrlich«, sagte der Elf. »Und fünf gibt es im Voraus.«

»Hmm... na jut. De Jung is wor hinjehört, de Narrekönich.«

»Wo?«

»Na, auffer Crania isser, dem Irrenschiff.«

»Ach so.« Jørgen sah zu seinen Gefährten. Sollte man sich von Nessaja noch den Weg erklären lassen? Die beiden zuckten mit den Schultern. Schlimmer konnte es ja nicht mehr werden.

-

Die Santa Crania war ein Zweimaster, der an seiner Anlegestelle Leck geschlagen und auf Grund gegangen war. Nun stand das Schiff leicht schief und etwas tiefer als üblich. Die Bewohner der Ställe hatten mit ihrem üblichen Pragmatismus das Schiff gleich zu einem Teil der Stadt gemacht und das Irrenhaus dorthin verlegt. Zur erhöhten Dockseite hin wurden schmale Schlafhütten erbaut, in das Gefälle hinein überdachte Hängematten. Jetzt, tagsüber, war das Schiff relativ leer, seine Bewohner in der Stadt unterwegs, um wertvolle oder wertlose Fundstücke zu sammeln und schmutziges Kupfer zu erbetteln. Als die Kettenbrecher die Planke an Deck erklommen, sahen sie nur wenige zerzauste Gestalten. Ein kleines Kind nuckelte an einer von Dreck zusammengehaltenen Puppe, an einem angeschrägten und dadurch ebenen Tisch spielten zwei alte Männer Dame. Am Heck des Schiffes standen zwei mickrige Ziegen, am Bug spielte eine Handvoll Kinder mit einem Ball. Von der Galionsfigur hingen Fetzen nicht mehr ganz schmutziger Wäsche. Alle Menschen hatten gerötete Augen und Nasen: Rotfratze, die örtliche Krankheit, deren Auswirkungen Juckreiz und entsprechender Ausschlag waren.

»Papa?«, fragte das Kind in Richtung der Kettenbrecher.

»Nein«, sagte Jørgen bedauernd. Er sah sich etwas genauer um und entdeckte eine Treppe ins Innere des Schiffes. Von dort erschien in diesem Augenblick ein wild aussehender Mann mit Bart und langem Haar, gekleidet in eine schimmernde Lederrüstung, eine glitzernde Axt am Gürtel.

»Willkommen, verstreute Seelen«, sagte der Mann. »Macht es Euch gemütlich, fühlt euch daheim. Aber kommt nicht nach unten, ohne darum gebeten zu werden, sonst droht euch der Rauswurf – oder Schlimmeres.«

»Ah, Fnord«, sagte Beregard und ging auf den Mann zu. »Wir haben euch gesucht.«

Fnord – wenn er es war – drehte sich um und stieg die Treppe wieder hinunter.

»He«, sagte Beregard und folgte ihm. »Warte doch mal.« Jørgen ging ebenfalls hinterher.

Thamior ging derweil zu den Alten herüber. »Hallo«, sagte er.

»He«, sagte der eine Alte, der gerade nicht am Zug war. »Du siehst nicht so aus, als gehörtest du hierher.«

»Ich bin nur zu Besuch«, sagte Thamior. »Was ist denn unten im Schiff?«

»Keine Ahnung«, meinte der Alte.

»Bei dem Lärm kann sich ja keiner konzentrieren«, meckerte der andere Alte.

»Pah«, machte der eine. »Du suchst nur eine Ausrede, wenn du das sechste Mal in Folge verlierst.«

»Darf ich?«, fragte Thamior.
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Der zweite Alte zog eine Grimasse. »Bitte, Herr Elf.«

Thamior verrückte einen Stein.

»Ha!«, machte der eine Alte und sprang gleich über drei Steine.

»Toll gemacht«, frotzelte der andere. Thamior zwinkerte ihm zu und hüpfte mit einem der verbliebenen Steine über das ganze Brett. »Gewonnen!«, rief der zweite Alte. »Gewonnen! Da hast du!«
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»Du Pfuscher«, sagte der erste, »mit Elfenhilfe kann ich das auch.«

»Pah«, machte der zweite. Er wandte sich an Thamior. »Unten ist zuerst die Schlafstatt der Hilflosen, der Kranken. Und darunter? Weiß ich nicht, das ist verboten. Da geht nur selten jemand runter, und keiner kommt rauf.«

»Danke«, sagte Thamior. Er ging schnell hinter seinen Gefährten her.

Die waren derweil im ersten Untergeschoss angekommen. Sonnenlicht fiel durch die Ritzen in der morschen Holzwand und beleuchtete leere und eine Handvoll mit Kranken und Schwachen gefüllte Hängematten. Fnord schritt unbekümmert durch diesen Raum. Am anderen Ende war eine weitere Luke, diese allerdings ge- und verschlossen.

»Fnord!«, rief Jørgen. »Warte doch.«

Fnord ging auf die Luke zu, dann trat er durch das Holz, als sei es nicht da, und verschwand im nächsten Untergeschoss. Jørgen befühlte die Tür. Sie war fest.

»Fnord war nicht echt«, sagte Beregard. »Eine Illusion.«

»Sieht so aus.«

»Dann muss der echte da unten sein.«

»Wollen wir hoffen«, sagte der Paladin und zog sein Schwert. Läuterung flammte auf.

»Ah«, sagte Jørgen. »Böse Externare in der Nähe. Sehr schön.«

»Du freust dich über so was?«, wunderte sich Beregard. »Dann passt du wirklich gut zu den Kettenbrechern.«

»Mach mal Platz«, sagte Jørgen und zielte auf das Vorhängeschloss an der Luke. Nach zwei gezielten Schlägen war sowohl das Schloss kaputt als auch Thamior bei den beiden angekommen. Hinter der Luke war es dunkel, nur das rote Flackern von Läuterung erhellte den Abstieg. Beregard entzündete eine Fackel. Im nächsten Geschoss befanden sich je drei Türen zu den Seiten, die anscheinend zu Zellen gehörten – sie ließen sich von außen versperren. Außerdem war die Mitte des Raums verbaut, wodurch es zwei Gänge ans andere Ende gab. Jeweils zwei Türen führten auch in diesen Mittelteil.

Zwei der Zellentüren öffneten sich. Heraus kamen zwei Männer, die genauso aussahen wie das Trugbild, nur dass sie ihre Äxte gezogen hatten.

»Ihr dürft nicht hiersein«, sagten die Fnords.

»Sind wir aber«, sagte Jørgen.

Die Fnords hoben die Äxte. Thamior war schneller und feuerte einen Pfeil ab. Der Pfeil durchschlug den Griff einer Axt und zerplitterte ihn. Thamior wandte sich dem anderen Fnord zu und zerplitterte auch dessen Waffe. Jørgen und Beregard packten sich die waffenlosen Fnords und stießen sie in die Zellen zurück. Dann legten sie den Riegel vor.

Eine weitere Tür öffnete sich, ein dritter Fnord kam heraus. Thamior zerschoss seine Axt, während Beregard ihn wieder zurückstieß. Jørgen blickte in die gegenüberliegende Zelle: auch dort machte sich ein Fnord gerade kampfbereit. Kurzerhand legte Jørgen den Riegel vor, und die Gefahr war gebannt.
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Am anderen Ende der Ebene war eine weitere Treppe nach unten. Grünes Licht drang von dort herauf und ließ erkennen, dass das nächste Geschoss teilweise überflutet war. Die Kettenbrecher stiegen hinab. Das Untergeschoss war anscheinend der Tempel einer Meeresgottheit: algenbewachsene Säulen gaben das grüne Leuchten von sich, und am Ende des Raumes stand ein korallenbewachsener Altar, daneben eine Art Schrank. Das Wasser stand hüfthoch im Raum. Niemand war zu sehen.

»Da stimmt doch was nicht«, sagte Thamior.

In diesem Moment trat ein Fnord durch die Seitenwand und griff an. Jørgen wehrte den Schlag instinktiv ab, die glitzernde Axt schlug wirkungslos gegen seinen Schild.

Thamior konzentrierte sich. Die Seitenwände verschwammen, wurden durchlässig. In Wahrheit war der Raum zu allen Seiten etwas größer, und hinter den falschen Wänden standen noch zwei weitere Fnords. Einer der beiden machte gerade die Gesten zu einem Zauber, während der andere seine Axt bereit machte. Und der Schrank am Altar war ebenfalls eine Illusion, und darin steckte ein weiterer Fnord. Thamior spannte Annastrianna und ließ einen Pfeil auf den Zauberfnord los. Der Pfeil flog problemlos durch die Illusionswand, verfehlte den Zauberfnord allerdings.

»Ich kann dich sehen!«, rief Thamior, bevor ihm die Idee kam, dass dies kein besonders kluges Eingeständnis war. Der Zauberfnord grinste wölfisch und deutete auf den Elfen. Ein Blitzstrahl entlud sich, aber noch bevor er einschlagen konnte, stieß sich Thamior von der Treppe ab und landete mitten im Raum. Der Zauber donnerte in die Treppe und zersplitterte mehrere Stufen, richtete sonst jedoch keinen Schaden an.
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Beregard watete mühsam durchs Wasser. Er hatte die Illusion ebenfalls durchschaut und hatte sich den versteckten Fnord auserkoren, während Jørgen es mit den normalen Axtkämpfern zu tun hatte. Der im Schrank versteckte Fnord trat nun daraus hervor und sah Thamior an.

»Gehorche mir«, sagte er. Thamior spürte ein Tasten in seinem Kopf, aber es verschwand sofort wieder.

»Keine Lust«, rief er zurück. Dann zu Jørgen: »Nimm du den Hexer!«

Der Paladin nickte und watete ebenfalls los, von den Axtkämpfern weg. Diese schlugen zu, aber Treroks Bollwerk hielt: die Drachenschuppen bekamen nicht einmal einen Kratzer.

Thamior wirbelte herum und feuerte. Der erste Pfeil ging wieder fehl, aber der zweite zerstörte die erste, und der dritte Pfeil die zweite Axt. Die nun waffenlosen Fnords sahen einander hilflos an.

Der Zauberfnord tauchte unter Läuterung hindurch und versuchte, einen weiteren Blitzstrahl anzubringen. Der Versuch schlug fehl. Stattdessen schlug ihn Jørgen mit zwei gezielten Hieben nieder.

Endlich war Beregard beim letzten noch gefährlichen Fnord angekommen. Dieser blickte ihn an: »Gehorche!«

»Nö«, sagte Beregard und schlug zu. Unter seinem Hieb zerfloss die menschliche Gestalt, und er stand einer großen, hässlichen Qualle gegenüber, die mit ihren Tentakeln nach ihm tastete. »Igitt!«, rief er und schlug noch einmal zu, ohne Schaden zu verursachen.

»Aboleth!«, rief Jørgen, der das Wesen erkannt hatte. Aber es sah irgendwie anders aus, schleimiger und mit mehr Tentakeln, als üblich sein sollten. Trotzdem marschierte er auf das Untier zu. Thamior feuerte weitere Pfeile ab, die wirkungslos in den Körper des Abolethen fuhren. Beregard schlug wieder zu, und noch einmal. Dann hielt er plötzlich inne und fluchte.

»Noch eine!«

Jørgen sah sich den Abolethen genauer an. Jetzt wurde auch für ihn die Kreatur durchsichtig, unwirklich. Eine weitere Illusion. Aber... »Das Ding hat doch Kräfte gewirkt. Was war das denn?«

»Eine mächtige Illusion«, sagte Thamior. »Aber eine Illusion. Der echte Aboleth muss in der Nähe sein.«

»Und Fnord«, sagte Beregard.

»Der auch.«

Eine genauere Untersuchung enthüllte, dass hinter dem illusionären Altar ein illusionärer Boden eine weitere Luke verdeckte, die in ein völlig geflutetes Geschoss führte.
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»Für Dirim«, sagte Beregard, holte tief Luft, fasste seinen Dolch, und stieg die Treppe hinunter.

»Gegen den Abolethen«, sagte Jørgen und tat es ihm gleich.

»Wie auch immer«, sagte Thamior, zog seinen Säbel und folgte den beiden.

Die Treppe endete in schlammigem Untergrund. Der Kiel der Santa Crania war hier unten aufgerissen, ein riesiges Loch klaffte in der Seitenwand und ließ dumpfes Tageslicht hinein. Gemeinsam mit dem Flackern von Läuterung konnten die Kettenbrecher sowohl die an der Decke schwimmende Leiche sehen als auch die albtraumhafte Version eines Abolethen, die auf sie zu geschwommen kam. Dutzende von Tentakeln schlugen nach allen Seiten aus.

Beregard war als erster bei dem Untier und stach zu. Der Dolch öffnete zwei Wunden, und dunkles Blut wölkte hervor. Ein Tentakel schlang sich um Beregards Arm. Jørgen kam hinzu. Zeitlupenhaft senkte sich Läuterung und durchtrennte den Tentakel mit einem grellen Lichtblitz. Ein zweiter Hieb fuhr trotz des Wassers tief in den Körper des Abolethen, und sein Schrei hallte im Kopf der Kettenbrecher wider. Thamior schwamm zur Öffnung in die Dampfsee und machte sich bereit, eine Flucht des Viehs zu stoppen. Der Aboleth schlug mit seinen Tentakeln zu, schlang sie um Jørgens Taille, aber der Paladin widerstand der Umarmung. Beregard rammte seinen Dolch in das Auge des Untiers, und Läuterung blitzte erneut. Der Aboleth zuckte und krümmte sich, dann wandte er sich zur Flucht. Doch Thamior stand im Weg. Sein Säbel trennte zwei weitere Tentakel ab. Der Aboleth stieß Thamior aus dem Weg, aber damit hatte Jørgen Zeit genug für einen gezielten Schlag. Er stieß Läuterung von oben durch den Körper es Abolethen und direkt in dessen Hirn, und nach einem Moment wilden Zuckens war alles vorbei.
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Beim Versuch, wieder aufzutauchen, stellten Beregard und Jørgen zwar fest, dass sie keine Luft atmen konnten, aber nach entsprechenden Heiltränken war auch diese letzte Wirkung der Abolethtentakel ausgestanden. Beregard tauchte noch einmal hinab und barg Fnords aufgedunsene Leiche, während Jørgen nach den falschen Fnords sah. Die Illusionen waren von ihnen abgefallen, und mit dem Tod des ›Meisters der Tiefe‹, wie sie ihn nannten, auch seine Beherrschung. Die Santa Crania war wieder frei.

»Verdammter Mist«, sagte Beregard und blickte auf die entblößte, aufgeblähte Brust des echten Fnords. »Der hat kein Amulett um.»

Die Santa Crania war wieder frei, aber der Oktopusschlüssel blieb verschwunden.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 03. März 2007, 01:31:38
Das Monster der Tiefe   CR 8
Pseudonatural Aboleth
LE Huge Outsider (Aquatic)

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Aboleth Slaves (7)

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Taled am 03. März 2007, 08:36:40
Halleluja ! Gelobt sei Berandor, der mir die Samstags-Arbeit versüßt :)


Taled
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 03. März 2007, 17:14:48
Endlich! Gelobt seien die Semesterferien!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 03. März 2007, 18:20:00
Wirklich, wenn man Samstags schon auf Arbeit ist, ist eine solche nette Ablenkung genau das richtige. 8)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 05. März 2007, 09:26:20
Zitat von: "Berandor"
Es kann auch sein, dass Jørgen einmal Schutz vor Bösem gewirkt hat, und der entzauberte Fnord vor dem Meister der Tiefe warnte. Da bin ich unsicher.

Hat er. Da der Zauber nicht wirklich lange wirkt, habe ich "Fnord" dann ja auch in seine Zelle geschickt, damit er sich dort verstecken kann...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Trøll am 05. März 2007, 16:27:22
"Fnord" ist übrigens ein ganz großartig gewählter Name für diesen Barbar. :D

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 05. März 2007, 16:37:20
Zitat von: "Trøll"
Kein Spieler misstrauisch geworden?

Nicht, dass ich wüsste - jedenfalls nicht ob des Namens. Wikipedia wird am Spieleabend nicht benutzt, und dieses Phänomen war zumindest mir völlig unbekannt.

Kylearan, wartet auf weitere kritische Treffer mit Läuterung ;-)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Trøll am 05. März 2007, 20:12:57
Dass ihr die Namen der NSC, die Berandor euch präsentiert, nicht in der Wikipedia nachschlagt, kann ich mir denken. :wink:

Obwohl ihr das vielleicht besser tun solltet, wie man sieht... aber es hätte ja sein können, dass jemand Illuminatus gelesen hat. Ist ja nicht völlig abwegig.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 05. März 2007, 21:09:34
... oder jemand Pinky und Brain kennt
"Pinky, denkst du auch was ich denke?"
"Fnord! Ja, Brain, aber wie kriegt man den Käse wieder raus?"
:)

(Ich kannte allerdings das Illuminatus-Fnord auch)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 06. März 2007, 11:33:36
Zitat von: "Berandor"
... oder jemand Pinky und Brain kennt
"Pinky, denkst du auch was ich denke?"
"Fnord! Ja, Brain, aber wie kriegt man den Käse wieder raus?"
:)

ARGGH! Wie konnte ich das übersehen? (Muss an Shaz' Inneneinrichtung gelegen haben...)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 07. März 2007, 16:19:18
Wann geht's eigentlich weiter? (Anmerkung: es kommt bald der Spieltag, an dem ich nicht teilnehmen konnte.)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 15. März 2007, 16:30:39
Zitat von: "Kylearan"
Wann geht's eigentlich weiter? (Anmerkung: es kommt bald der Spieltag, an dem ich nicht teilnehmen konnte.)

Kylearan

Gibt's noch ein Update vor dem Urlaub?

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 15. März 2007, 16:33:35
Wie die kleinen Kinder, sind wir bald dahaaa? :D

Gut Ding will Weile haben, Berandor lass dir Zeit, ich muß sowieso noch viel aufholen. :roll:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 15. März 2007, 16:36:58
Der momentane Plan sieht so aus, dass ich heute meine Englisch-Hausarbeit fertig schreibe. Im Urlaub – ich nehme Dokumente mit – komme ich dann hoffentlich dazu, sowohl die zweite Hausarbeit zumindest anzufangen und die SH zu komplettieren. Was ich hier verspreche: Spätestens am 26.03. gibt es das nächste Update. Wenn ich in Holland online gehen kann und ein Update fertig habe, vielleicht sogar aus dem Urlaub, aber wahrscheinlich erst danach.

Leider fahre ich nicht allein in Urlaub, sonst würde ich natürlich eine Woche nur schreiben, und dann gäbe es keine Probleme :)

Sorry.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 15. März 2007, 19:45:24
Nachtrag: Wahrscheinlich schaffe ich heute doch nur die dritte Rezi fürs Gate und eine Kurzgeschichtenüberarbeitung, sowie einen Teil der Hausarbeit :) Aber mein Versprechen steht.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 18. März 2007, 12:54:40
Um es kurz zu machen:

Gut, das es weitergeht
schade das es so schleppend voran kriecht.

Warum studierst du eigentlich Berandor? Würdest uns allen hier nen Gefallen tun wenn du mal deine Prioritäten verlagern würdest.  :D

Nichts für ungut!
Freu mich auf mehr!

dude
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 20. März 2007, 12:11:40
Ich habe weder Kosten (6 Euro) noch Mühen (15 min. Fußweg) gescheut, um euch rasch das nächste Update zu bringen... viel Spaß beim Lesen von...

Der Spinner

Die Kettenbrecher hinterließen nach kurzer Befragung das Narrenschiff in den Händen der ehemaligen Abolethensklaven (einschließlich strenger Ermahnung, auf die Bewohner zu achten). Dann machten sie sich zu ihrer zweiten Spur auf, zum Sammler Antobury.

Bald standen sie im Außenbezirk von Treibgut vor einem hohen, einstöckigen Kuppelbau. Ein schmutziges Schild über dem Eingang proklamierte ›Das Museum der Netze‹, ein kleineres an der Tür las sich ›Eintritt 1 SM‹. Nach einem skeptischen Blick zu seinen Gefährten klopfte Jørgen an.

Der Mann, der öffnete, war untersetzt und hatte den Haarkranz, der ihm noch blieb, zu einem grauen Zopf gebunden. Er trug einstmals feine, jetzt abgetragene Kleidung.

»Ja, bitte?«

»Seid ihr Antobury?«, fragte Jørgen.

Der Mann zögerte. Seine Augenbrauen furchten sich. »Ich versichere Euch, sie sind alle da.«

Jørgen verkniff sich eine dumme Antwort.

Beregard fragte: »Wovon redet Ihr?«

Thamior sagte: »Seid Ihr irre?«

Antobury antwortete: »Häh?«

Jørgen hob die Hand. »Wir kommen wegen der Unternehmer, genauer wegen Fnord. Wir suchen ein Amulett, das er getragen haben soll.«

Antobury kniff die Augen zusammen. »Was ist mit dem Amulett?«

»Habt Ihr es?«

Beregard drängte sich vor. »Wir benötigen es, um Dirim Gratur zu retten.«

Antobury stutze. »Die Flamme der Gerechtigkeit?«

»Ihr kennt ihn?«

»Nein. Aber die neuesten Gerüchte reden von ihm.«

Thamiors rechte Augenbraue hob sich. »Von wem denn noch?«

»Dafür haben wir jetzt keine Zeit«, sagte Beregard. »Wir brauchen den Oktopusschlüssel.«

Antobury nickte. »Dann kommt erst einmal rein. Die Silbermünze erlasse ich euch.«

Der Eingang des Museums war ein offener Raum. Von der Decke hing der Körper einer enormen haarigen Spinne wie ein perverser Kerzenleuchter. Ein staubiges Kartenhäuschen stand an der Seite des Raums, und ein Drehkreuz führte in das Museum hinein.

»Gefällt es euch?«, fragte Antobury mit Blick auf den Spinnenleichnam. »Natürlich ist sie seitdem noch ein wenig gewachsen.«

Antobury führte die Kettenbrecher durch sein Museum. Zuerst kam eine Gallerie mit Bildern diverser horrender Spinnenwesen wie Bebilithen, und sogar ein Bild der Göttin Lolth. Als Thamior bemerkte, bereits gegen einen Bebilithen und ein Sammelkonstrukt gekämpft zu haben, war Antobury begeistert und verlangte Details. Thamior vertröstete ihn. Im nächsten Raum befanden sich Glaskäfige mit bis zu kopfgroßen Spinnen, die aber nach Antoburys Versicherung ›harmlos‹ waren. Er bot allerdings ein, einen Kanarienvogel in einen Käfig zu lassen, um die Jagdweise der Vogelsprungspinne zu demonstrieren. Jørgen lehnte ab. Antobury führte die Gruppe in den nächsten Raum, wo tote Spinnen auf einen Nagel aufgespießt an Wänden und in Glaskästen zu besichtigen waren. Stolz zeigte er außerdem auf ein großes Terrarium.

»Ein Modell der Ställe«, sagte er. »Maßstabsgetreu.«

Der Glaskasten war voller kleiner, schwarzer Spinnen, die über Häuser und Gassen krabbelten. In dieser Version hatten Spinnenschwärme die Stadt erobert. Beregard betrachtete die Konstruktion und machte ein paar geringe Verbesserungsvorschläge, lobte aber gleichzeitig die Qualität des Modells. Antobury strahlte. Er führte die Kettenbrecher zu einer großen Doppeltür und öffnete sie mit viel Trara. Dann ließ er die Kettenbrecher vorgehen. Sie betraten den größten Raum des Museums, in dem es leicht nach Verwesung roch. Die Holzkuppel erreichte hier eine Höhe von sechs Metern. In der Mitte des Raums stand, leicht erhöht, ein Käfig, und darin die hässlichste Spinne, die jeder der Kettenbrecher je gesehen hatte.

»Ist sie nicht wunderschön?«, fragte Antobury.

»Was ist das?«, fragte Thamior.

»Und was riecht hier so?«, wollte Jørgen wissen, fügte aber gleich hinzu: »Schon gut.« Er hatte seinen Blick von dem Käfig genommen und sich umgesehen. Direkt neben dem Eingang befand sich ein gewaltiger Käfig, und dahinter eine riesige Spinne. Ihr Leib war rot und braun gestreift, und die Leichen mehrerer Pferde – und eines Kamels – lagen im Käfig verstreut. Jørgen trat einen Schritt zurück.

»Keine Angst«, sagte Antobury. »Die Gitter sind zu eng, als dass sie hindurchgreifen könnte. Das ist Darla. Ihr gehörte die Hülle, die ihr im Eingan gesehen habt. Wenn sie noch größer wird, werde ich anbauen müssen.« Er wandte sich an Thamior. »Und um Eure Frage zu beantworten: Ihr seht eine Cwidencha, eine Seltenheit aus den Dschungeln von Chult. Sie besteht eigentlich nur aus Beinen und einem Maul. Cwidenchas jagen, indem sie ihre Beute auf eines ihrer Beine spießen und dann umschlingen. Sie beißen, und pressen ihr Opfer dann aus, direkt in ihr Maul.«

»Faszinierend«, sagte Beregard. Er war etwas blass geworden. »Was ist nun mit dem Amulett?«

Antobury führte sie zwischen dem vertrockneten Leichnam einer Drinne und dem Cwidenchakäfig in einen weiteren Raum. Auf der anderen Seite der Halle konnten die Kettenbrecher einen Raum mit kleineren Einzelkäfigen sehen; auf dieser Seite handelte es sich um den, wie Antobury sagte, Trophäenraum. Körperteile, Spinnenköpfe, ein pferdegroßes Spinnenwesen mit Menschenarmen und einem -kopf, das Antobury als Choldrith bezeichnete, und der Schädelknochen eines Bebilithen.

»Hier ist der Schlüssel.«

»Er sieht gar nicht aus wie ein Oktopus«, sagte Thamior.

»Was wollt ihr dafür haben?«, fragte Jørgen.

Antobury wehrte ab. »Oh, ich verkaufe den Schlüssel nicht.«

»Wie bitte?« Beregard ging auf den Mann zu. Antobury wich gegen die Wand zurück. »Warum führst du uns dann hier durch?«

»Ich– ich könnte ihn euch leihen.«

»Na also.« Beregard riss den Knochen von der Wand. Er sah zu seinen Gefährten. »Gehen wir.«

Die Kettenbrecher verließen den Raum. Antobury blieb bei der Cwidencha stehen. »Ihr bringt ihn doch zurück?«

Jørgen antwortete, ohne sich umzudrehen. »Sobald wir wieder in der Gegend sind.«

-

»Endlich«, sagte Beregard. »Jetzt gehen wir zurück ins Lager, und dann kann Milo uns nach Occipitus bringen… verdammt! Milo ist verschwunden. Wer wirkt jetzt den Ebenenwechsel?«

»Es wird in dieser Stadt schon jemanden geben, der das kann«, sagte Jørgen. »Keine Sorge.«

Tatsächlich wurden sie fündig, und gleich zwei Mal. Der Hexenmeister auf der Santa Crania, frisch aus der Versklavung durch den Abolethen entkommen, bot seine Dienste an. Allerdings, so gab er selber zu, war er kein besonders mächtiger Zauberer. Die Möglichkeit, dass er die Schriftrolle falsch wirken würde, war nicht zu vernachlässigen. Und dann gab es noch den Roten Rory.

Der Rote Rory arbeitete als Wundscher im Alchimistenviertel. Sein Haus war klein und schmutzig und roch nach faulen Beeren und anderen Mixturen. Rory selbst war ein stämmiger Mann, dessen behaarte Brust von Tätowierungen verziert war.

»Könnt Ihr diese Schriftrolle sprechen?«, fragte Jørgen und hielt dem Roten Rory den Ebenenwechsel hin. Der Mann spuckte aus, nahm die Rolle und bellte einen Zauber.

»Kann ich«, sagte er. »Soll ich mit oder nicht?«

»Ihr könnt hierbleiben«, sagte Jørgen. »Wir finden allein zurück.«

»Sieben fünfzig.«

»Was meint Ihr?«

»Siebenhunderfünfzig goldene Schmuckerl will ich dafür haben.«

Thamior blickte ihm ins Gesicht. Seine Hand streichelte Annas geschwungenen Rücken. »Den Zauber zu wirken, kostet euch nichts. Es nicht zu tun, könnte teuer werden.«

»Na dann«, sagte der Rote Rory, »will ich tausend.«

Beregard legte Thamior eine Hand auf die  Schulter. »Woher wissen wir, dass Ihr uns nicht an den falschen Ort schickt?«

Der Rote Rory zuckte mit den Schultern. »Um zu reisen, braucht ihr einen Ebenenschlüssel. Den nehmt ihr mit, und der bringt euch auf die Ebene. Wenn ihr an einen falschen Ort kommt, liegt es am Schlüssel, nicht am Roten Rory.«

»Den Schlüssel nehmen wir mit?«, fragte Jørgen noch einmal. Er hatte gehofft, Antoburys Leihgabe direkt zurückgeben zu können.

»Was hab' ich denn grad gesagt?«, wollte der Rote Rory wissen. »Den Schlüssel nehmt ihr mit.«

Die Kettenbrecher berieten sich kurz: wollten sie riskieren, dass der Hexenmeister vom Narrenschiff den Zauber verhunzte, oder sollten sie dem Roten Rory den Gegenwert eines Fernrohrs überlassen? Am Ende entschieden sie sich für die sicherere und teure Variante.
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Der Rote Rory ließ seine Goldzähne blitzen. »Dacht' ich mir, dass ihr mein Angebot annehmt. Wann solls denn losgehen?«

»Jetzt«, sagte Jørgen. Er, Thamior, Beregard und Boras stellten sich auf, hielten einander und den Occipitusschlüssel fest. Der Rote Rory nahm die Schriftrolle und las sie vor. Die Welt dehnte sich, streckte sich, zerriss für einen Moment und fügte sich dann wieder zusammen, und die Kettenbrecher standen unter dem roten Himmel der Höllenebene.

Jørgen verzog das Gesicht, als das Böse der Ebene ihn umschloss und seine heiligen Kräfte schwächte. Er sah sich ebenso zweifelnd um wie Beregard.

»Das Feld der Geschwüre«, verkündete Thamior mit dem Gusto eines Reiseführers.

Beregard war stehengeblieben. Er blickte starr in eine Richtung. In etwa dreißig Meilen Entfernung erhob sich der verrottende Baumstamm, an der Spitze der Totenschädel mit dem brennenden Auge. »Lasst mich raten«, sagte er. »Da lang.«

-

»Da müssen wir durch?«, fragte Jørgen angesichts des Tümpels am Fuß des Baumstamms.

Beregard wies auf das Schild neben dem Tümpel. Dort stand, in vier Sprachen: ›Huldigt dem Boss. Zutritt mit Geschenk.‹

Mit einem letzten Seufzer stieg Jørgen in den Tümpel, holte tief Luft und tauchte ins Innere des Baums. Die anderen folgten. Gemeinsam stiegen sie den Baumstumpf hinauf, bis sie endlich in den Thronsaal gelangten. Durch die Zahnlücken drang rotes Licht in den Raum. Tonscherben lagen auf dem Boden. An den Wänden hielten sechs Formianer Wache. Auf dem Thron selbst hockte die zusammengesunkene Form eines Zwergs. Daneben stand eine Frau mit gräulichen Adlerflügeln: Reya, der Engel, der bereits zweimal den Kettenbrechern geholfen hatte.

»Da ist er«, sagte Beregard und ging schnell zu Dirim herüber. Die Formianer rührten sich nicht.

»Hallo Reya«, sagte Thamior. Er musterte die Flügel. »Bist du gefallen? Schade, ich habe meine Feder schon.«

»Ich habe meinen Posten verloren«, sagte Reya. »Aber ich bin nicht gefallen.«

Es ploppte, und der Dude stand im Raum, in seinen Armen zwei sehr unbekleidete Sukkubi. »Willkommen!«, rief er. Sein Blick fiel auf Jørgens Aufmachung, und er gab seinen Begleiterinnen einen Klaps auf den Hintern. »Verschwindet. Papa hat Arbeit.« Die Sukkubi teleportierten weg.

Der Dude ignorierte Reyas Blicke ebenso wie die von Beregard und Jørgen. »Ihr kommt spät. Ich hätte Dirim in der Zwischenzeit schon längst in den Flammen des Schädels verbrennen können.«

»Hast du aber nicht«, sagte Thamior und ging an ihm vorbei zu Dirims Leichnam. »Also, erwecken wir ihn, und dann nichts wie raus. Wer wirkt den Zauber?«

Beregard blickte zu Jørgen. Der blickte zu Reya. Die schüttelte den Kopf. Der Dude lachte.

»Sieht so aus, als hättet ihr jemanden vergessen!«

-

Milo öffnete die Augen. Er schwebte über einem unbekannten Meer. Vor ihm, auf gelben Scheiben, schwebten zwei Personen, die wie Menschen aussahen. Beide hatten dasselbe Symbol auf die Stirn tätowiert. Milo kannte es nicht, aber es schien etwas mit Wasser zu tun zu haben.

»...handlungsunfähig. Wir haben nicht mehr viel Zeit«, sagte der Linke gerade zu seinem Gegenüber.

»Vielleicht sollten wir doch–«

»Nein. Wir können denen nicht trauen.«

»Ich meine immer noch–«, begann der andere, wurde aber erneut unterbrochen, als der erste Sprecher die Hand hob. Beide wandten sich Milo zu.

»Er ist wach«, sagte der Linke. Er bewegte die Hände und beschwor einen Zauber. Milo nahm seinen Willen zusammen – vergebens. Die Welt wurde wieder dunkel.

-

Jørgen stand vor Dirims Leichnam. Die Schriftrolle lag ruhig in seiner Hand, auch wenn ihm eher nach zittern zumute war. Jørgen hatte während seiner Ausbildung auch im Tempel Siamorphes gedient, aber die Unterweisungen waren spärlich geblieben. Und doch war er jetzt der einzige, der eine Chance hatte, die Wiedererweckung erfolgreich zu wirken.

»Silberherrin«, sagte Jørgen. »Ich bin dein treuer Diener und Verteidiger. In deinem Namen bekämpfe ich unrechtmäßige Herrscher und jene, die deinen Segen missbrauchen. Nun bin ich es, der Hilfe braucht. Wenn meine Taten dir richtig erschienen, so lass meine Zunge nicht fehlgehen bei diesem Werk.«
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Er entrollte den Zauber. Die Schriftzeichen waren kompliziert – komplizierter, als Jørgen jemals zuvor gesehen hatte. Er las sich den Zauber zweimal durch, bevor er anfing, das Gebet zu sprechen. Er musste vorsichtig sein, und dennoch das richtige Tempo bewahren. Hastig und stockend zugleich kamen die Worte aus seinem Mund. Rauhe Silben erwachten zum Leben und verstarben gleich wieder. Die Kettenbrecher und Reya sahen ihm gespannt zu. Der Dude hatte die bisherigen Geschenke für den neuen Herren von Occipitus zusammen gesucht: es handelte sich um die beiden Succubi und mehrere Säcke voller armlanger Larven, die Seelen bösartiger Verstorbener. Er kaute auf einer Larve und fummelte gleichzeitig an einem Succubus herum, während er wartete. Endlich war der Zauber vollendet, und Jørgen spürte, wie sich Macht in ihm sammelte und plötzlich verschwand. Er fühlte sich leer.
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Dirim schlug die Augen auf.

»Wo bin ich?«

»Alles klar, Boss«, sagte der Dude. »Du bist bei mir.«

»Sehr tröstlich«, sagte Reya leise.

»Ich bin auf Occipitus«, erkannte Dirim. »War ich tot?«

Jørgen stutzte. »Was habt ihr gesehen?«

»Gesehen? Wir waren im Finger, und einer der Zombies hat zugebissen. Danach war Schwärze.«

Thamior drängte sich vor. »Keine graue Einöde?«

»Nein«, sagte Dirim. »Nichts.«

»Oh oh«, machte der Dude, und Reya sog die Luft ein. Die Kettenbrecher drehten sich um. In der Mitte des Raums stand ein zwei Schritt großer Mann in Ritterrüstung. Seine linke Hand fehlte, und seine rechte Augenhöhle war leer. Die Gestalt sah zu den Succubi, und sie vergingen in weißem Feuer. Dann blickte sie zum Dude: »Aus meinen Augen.« Der Dude teleportierte davon.
»Herr«, sagte Reya.
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»Abtrünnige«, sagte der Avatar mit Ekel in der Stimme. »Schweig, oder geselle dich zu deinesgleichen.«

Reya senkte den Kopf und trat hinter den Thron. Dirim und Beregard gingen in die Knie. Jørgen verneigte sich, Thamior ebenfalls und Boras schien verwirrt. Der Avatar trat zu Dirim und Beregard.

»Erhebt Euch. Gerechtigkeit beugt sich nicht, sie steht aufrecht. Nehmt euch ein Beispiel an dem Paladin und dem Elfen.«

»Herr«, sagte Dirim. »Was ist Euer Begehr?«

»Dass du dich selbst erkennst. Du bist kein einfaches Richtschwert, sondern das Auge der Gerechtigkeit. Du bist der Erste, der in der Zeit nach der Zeit von den Toten zurückkehrte. Du bist ein Anführer. Du bist ein Symbol – MEIN Symbol. Nun wähle einen Weg, der dieser Ehre entspricht. Deine Taten werden beachtet, also bedenke sie auch. Solange du dich in meinen Diensten befindest, wirst du kein rechtmäßiges Gesetz mehr brechen; allein Willkür sollst du nicht beachten. Handle nicht danach, und ich werde deiner entsagen.«

Der Avatar trat zu den Larven. Er griff sich einen der Würmer.

»Dein Diener soll diese Seelen zurück in den Abgrund schicken. Sie sind finster, aber es obliegt mir nicht, sie zu vernichten. Sie wurden bereits gerichtet. Dieser Wurm allerdings«, er hielt die Larve empor, »war nicht vollends verloren.«

Die Larve glühte grellweiß, und alle Anwesenden außer dem Avatar wandten ihre Augen ab. Als das Leuchten nachließ, schwebte eine helle Lichtkugel in der Luft. Schwach erkannte man ein – nichtmenschliches – Gesicht darin.

»Ich habe ihm das Böse ausgebrannt. Möge er dir ein Licht in der Dunkelheit sein, wenn alle Hoffnung versagt.«

»Danke, Herr«, sagte Dirim. Er verneigte sich.

Der Avatar nickte, sagte: »Ich hasse diesen Ort«, und verschwand.

Sofort war der Dude zurück. »Hatte er ein Geschenk dabei?«

Dirim sah ihn strafend an. »Schaff die Larven zurück«, sagte er. »Was hat es eigentlich mit den Formianern auf sich?«

»Der Boss der Formianer hat sie Euch überlassen, Boss. Die haben irgendeine Ebenenroute über Occipitus und hoffen, dass du sie ihnen nicht verbietest.«

»Geht in Ordnung«, sagte Dirim.

»Übrigens hat ein Zulkir angefragt, ob er die schwarze Flamme untersuchen dürfte.«

»Ein Zulkir?«, wollte Dirim wissen.

»Darf er nicht«, sagte Jørgen und schüttelte den Kopf.

»Du hast es gehört, Dude. Er darf nicht.«

Der Dude schnitt eine Grimasse.

Dirim sah Reya an. »Und was ist mit Euch?«

»Ich habe auf euch gewartet«, sagte der Engel.

»Warum?«

»Ich biete euch meine Hilfe im Kampf um Cauldron an. Ich will mit euch kommen.«

»Warum bleibt ihr nicht hier und passt hier auf?«, fragte Dirim.

»Ihr missversteht mich«, sagte Reya. »Ich biete nicht meine Dienste an, sondern meine Hilfe. Ich werde auf jeden Fall nach Cauldron gehen – mit oder ohne euch.«

»Na, dann kommt halt mit«, sagte Thamior. »Federn kann man immer gebrauchen. Können wir jetzt los?«

»Moment noch«, sagte Dirim. »Ich bin im Zentrum meiner Macht. Ich kann Occipitus zwingen, mir einen Wunsch zu erfüllen. Sollen wir das nutzen?«

Reya sprach zuerst: »Fragt, wo die Schätze Tethyrs sind!«

»Wir könnten uns die Pläne der Käfigmacher sagen lassen«, meinte Beregard.

»Oder den Aufenthaltsort von Embril Aloustinai«, sagte Jørgen.

»Ich finde«, sagte Boras, »wir sollten Helion wiedererwecken.«

Die anderen sahen ihn an.

»Oder das«, sagte Thamior.

»Gute Idee«, meinte Dirim.

»Auch gut«, sagte Beregard.

»Moment«, meinte Reya. »Könnt ihr das denn?«

»Stimmt«, sagte Jørgen. »Irgendetwas stimmte mit den Wiedererweckungen in letzter Zeit nicht. Und Tyr hat auch so etwas angedeutet: die Zeit nach der Zeit oder so.«

»Das meine ich nicht. Könnt ihr wirklich jemanden wiedererwecken, ohne dessen Körper zu haben?«

Dirim dachte nach. »Nein«, sagte er schließlich. »Ich kann aber einen Körper erschaffen, und in Cauldron haben wir die Mittel zu einer Auferstehung.«

»Wenn wir die passenden Edelsteine finden«, sagte Thamior.

»Stimmt.«

»Also«, sagte Jørgen. »Wenn wir Helion ohnehin nicht wiedererwecken können, warum dann den Wunsch dafür nutzen. Wir riskieren nur, dass der Körper zerstört oder gestohlen wird.«

Dirim überlegte wieder. »Gut«, sagte er schließlich. »Wir heben den Wunsch erst einmal auf. Ich kann ihn später immer noch für Helion nutzen. Also dann – zurück nach Cauldron?«

»Bitte«, sagte Jørgen und ergriff Dirims Hand. »Ich hasse diesen Ort nämlich auch.«

-

Die Sonne kitzelte in der Nase, der Sand auf den Beinen. Das Wasser leckte an den Füßen, und der Wind verschaffte angenehme Kühlung. Dem Mann entfuhr ein wohliger Seufzer. Er setzte sich auf und blinzelte gegen das helle Licht. Er lag auf einer Düne direkt am Meer. Seine nackten Füße reichten gerade bis an die Flut. Ein großer roter Flammenball hing direkt über dem Wasser, die Sonne ging gerade unter.

»Schön, oder?«

Der Mann blickte nach oben. Eine junge Frau blickte ihn freundlich an.

»Sehr«, sagte der Mann.

»Du bist neu hier«, stellte sie fest.

»Ja. Ich heiße Pe– entschuldige. Ich heiße Helion.«

»Das gibt sich bald«, sagte sie.

»Was meinst du?«

»Das mit den Erinnerungen. Bald hast du das alles vergessen, auch deinen Namen.«

»Ich will aber nichts vergessen«, sagte Helion. »Wo sind wir?«

Die Frau lachte auf. »Kannst du dir das nicht denken?«

Helion stand auf und klopfte sich den Sand von der einfachen Robe. Er sah sich um: der Strand war leer bis auf ihn und die Frau. Ein schmaler Pfad wand sich über grasbewachsene Dünen. In seiner Richtung sah man in einiger Entfernung die Schemen von Gebäuden.

»Das ist die Stadt«, sagte sie.

»Was für eine Stadt?«

»Die Stadt eben.«

Helion sah sich noch einmal um. »Ich hatte mir das Jenseits anders vorgestellt.«

»Das war vorher«, sagte sie. »Jetzt ist alles anders.«

»Anders? Wie?«

»Besser. Findest du nicht?«

Helion überlegte. »Doch. Ja.«

»Na also. Und jetzt komm – in der Stadt warten sie schon auf dich. Wir wollen deine Ankunft feiern.«

Die Frau betrat den Pfad. Helion – der Mann zögerte einen Moment, dann folgte er ihr. Als er sie eingeholt hatte, sagte sie: »Hast du eigentlich einen Beruf?«

»Ich… ich weiß es nicht.«

»Macht nichts. Wir finden schon was für dich.«

Ein Gefühl umfassenden Friedens durchströmte den Mann. Es war so stark, dass seine Beine schwach wurden. Er wäre beinahe gefallen – aber der Mann wusste, er konnte nicht fallen. Nicht mehr. Er würde immer gehalten werden.

»Alles in Ordnung?«, fragte die Frau. Sie war stehen geblieben. Sie lächelte ihn wissend an.

»Bestens«, sagte der Mann. »Alles ist bestens.« Er bot ihr seinen Arm. »Lass uns gehen – in der Stadt warten sie schon auf uns.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 20. März 2007, 13:20:16
Schön in Worte gefasst, Berandor!

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Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 20. März 2007, 15:58:09
Da ich nicht selber schreiben muss, und mich deshalb niemand kritisieren kann, kritisiere ich eben selbst.
Ich finde die Story Hour großartig. Allerdings habe ich seit der verschwurbelten Fortsetzung, also, der wo in so komischen Stil geschrieben worden wurde, echte Probleme der Storyline zu folgen. Mir scheint es alles ein bisschen zerfasert, ich verstehe nicht warum die Helden gerade dieses und jenes machen. Der rote Faden ist mir ein bisschen verloren gegangen.
Das kann natürlich auch erzählerische Absicht sein, ich wollte es hier nur mal erwähnen. Oder liegt es daran, dass die Sessions mittlerweile so weit zurück liegen?

Wobei ich natürlich meinem Vorredner recht geben muss, die Begegnung mit dem Gott und die Beschreibung von Helions Umgebung, sind tatsächlich in schöne Worte gefasst.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 20. März 2007, 16:38:57
Zitat von: "Osric"
Mir scheint es alles ein bisschen zerfasert, ich verstehe nicht warum die Helden gerade dieses und jenes machen. Der rote Faden ist mir ein bisschen verloren gegangen.

Wussten wir zum Teil selber nicht. Wobei die Sitzungen auch schon arg lange her sind.

Aber es gab halt folgende Konstellation:
- Helion tot -> neuer Charakter, muss erst einmal eingeführt werden
- Thargad untot -> neuer Charakter, muss erst einmal eingeführt werden
- Dirim tot und auf Occipitus -> wen spielt Dirim solange, wie geht das mit ihm weiter
- Boras' Spieler unpässlich -> einer der Ur-Kettenbrecher nicht da
- Thamior dabei -> aber der muss auch erst einmal die Neuen beschnuppern

Und das ist dem Roten Faden sicherlich nicht zuträglich... Jetzt nehmen wir aber wieder Fahrt auf, denke ich.

Also, wenn wir nächstes Mal spielen.

Was noch einige Updates von Berandor vorher bedeutet.

Aber es wird ganz bestimmt.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 21. März 2007, 17:40:32
Osric beschreibt genau die Sitzung, nach der die Hälfte der Kettenbrecher nicht mehr da war. Das führte zu
1) der Notwändigkeit, neue SC einzubauen und
2) der Notwändigkeit, die SC eine oder zwei Stufen höher zu puschen.

Seitdem sind es also primär Seitenabenteuer u.ä.; Kylearan hat recht, dass wir Ende März endlich wieder auf Kurs sind.

Berandor schließlich hat noch 12 Minuten Surfzeit über...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 21. März 2007, 17:57:04
Ist Notwändig neue deutsche Rechtschreibung? Das mit der Einführung neuer Charaktere ist mir natürlich nicht entgangen, wie gesagt, ich steige nicht durch bei diesen Nebenabenteuern.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 21. März 2007, 20:05:43
Gefällt mir wieder sehr gut. Besonders angetan bin ich aber vom "Roten Rory". Sehr schöner NSC. Konnte ich mir bildlich vorstellen.

Zitat
Thamior blickte ihm ins Gesicht. Seine Hand streichelte Annas geschwungenen Rücken. »Den Zauber zu wirken, kostet euch nichts. Es nicht zu tun, könnte teuer werden.«

»Na dann«, sagte der Rote Rory, »will ich tausend.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. März 2007, 11:11:40
Merke: Ohne Boras ist schlecht einschüchtern :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Boïndil am 22. März 2007, 22:15:49
Mal wieder ein sehr schönes Update, auch wenn ich persönlich es traurig finde, dass ausgerechnet Thargad nicht weiterleben wird, war er doch neben Boras mein Lieblingscharkter.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 28. März 2007, 17:43:01
Zitat von: "Berandor"
Merke: Ohne Boras ist schlecht einschüchtern :D

Hm, da muss ich dann mal steigern. Wobei ich Thamiors Weg der subtilen Verkaufsgespräche so nicht mitgehen wollte.

Ich habe es nicht nötig, zu drohen. (*drohend*)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 28. März 2007, 18:08:26
Vielleicht mit einem Bluff?!
"Es nicht zu tun, könnte die Welt teuer zu stehen kommen!"
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 29. März 2007, 09:43:30
Kommt eigentlich vor Samstag noch ein Update?

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 29. März 2007, 11:04:05
Kann ich klar verneinen. Heute muss ich die letzte Hausarbeit fertig machen, und morgen... tja morgen sollte ich den Dungeon vorbereiten, den ihr am Samstag betretet.  :grin:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 29. März 2007, 13:03:27
Zitat von: "Berandor"
und morgen... tja morgen sollte ich den Dungeon vorbereiten, den ihr am Samstag betretet.  :grin:

Du glaubst doch selber nicht daran, dass wir soweit kommen, oder?

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 30. März 2007, 12:05:57
Nein. Aber wenn ich den nicht vorbereite... dann schon. :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 30. März 2007, 12:08:20
Was ist das ? Das Murphy's Law der Vorbereitung?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 30. März 2007, 13:20:06
Kennst du das nicht? Passiert mir immer...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. April 2007, 01:15:39
Die Geheimnisse der Seelenpfeiler... werden wohl ewig geheim bleiben.

Mit anderen Worten: Wir sind nicht bis ins Dungeon gekommen :D

Dafür aber gabs das Erste wirkliche Aufeinandertreffen mit einem der Käfigmacher: dem Pfeifer.

Ich habe geplant, einen Beitrag für den ganzen Rest zu machen, dann das Pfeifer-Extra und dann einen oder vielleicht zwei Beiträge über das, was heute passiert ist, damit wir schnell und endlich wieder up to date sind,

Und jetzt noch ein kleines Rätsel für die Fans. Wir haben drei Personen: den Dude, Boras und den Pfeifer. Einer kriegt was auf die Mütze, einer was zu lesen und der dritte eine schlechte Nachricht. Wer ist wer? ;)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 01. April 2007, 15:58:03
Ich will mitraten!!!


Ich, also der Dude, bekomme schlechte Nachrichten (vermutlich sind die beiden dämonischen Schnitten vom letzten Update abgehauen  :wink:)

Boras bekommt was zu lesen, is ja immerhin Barbar und das machts klar.

Also muß der Pfeifer eine vor den Latz bekommen....

Auflösung??

Bin gespannt

dude
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Furlong am 01. April 2007, 16:36:44
Boras bekommt die schlechte Nachricht, der Dude was zu lesen und der Pfeifer was auf die Nuß.
Wann kommt die Auflösung?

Furlong
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. April 2007, 16:46:18
in drei Updates?

Ich schreibe hoffentlich heute eines, und dann zu Ostern eines, und dann... mal sehen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 05. April 2007, 00:00:28
Wie Thamior seinen Armreif verlor und einen neuen gewann

»Moment mal«, sagte Karras. »Ich hab irgendwie den Überblick verloren. Wer war jetzt wo und warum, und wo kommt der Neue her?«

»Das ist der Beweis«, sagte Sam, »Männer können nicht zuhören.«

Alina lachte, Brynn und Dernholm sahen ebenso genervt drein wie ihr Kumpan.

»Soll ich jetzt weiter erzählen?«, erkundigte sich Annastrianna vom Kopf der Tafel aus.

»Nein, warte«, bat Sam. »Also: Dirim, Thargad und Helion sterben im Azuth-Tempel. Dirims Leiche wird geborgen und verschwindet tags darauf auf diese komische Ebene.«

»Das weiß ich«, sagte Dernholm.

»Gleichzeitig ist Jørgen von Velbert nach Cauldron gekommen, mit seinem Koch Milo. Die beiden sind mit Thamior, Boras und Barti«, Sam sah sich kurz um, dass Beregard auch nicht in der Nähe war, »in die Ställe gereist.«

»Ja. Aber warum?«

»Um nach Occipitus zu kommen, brauchten sie einen Ebenenschlüssel. Und da gab es einen.«

»Ach so, darum haben sie diesen komischen Spinnensammler besucht.«

»Genau. Und weil Milo einen Teleportfluch hat und weg war, haben sie dann einen anderen Magier beauftragt, den Ebenenwechsel zu zaubern. Und auf der Ebene angekommen, haben sie Dirim wiederbelebt.«

»Und dann ist Tyr erschienen?«

»Dann ist Tyr erschienen.«

»Das habe ich alles doch schon erzählt«, beschwerte sich der Seelenbogen. »Kann ich weiter machen?«

Sam sah Karras an. Der überlegte für einen Moment, dann nickte er. »Schieß los.«

»Hej«, sagte Tomker. Er stellte zwei Krüge Wein auf den Tisch und nahm sich selbst einen Becher aus dem Regal, bevor er sich setzte. »Was habe ich verpasst?«

»Nicht noch einmal«, warnte Anna. »Tomker kann auch ohne Vorwissen zuhören. Wenn du was nicht verstehst, musst du das ertragen. Kannst du das?«

»Klar«, sagte Tomker. »Ich bin Ilmater-Priester.«

»Na dann. Die Kettenbrecher – ich zähle den Paladin da jetzt der Einfachheit zu – nahmen sich also an den Händen, und Dirim konzentrierte sich auf den Ebenenwechsel zurück nach Faerûn. Warum auch immer, jedenfalls ging der Zauber schief...«

-

Alina runzelte die Stirn. »Irgendwie gehen die Zauber ständig schief, oder? Diese Ebene ist nicht unbedingt sicher.«

»Man hört nur nichts von den Malen, wo alles gut ging«, beruhigte Anna.

»Aber die Kettenbrecher sind viermal von oder nach Occipitus gereist. Beim ersten Hinweg verloren sie ein halbes Jahr. Beim ersten Rückweg waren sie in der Schattenzukunft. Beim zweiten Rückweg ging schon wieder was schief – das ist nicht sehr sicher.«

»Du wirst schon sehen«, kam die Stimme aus dem Bogen, »in Zukunft gehen die Zauber alle gut.«

»Hm«, machte Alina.

»Jedenfalls«, fuhr Anna fort, »wurde die Gruppe getrennt. Dirim, Boras, Thamior und Ki'Annan – das ist der Lichtengel – landeten in den Ausläufern des Dschungels von Chult, und Beregard, Jørgen und Reya fanden sich auf einem Schiff wieder, das über die Dampfsee fuhr. Dirim verständigte sich mit der anderen Gruppe, sich in den Ställen zu treffen. Die waren nahe bei, und bei der Gelegenheit konnten sie gleich den Ebenenschlüssel zurückgeben. Mittels Windwandel war unsere Gruppe natürlich schnell in dieser schmutzigen Stadt – genau zu dem Zeitpunkt, als auch Milo dort ankam. Der war nämlich inzwischen wieder herumteleportiert und hatte sich auf einem Geisterross daran gemacht, Jørgen zu folgen.«

»Das ist ja ein Zufall«, sagte Dernholm.

»Ha«, machte Anna. »Warte, bis du den Rest hörst. Auf dem Schiff nämlich befand sich neben einem überraschten und ärgerlichen Kapitän auch Belandrus – Thargads Bruder.«

»Der Neue«, vermutete Brynn.

»Moment«, sagte Dernolm. »Du willst uns weismachen, dass der Ebenenwechsel schief ging, und zwar genau so, dass die eine Gruppe pünktlich auf Milo traf und die andere auf das Schiff verschlagen wurde, mit dem Thargads Bruder fuhr? Solche Zufälle gibts doch gar nicht.«

»Und wenn es kein Zufall war?«, fragte Tomker. »Die Kettenbrecher haben einen Fehlzauber erlitten, aber aus diesem Leid entstand etwas Gutes. Die Hände der Götter sind über uns.«

»Na, ich weiß nicht.« Dernholm nahm einen Schluck Wein. »Als nächstes erfahren wir, dass die Kettenbrecher gerade Recht kamen, um einen Dämonenangriff in den Ställen zu verhindern.«

»Spinnen«, sagte Anna.

»Wie bitte?«

»Genauer gesagt, Chitine und Spinnen. Sonst stimmts.«

Dernholm schwieg.

»Es gab da nämlich so einen Kenku – das sind Vogelwesen ohne Flügel –, der hat ein paar Chitine überfallen. Unter anderem hat er eine Spinne mitgenommen, die wertvoll aussah. Er wurde gebissen, und die Spinne legte ihre Eier in ihm ab. Dann wurde die Spinne an Antobury verkauft, bevor sie starb. Antobury erkannte nun, dass diese Spinne eine Schnelltodspinne war, die tausende von Eiern legt, schwanger zur Welt kommt und nach der Eiablage stirbt. Also ahnte er, dass der Kenku jeden Augenblick platzen und die Ställe in einen sich rasend vermehrenden Spinnenschwarm hüllen könnte.«

»Und genau dann kamen die Kettenbrecher«, mutmaßte Dernholm.

»Stimmt«, sagte Anna. Dernholm schlug die Augen zum Himmel. »Mein Vater spielte zwar den Brummbär, und Dirim wollte unbedingt erst die bösen und gemeinen Stadtoberen informieren, aber am Ende sind wir dann doch losgezogen, um die Gefahr abzuwenden. Erst haben wir den Zwischenhändler besucht, und dann dessen Boss. Das hat aber nichts geholfen, also haben wir die Kenkus aufgesucht, die in einem halb versunkenen Turm lebten, den man nur über das offene Dach betreten konnte – und es gab keine Treppe nach oben.«

»Sagtest du nicht, die Kenkus hatten keine Flügel? Wie sind die denn dann in ihren eigenen Turm gekommen?«

»Na ja, gut, es gab eine Treppe, aber wir haben sie übersehen.«
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»Das ist eine doofe Geschichte«, sagte Dernholm.

»Ich habe meine Ränge in Tanzen, nicht Erzählen«, wehrte sich Anna. »Dich zwingt niemand, zuzuhören.«

Dernholm hob die Arme. »Ich hab nix gesagt.«

»Mein Vater hat ja diese Kletterschuhe, also ist er auch ohne Treppe einfach hochgekommen. Und von oben hat er dann den Kenkus ihre Waffen aus den Händen geschossen, bis die aufgegeben haben. Aber der Händler war schon weg, weil er sich so schlecht fühlte, zurück zu den Chitinen. Und da sind wir natürlich hinterher. Die Chitinen leben in einem Höhlensystem unter einem tiefen Grab, und als wir da hin sind, wurden wir von Phasenspinnen und kleinen geflügelten Dämonen angegriffen. Aber Milo hat Festen Nebel erzeugt und Dirim einen Flammenschlag da rein gewirkt, und dann war fast alles schon wieder vorbei.«

Brynn beugte sich vor. »Und dann habt ihr die Chitine getötet, oder?«

»Nein. Dann haben wir überlegt, was wir da überhaupt tun. Wenn die Schnelltodspinnen bei den Chitinen schlüpfen, könnten die ja schließlich die Spinnen kontrollieren, hat Dirim gesagt. Und selbst wenn nicht, würde die Chitinen doch niemand vermissen.«

Tomker machte eine Grimasse.

Alina nickte. »Dirim ist krass drauf. Wisst ihr noch die Sache mit dem Mimic?«

»Erinner mich nicht daran«, sagte Tomker. »Ich habe drei Tage nicht gegessen.«

»Na ja, am Ende hat sich dann mein Vater doch mit den Chitinen unterhalten – Ki'Anan hat übersetzt.«

»Der?«, fragte Brynn. »Ich habe nur kurz mit dem geredet, aber eine Leuchte ist er nicht gerade.«

Samira lachte. »Der war gut.« Sie schlug Brynn auf die Schulter. Der sah sie verständnislos an. »Lichtengel – Leuchte? Ist auch nicht so wichtig.«

»Was haben die Chitinen denn erzählt?«, fragte Karras, der sich nicht ablenken lassen wollte.

»Dass ihr großer Oberpriester den kranken Kenku geschnappt hat und mit ein paar Soldaten und Spinnen in die Ställe zurück ist, um die Stadt ihrer Göttin Lolth zu opfern.«

»Na super«, meinte Brynn. »Verdammte Spinnenfi-«

»Brynn!«, unterbrach ihn Karras. »Es sind Frauen anwesend!«

»Keine Sorge«, sagte Alina. »Wir haben keine Angst vor Spinnen.«

Alle lachten.

»Und was ist dann passiert?«, wollte Karras schließlich wissen.

»Vieles«, sagte Anna.

-

»Dirims Gruppe machte sich auf den Rückweg in die Stadt. Aber vorher noch war Beregards Gruppe in den Ställen angekommen – oder jedenfalls so nahe dran, wie der Kapitän fahren wollte. Belandrus hatte sich schon entschlossen, mit den Kettenbrechern zu reisen, weil er sowieso nach Cauldron wollte. Also haben sie dem Kapitän ein Ruderboot abgekauft und es zu Wasser gelassen. Beregard und Jørgen haben gerudert. Bald hörten sie Schreie aus der Stadt, und sahen flackernde Lichter. Aber bevor sie an Land gehen konnten, wurden sie bereits angegriffen.«

»Die Spinnen?«, fragte Karras.

»Quatsch, doch nicht im Wasser«, sagte Anna. »Es waren drei riesige Aale, die aus dem Schlamm kamen. Einer verschluckte Reya, aber Jørgen und Beregard haben mit denen aufgeräumt, und Belandrus hat auch ein paar Flammenstrahlen beigetragen.«

»Er ist also Magier?«

»Hexer. Die Aale haben sich schnell verflüchtigt. In den Ställen herrschte Panik, weil die Chitinen sich ein paar Leute geschnappt hatten. Ab und zu stießen Beregard und die anderen auf die Leiche eines Chitins oder eines Städters. Die Spuren wiesen geradewegs zu Antoburys Museum.«

»Wohin auch sonst?«, frotzelte Dernholm. »Dirim wäre besser einfach dageblieben.«

»Kannst du nicht mal deine Klappe halten?«, blaffte Alina.

»Entschuldige. Dann lassen wir den Bogen mal erzählen, wie Beregards und Dirims Gruppe sich vor dem Museum treffen, um gemeinsam reinzugehen.«

»Was willst du damit sagen?«, fragte Anna.

»Haben sie sich etwa nicht vor dem Museum getroffen?«

»Doch, schon, aber...«

»Nix aber.« Dernholm stand auf. »Ich muss mal austreten.«

»Motzprotz«, sagte Sam hinter ihm her.

»Lass ihn doch. Es war ja wirklich etwas komisch«, sagte Anna. »Das Museum war über und über mit Spinnweben bedeckt. Jørgen und Boras brachen die Tür auf, und gleich krochen ein paar handgroße Spinnen raus. Im Museum selbst waren die Käfige und Glaskästen kaputt; überall krabbelte es. Nach ein paar Vorbereitungszaubern stießen die Kettenbrecher die Tür in den Hauptraum auf.«

»Und?«

»Am anderen Ende des Hauptraums hingen mehrere Dutzend Menschen von der Decke – mittendrin der aufgedunsene Kenku. Der Chitinenpriester stand daneben und öffnete seine Fänge zum Gruß. Er hatte die kamelfressende Spinne freigelassen, und Darla – die Cwidencha – auch. Und er hatte eine Dämonenspinne mitgebracht: einen Bebilithen. Die Spinnen standen zwischen den uns und den Opfern.«

»Schöne Scheiße«, sagte Alina.

»Kannst du laut sagen. Mein Vater und ich haben sofort angefangen, auf den Priester zu schießen, durch den kaputten Käfig durch. Jørgen stürzte sich auf die Dämonenspinne, und der Lichtengel half ihm. Dirim und Beregard gingen auf die andere Seite, zu der Cwidencha und der Kamelspinne, und Belandrus blieb etwas zurück, um zu zaubern. Die Dämonenspinne hat ihr Netz ausgespuckt und meinen Vater darin gefangen. Darum konnte er sich kaum bewegen, als der Chitinenpriester einen Flammenschlag wirkte. Er hat die Hand zum Schutz erhoben, und der Zauber hat genau seinen Schützenarmreif getroffen. Selbst magisches Leder ist nicht sehr widerstandsfähig, wie es scheint – der Armreif war hin. Dirim hat eine Klingenbarriere erschaffen und damit die Kamelspinne in die Flucht geschlagen. Beregard hat dann die verletzte Cwidencha mit Dirim zusammen fertig gemacht. Auf der anderen Seite hatte Reya die Dämonenspinne schon leicht verletzt, als... Mannomann.«

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»Was denn?«, wollte Karras wissen. »Was ist?«

»Wenn ihr ein Dämon seid, rate ich euch eins: Stellt euch Jørgen nicht entgegen. Der hat mit seinem Schwert eine Schneise durch den Bebilithen geschlagen, glatt bis auf die andere Seite durch. Da floss mehr Blut als bei der Geburt einer Tarraske. Belandrus hatte da schon den Priester schwer verletzt – und dann sind die Spinnen geschlüpft.«
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»Kacke«, sagte Alina.

»Tja. Der Priester war schnell erledigt, aber die Spinnen nicht. Beregard ging in den Schwarm und wurde sofort vergiftet und überschwemmt. Er musste wieder raus. Reya flog direkt rein – sie wurde auch vergiftet, aber sie hat eine Flammenklinge, und das Feuer konnte den Schwarm verletzen. Mein Vater und ich schossen derweil die Opfer von der Decke, so schnell wir konnten, bevor der Schwarm sie erreichte. Es war eine Mistarbeit, aber irgendwann waren es nur noch eine Handvoll Spinnen – und die konnte man dann gut zertreten. Fünf der Opfer waren tot, aber Antobury lebte, ebenso wie mehr als ein Dutzend andere. Antobury gab uns ein paar tausend Goldmünzen in Edelsteinen und schenkte uns den Ebenenschlüssel, und wir machten uns davon, bevor das Triumvirat uns die Aufräumarbeiten anhängen konnte. Auf dem Weg nach Cauldron verschwand Milo schon wieder, aber nicht, bevor er unter anderem ein paar Geschicklichkeitsarmbänder identifizierte, die sich mein Vater gleich anzog. Die Arme hatte er jetzt ja frei.«

»Und so seit ihr hierher gekommen«, schloss Samira.

»So sind wir hergekommen.«

»Ziemlich konfus«, sagte Karras. »Und ich bin froh, dass ich hiergeblieben bin. Hier hats nur Steine geregnet, keine Spinnen.«

-

»Ein Brief von Todd Vanderboren«, sagte der Mann. »Anscheinend hat er das Turnier der Abenteurer in Saradush gewonnen.«

»Na toll«, sagte Annah und zuckte mit den Schultern. »Wen interessiert denn so was?«

-

»Der Zwerg ist wieder da.«

Grimm sah auf. »Wiederhol das.«

»Der Zwerg ist wieder da, und sein Auge brennt noch.«

Grimm fasste seinen Becher so hart, dass das Metall zersplitterte. Er betrachtete die Bruchstücke in seiner Hand, und die kleinen Reste des Getränks darin.

»Ruf sie alle zusammen. Sofort.«

-

Die Kettenbrecher brüteten über den Schriftstücken. Ein Stein war über die Mauer des Tempels geworfen worden, kurz vor Sonnenaufgang. Um den Stein waren zwei Schriftstücke gebunden. Das erste sah aus, als hätte man es aus einem Buch ausgerissen:

die Nacht der Tausend Tage. Die wenigen Informationen und Gerüchte aus dieser Zeit sprechen von geruhsamen Träumen, aus denen niemand aufwachen wollte. Die Spuren deuten allerdings eher darauf hin, dass die Mazteken von einer Untotenplage heimgesucht wurden. So ist auch die Vielzahl der heute noch umtribigen Untoten mit maztikischen Zügen zu erklären. Fest steht alllenfalls, dass das Goldene Reich über einen Zeitraum von mehreren Jahren kein Sonnenlicht mehr sah, und dass nach dieser Zeit die Hochkultur der Mazteken nicht mehr existierte. Schwierig gestaltet sich eine Spurensuche vor allem, weil die Nacht der Tausend Tage zu einer Legende unter Vampiren wurde, und die wenigen noch vorhandenen maztikischen Gegenstände in Besitz dieser Geschöpfe der Nacht sind. Ich verweise hier nur auf das tragische Schicksal der Kiril Marinar in Westtor. Dennoch ist es mir gelungen, einige

Das andere Schriftstück war ein Brief, adressiert an die Verräterin Embril Aloustinai. Und obwohl das erste Schirftstück einiges an Besorgnis erregte, war es doch dieses zweite, das die Gemüter erhitzte. War es echt? Woher kam es? Was sollten sie jetzt tun? Dirim nahm sich den Brief und las ihn sich noch einmal durch.

Embril,
mir ist egal, mit welchen Drohungen du mir kommen willst. Ich habe mit der Frau, die du als Sonnentau kennst, alles abgesprochen. Du bist Finsters Kreatur, und meinetwegen kannst du ruhig zu ihm ins Bett hüpfen. Glaub nicht, dass er für dich bei Dämonicus Grimm vorsprechen wird. Und solange Grimm nicht persönlich zu mir kommt, habe ich mich von den Käfigmachern verabschiedet. Ihr habt die Käfige und das Ritual – jetzt lasst mich forschen. Die Seelenpfeiler gehören mir!

Wage es ja nicht, noch einmal bei mir aufzukreuzen,
Weer
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: DU#1229 am 05. April 2007, 10:40:12
herrlich, was habe ich gelacht...

Zitat
Samira lachte. »Der war gut.« Sie schlug Brynn auf die Schulter. Der sah sie verständnislos an. »Lichtengel – Leuchte? Ist auch nicht so wichtig.«

schöner Wortwitz, hehe.

Zitat
»Na super«, meinte Brynn. »Verdammte Spinnenfi-«

»Brynn!«, unterbrach ihn Karras. »Es sind Frauen anwesend!«

»Keine Sorge«, sagte Alina. »Wir haben keine Angst vor Spinnen.«


im Zusammenhang mit diesem Kommentar:

Zitat
»Schöne Scheiße«, sagte Alina.

und
Zitat
»Kacke«, sagte Alina

einfach groß!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 05. April 2007, 11:39:41
Zitat von: "Berandor"

»Na ja, am Ende hat sich dann mein Vater doch mit den Chitinen unterhalten – Ki'Anan hat übersetzt.«

»Der?«, fragte Brynn. »Ich habe nur kurz mit dem geredet, aber eine Leuchte ist er nicht gerade.«

Samira lachte. »Der war gut.« Sie schlug Brynn auf die Schulter. Der sah sie verständnislos an. »Lichtengel – Leuchte? Ist auch nicht so wichtig.«

In der Tat groß. Ich durfte in der Szene Ki'Anan spielen (Int 6), was ziemlich spaßig war. Und Thamiors Art in dem Gespräch war klasse.


Zitat von: "Berandor"

Auf der anderen Seite hatte Reya die Dämonenspinne schon leicht verletzt, als... Mannomann.«
(...)

»Was denn?«, wollte Karras wissen. »Was ist?«

»Wenn ihr ein Dämon seid, rate ich euch eins: Stellt euch Jørgen nicht entgegen. Der hat mit seinem Schwert eine Schneise durch den Bebilithen geschlagen, glatt bis auf die andere Seite durch. Da floss mehr Blut als bei der Geburt einer Tarraske. Belandrus hatte da schon den Priester schwer verletzt – und dann sind die Spinnen geschlüpft.«
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Nun gut, wir hatten Hast auf uns liegen, also vier Attacken, alle getroffen, davon eine kritisch... Ist ganz gut gelaufen ;-) (Wenigstens der Teilkampf gegen den Bebillithen.)

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 05. April 2007, 20:12:58
Zitat von: "Kylearan"
Zitat von: "Berandor"

»Na ja, am Ende hat sich dann mein Vater doch mit den Chitinen unterhalten – Ki'Anan hat übersetzt.«

»Der?«, fragte Brynn. »Ich habe nur kurz mit dem geredet, aber eine Leuchte ist er nicht gerade.«

Samira lachte. »Der war gut.« Sie schlug Brynn auf die Schulter. Der sah sie verständnislos an. »Lichtengel – Leuchte? Ist auch nicht so wichtig.«

In der Tat groß. Ich durfte in der Szene Ki'Anan spielen (Int 6), was ziemlich spaßig war. Und Thamiors Art in dem Gespräch war klasse.


Stellt euch vor: auf der einen Seite eine Horde fanatischer 2HD-Kreaturen, auf der anderen Seite Thamior "Wenn dir dein Leben lieb ist", und vermittlent dazwischen, bemüht um Deeskalation, der Typ mit einem Intelligenzmodifikator von -2.

Das war schon spannend.

Chitine: »Der Priester hat das Gefäß mitgenommen.«
Ki'annan: »Die reden irgendwas von einer Vase.«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 06. April 2007, 23:51:55
Ach ich sag einfach nichts. Ausser dass es mir gut gefallen hat. Der zweite Teil des Postings übrigens eher als der erste, der allerdings mehr zum Verständnis beigetragen hat. Was auch seine Aufgabe war. Alles richtig gemacht.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 07. April 2007, 00:56:58
War extra für dich :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 08. April 2007, 23:30:16
Ich habe das Extra fertig geschrieben... ich freu mich schon, das zu posten. Wahrscheinlich Freitag oder Samstag wird es so weit sein.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 10. April 2007, 15:06:49
Ja, ja, erst den Mund wässrig machen...
...das steigert die Spannung  :x
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 10. April 2007, 18:39:12
Ich möchte nur allen die Gelegenheit geben, das letzte Update zu lesen und nicht etwa zu verpassen (über Ostern und so).
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 12. April 2007, 12:50:13
Hatten wir jetzt, oder ?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 12. April 2007, 13:40:46
Da sieht man mal, was man als SL bei denen so alles aushalten muss... na gut, bitte:

Extra: der Pfeifer

Mein lieber Freund,

ich schreibe dir diesen Brief aus Not und dreierlei Gründen. Sicher hast du schon von den infamen Anschuldigungen gehört, die von der Krone gegen mich erhoben wurden. Du weißt, wie es um mich und Anatol gestanden hat; wenn du mir nicht glaubst, wird es niemand. Dies also ist der erste Grund, meine Unschuld zu versichern. Der zweite Grund soll eine Warnung sein, auf dass sich Anatols Schicksal und das seiner Familie nicht wiederholen mag. Der dritte Grund aber ist der entscheidende. Ich schreibe diesen Brief, um mir selbst zu versichern, dass ich nicht verrückt bin. Die Götter allein wissen, ob diese Zeilen ihre Aufgabe erfüllen können.

Du weißt sicher noch, was ich dir in aller Verschwiegenheit erzählt habe. Heute wünschte ich, du hättest meine Geheimnisse weitererzählt. Vielleicht hielte man mich dann nicht für die Ausgeburt des Bösen, als die ich gemeinhin gelte. Vorgestern hörte ich, wie eine Mutter ihr Kind ermahnte, sich zu benehmen. »Du wirst noch enden wie Valeska.« Mein Name als Drohung, so weit ist es gekommen. Ich hatte immer gehofft, berühmt zu werden. Ich nehme an, jetzt habe ich es geschafft. Heute ist mir egal, was sie über mich erzählen. Ich höre einfach nicht mehr hin.

Trotzdem nagen die Lügen an mir, wenn sie auch nicht so hungrig sind wie die Erinnerungen an den betreffenden Abend, als ich voller Hoffnung und in meinem besten Kleid – dem blauen mit den silbernen Absätzen, das ich bei deiner Hochzeit getragen habe – vor Anatols Anwesen auftauchte. So habe ich immer gedacht, und so denke ich heute noch. Es ist – war – nicht das Anwesen der Familie von Zarich, nicht das Anwesen der Fürstin von Dunkelwald, sondern das Anwesen Anatols. Du weißt, dass ich mich nie für seinen Titel interessiert habe. Auch das erzählt man sich wahrscheinlich heute anders.

Ich weiß noch genau, wie Anatol an jenem Tag im Laden auftauchte. Er hatte schon öfter Tinkturen von Meister Virja gekauft, und der alte Kerl hatte mich jedes Mal nach hinten geschickt, um irgendwelche Kräuter zu mahlen. Aber Virja war krank, und diesmal konnte er mich nicht wegschicken. Ich habe nie zu diesen Mädchen gehört, die angesichts eines Mannes in Ohnmacht fallen oder schwach seufzend die Hand aufs Herz legten. Anatols Anblick ließ mich wünschen, zu diesen Weibern zu gehören, wenn er mich danach nur in seinen starken Armen auffangen würde. Er würde seine vollen Lippen auf die meinen pressen und mir seinen Atem einhauchen, und wenn ich die aufwachte, würde ich in seine blauen Augen blicken. Er würde lächeln, aber loslassen würde er mich nicht. Es dauerte einige Wimpernschläge, bis ich wieder in den Laden zurückfand und merkte, dass Anatol noch nichts gesagt hatte. Er sah mich nur an. Unter seinem Blick wurde mir ganz warm, und ich errötete. Aber ich musste auch lächeln. Er lächelte zurück. Ich habe dir diese Geschichte bestimmt schon ein Dutzend Mal erzählt, aber noch jetzt ist es für mich unglaublich, dass er mich beachtete – genauso unglaublich wie die Tatsache, dass ich Anatol für immer verloren habe.

Die nächsten Wochen waren wunderbar. Anatol und ich trafen uns, wann immer es ihm möglich war. Natürlich mussten wir unsere Liebe geheimhalten. Die Gehilfin eines Alchemisten und der Sohn der Fürstin: undenkbar. Ich konnte es selbst nicht glauben, und hätte ich nicht Anatols Geruch in meinen Kleidern, seine Finger nicht auf meiner Haut gespürt, ich hätte es für einen Traum gehalten. Anatol war stark und zärtlich, und ich schäme mich nicht, dass ich mich ihm hingab, mit Leib und Seele. Auf einer Lichtung im Dunkelwalt spielten wir Hathran und Berserker, träumten wir beide von einem freien Leben im Dienste Rashemens. Dort sang ich auch für ihn, tanzte für ihn, spielte die Flöte. Dort erzählte mir Anatol von seinem Plan.

Er habe an das Bardenkolleg in Brelamman geschrieben und von mir erzählt, sagte er. Meine Arbeit für den Alchimisten bezeuge magisches Talent, und meine Musik rege zum Schwärmen an. Er dachte, Begabung alleine reiche für die Aufnahme im Kolleg, für die Ausbildung zum Barden. Ich wusste es besser. Die Hathran holen sich die Frauen mit magischem Talent, und die Bardenschulen die Frauen ohne Talent, aber mit Gold. Ich hatte kein Gold. An dem Abend, als das Kolleg seine Absage schickte, stritten Anatol und ich uns zum ersten Mal. Ich war nicht so enttäuscht wie er, und erst in diesem Moment verstand ich seine Beweggründe. Er hatte gehofft, als Bardin würde ich eine bessere Partie abgeben, würde ich seinen Eltern – seiner Mutter – eher gefallen. Mein Herz frohlockte, dass er mich wirklich heiraten wollte, aber ich spürte auch große Trauer, dass er mich so, wie ich war, nicht heiraten konnte. Ich wiederhole noch einmal: wir stritten uns, aber Anatol wollte mich heiraten. Warum also hätte ich ihn töten sollen?

So sind wir also nun zu dieser schicksalhaften Nacht gekommen, in der ich in meinem besten Kleid zum Anwesen gekommen war. Anatol hatte mir am Morgen geschrieben. Er hatte einen Privatlehrer aufgetrieben, einen berühmten Barden, der sich nur »der Pfeifer« nannte. Der Pfeifer würde am Abend bei den von Zarichs eintreffen, und er wollte mich sehen – und hören. Ich könnte ihn von meinen Talenten überzeugen, und gleichzeitig könnte Anatol mich Iljana von Zarich vorstellen. Seiner Mutter. An diesem Abend also könnten sich gleich zwei meiner Träume erfüllen – oder engültig unerreichbar werden, wenn mich der Pfeifer auslachen und Anatols Mutter mich aus ihrem Haus werfen würde. Kannst du mir verdenken, dass ich nervös war?

Es ist gerade einen Zehntag her, und doch hat sich seitdem alles geändert. Der Dunkelwald schimmerte in Rot- und Brauntönen und im Grün der Nadelhölzer. Es war, als stünde das Anwesen in einer großen Arena, und die Blätter seien die Köpfe der Zuschauer. Ich fühlte mich beobachtet. Es war, als hielte der Wald selbst den Atem was, als warte er gespannt, was passieren würde. Du weißt vielleicht, dass das Anwesen am Ende eines stetig ansteigenden Pfades thront, auf der Spitze des Fürchterbergs. Der Pfad ist gerade breit genug für eine Kutsche, und man kann erkennen, wo allzu vorwitzige Äste vom herrschaftlichen Zweispänner abgerissen wurden. Der Pfad ist darüber hinaus beinahe zugewachsen und wirkt eher wie eine Höhle, die in den Wald geschlagen wurde. So sieht man das Anwesen auch erst, wenn man auf die Spitze des Hügels gelangt. Warst du jemals dort? Man hat es vollständig aus dem Dunkelholz des Waldes erbaut, und es ist so alt, dass das Holz ebenso ergraut ist wie die Haare von Meister Virja, und so spröde und runzlig wie Stein. Vom Pfad aus wirkten seine beiden Fenster im ersten Stock wie Augen, und die große Doppeltür wie ein hungriges Maul, dass mich und meine Hoffnungen verschlingen wollte.

Ich sah keine Bewegung hinter den Fenstern. Neben der Tür stand eine große, schwarze Kutsche ohne Wappen. Die beiden Pferde davor waren ebenso schwarz und grasten ungestört. Weder der Kutscher noch sonst ein Diener war zu sehen, der die Pferde abspannte oder sonstwie versorgte. Ich streichelte einem der Pferde die Stirn, um mich zu beruhigen und meine Ankunft noch ein paar Atemzüge zu verzögern. Das Pferd schnaubte und stieß seinen Kopf nach mir. Schnell trat ich einen Schritt zurück, um mein Kleid nicht zu beschmutzen. In diesem Moment hörte ich das Pfeifen zum ersten Mal. Es war schwach, wie das Säuseln des Windes in einer lauen Sommernacht oder das Flüstern des Kieselbachs, und doch war es eine unverkennbar traurige Weise. Mich schauderte, aber ich schob diese Reaktion auf die Sonne, die gerade hinter den Wipfeln des Dunkelwalds verschwunden war. Ich sah noch einmal zur Kutsche, die Melodie immer noch in den Ohren. Der Pfeifer war bereits angekommen, so schien es. Die aufkommende Kälte trieb mich auf die Haustür zu, und ich wollte Anatol auch nicht warten lassen. Steine knirschten unter meinen Schuhen und übertönten die Melodie, und in diesem Moment wäre ich fast umgekehrt, als meine Nervosität mit einem Mal zurückkehrte. Dann stand ich vor der Tür. Mein Herz klopfte. Ich schloss die Augen und dachte an Anatol. Ich wollte ihn nicht enttäuschen. Von der Tür starrte mich ein grässliches Gesicht an, den schweren Eisenbügel zwischen aufgedunsenen Froschlippen. Ich packte den Bügel und klopfte an.

Die Anschläge hallten durch das Haus wie die Schritte eines Riesen durch eine Höhle und ich glaubte, mein eigenes Herz darin zu hören. Das Pfeifen brach abrupt ab, als sei in diesem Haus zu jeder Zeit nur ein Geräusch erlaubt. Ich lauschte auf Schritte, aber stattdessen hörte ich nur, wie das Pfeifen von neuem begann. Die Melodie hatte sich geändert, sie klang jetzt lebhafter, fröhlicher. Ich trat einen Schritt zurück und blickte an der grauen Wand empor, doch die Fenster blieben ebenso leer wie der Abendhimmel darüber. Wieder schauderte ich, und für einen Moment wäre ich beinahe umgekehrt. Dann fing sich die Melodie in meinem Ohr und zog mich vorwärts. Ich klopfte nicht noch einmal an. Ich betätigte die Klinke und schob die schwere Tür auf. Staub und Wärme wogten mir entgegen, die Luft scheinbar erpicht darauf, dem Anwesen zu entfliehen. Ich schob mich durch die Tür und schloss sie hinter mir. Dann sah ich mich um.

Eine breite Treppe führte zu einem Absatz. Von dort starrte mir das überlebensgroße Portrait einer Hathran entgegen. Ihre Maske machte eine Identifizierung unmöglich, aber wenn es nicht Iljana von Zarich war, dann sicher eine ihrer Vorfahrinnen. Unter ihrem wachsamen Blick spaltete sich die Treppe und reckte sich rechts und links empor, als seien es die Arme einer riesenhaften Kreatur, auf deren Rücken die Hathran ritt. Von oben tänzelte die Melodie zu mir herunter. Unter den Armen führten einfache Holztüren tiefer ins Anwesen. Ich selbst stand am Fuß der Treppe in der Eingangshalle. Der Boden war Marmor, schwarz und weiß wie eins dieser Königsspiele aus Schachenta. An den Wänden hingen Bilder von wilden Kriegern und stattlichen Frauen in Masken. Das ganze Ahnengeschlecht der von Zarich blickte auf mich herab wie auf einen Eindringling, als jemand, der gekommen war, die Familienehre zu stehlen. Links von mir war eine geschlossene Tür, rechts eine offene. Ich blickte in eine Art Lesesaal. Um den Bildern für einen Augenblick zu entfliehen, betrat ich das Zimmer.

Der Boden im Lesesaal war roter Teppich. Von der Halle aus hatte ich nur das Bücherregal sehen können, dass an der gegenüberliegende Wand stand. Jetzt sah ich mehr. Der Raum reichte bis unter das Dach, und die Wände waren voller Bücher. Die meisten waren durch Glas geschützt, und auf jeder Seite des Raums lehnte eine Treppe wie inwärts gewandte Stützen. Die Treppen ließen sich an einem Rohr, dass in drei Schritt Höhe um die Wände lief, seitwärts verschieben. Links von der Tür standen zwei hohe Lehnsessel, zwischen ihnen ein kleiner, runder Tisch aus demselben Marmor wie der Flur der Eingangshalle. Neben dem Tisch lag ein Buch auf dem Boden. Ich ging hinüber, meine Schritte auf dem dicken Teppich leise genug, dass die Melodie weiter hörbar blieb, und hob es auf. Die Seiten waren feucht und schmutzig. Ich sah wieder auf den Boden und entdeckte den großen, dunklen Fleck, der sich unter dem Tisch ausgebreitet hatte. Ich roch an dem Buch. Es war Wein. Jetzt sah ich auch den Kelch, beinahe vollständig unter dem linken Sessel verborgen.

Ein fallengelassener Weinkelch und ein Buch, dessen Seiten für alle Zeit nach Rotwein riechen würden. Jetzt, wo ich im Haus war, konnte ich das Schaudern nicht mehr auf die kühle Abendluft schieben. Warum hatte keiner der Bediensteten den Fleck gereinigt? Und warum hatte mich immer noch niemand begrüßt? Ich rieb meine nackten Schultern, um die Gänsehaut loszuwerden. Etwas stimmte hier ganz und gar nicht. Ich ging zurück in die Halle und legte meine Hand auf die Klinke. Die Melodie strich mir um die Ohren, wieder anders als zuvor, diesmal voll und stark und zugleich leer, wie ein Loch, das nicht zu füllen war, ein unstillbarer Hunger inmitten eines Schlemmermahls. Und wenn ich mir alles nur einbildete? Ich stellte mir vor, wie ich mit einer Handvoll Wachsoldaten ein privates Fest der von Zarich störte, wie Anatols Familie mich voller Abscheu ansah, wie Anatol mich enttäuscht anblickte. Draußen schnaubte eines der Zugpferde, und es war, als lache es mich aus. Ich ließ die Klinke wieder los. Ich würde gerne sagen, dass ich um Anatols Willen handelte, oder aus Unwissenheit heraus. Aber ich spürte – ich wusste, dass ich einen Fehler machte, als ich den Blicken der Ahnen standhielt und erst die Beine, dann den linken Arm des Riesenwesens erklomm, und doch konnte ich nicht anders. Das Pfeifen rief mich.

Am Kopf der Treppe, rechts von mir, begann eine Galerie, die sich um die Eingangshalle zog wie eine eckige Krone. Noch mehr vorwurfsvolle Blicke. Die Melodie rief mich weg von der Halle, in den Gang hinein, dessen hölzerner Boden im Licht dauerhafter Fackeln glänzte. An den Wänden hingen keine weiteren Ahnenbilder, sondern Wandteppiche, bestickt mit Ländereien und anderen Merkmalen: Karten. Ich sah zwei Türen auf der rechten Seite und eine auf der linken. Mein Herz schlug höher. Womöglich lag hinter einer dieser Türen Anatols Zimmer, das Zimmer, in dem ich noch viel lieber mit ihm gewesen wäre als auf der Lichtung im Dunkelwald. Die Melodie kam von links. Mit jedem meiner Schritte wurde sie fordernder, der Takt schneller. Sie erinnerte mich an Anatols Herzschlag, als ich meinen Kopf auf seine Brust gelegt und meine Hände auf Wanderschaft geschickt hatte. Wie meine Hände damals ihren Weg fanden, so taten nun meine Füße aus ihrem eigenen Willen heraus einen Schritt vor den anderen, bis ich vor der Tür stand. Durch den Spalt unter der Tür drang Licht hervor, der Geruch von gebratenem Fleisch, und die Melodie. Das Pfeifen hatte den Höhepunkt erreicht, flatterte schnell und hoch, beinahe schrill. Ich legte die Hand auf die Klinke und drückte sie herunter. Das Pfeifen erstarb, atemlos. Ich öffnete die Tür.

Im ersten Atemzug schalt ich mich eine Närrin und Angsthäsin. In der Mitte des Raums stand eine lange Tafel, beleuchtet von zwei großen, goldenen Kerzenleuchtern an der Decke. Auf der Tafel reihte sich ein Teller mit Leckereien an den nächsten. Ich sah einen knusprigen Truthahn, zwei Schalen mit Erdäpfeln, Rotkraut – und Wein. Mehrere Karaffen Wein. Die Familie von Zarich saß um die Tafel herum, Iljana am Kopf, neben ihr Hugo von Zarich, ihm gegenüber ihre Tochter Demara. Neben Hugo saß Anatol, der Platz ihm gegenüber war ebenso frei wie der Platz am Fuß der Tafel. Drei Bedienstete standen im Schatten großer Kabinette am Ende des Raums. Es war alles in Ordnung. Sie hatten auf mich gewartet. Ich lächelte, kicherte vielleicht sogar. Dann erst merkte ich es.

Das gesamte Essen war unberührt. Die Tafel war so ordentlich gedeckt wie auf einem Portrait, selbst die Weinkelche waren leer, die Karaffen unangetastet. Niemand sprach ein Wort. Jeder der Anwesenden saß steif und still da wie eine Puppe, oder eine Person auf dem erwähnten Bild. Niemand hatte sich nach mir umgedreht, als ich eingetreten war. Ich suchte Anatols Blick, musste mich vorbeugen, um ihm zu begegnen. Er war hohl, starr und leer. Mir fiel das Pfeifen wieder ein. Mein Herz schlug noch schneller als der Takt der verklungenen Melodie, als ich mich nach dem Urheber der Musik umsah. Niemand rührte sich. Schrecken kroch mir den Rücken empor wie eine Klinge aus Eis. Ich trat einen Schritt zurück –  wollte einen Schritt zurücktreten, aber meine Beine gehorchten nicht, schienen ebenso zu Stein geworden wie die Außenwand des Hauses. Ich sah, wie sich Anatols Brust hob und senkte. Er atmete, und jetzt sah ich, dass auch die anderen Anwesenden noch lebten. Und doch rührten sie sich nicht, sagten sie keinen Ton. Wieder suchte ich Anatols Blick – und erstarrte.

Ein großer, purpurner Wurm schob sich von hinten auf Anatols rechte Schulter. Er war zwei Finger breit und wurde noch breiter. Jetzt sah ich einen zweiten, der seine linke Schulter herauf kroch. Gleichzeitig bemerkte ich die Saugnäpfe am Körper des Wurms. Ein dritter Wurm schob sich von hinten durch Anatols haselnussbraunes Haar, als mache er sich lustig über die Zärtlichkeit, mit der ich dasselbe noch tags zuvor getan hatte. Der Wurm ringelte sich um Anatols Ohr und schob seine Spitze hinein. Die ersten beiden Würmer schoben sich zusammen, trafen sich über seinem Brustbein. Ein vierter Wurm schob sich aus seiner Mähne und über seine Stirn. Ich biss mir auf die Hand. Jetzt sah ich eine purpurne Masse, wie ein vergammelter Wackelpudding, hinter Anatol aufsteigen, eine glänzende Halbkugel aus festem, runzligen Gallert. Zwei wässrige Augen wuchsen hinter ihm empor, Augen voller Lust, Belustigung – und Hunger. Einem unstillbaren, immerwährenden Hunger. Ich wollte schreien, aber meine Stimme versagte. Einzig ein Piepsen entkam meiner Kehle. die Kreatur wuchs immer weiter empor. Jetzt kam seine Nase – oder was ich dafür hielt. In Wahrheit war einer der Würmer, die ihm aus dem Gesicht wuchsen. Es waren keine Würmer. Es waren Tentakel. Vier dicke, fleischige, purpurne Tentakel, die in der Gleichmäßigkeit eines seitwärts gekippten Vierecks um sein Maul herum wuchsen. Ich konnte die Augen nicht abwenden und wollte nur noch eines: aufwachen. Aber es war kein Albtraum. Es war Wirklichkeit.

Die Kreatur schlang eines ihrer Tentakel um Anatols Kehle, presste ihm die Luft ab. Ein Teil von mir wollte vorstürzen, ihm helfen, aber ein anderer, ein viel größerer Teil, wollte dem Monster dahinter keinen Schritt näher kommen. Ein zweites Tentakel band sich um seine Stirn, und die letzten beiden – die letzten beiden zwangen sich in Anatols Nasenlöcher wie ein Stock in einen Ameisenbau, blähten Anatols Nase zu grotesken Proportionen, dehnten das Fleisch, bis es blau und rot leuchtete. Es war ekelhaft und gleichzeitig ein Akt solcher Intimität, dass ich mich wie ein Eindringling fühlte, der einer verbotenen Liebschaft beiwohnt. Das Monster grunzte. Und dann sah Anatol mich an, hob seinen Kopf und sah mich mit seinen leeren, hohlen Augen an. Er spitzte die Lippen... und begann zu pfeifen.

Der kalte Schrecken, der meine Glieder eingefroren hatte, wurde ersetzt durch Terror. Er fuhr durch mich hindurch wie ein glühendes Messer durch Butter, sprengte die Fesseln, und noch bevor ich wusste, dass ich mich wieder bewegen konnte, hatte ich kehrtgemacht und sprang die Stufen hinunter. Keinen Gedanken verschwendete ich mehr an die Ahnen, die meine Flucht vorwurfsvoll verfolgten. Ich jagte durch die Eingangshalle und zur Tür hinaus. Ich dachte nicht an die Kutsche, die vor dem Anwesen stand, sondern rannte geradewegs den Pfad entlang. Erst, als das Anwesen hinter dem Blätterdach verschwunden war, kam mir die Kutsche in den Sinn, und auch nur, weil das Monster mich damit einholen könnte. Die Abendluft, die beginnende Nacht, die Gerüchte über den Dunkelwald: alles war vergessen. Blindlings stürzte ich ins Unterholz und rannte, bis ich erschöpft zusammenbrach. Die ganze Zeit über hörte ich die lustige Tanzmelodie, die Anatols Lippen gepfiffen hatten, und sah vor mir die wässrigen, gierigen Augen, deren Hunger niemals gestillt werden würde.

Jetzt weißt du also, was an diesem Abend passiert ist. Es klingt unglaublich, aber ich versichere dir, es ist die Wahrheit. Als ich floh, lebten die von Zarichs noch, auch wenn sie unweigerlich dem Tod geweiht waren. Ich weiß nicht, was nach meiner Flucht dort geschah, aber ich möchte es nicht wissen. Ich füchte, keines der Opfer ist schnell gestorben. Ich kam erst wieder zu Sinnen, als der Morgen graute, und zu diesem Zeitpunkt suchte man mich schon als Mörderin. Du weißt, ich hätte Anatol niemals töten können, und ich hoffe, dass du mir glaubst.

Nachtrag: Es scheint, als habe der Brief seine Aufgabe nicht erfüllen können. Immer noch verfolgt mich die Melodie des Pfeifers. Ich höre sie Tag und Nacht, zu jeder wachen Stunde, und oft folgt sie mir auch in den Schlaf. Ich weiß, dass ich sie mir nur einbilde. Ich habe Säure hergestellt, die stärkste Säure, die mir Meister Virja herzustellen beigebracht hat. Ich habe die Säure in mein Ohr geträufelt. Es war, als hätte mir jemand eine glühende Nadel durchs Trommefell tief in meinen Kopf gestochen. Meine Hand zitterte wie Laub im Herbstwind, als es an das andere Ohr ging. Aber ich habe es getan. Ich bin taub. Und doch höre ich sein Pfeifen noch immer.

Ich bin nicht verrückt, ich weiß es. Aber diesen Brief zu schreiben hat nicht genügt, es mir zu beweisen. Ich glaube mir selbst nicht. Es gibt nur eine Möglichkeit, die Wahrheit herauszufinden. Ich habe Briefe geschrieben, an Bardenkollegs und Mäzene, deren Adresse ich kenne. Es hat mich mein letztes Gold gekostet, aber ich muss wissen, dass ich nicht verrückt bin. Ich habe an den Pfeifer geschrieben. Wenn alles gut geht, wird er gleich, nach Sonnenuntergang, bei mir auftauchen. Ich höre ihn schon: das Pfeifen in meinem Kopf ist schneller geworden, fordernder, wie damals im Anwesen. Ich werde diesen Brief in seinem Umschlag auf den Tisch legen. Vielleicht findet ihn jemand und bringt ihn dir. Vielleicht findet ihn der Pfeifer... dann kannst du dich selbst überzeugen, dass ich mir nichts eingebildet habe. Wenn du diesen Brief bekommst, sieh aus dem Fenster. Steht dort eine schwarze, wappenlose Kutsche? Ich muss jetzt Schluss machen. Ich höre ihn kommen. Du auch?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 12. April 2007, 14:45:32
Woww. Damit existieren wohl mehr als genug Anklagegründe.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 12. April 2007, 16:42:07
Welchen perform skill benutzt da der Pfeifer? Perform(human) ?

Sehr schönes extra.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 12. April 2007, 17:12:05
Zitat von: "Dirim"
Woww. Damit existieren wohl mehr als genug Anklagegründe.

Das ist richtig. Die Krone wird ein vollstrecktes Todesurteil wohl nicht als Verbrechen ansehen...

Somit ist Boras dann aus dem Schneider, er sollte am wirkungsvollsten sein. (Wenn es kein böser Externar ist...)

Kylearan/Jorgen
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: dude am 15. April 2007, 23:28:17
Schachenta!!! Wie niedlich  :grin:

Ist ein tolles Intermezzo! Aber verstehen tu ichs nicht...

Was hat das Ganze mit der Geschichte zu tun? Was meinen Kylearan und Dirim mit ihren Kommentaren?


total verwirrt!

dude
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 27. April 2007, 20:52:25
So, morgen geht's weiter - Berandor wird zwar die SH vorher nicht weiter kommen, aber das macht nichts.
Wobei der Pfeifer mit diesem Hintergrund einfach nur schuldig ist.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 29. April 2007, 14:39:54
War ein reiner Aktionabend gestern - hat mir auch sehr gut gefallen.
Soweit ich das absehen kann, wird die nächste Sitzung auch wieder fast ausschließlich aus Aktion bestehen und dann wird es sicherlich rollenspiel- und storymäßig weitergehen.

Gestern war mal wieder so ein abend, aus dem ich gerne "die Nacht durchmachen" gemacht hätte. Selig sind die Zeiten, wo wir das noch konnten  :D  - und durften  :twisted:

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. Mai 2007, 22:29:54
Ich habe das nächste Update halb fertig, und es gefällt mir schon sehr gut. Aber ihr wolltet ja längere haben... :)

Ich starte außerdem einen "Wettbewerb": Gestalte Berandors Kampagne nach deiner Willkür!

Die Situation: In der nächsten oder übernächsten Sitzung findet der neue Cauldron'sche Feiertag statt: der Tag der Gebrochenen Ketten.

Die Aufgabe: Was passiert da? Was macht den Tag besonders? Welcher volkstümliche Ritus wird dort geboren, was für Festlichkeiten finden statt? Werden an diesem Tag alle Sklaven entlassen? Verkleiden sich die Leute als Dirim Gratur? Ihr könnt es bestimmen

Wie? Schickt mir eine PM oder E-Mail mit Euren Vorschlägen, und ich werde meine Spieler mit den besten Ideen überraschen!

Gibts was zu gewinnen? Ewiger Ruhm und die Verwendung der Idee in der Kampagne (und Story Hour). Ich bin für weitere Vorschläge offen. Habt ihr ein Monster erschaffen, das ihr testen wollt? Soll euch Boras ein Autogramm geben (geschrieben von Jørgen, Boras macht ein X drunter)? Fragt an, es ist vieles möglich.

Und jetzt ran ans überlegen. Es sollte mit Cyric zugehen, wenn diese Woche kein Update käme. Die ersten Vorschläge sollten dann schon da sein... hoffe ich.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 02. Mai 2007, 17:44:35
Gut, das ging jetzt vielleicht etwas schnell. An alle Leser die Bitte: Lest euch auch meinen letzten Beitrag durch für den Wettbewerb: ”Make Berandor your bitch" (oder so).

Und jetzt das nächste Update, inoffiziell: ”Die Nacht der schlechten Witze", offiziell

Weer wars

»Ich sage, wir schalten ihn sofort aus«, sagte Dirim bestimmt.

»Wen?«, fragte Boras.

»Weer.«

»Nein, wen.«

»Weer«, sagte Dirim etwas langsamer.

»Ich bin doch nicht doof«, sagte Boras. »Wer schalten wir aus klingt voll doof. Das ist bestimmt falsch.«

»Wir schalten Weer aus.«

»Wen«, beharrte Boras.

»Um ehrlich zu sein«, meldete sich Jørgen zu Wort, »würde ich heute gerne niemanden mehr ausschalten. Wen– Wer weiß, was da noch für ein Rattenschwanz dran hängt. Lasst uns eine Nacht ruhig schlafen. Morgen können wir dann bei diesem Vortimax Weer vorbeischauen und ihn zur Rede stellen.«

»Wenn du ruhig schlafen kannst«, sagte Dirim. »Ich kann es nicht.«

»Es fällt mir auch nicht leicht. Aber irgend jemand sollte Belandrus vielleicht mal erzählen, was genau mit seinem Bruder passiert ist. Und es wäre auch nicht schlecht, erst Mal zu sehen, was in unserer Abwesenheit passiert ist.«

»Wir müssen auch noch den Tag der Gebrochenen Ketten planen«, sagte Beregard. »Der ist in drei Tagen.«

»Den was?«, fragte Dirim.

»Ihr seht, es gibt einiges aufzuholen«, sagte Jørgen. »Am besten unterhaltet ihr euch ein wenig. Ich begleite Reya zum Helmtempel. Sie will dort eine Unterkunft finden, und ich würde mich gerne mal mit dieser Jenya unterhalten. Und ihr, Thamior?« Jørgen hielt inne. Der Elf war nirgends zu sehen. »Thamior?«

-

Vortimax Weer ging durch das nächtliche Cauldron. Er ging mit dem gemächlichen Schritt des Wanderers, der seine Umgebung genießt und im Auge behält. Als er zu seinem Turm kam, sah er sich kurz um. Bis auf einen Trupp Stadtwachen war niemand zu sehen. Eine der Wachen tippte sich zum Gruß mit der Hellebarde an den Helm. Weer nickte zurück. Er sprach das Zauberwort und betrat den Turm.

»Komischer Kauz«, sagte einer der Halborks zu seinen drei Gefährten.

»Zauberer«, sagte ein zweiter.

Der Wächter, der gegrüßt hatte, zuckte mit den Schultern. »So schlimm ist er nicht.«

»Ach komm«, sagte der Zweite, »du bist doch nur scharf auf das Töchterchen.«

Der vierte Wächter gab einen Ton der Ablehnung von sich. »Viel zu kleine Zähne.«

»Außerdem sieht man sie nie ohne Papa«, sagte der Zweite. »Der sperrt sie geradezu ein.«

»Vielleicht ist sie gefährlich?«, meinte der Dritte.

»Das hättest du wohl gerne, was? Die einzige Gefahr ist, dass ihr Väterchen dir deinen Pelz verbrennt, wenn du zu nahe kommst.«

Die Wachen lachten. Sie führten ihren Weg fort, einen Weg, der geradewegs unter dem Vorsprung hindurch führte, auf dem Thamior hockte und den Turm beobachtete. Keiner der Halborks bemerkte ihn, und Thamior hatte auch nicht damit gerechnet, dass sie es täten. Trotzdem hatte er sich ein wenig vorgebeugt, um entweder fliehen oder kämpfen zu können. Jetzt lehnte er sich gegen die Wand zurück und entspannte sich. Es könnte eine lange Nacht werden.

Als der Nachtwächter umherging und die zweite Stunde des Morgens verkündete, machte sich Thamior davon. Niemand hatte Vortimax Weer besucht, nachdem er zurückgekehrt war. Zumindest nicht in dieser Nacht.

-

»Du bist betrunken.«

Todd Vanderboren kicherte. »Verdammt richtig.« Er setzte sich aufs Bett und zog sich die Stiefel aus. Er rülpste.

Embril stellte sich vor ihn und gab ihm eine schallende Ohrfeige. »Du verdammter Idiot! Hast du vergessen, warum wir hier sind? Erst verbockst du den Wettbewerb, und jetzt besäufst du dich.«

Todd hatte die Hand auf die Wange gelegt und starrte sie mit seinen kleinen Mäuseaugen an. Er sah aus, als würde er sich jeden Augenblick auf sie stürzen. Embril hoffte es fast; sie würde es genießen, ihn zu zerquetschen, wie sie es auch mit den Kettenbrechern getan hatte. Aber sie würde Todd noch brauchen, darum sagte sie:

»Wir haben einen Auftrag, verdammt noch mal.«

Todd nickte langsam. Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar; als die Finger wieder zum Vorschein kamen, hielten sie einen blass schimernden Ring. Embril hob die Augenbrauen.

»Ist er das?«

Todd nickte wieder. »Es tut mir leid, dass ich zu spät nach Hause komme, Mama«, sagte er mit ätzender Stimme, »aber meine lieben Freunde haben das Fest der Abenteurer gewonnen, und das musste doch gefeiert werden.«

Embril lächelte verlegen. »Du hast sie betrunken gemacht, und dann den Ring gestohlen.«

Todd lachte. »Ich habe mit ihnen gesoffen, und ihnen den Ring beim Kartenspiel abgenommen. Und jetzt lass mich schlafen.« Er warf ihr den Ring vor die Füße.

Embril hob den Ring auf und ging in ihr Zimmer zurück. Innerlich tobte sie über die Arroganz, mit der Todd sie behandelte. Aber sie konnte warten. Sie brauchte ihn schließlich noch. Wenn ihre Informationen stimmten, musste sie einen Gefährten opfern, um das Zeichen des Rauchenden Auges zu erlangen. Und Todd, dachte sie, gäbe ein perfektes Opfer ab.

-

Dirim begutachtete die Waren.

»Das sind zwanzig Kilo?«, fragte er. »Die Kiste ist ziemlich klein.«

»Bücher sind schwer«, antwortete Karras. »Hat mich auch gewundert.«

Dirim fragte sich, ob der Barakmordin überhaupt einmal ein Buch gelesen hatte. »Und der Nektar?«, fragte er.

»Den hat Alina besorgt. Gutes Zeug, sagt sie.«

»Na dann.« Dirim drehte sich noch einmal zu Beregard um. »Ihr kommt ohne mich zurecht?«

»Grade so«, sagte Beregard trocken. Es war nocht zu erkennen, ob er einen Witz gemacht hatte. Dirim nickte und wirkte den Zauber. Er fasste die Bücherkiste, den Nektar und den Ebenenschlüssel fester, und schon war er verschwunden.

»Warum er bloß so schnell wieder nach Occipitus zurück will«, sagte Beregard zu sich selbst. »So schön war es da doch wirklich nicht.«

-

»Was soll das heißen, unabkömmlich?«, fragte Jørgen. »Stimmt etwas nicht?«

»Nein«, antwortete Rufus Laro. »Es ist alles in Ordnung. Aber Jenya ist nicht ansprechbar.«

»Aha«, sagte Jørgen. »Also doch. Was ist mit ihr? Warum ist sie nicht ansprechbar?«

Rufus Laro lächelte. »Eine schlechte Wortwahl. Sie ist nicht zu sprechen. Für niemanden, auch nicht für Euch – oder Euch.« Er blickte zu Reya. »Leider kann ich Euch auch kein Zimmer gewähren. Nicht, solange die Oberste Wächterin nicht...«

»Nicht was?«, fragte Reya. Jørgen fand es immer noch erstaunlich, dass sie ihre Flügel konnte verschwinden lassen. Jetzt sah sie nicht viel anders aus als irgendeine Abenteurerin von der Schwertküste.

»Genauso könntet ihr fragen: nicht wen?«, gab Rufus Laro zurück.

»Nicht schon wieder«, sagte Jørgen mit Leidensmiene. »Jenya hat also gesagt, dass sie für niemanden zu sprechen ist und niemanden in diesem Tempel aufnimmt, bis sich das ändert?«

Rufus Laro atmete auf. »Ganz Recht.«

»Gut. Dann verständigt uns doch, wenn sich diese Situation ändert.«

»Versprochen«, sagte Laro.

-

»Und jetzt?«, fragte Reya, als sie vor dem Tempel standen.

»Jetzt gehen wir in den Trunkenen Morkoth«, sagte Jørgen.

»Alkohol ist keine Lösung«, sagte Reya. Als sie Jørgens verwirrtes Gesicht sah, musste sie lachen. »Entschuldige. Engelhumor: Wir werden nicht betrunken.«

»Ist bestimmt nützlich«, sagte Jørgen.

»Und langweilig«, gab Reya zurück.

Jørgen musste lächeln. Er schüttelte den Kopf. »Jedenfalls habe ich dort ein Zimmer«, er hob die Hand, bevor Reya etwas sagen konnte, »und ich kann dir bestimmt auch eins besorgen.«

»Ich habe nicht viel Geld«, gab Reya zu bedenken.

»Keine Sorge«, sagte Jørgen. »Ich habe eine Abmachung mit Fürst Valanthru. Er zahlt.«

-

»Hey, Boss. Alles klar?«

»Ich lebe noch«, sagte Dirim. »Wieder.«

Der Dude beäugte Dirim. Dirim hatte gesehen, dass der Dude auf seinem Thron gesessen hatte, als er in den Schädel kam, aber er sagte nichts. Der Dude fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Also, was gibts?«

»Ich habe dir etwas mitgebracht«, sagte Dirim. Er stellte die Bücherkiste ab. Der Dude staunte.

»Für mich? Echt?«

»Echt.«

Der Dude griff in die Kiste und nahm sich ein Buch heraus. Auf der Front prangte ein langhaariger und muskulöser Blonder. Er trug eine enge Hose über seinem erkennbar großen Gemächt. Eine rothaarige Schöne lag in seinen Armen. Ihre Haare wehten in einem Wind, der die Mähne des Blonden unberührt ließ. Der Titel des Buches prangte in reflektierenden Lettern über dem Kopf des Blonden: ›Der Löwe von Cormyr‹.

»Geil«, sagte der Dude. »Den kenne ich noch nicht.« Er blätterte in dem Buch und begann mitten drin zu lesen. Er kicherte. »Mannomann, Boss, ich hätte nie gedacht, dass Ihr sowas lest.«

Dirim fühlte sich etwas erröten. »Tue ich auch nicht. Die habe ich nur für dich gekauft.«

Der Dude zwinkerte. »Klaro.« Er drehte Daumen und Zeigefinger vor seinem Mund. »Meine Lippen sind versiegelt.«

Dirim wandte sich ab und ging zu einem der Formianer, die an der Wand standen. »Hallo.«

Der Formianer neigte den Kopf. Seine Kauwerkzeuge mahlten.

»Verstehst zu mich?«

»Keine Sorge, Boss«, sagte der Dude, ohne von der Lektüre aufzusehen. »Die können nur nicht sprechen. Verstehen tun die alles.«

Dirim stellte die beiden Amphoren vor dem Formianer ab. »Das ist für den General«, sagte er. »Es kommt noch mehr. Danke.«

Der Formianer neigte den Kopf zur anderen Seite.

»Na ja...«, sagte Dirim. »Bis dann.«

»Geht Ihr schon wieder?«, fragte der Dude.

»Ja. Aber vorher habe ich noch ein paar Aufträge für dich.«

»Gehts um die Mädels? Konnte ja keiner ahnen, dass DER Boss hier plötzlich auftaucht. Also, der Bossboss.«

»Der Bossboss«, sagte Dirim langsam. »Genau. Nein, um die Mädels geht es nicht. Nur... bring sie nicht hierher, in Ordnung?«

»Geht klar«, strahlte der Dude. Dirim zuckte kurz zurück. Wenn der Dude strahlte, wirkten seine Raubtiertzähne noch größer. »Aber ich kann sie treffen? Die beiden sind nämlich ganz schön auf Dude-Entzug.«

Dirim schloss die Augen. »Und erzähl mir nichts davon. Ich will es nicht wissen.«

Der Dude machte wieder die verschließende Geste vor seinem Mund.

»Außerdem kommt demnächst ein Vertreter von Auroras Emporium. Ich will eine regelmäßige Lieferung von Nektar haben. Such du bitte einen geeigneten Ort aus – es muss ja nicht der Thronsaal sein.«

»Kein Problem«, sagte der Dude, in Gedanken anscheinend schon bei seinen Freundinnen.

»Und Dude?« Dirim wartete, bis der gewaltige Dämon ihn ansah. »Ich brauche eine Silberwaffe. Kümmer dich darum.«

»Silber?«, fragte der Dude. »Wozu denn das?«

»Zur Vorsicht«, sagte Dirim. »Nur zur Vorsicht.«

-

»Schön, dass ich Euch mal treffe, Boras.«

Der Barbar betrachtete die Frau. Ältlich, graues Haar zu einem Dutt geformt, Halbling, einfache Kleidung, freundliches Gesicht... da war doch was gewesen... »Gretchyn?«, fragte er.

Die Leiterin des Waisenhauses nickte. »Kann ich Euch mal sprechen?«

»Wen?« Boras sah sich um. »Mich?«

»Wen sonst?« Gretchyn lächelte.

»Na ja. Dirim oder Jørgen... einen von den Schlauen.«

Gretchyn machte ein missbilligendes Geräusch. »Du bist schlau genug«, sagte sie.

»Ah«, machte Boras verstehend. »Ich soll was aufbrechen oder wer einschüchtern.«

»Wen«, sagte Gretchyn. »Oder besser noch: jemanden einschüchtern. Aber nein, das sollst du nicht.« Sie sah sich um. »Können wir vielleicht an einen ruhigeren Ort gehen?«

Boras zog sie in eine Seitengasse. Gretchyn schnüffelte skeptisch, dann zuckte sie mit den Schultern. »Ich wollte dich nur um etwas bitten. Wenn du Terrem siehst, bringst du ihn dann zu uns zurück?«

»Terrem?« Boras runzelte die Stirn. »Ist das nicht der Junge mit dem Mal?«

»Mal?«, wiederholte Gretchyn überrascht. »Nein, ich glaube nicht. Ihr – die Kettenbrecher haben ihn damals vor den Sklavenhändlern gerettet. Jedenfalls ist er verschwunden. Wahrscheinlich weggelaufen. Wir haben Briefe an Freunde und andere Waisenhäuser in der Umgebung geschickt, aber es gibt in und um Cauldron so viele Verstecke... haltet ihr ein Auge offen, falls er noch hier ist?«

»Machen wir«, sagte Boras.

»Danke«, sagte Gretchyn. »Und denk dran: du bist nicht dumm.«

Sie ging. Boras starrte für einen Moment ins Leere. »Und es war doch der Junge mit dem Mal.«

-

Belandrus zuckte mit den Schultern. »Es ist eine große Stadt. Da kann es schon länger als einen Tag dauern, um jemanden zu finden.«

»Vor allem, wenn er nicht gefunden werden will«, sagte Dirim. »Und dieser Meerthan ist es anscheinend gewohnt, unter Tage zu bleiben. Er-«

Dirim stockte und saß für einen Augenblick mit offenem Mund da. Dann entspannte er sich und sagte, wie zu sich selbst: »Verstanden. Ich melde mich später noch mal.«

»Wie bitte?«, wollte Belandrus wissen.

»Es war eine Nachricht von den Barakmordin. Nur eine Warnung, dass die Wiederbelebungen nicht funktionieren.«

»Wissen wir das nicht schon?«

»Ja, aber sie wissen nicht, dass wir wissen, dass...« Er strich sich über den Bart. »Es ist kompliziert.« Und das war nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit bestand im ganzen Text der Nachricht. Er lautete: Achtung! Wiederbelebungen unwirksam. Seit Schildtag keine mehr gelungen. Bis mehr Informationen, Erweckungen auf eigene Gefahr. Ganz Faerûn betroffen. Nur Anhänger menschlicher Kirchen betroffen – geheim halten!

Später, in seinem Zimmer, schickte Dirim eine eigene Nachricht an Gernot Feilbrot.

»Habe Tyr gesehen. Bin von den Toten zurückgekehrt – der Erste in der Zeit nach der Zeit. Wie ein langer Schlaf. Brauche Informationen zu Mazteken und Nacht der Tausend Tage. Wichtig.«

Der Rächer antwortete prompt: »Mazteken. Nacht der Tausend Tage. Verstanden. Hier ist viel los, aber ich kümmere mich darum. Gebt auf Euch Acht.«

Gerne wäre Dirim ins Kloster windgewandelt. Aber die Reise würde knapp zwei Tage beanspruchen, und so viel Zeit hatten sie einfach nicht. Also musste er darauf vertrauen, dass Gernot Feilbrot sein Versprechen hielt.

-

Daemonicus Grimm wartete schon. Er stand vor seiner Karte von Cauldron und blickte dem Pfeifer entgegen. »Der Zwerg ist zurück.«

Der Pfeifer hielt seine Tentakel ruhig. Grimm konnte es nicht leiden, wenn sie sich bewegten; er vermutete immer irgendwelche Geheimbotschaften hinter ihren Mustern. Als ob der Pfeifer auf so etwas angewiesen wäre. Aber manchmal mochte er es, Grimm damit aus der Ruhe zu bringen. Jetzt jedoch schien ihm dieses Verhalten wenig angebracht. Grimms Augen loderten, er war also schon wütend genug. Und wenn er wütend war, neigte er zu Kurzschlussreaktionen. Also ließ der Pfeifer seine Tentakel schlaff herunterbaumeln, als er seine gedankliche Antwort schickte.

Er ist zäh.

Grimm nickte. »Es ist fast, als wolle mir Tymora eins auswischen, indem sie ihn überleben lässt. Im ganzen Reich versagen die Wiederbelebungen, und dieser Zwerg kommt von den Toten zurück.«

Was werdet Ihr unternehmen?

»Ich?« Grimm schien überrascht. »Es war nicht mein dämonischer Kontakt, der die Kettenbrecher hätte töten sollen und versagte – ja, der mir ins Gesicht gelogen und behauptet hat, sie seien tot. Dafür würde ich ihn glatt noch einmal vernichten.«

Ein Tentakel juckte furchtbar. Der Pfeifer unterdrückte mühsam den Drang, ihn mit einem anderen Greifarm zu kratzen. Das Jucken verstärkte sich nur noch.

»Nein, ich werde nichts unternehmen. Oder sollte ich?« Einer von Grimms Mundwinkeln hob sich. »Muss ich mich persönlich darum kümmern?«

Dieses furchtbare Jucken. Es war nicht zum Aushalten. Nein.

»Gut. Vlaathu hat mir versichert, dass unser Plan weit fortgeschritten ist. Bald werden wir unseren eigenen Träger des Rauchenden Auges haben. Der Zwerg spielt keine Rolle. Aber er hat uns – er hat dich gedemütigt. Es ist mir egal, wie viele Gefallen du dafür einfordern musst.«

Ich werde ihn töten.

»Nein.« Der Pfeifer war so überrascht, dass er sogar das Jucken vergaß. Grimms Mundwinkel fiel wieder in die grade Linie zurück. »Oder besser: nicht nur. Schick ihm nicht einfach nur einen Assassinen auf den Hals. Lauere ihnen auf – ihnen allen. Und dann versuch, ihn zu töten. Wenn es dir gelingt, gut. Wenn nicht, wissen wir wenigstens, wie stark die Kettenbrecher wirklich sind. Wir können nur gewinnen.«

Der Pfeifer schluckte. Es gab noch eine dritte Möglichkeit. Und wenn sie mich töten?

»Dann haben wir ihre Macht gehörig unterschätzt, und ich muss mich am Ende doch noch persönlich kümmern.« Grimm zuckte mit den Schultern. »Wie gesagt, wir können nur gewinnen.«

Der Pfeifer pfiff ein unwillkürliches E.

Grimm betrachtete ihn ungerührt. »Oh, du wirst uns natürlich fehlen – für ein paar Tage, bis wir dich ersetzt haben. So schwer kann es nicht sein, einen Vielfraß zu finden. Meinst du nicht?«

Dafür war Grimm ein wirklich einzigartig arroganter Mistkerl. Aber der Pfeifer wusste, wenn er unterlegen war. Und hier war er es, fraglos und unwiederbringlich. Grimm war – Grimm. Der Auserwählte von Adimarchus. Der Pfeifer deutete eine Verbeugung an und verließ den Raum. Vor der Tür angekommen, verbrachte er die nächste Minute damit, alle obszönen Gesten, die er kannte, mit seinen Tentakeln zu formen.

Das Jucken war verschwunden, von Hunger verdrängt. Dieser unaussprechliche, immerwährende Hunger. Geifer rann dem Pfeifer aus dem Maul. Es galt, ein paar Gefallen einzufordern, und dann... würde er Dirim Graturs Hirn verspeisen.

-

Als Vortimax Weer nach Sonnenuntergang seinen Turm verließ, folgte ihm ein Schatten. Weer merkte es nicht, noch sah einer der anderen Stadtbewohner den Elfen, der von Dach zu Dach schleichend den Weg des Magiers begleitete. Weer ging langsam, genoss die Möglichkeit der Bewegung, nachdem er den ganzen Tag im Turm verbracht hatte. Er ging zum Pavillon am Seeufer. Ohne sich lange umzusehen, setzte er sich an einen Tisch und bestellte sich etwas zu essen. Dort saß er und blickte zwei Stunden lang auf den See. Er blieb für sich allein. Dann stand er wieder auf und ging zu seinem Turm zurück. Wie zuvor blieb Thamior noch ein paar Stunden. Nichts geschah.

-

»Sind jetzt alle bereit?«, fragte Dirim. Niemand sprach. »Dann packen wir ihn uns.«

»Jemanden?«, fragte Boras.

»Was?«, meinte Dirim.

»Weer«, sagte Thamior.

»Nein«, sagte Boras. »Je-«

Jørgen hob die Hand. »Bitte nicht schon wieder. Wir gehen jetzt zu Vortimax Weer und befragen ihn wegen des Briefs. Alles klar?«

»Klar«, sagte Boras. »Wird ja auch Zeit, dass wir ihn uns schnappen.«

Der Paladin atmete auf. »Siamorphe sei Dank. Gehen wir also.«

-

»Oh«, sagte Vortimax Weer, als er die Kettenbrecher sah. Er trat hinter die Theke zurück, die um die Wendeltreppe in der Mitte des kleinen Turms erbaut war. »Ihr kommt alle auf einmal? Dann wollt ihr sicher etwas schweres.«

»Schwerwiegend ist es auf jeden Fall«, sagte Jørgen. Er nickte Belandrus zu. Dieser ging hinaus und schloss die Türe von außen. Er würde mögliche Kunden wegen einer privaten Besprechung vertrösten. Jørgen legte die Hand auf sein Schwert. »Es geht um Verrat.« Er spürte nach Weers Aura und schmeckte das Böse in seinem Gegenüber. Das war kein Beweis, aber gut sah es für den Magier wirklich nicht aus. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Dirim hob seinen Schild vor den Kopf. Die Innenseite flimmerte, dann wurde sie durchsichtig. Dirim sah eine kleine Falltür im Boden, aber auch unter Wahrem Blick war Vortimax Weer derselbe. Dirim konzentrierte sich auf den Magier. Sein Schild konnte zusätzlich noch Lügen entdecken, aber wie er befürchtet hatte, erwies sich Weers Geist als zu widerstandsfähig für den Zauber. Er nahm den Schild wieder herunter.

»Ich dachte, du müsstest hindurchsehen«, sagte Boras fragend.

»Muss ich auch«, gab Dirim zurück. »Es hat nicht geklappt.«

»Was ist hier eigentlich los?«, wollte Vortimax Weer wissen.

»Vortimax Weer«, intonierte Jørgen. »Ihr werdet des Verrats verdächtigt, und als Vertreter der Krone bin ich befugt, hier und jetzt ein Urteil zu sprechen. Ihr könnt euch natürlich an einen Tyrpriester wenden«, er blickte zu Dirim, dessen Auge noch stärker rauchte als sonst, »aber da habt ihr auch keine besseren Karten, fürchte ich.«

»Was ist hier los?«, wiederholte Weer. »Das ist nicht komisch. Ihr geht wohl besser.«

»Was wisst ihr über die Seelenpfeiler?«, fragte Thamior. Weers Kopf fuhr herum, als hätte man ihn geschlagen.

»Wa-wa-w?«, stotterte er.

Jørgen holte den Brief hervor. »Habt ihr das geschrieben? Kennt ihr diese Schrift?«

»N-n-«, Weer zog eine Grimasse und versuchte es erneut. »K-k-« Er trat einen Schritt zurück, sichtlich resigniert, und nahm eine Verteidigungshaltung ein.

»Wartet«, sagte Dirim beschwichtigend. »Ich habe eine Idee.« Er legte Weer seine flache Hand auf die Stirn. »Tyr, treibe diesem Mann alle fremden Einflüsse aus.«

Vortimax Weer hustete schwarze Asche. Er hielt sich stützend an der Theke fest. Dann blickte er auf. »Danke«, sagte er. »Ich konnte den Zauber selbst nicht bannen.«

»Was für ein Zauber war das?«, wollte Dirim wissen.

Jørgen schüttelte den Kopf. »Viel wichtiger: Wer hat Euch bezaubert?«

»Er hat sich selbst bezaubert?«, murmelte Boras verwirrt.

»Inara«, sagte Weer.

»Eure Tochter?«, sagte Thamior verblüfft.

»Meine Frau.«

»Oho«, machte Boras anerkennend.

Weer schüttelte den Kopf. »Inara ist so alt wie ich. Drei Jahre älter, um genau zu sein.«

»Langsam«, bat Jørgen. Seine Stimme war sanfter als vorher, beruhigend. »Und von vorne.«

»Sie verließ mich vor knapp zwanzig Jahren, kurz nachdem die Schätze verschwanden. Für eine andere Frau.« Weer rieb sich die spärlichen Haare. »Dann kam sie eines Tages zurück. Sie war jünger geworden, und sie war immer noch so schön wie an dem Tag, als ich sie zum ersten Mal sah. Natürlich das Resultat dunkelster Nekromantie. Seit ihrer Rückkehr...« Er blickte Jørgen an: »Ich habe ihr geholfen, das Ritual durchzuführen.«

»Warum?«, wollte Dirim wissen.

»Wenn du das fragst, verstehst du es nicht«, sagte Thamior. Unbewusst strich er über den Seelenbogen. »Weiter.«

Weer nickte. »Ich hatte gehofft, sie sei zu mir zurückgekehrt. Aber das war nur blinde Hoffnung. Inara kam für die Seelenpfeiler.«

»Wo sind die?«

»Ich weiß es nicht genau. Inara teleportiert immer dorthin. Ich konnte herausfinden, dass diese Pfeiler sich in irgendeiner unterirdischen Ruine befindet, Karran-Kurral oder so.«

»Wie kommen wir dahin?«

»Wenn es stimmt, was ich gehört habe, gibt es einen Zugang über die Minen von Fürst Taskerhill – was natürlich eigene Probleme aufwirft. Dort gibt es einen angeblich verfluchten Tunnel, und darin wiederum einen Durchbruch. Das ist der Zugang, den ich kenne. Werdet ihr dorthin gehen?« Hoffnung und Angst lagen in seiner Stimme im Widerstreit.

Jørgen nickte.

»Heute noch?«

Jørgen nickte wieder. »Wann erwartet ihr Inara zurück?«

»Normalerweise kommt sie nur, um den Zauber zu erneuern. Ich weiß nicht genau, wie lange er hält, aber aufgrund der üblichen Zeit, die sie fort ist, würde ich schätzen, in zwei oder drei Tagen.« Er schluckte. »Wenn sie merkt, dass der Zauber gebrochen wurde...«

»Dazu wird es nicht mehr kommen«, sagte Dirim.

»Aber wenn wir fertig sind«, sagte Jørgen, »müssen wir uns noch unterhalten. Ihr werdet doch hier sein?«

»Wo sollte ich sonst hin?«, fragte Weer. »Cauldron ist meine Heimat.«

Jørgen studierte den Magier für einen Moment. »Also gut.«

Die Kettenbrecher verließen den Turm. In der Tür drehte sich Boras noch einmal um.

»Ich komme wieder.«

Als die Tür sich geschlossen hatte, nahm Vortimax Weer eine kleine Kristallphiole aus der Brusttasche. Der Inhalt der Phiole schimmerte golden. Weer leckte sich über die Lippen.

Er murmelte: »Plan B.«

-

»Und jetzt?«, wollte Belandrus wissen, als ihn die anderen auf den neuesten Stand gebracht hatten. »Wie kommen wir in die Minen?«

»Das übernehme ich«, sagte Jørgen. »Ich wollte Fürst Taskerhill ohnehin einen Besuch abstatten.«

»Wir sollten noch einmal kurz bei Skies Schatzkammer vorbeigehen«, sagte Thamior. »Ein paar Ausrüstungsgegenstände holen – und sie hatte doch diese Identifizierungslinsen. Die brauchen wir auch.«

»Also gut«, sagte Jørgen. »Dann sehen wir uns am Südtor.«

Er machte sich auf den Weg. Die anderen strebten der Schatzkammer zu, aber Dirim blieb nach ein paar Schritten stehen. Sein Blick haftete auf dem Finger, dem riesigen Azuthtempel.

»Geht schon mal vor«, sagte er. »Ich habe noch etwas zu erledigen.«

-

Der Pfeifer wackelte fröhlich mit seinen Greifarmen. Die Kettenbrecher wollten nach Karran-Kurral. Er kannte genau den richtigen Ort für einen Hinterhalt – und genau die richtigen Helfer. Sein Magen knurrte. Nicht mehr lange, und er würde seinen Hunger an Zwergenhirn stillen. Nicht mehr lange.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 02. Mai 2007, 17:51:03
Ich entschuldige mich hiermit offiziell bei Boras, den ich für das letzte Update mit IN 3 ausgestattet habe. Alles im Dienste des dummen Humors.

Und dann weise ich noch darauf hin, dass Jørgen in seinem paladin'schen Leben bereits einmal den Freundinnen vom Dude begegnet ist, und zwar in den äußeren Ebenen, die sich ”WotC online" nennen:

Ka-Lick (http://www.wizards.com/dnd/images/demonweb_gallery/103901.jpg)

Seht ihr, wie sie ihn vermissen? (Den Dude, nicht Jørgen)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Furlong am 02. Mai 2007, 20:24:30
Bis jetzt liege ich mit meinem Tip ja noch richtig.

Furlong
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 03. Mai 2007, 09:15:39
Zitat von: "Berandor"
(...) und genau die richtigen Helfer.

Genau...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Citon am 03. Mai 2007, 19:25:04
Jetzt bin ich wieder auf dem Stand der Dinge.

Nett gemacht die Bilder :D da kommt freude auf.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 03. Mai 2007, 20:51:07
Zitat von: "dude"
Schachenta!!! Wie niedlich  :grin:

Ist ein tolles Intermezzo! Aber verstehen tu ichs nicht...

Was hat das Ganze mit der Geschichte zu tun?


Da diese Frage jedes Mal zu sehen ist, wenn ich die letzte Seite aufrufe...

Direkt hat das mit der Geschichte nichts zu tun. Die "Extras" sind genau das: außerhalb der Story. Aber sie stellen Stück für Stück die Käfigmacher vor, damit sie, wenn es ihnen an den Kragen geht, ein wenig bekannter sind.

Wir hatten bislang 3: den Pfeifer, Finster und Phönix. Es folgen die Gottesanbeterin, Sonnentau – und am Ende natürlich Dämonicus Grimm. Der Racheengel kriegt natürlich auch seine Zeit im Rampenlicht, allerdings auf etwas andere Art und Weise ;)

So, und jetzt mache ich mich ans nächste Update, damit wir endlich mal wieder aktuell sind.

I.Ü. möchte ich mich ein wenig bei den Gastrollen "entschuldigen", dass ihre Auftritte nicht so dauerhaft waren wie der des Dudes. Das hat sich einfach so ergeben. Ich hätte nicht gedacht, dass Dirim den um sich haben will, aber jetzt ist er da.

Der nächste Gastauftritt steht auch immer noch und erfolgt am Ende dieses Abenteuers – danach bin ich noch unsicher, wer dabei ist. Andererseits heißt das: Kommentiert fleißig, je ergiebiger der Kommentar (je diskussionswürdiger), desto besser. Am Beispiel des Dudes sieht man dann ja auch, dass die Rolle mehr sein könnte als nur ein Einzeiler. Schließlich hat der Dude jetzt sogar Freundinnen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 04. Mai 2007, 10:00:31
Ich glaube ja, bei diesen sogenannten "Wettbewerben", geht es nicht mit rechten Dingen zu.
Sonst hätte ich bestimmt schon mal gewonnen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 04. Mai 2007, 23:45:09
Du bist erstens sehr spät mit Kommentaren gekommen und hast zweitens einen Charakter gehabt, der von einem Glabrezu auseinander gezogen wurde :)

Aber keep it up, das wird schon noch. Sind ja noch ein paar Kapitel – und mit einer guten Idee für den Tag der Gebrochenen Ketten... zur Unendlichkeit und noch viel weiter!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 05. Mai 2007, 23:50:29
Das nächste Update wird lang, das sehe ich jetzt schon. Länger als gewöhnlich.

Bis es soweit ist, hier ein kleines Tidbit, das Thamior im letzten Update erwähnte.

Spoiler (Anzeigen)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Hedian am 06. Mai 2007, 17:13:39
So, hab mir die letzten Nächte mit der SH um die Ohren geschlagen und bin jetzt wieder up to date. 8)

Thargads Schicksal finde ich großartig, auch wenn es mir für seinen Spieler Leid tut. Unbedingt noch ein paar mal von seinem Leben als Ghul berichten!

Sehe ich es richtig, dass die Episode in den Ställen kein Teil des AP war, sondern aus Berandors Feder stammte, um die Spieler leveln zu lassen?
War der Abenteurer-Wettbewerb soweit ausgearbeitet, dass die Spieler auch tatsächlich hätten dran teilnehmen können? Als SL würde mich interessieren, wie der Wettbewerb ausgestaltet gewesen wäre.

Achja, ich bin zu faul, nochmal die entsprechenden Stellen rauszusuchen, wer ist jetzt diese Reya? Wieso hat sie sich Jörgen (;)) angeschlossen?


Am Tag der Ketten muss freilich irgendwas mit Menschenketten gemacht werden, also Ringelpietz mit Anfassen für ein solidarisches Miteinander. :grin:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 06. Mai 2007, 20:53:24
Reya ist der Engel, der den Kettenbrechern begenete, bevor sie zum Dämonenschlund gingen, und der sie wiederbelebte, als sie auf Occipitus versteinert wurden (wofür sie in Ungnade fiel). Sie hat sich den Kettenbrechern "angeschlossen", weil sie ebenfalls an der Rückkehr der Schätze interessiert ist. Das "angeschlossen" ist in Anführungszeichen, weil Reya sich auch nach Cauldron begeben hat und den Kettenbrechern eine Zusammenarbeit anbot; dieser NSC hätte zu einem SC für eine neue Spielerin werden können, ist jetzt aber eher Cohort auf Abruf.

Die Episode in den Ställen war das Abenteuer "The Weavers" aus dem Dungeon (Nummer kann ich nachsehen, wenns sein muss), und das Abenteuerfest wäre die "Challenge of Champions" ebenfalls aus dem Dungeon gewesen (mit einem Schuss Istivin, Stadt der Schatten).

Thargad ist sicher noch nicht das letzte Mal gesichtet worden...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Hedian am 07. Mai 2007, 00:15:19
Danke für die Infos. :)

Wegen mir musst du die Nummern der Dungeons nicht nachschauen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 08. Mai 2007, 14:51:00
Nicht der Schnittpunkt, den ich ursprünglich angestrebt habe, aber 4200 Worte müssen reichen.

Drauf gepfiffen

An Ihre Majestät Zarandra Stern, Einigerin und Hüterin des Reiches, Gesalbte Siamorphes, Trägerin der Splitterkrone,

es schreibt Euer ergebener Gefolgsmann Ankin Fürst Taskerhill I, seines Zeichens Kronlieferant für alle Arten von Vulkanstein.

Ich sehe mich voller Sorge über den Zustand der Grenz- und Kesselstadt Cauldrons. Sicherlich wisst Ihr von der wachsenden Unsicherheit der Handelswege, vor allem von Silberware, die durch verstärkte Karawanenwachen die Preise für Malachit und Obsidian im letzten Jahr bereits mehr als verdoppelt haben. Doch mehr noch: vor Jahresfrist wurde die Stadt von blühendem Sklavenhandel ergriffen, als Bürger durch eine Zwergenstadt ins Unterreich geschleppt wurden. Weiters wurde die Stadt beinahe von Mitgliedern einer bösen Vereinigung überflutet, die sich Dunkle Triade nennt.

Beiden Bedrohungen, die anders zum Tode des Hohepriesters Sarcem Delasharn führte, war es nicht der Wache, Herr zu werden, sondern bedürfte es der Aufopferung der Sturmklingen, einer lokalen Heldengruppe, sowie einer Gruppe Zugereister, die sich als Kettenbrecher einen Namen zu machen gedachten.

Folgend kam es zu aufständischen Szenen in Cauldron, bei denen einige Wachen getötet worden und Schlimmeres sowie ein Flächenbrand wiederum nur durch die erwähnten Helden verhindert werden konnte. Zur Ergreifung des Aufrührers führte sodann die Stadtwache einen militärischen Schlag gegen ein Nachbardorf, das ebenfalls im Reiche weilt, aber eine Herausgabe verweigerte.

Es ist meine offensichtliche Beobachtung, dass der ortsfremde Stadtherr Severen Nalavant bei aller Wohlmeinung zu sehr in Abhängigkeit seiner Ratgeber geraten ist, ja letztlich zweifele ich sogar, ob Maior Nalavant sein fünftes Jahr gesunden Geistes überstanden habe. Zuletzt nun sind die Kettenbrecher verschollen, und die Sturmklingen zerbrochen. Der Effekt weiterer Unruhen auf die Förderung und den Transport meiner Waren ist nicht abzusehen.

Ich hielt es für meine stattliche Pflicht, die Krone von diesen Missständen zu unterrichten, und verbleibe allzeit bereit, jedem Ruf des Reiches Folge zu leisten.

Ehrfurchtsvoll und in der Hoffnung auf Wohlgewogenheit,

Ankin Fürst Taskerhill I, Kronlieferant, Im Jahre des Kessels 1376 TZ.


-

Der Gondtempel war wie ein großes Zahnrad aufgebaut; ein äußerer Ring enthielt nach außen abgesetzte Werkstätten, und drei große Speichen führten von dort in die innere Halle der Erfindungen. Ein ausgeklügeltes Rohrsystem transportierte Schall von dieser Halle in alle Winkel des Gebäudes. Manchmal hallten verzerrte Durchsagen durch die Gänge, meistens war nur das Echo von Hammerschlägen und Sägen zu hören.
Asfelkir Hranleurt dirigierte gerade zwei schwitzende Akolythen, die mittels eines Flaschenzugs einen großen Metallblock auf ein Podest hoben. Der Halbork schüttelte Dirims Hand mit beiden Pranken.

»Willkommen, willkommen. Hätte nicht gedacht, dass ihr hier mal auftaucht, aber schön, dass ihr hier seid. Wollt ihr eine Führung?«

»Ein anderes Mal«, sagte Dirim. »Ich habe einen Auftrag für Euch. Vielmehr für einen Eurer Priester, die sich mit Architektur auskennen.«

»Nun, ich sage es euch gleich«, meinte Hranleurt, »wir sind keine einfachen Baumeister. Wenn ihr eine Statue wollt, geht lieber zu den Steinmetzen.«

»Es geht sich um etwas anderes. Der Finger versperrt dem Lathandertempel die Sicht.«

»Die Sicht?«

»Ja. Eigentlich wird der Tempel bei Sonnenaufgang mit Licht durchflutet, aber jetzt geht die Sonne direkt hinter dem Finger auf.«

Der Halbork hob die Augenbrauen. »Verstehe. Wir sollen den Tempel umbauen, damit die Sonnenfänger höher reichen. Das sollte sich machen lassen.«

»Nein«, sagte Dirim. »Ich möchte, dass ihr ein Loch in den Finger macht, damit die Sonne durchscheinen kann.«

»Wie bitte?«

»Ein Loch. Oder ist euch das nicht geheuer?«

»Macht ihr Witze? Das ist großartig!« Asfelkir Hranleurt schlug sich in die Hände. »Wir bohren ein riesiges Loch – für die Sonne!«

»Ich möchte das Loch selbst machen«, sagte Dirim. Hranleurts Lächeln verschwand. »Ich suche nur jemanden, der mir sagt, wo.«

»Hmm... vielleicht kenne ich da jemanden. Aber seid ihr sicher, dass die Azuth-Kirche keine Probleme machen wird? Die haben den Tempel schließlich bezahlt.«

»Das ist ein Tempel des Bösen«, sagte Dirim. »Es wird keine Probleme geben.«

»Na gut«, meinte Hranleurt. »Dann schicke ich jemanden los, um den Finger und den Lathandertempel zu vermessen. Obwohl die Sache mit dem Spiegelsystem auch eine gute Lösung wäre...«

»Nein«, sagte Dirim bestimmt. »Entweder ein Loch, oder wir reißen den Finger ganz ein.« Er drehte sich um und ließ den Priester grübelnd zurück.

-

Das Anwesen von Fürst Ankin Taskerhill war eines der ganz wenigen weißen Gebäude Cauldrons. Das Haus war breit und imposant, mit einem Kranz aus Säulen vor dem Eingang. Die Säulen, wie auch alle Streben am Haus, bestanden aus schwarzem Malachit, ein bedrohlicher Schutzwall vor dem weißen Marmor des eigentlichen Hauses. Auch die Fenster waren schwarz; speziell geschliffenes Obsidian, dass den Blick nach außen erlaubte, aber von draußen allenfals erahnen ließ, was dahinter vorging. Der Vorgarten war von einem hohen Eisenzaun umgeben. Rosen und Orchideen blühten neben dem Weg, der Jørgen zum Haus führte. Ein Bediensteter namens Knut ging ihm voraus. Der Mann hatte mit seinen weißen Haaren und seinem grimmigen Äußeren etwas von einem dressierten Eisbären.

Knut führte Jørgen durch mit Prunk und Protz vollgestellte Gänge in eine Art Studierzimmer. Bücher füllten die Wandregale. Annah Taskerhill saß an einer großen, goldenen Harfe in einer Ecke des Zimmers und spielte sanfte Musik. Hinter ihr an der Wand hing ein Portrait von ihr an der Harfe. Sie trug sogar dasselbe Kleid. Überhaupt hingen überall, wo keine Bücherregale standen, Portraits an der Wand. Eine Handvoll zeigten Annah oder eine Frau, die wahrscheinlich ihre Mutter war; auf dem Rest war der Mann zu sehen, der in einem Ohrensessel hinter einem Schreibtisch saß und Papiere studierte. Ankin Taskerhill, schwer beschäftigt.

Taskerhills hageres Gesicht wirkte durch seinen Bart etwas weicher, aber seine berechnenden braunen Augen zerstörten diesen Eindruck wieder. Sein volles, schlohweißes Haar war kurz geschnitten, und seine Nase verlieh ihm einen aristokratischen Zug, um den ihn manch ein Hofadeliger beneiden würde. Taskerhill tauchte einen Federkiel in ein Tintenfass und unterschrieb ein Stück Papier, das vor ihm lag. Überhaupt sah Jørgen fast kein Pergament in diesem Zimmer. Taskerhill ließ den Paladin einen Moment stehen, bevor er das Pepier zufrieden zur Seite legte und aufsah.

»Was gibt es, Knut?«

»Mein Fürst, dieser Mann ist ein Gesandter der Krone. Er möchte–«

Taskerhill hob die Hand und wedelte Knut geradezu aus dem Raum. »Schon gut. Danke, Knut. Bring uns Wein.« Er musterte Jørgen mit zusammen gekniffenen Augen. »Ihr kommt von der Krone, sagt Ihr?«

Jørgen nickte. »Mein Name ist Jørgen von Velbert.« Er holte ein Schriftstück hervor. »Ich habe hier eine Abschrift Eures Briefes.« Er zeigte Taskerhill den Brief. Dessen Augen weiteten sich kurz, dann lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme vor dem Körper.

»Es wird auch Zeit, dass sich jemand um diese Sache kümmert. Ich war ja von Anfang an unsicher, ob Maior Nalavant für diesen Posten geeignet war, aber–«

Jørgen unterbrach ihn. »Zweifelt ihr das Urteil der Krone an?« Er musste in die Offensive gehen. Diese ersten Wortwechsel würden darüber entscheiden, ob Taskerhill ihn als einen Handlanger ansah oder als Führungsperson akzeptierte.

Taskerhill hob die Hände. »Nein, nein. Es ist nur, dass in einer kleinen Grenzstadt wie dieser manches anders ist als inmitten des Reiches. Und Maior Nalavant war schließlich ortsfremd.«

»War?«

»Nun ja.« Taskerhill lächelte ohne Wärme. »Er ist jetzt fünf Jahre hier; in dieser Zeit wird er sicherlich ein wenig Gefühl für diese Stadt gewonnen haben... auch, wenn es nicht so aussieht.«

»Wie meint ihr das?«

»Der Stadtherr verkriecht sich in seinem Anwesen, lässt sich überall von Fürst Valanthru vertreten – wenn er nicht ab und an im Höchsten Sonnenstrahl auftauchte, könnte man auf die Idee kommen, es gäbe ihn gar nicht mehr. Und dann die ganzen Probleme...«

»Davon habt ihr geschrieben«, sagte Jørgen.

»Geschrieben, ja«, redete Taskerhill sofort weiter. »Aber ich habe natürlich nicht alles gesagt, was zu sagen gewesen wäre. In den letzten Wochen ist fast jede meiner Lieferungen angegriffen worden. Egal, wie viele Soldaten ich anstelle, es scheint die Räuber nicht abzuschrecken.«

»Dann engagiert noch mehr.«

»Das tue ich«, entgegnete Taskerhill scharf. »Und es gibt auch Lieferungen, die durchkommen. Aber gute Wachen sind teuer – und damit wird das Obsidian teurer. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Krone darüber erfreut ist. Und was bitte muss man anstellen, um endlich eine Silberlieferung zu erhalten? Ich habe einige Aufträge für ganz bestimmte Schmuckstücke. Diese Aufträge müssen erfüllt werden.« Der Fürst lehnte sich über den Tisch. »Was also gedenkt ihr zu tun, um diese Situation zu bereinigen?«

»Was die Lieferungen betrifft, so müsst ihr einfach die Sicherheit Eurer Ware garantieren. Ansonsten findet sich bestimmt jemand, der das kann.« Taskerhill sackte in seinen Stuhl zurück. »Wenn ihr genauere Informationen habt, sehe ich mir die Sache an. Ebenso der Stadtherr – verschafft mir mehr Informationen.«

Taskerhill nickte. »Natürlich. Meine Tochter wird sich darum kümmern.« Er deutete auf Annah, die kurz aufhörte zu spielen und Jørgen zulächelte. »Sie hört sich um.«

»Ich bin außerdem einer weiteren Bedrohung auf der Spur. Diese Spur führt direkt in Eure Minen.«

Taskerhill blinzelte. »In die Minen?«

»Genauer gesagt, in einen verfluchten Schacht. Sagt Euch das etwas?«

»Ja... es ist ein stillgelegter Schacht. Es gab dort ein Unglück, und – angeblich spuken dort die Geister der Verstorbenen herum.«

»Dort muss ich hin, und die Kettenbrecher werden mich begleiten. Ich benötige also Eure Genehmigung.«

Taskerhill sprang auf. »Natürlich. Ihr braucht eine Brosche. Ich hole sie sofort.« Ob es nun Jørgens Ton oder die Angst um seine Mine war, aber plötzlich war der alte Fürst recht umgänglich. »Annah wird Euch solange Gesellschaft leisten.«

Während er fort war, drehte Jørgen sich zur Bardin um.

»Habt ihr Euch schon eingelebt?«, fragte Annah. Sie wirkte ehrlich interessiert; Jørgen wunderte sich, dass die Sturmklingen und Annah so einen schlechten Ruf bei den Kettenbrechern hatten.

»Es geht. bei meiner Ankunft wurde direkt der größte Tempel als böser Ort entpuppt, und seitdem habe ich die meiste Zeit schon wieder außerhalb verbracht.«

»Wenn Ihr Lust habt, kann ich Euch einmal herumführen.«

»Wenn es etwas ruhiger geworden ist«, sagte Jørgen unverbindlich. »Ihr gehörtet zu den Sturmklingen, nicht wahr?«

Annahs Lächeln bekam etwas Schmerzliches. »Ja.«

»Was ist passiert?«

»Das ist keine schöne Erinnerung.« Sie stand auf und nahm sich einen Kelch von dem Wein, der inzwischen gebracht worden war. Sie bot Jørgen auch einen an, aber der lehnte ab. »Wir wurden überrascht. Plötzlich waren wir umgeben von beschworenen Wesen. Todd – unser Späher – erstarrte mitten in der Bewegung. Ein gewaltiger Bär vergriff sich in Zacharias. Wir konnten fliehen, dank einer Schriftrolle, aber Zacharias war tot.«

»Wisst ihr, wer euch angegriffen hat?«

Annah schüttelte den Kopf. »Die Zauberformeln klangen nach einer Frau«, sagte sie. »Aber sicher bin ich nicht.« Sie nahm einen Schluck Wein und stellte sich nahe zu Jørgen, bis sie zu ihm aufblicken musste. »Zacharias war tot, und ich habe es nicht verhindern können. Seitdem gehen wir getrennte Wege. Ich glaube sogar, dass Todd gar nicht mehr in der Stadt ist. Und Corah...« Sie blickte weg. »Ist ja auch egal.«

In diesem Moment kam Ankin Taskerhill zurück. In seiner Hand hielt er eine goldene Brosche. »Bitte sehr«, sagte er. »Damit werdet ihr von den Wachen in die Mine gelassen.«

Jørgen blickte noch einmal zu Annah, dann nahm er die Brosche, bedankte sich, und ging.

-

Das Minencamp von Taskerhill lag einen strammen Fußmarsch außerhalb Cauldrons. Barrikaden umgaben das Gelände, und vor dem einzigen Tor stand ein halbes Dutzend Wachen. Als die Kettenbrecher sich näherten, verdoppelte sich diese Zahl sogar noch, aber dank der Brosche kamen sie problemlos hinein. Die Gondkirche hatte ein Fördersystem entwickelt: Große Gewichte hingen von dem Vulkanberg, durch einem Seilzug mit Förderkarren verbunden. War ein Karren voll, gaben die Minenarbeiter ein Zeichen, und ein Arbeiter vor der Mine löste das Gewicht aus der Verankerung, das den Karren aus der Mine zog. Auf dem Boden wurde das Gewicht Ziel eines Schwebezaubers, und der Karren konnte problemlos wieder in die Mine gefahren werden.

Die Kettenbrecher marschierten auf die Höhleneingänge zu, die sich wie die Augen einer Spinne um den Berg zogen. Tagelöhner sahen auf. Einer der Arbeiter ließ einen Brocken Obsidian fallen, als er die Helden erblickte, und kam auf sie zugerannt.

»Meister Dirim!«

Dirim stutzte, dann erkannte er ihn. »Fern«, sagte er. »Wie geht es Euch?«

»Besser denn je«, sagte der Mann, »dank Euch und Eures Urteils. Mann, da hat der Vorarbeiter gestaunt.«

»Was macht das Bein?«

»Die Hand«, berichtigte Fern lachend und schüttelte selbige heftig. »Wie neu. Was macht Ihr denn hier?«

»Wir suchen den verfluchten Gang«, sagte Dirim. »Weißt du, wo der ist?«

»Wissen? Ich bringe euch hin.«

»Musst du denn nicht arbeiten?«

»Ach was«, sagte Fern. »Was soll schon passieren. Zur Not gehe ich vor Gericht.« Er lachte. »Na los, es ist nicht weit.«

-

»Die besten Priester der Stadt haben versucht, die Geister zu bannen«, erzählte Fern. »Nicht einmal Sarcem Delasharn hat es geschafft. Darum wurde der Eingang versiegelt.«

Fern und die Kettenbrecher standen vor einer großen Eisentür, die mit Runen beschrieben war.

»Die Tür ist dreifach geschützt, heißt es. Man braucht einen Priester, einen Magier und einen Schlüssel – oder Schlüsselmacher«, Fern zwinkerte Dirim zu, »um sie zu öffnen.«

»Wir haben was Besseres«, sagte Dirim. Er holte ein kleines Messingglöckchen hervor und klingelte. Mit einem dumpfen Geräusch entriegelte sich die Tür und schob sich einen Spalt auf. Dirim fasste Fern an der Schulter. »Du gehst jetzt besser.«

Fern nickte. »Ich wollte eh nicht mitkommen; ihr seid die Helden.«

Von draußen hörte man eine laute Stimme. »Fern, du Lausehund! Wo steckst du?«

Fern zuckte zusammen. »Oh je. Vielleicht sollte ich doch...«

Belandrus wandte sich an die Gruppe. »Geht schon vor. Ich sorge dafür, dass unser Freund keine Probleme bekommt. Es sollte nicht lange dauern.« Gemeinsam mit Fern ging er in Richtung Minenausgang.

Thamior blickte ihm nach. »Warten wir?«

»Ach was«, sagte Boras und stieß die Tür auf. »Der findet uns schon.«

-

Auf den ersten Blick gab es keinen Unterschied zwischen dem verfluchten Gang und den anderen Stollen. In regelmäßigen Abständen wurde die Decke von Stützbalken gehalten, die mit dauerhaftem Licht bezaubert waren. Am Ende des Stollens konnte man einen Durchbruch erahnen. Die Schatten wirkten dort schwärzer. Der Durchbruch war etwa einhundert Meter entfernt. Mit gezogenen Waffen gingen die Kettenbrecher den Stollen entlang.

»Da«, rief Thamior. »Ein Gesicht!«

Tatsächlich. Ein Gesicht wie aus Rauchfäden hatte sich aus dem Fels geschoben. Jetzt fuhr es wieder in die Wand zurück, aber dafür traten auf der anderen Seite zwei weitere Gesichter hervor.

»Sie greifen nicht an«, sagte Boras. »Schade.«

»Gehen wir weiter«, meinte Dirim.

Jørgen blieb dennoch stehen und studierte die Gesichter. Er konzentrierte sich, spürte voraus. Die Geister – wenn es denn welche waren – hatten nichts Böses an sich. »Ja, gehen wir. Diese Gestalten sind ungefährlich.«

Je weiter sie im Stollen kamen, desto reger wurden die Gespenster. Erst griffen einzelne Arme nach ihnen. Dann traten sie ganz aus der Wand – zerlumpte, halb verweste Gestalten, gekleidet wie Minenarbeiter – und stellten sich der Gruppe in den Weg. Die Kettenbrecher gingen einfach weiter, an ihnen vorbei, durch sie hindurch. Nichts geschah.

»Kein Wunder, dass sie nicht gebannt werden konnten«, sagte Dirim. »Hoffentlich kriegt Belandrus keine Angst.«

Dann waren sie am Durchbruch. Ein mannsgroßes Loch klaffte in der Wand, davor und dahinter Geröll. Ki'Annan flog durch das Loch und sah sich um. Er kam schnell zurück.

»Dahinter ist ein großes Rohr«, sagte er. »Groß und glatt. Das Rohr führt abwärts.«

»Sieht aus, als wären wir richtig«, sagte Jørgen. Er deutete auffordernd zum Durchbruch. Einer nach dem anderen zwängten sich die Kettenbrecher hindurch.

-

Das ›Rohr‹, wie Ki'Annan es genannt hatte, war tatsächlich groß und glatt. Sehr glatt sogar. Dirim, Boras und Thamior fühlten sich an den Weg zum Dämonenschlund erinnert, als sie durch eine riesige kreisrunde Röhre gewandert waren. Im Unterschied dazu hatte diese Höhle einen völlig ebenen Boden und eine ebenso gerade Decke, und nur die Seitenwände kurvten stark nach außen. Aber der Fels war auch hier so glatt wie eine gefertigte Statue, und der Gang führte schnurgerade abwärts, in den Berg hinein.

Die Kettenbrecher waren zunächst aufwärts gegangen in der Hoffnung, einen weiteren Ausgang zu finden, aber die Röhre war nach wenigen Schritten eingestürzt. Also hatten sie ihre Schritte abwärts gelenkt. Ki'Annan beleuchtete die etwa drei Schritt durchmessende Röhre mit flackerndem Licht und unverständlichem Gemurmel, bis Dirim ihm befahl, leise zu sein. Thamior war ein paar Schritte voraus gegangen, dahinter gingen Boras und Jørgen Seite an Seite. Der Zwerg bildete den Schluss.

Mit einem Mal ertönte eine Melodie im Gang, und ein paar Schritte von Thamior entfernt flimmerte die Luft, als ein Unsichtbarkeitszauber fehlschlug. Dort stand ein menschengroßes, haarloses Wesen mit purpurner Haut und vier langen Greifarmen um den Mund. Ein Gedankenschinder™. Der Pfeifer.

Thamior hatte sofort einen Pfeil auf der Sehne und ging mit ein paar Schritten auf Kernschussdistanz. Hinter ihm knackte die Luft, als sich eine dicke Eiswand zwischen ihn und die anderen Kettenbrecher schob. Zwei weitere Eiswände begannen, Boras und Jørgen einzuschnüren, aber beide reagierten instinktiv und durchbrachen die gerade Linie, auf der sich die Wand bildete, und damit auch den Zauber. Jørgen zog Läuterung. Das Schwert entflammte sofort.

»Es sind böse Externare in der Nähe!«, rief der Paladin.

Blutrache sprang in Boras' Hand. Der Barbar leckte sich den Daumen und zeichnete ein dünnes Kreuz auf die Eiswand. Er holte aus und schmetterte die Axt gegen diesen Punkt. Das Loch war noch zu klein für einen Menschen, aber groß genug, um hindurch zu sehen. Der Barbar steckte seinen Kopf in die Öffnung und grinste.

»Hiiier ist Boras!«

Von seinem Beobachtungspunkt aus konnte er sehen, wie die Luft hinter Thamior sich seltsam wölbte. Bevor er noch einen Warnruf ausstoßen konnte, wurde der Elf mitten im Schuss von einer unsichtbaren Kraft herumgerissen. Thamiors Pfeil schmetterte gegen die Höhlenwand (anstatt in den Pfeifer) und auf seiner Brust bildete sich ein hässlicher roter Fleck. Noch im Nachschwung wurde die Klaue sichtbar, die ihn getroffen hatte, und mit der Klaue auch der Teufel, dem sie gehörte. Der massige Körper wirkte wie von innen nach außen gekehrt: die Außenseite bestand aus weißen, scheinbar lose zusammenhängenden Knochen, die nur durch ihr Volumen verrieten, dass sich im Inneren Muskeln und Sehnen befanden. Ein scharfes Gebiss, zwei Klauenhände und -füße sowie ein langer Giftstachel sprachen von Kampftauglichkeit. Der Teufel fauchte Thamior an. Der Elf schluckte unwillkürlich, aber er widerstand seiner plötzlich aufkeimenden Furcht. Mit dem Seelenbogen parierte er den zweiten Klauenhieb, aber er war noch zu überrascht, um dem Stachel auszuweichen. Thamior spürte, wie die Knochenspitze in seine Seite rammte, und wie heißes Gift in seine Adern gepresst wurde. Er packte den Stachel und zog ihn aus seinem Körper, bevor das Gift überhand nehmen konnte.

»Der Externar ist hier!«, rief Thamior. »Und ein Illithid™!«

Wieder bildeten sich Eiswände um Dirim herum. Wieder wurden sie von schnellen Händen durchbrochen. Boras schlug ein zweites Mal zu. Die Eiswand brach auseinander, hinterließ aber einen Schwall kalter Luft. Boras tauchte hindurch. Kleine Eiskristalle bildeten sich auf seiner Haut, aber er schüttelte die Kälte ab. Jørgen konzentrierte sich und begann mit einem Zauber. Mitten im Gebet aber begann er plötzlich, ein paar Töne der immer noch vorhandenen Melodie nachzupfeifen. Er verlor die Konzentration und den Zauber. Jørgen machte sich bereit, Boras zu folgen. In diesem Moment kratzte etwas über seine Rüstung, und noch während der zweite Teufel sichtbar wurde, spürte Jørgen dessen Biss im Schildarm. Er riss sich los, dann hob er das Schwert zum Kampf.

Dirim sah sich um. Der wahre Feind war auf der anderen Seite, hier lauerten anscheinend nur unsichtbare Teufel. Er versuchte ebenfalls einmal, einen Zauber zu wirken, wurde aber von der Melodie ebenso gestört. Sollte er auf die andere Seite und Thamior helfen? Am besten würde er erst einmal die Situation auf dieser Seite klären. Er hielt sich Seelenblick vors Gesicht. Da war noch ein unsichtbarer Teufel... und da, am Ende der Röhre...

Thamior feuerte einen weiteren Pfeil auf den Gedankenschinder™ ab. Der Pfeil sauste einfach durch das Monster hindurch. »Ich hasse Illusionen.« Von der Seite griff der Teufel wieder an. Thamior warf sich nach hinten, unter den Schlägen durch, und feuerte noch in der Luft drei weitere Pfeile ab. Die Geschosse spritzten gegen die Knochenhaut des Teufels, eins blieb Stecken. Der Teufel fauchte wieder. Thamior rollte sich unbeeindruckt in die Hocke. Er nahm Maß. Der Teufel sprang ihm entgegen. Thamiors erster Pfeil durchbohrte die linke Klaue, der zweite die rechte. Der dritte Pfeil ließ den Giftstachel zerplatzen. Der Teufel änderte seine Sprungrichtung, flog an Thamior vorbei. Der folgte ihm mit dem Seelenbogen und ließ seinen letzten Pfeil ungerührt in den Schädel des Monsters fliegen. Der Teufel sackte tot zusammen. Boras fluchte.

»Zu spät. Verdammt!«

Hinter ihnen schloss sich die Eiswand wieder.

Dirim blickte auf den Ilithiden™, der sich an der Decke der Röhre versteckt hielt. Er sah genauso aus wie der auf der anderen Seite der Eiswand, nur dass dieser noch unsichtbar war. Seine Erfahrung mit dem Abolethen hatte Dirim gelehrt: dies hier war der echte. Er hob seinen Schwertarm und zeigte auf den unerwarteten Gegner. »Jørgen...«

Der Ilithid schwebte langsam von der Decke und näherte sich.

Jørgen schlug dem Teufel seinen Schild ins Gesicht. Ein Stück Knochen splitterte, aber der Teufel zeigte sich unbeeindruckt. Jørgen schlug noch einmal zu. Diesmal klemmte er den Kopf des Teufels zwischen die Eiswand und seinen Schild. Durch den Spalt hindurch versuchte der Teufel, ihn zu beißen. Krallen kratzten an seinem Arm. Jørgen ignorierte beides. Er wartete auf die eigentliche Gefahr. Endlich schlug der Teufel mit seinem Giftstachel zu. Im letzten Moment federte der Paladin zur Seite. Der Stachel sauste an ihm vorbei. Jørgen holte aus und durchtrennte mit einem Hieb den Schwanz des Ungeheuers. Er nutzte die Wucht des Schlags zu einer Drehung und trieb Läuterung dem kreischenden Teufel durch den Magen, bis ihre beiden Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. Jørgen starrte in die Fratze des Teufels und lächelte.

»Geh zur Hölle!«

Der Teufel sackte tot vornüber.

Die Melodie in der Luft änderte sich merklich. Seelenblick immer noch vor dem Gesicht sah Dirim, wie der Pfeifer immer näher kam. In seinen Tentakeln hielt er einen abgetrennten Kopf, der die Töne produzierte. Der Pfeifer starrte Dirim mit wässrigen Glubschaugen an. Er blieb stehen, offensichtlich in Reichweite. Hinter Dirim bröckelte die Eiswand. Mit zwei Schlägen war Boras durch, sprang durch die Öffnung. Thamior folgte ihm. Dirim zeigte wieder mit dem Schwert in die Richtung.

»Dort«, sagte er. Noch als sich die Kettenbrecher umwandten, hörten sie ein leises Summen. Nein, hören war nicht der richtige Ausdruck, obwohl das Summen eindeutig in ihrem Kopf war. Es war mehr ein Fühlen. Die Haare auf ihren Armen hoben sich wie von einem Wind. Das Summen wurde stärker, höher. Dann explodierte es in ihrem Kopf. Dirim, Thamior und Jørgen kniffen instinktiv die Augen zusammen, stemmten sich gegen den Gedankenschlag, der ihre Gedanken wirbeln ließ. Boras wurde von der Macht des Angriffs überwältigt. Die Axt fiel ihm aus der Hand, und er stand leicht zitternd aber ansonsten bewegungslos. Ein Blick durch den Schild sagte Dirim, dass es dem letzten Teufel ebenso ergangen war – auch er war von dem Gedankenschlag getroffen wurden.

Dirim hielt immer noch das Schwert erhoben. Jetzt ließ er es langsam sinken. Der Pfeifer war nun völlig sichtbar. Plötzlich fädelte er einen schrillen Ton in die Melodie ein. Der abgetrennte Kopf in seinen Tentakeln öffnete den Mund. Ein zischender grüner Strahl schoss daraus hervor wie besonders aggressives Erbrochenes. Dirim hielt den Schild voraus, aber die Flüssigkeit spirtzte dennoch über ihn. Er spürte, wie die Säure sich durch seine Haut zu fressen begann – und dann perlte sie von ihm ab wie Wasser von Ölhaut. Sein vorab gewirkter Schutzzauber hatte sich aktiviert.
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Der Pfeifer knurrte. Dann wurde er zur Seite gerissen, als Thamiors erster Pfeil seine Schulter traf. Durch die Bewegung verfehlte ihn der zweite Schuss, aber der dritte riss ihm einen roten Striemen in die glatte Kopfhaut. Jørgen stürmte vor, rannte quer zur Schussrichtung. Thamior schoss über den Paladin hinweg und lenkte den Pfeifer von ihm ab. Läuterung pfiff durch die Luft. Der Pfeifer erhob die Hand zum Schutz und stolperte rückwärts. Läuterung schnitt glatt durch den Arm. Die Augen des Pfeifers weiteten sich vor Schmerz. Thamior und Dirim verschwamm die Sicht. Jørgen, der viel näher am Zentrum des mentalen Aufschreis war, griff sich an den Kopf und ging auf die Knie. Sein Gesicht verzerrte sich. Der Geistschrei erstarb. Jørgen sah auf. Der Pfeifer war verschwunden. Er hatte seine Hand mitgenommen.

»Da ist noch einer«, sagte Dirim und wies auf den betäubten, unsichtbaren und an der Decke schwebenden Teufel. Das Wesen zuckte immer noch, geschüttelt von den selben Krämpfen, denen auch Boras unterlag – und passenderweise fast direkt über dem Barbaren. Jørgen stellte sich neben Boras und stach sein Schwert in die Luft. Er traf nichts und blickte zu Dirim.

»Bin ich hier richtig?«

Dirim überlegte, aber nur kurz. »Keine Sorge«, sagte er. »Ich mache ihn sichtbar. Tyr, banne die Magie dieses unheiligen Wesens!«

Der Teufel blieb unsichtbar, aber Dirims Zauber war nicht ganz umsonst, sondern bannte die andere Wirkung: den Flugzauber. Der unsichtbare Teufel fiel zu Boden – oder genauer, auf Jørgen und Boras. Jørgen konnte sich gerade noch zur Seite werfen und wurde nur gestreift, aber Boras war betäubt. Der Teufel fiel auf ihn herab und begrub ihn unter sich.

Thamior verzog das Gesicht. »Das tat schon vom Zuhören weh.« Gemeinsam zogen sie den Barbaren unter der unsichtbaren Last hervor und machten dem Teufel den Garaus.

-

Als Boras sich von dem Gedankenschlag erholt hatte, waren bereits Heilzauber gesprochen worden.

»Wir haben nur noch auf dich gewartet«, sagte Dirim. »Sollen wir weiter?«

Bevor Boras antworten konnte, hörten sie alle ein verdächtiges Geräusch. Sie sahen die Röhre hinauf, und dort hatte sich gerade Belandrus durch den Durchbruch gezwängt. Der Zaubermönch klopfte sich den Staub ab und marschierte zu den Gefährten. Er betrachtete die Eiswand und die Leiche des sichtbaren Eisteufels. Dann hob er eine Augenbraue.

»Habe ich etwas verpasst?«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 08. Mai 2007, 14:54:44
Die Knochenteufel (http://www.d20srd.org/srd/monsters/devil.htm#boneDevilOsyluth)(Link zur SRD)

Die Werte des Pfeifers gibt es aus naheliegenden Gründen noch nicht, aber ein paar Hinweise auf zumindest Teile seiner Fähigkeiten gibt es ja. Er ist jedenfalls (momentan) CR 16.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 08. Mai 2007, 18:26:13
Thamior schießt 4 Pfeile ab (3 base + 1 Rapid Shot) und verfehlt fast nie  :D .
1W8+11 gegen böse Externare auf 30 ft. und ignore von damage reduktion, wenn er Seelenfeuer aktiviert.

Die Mitleser wundern sich sonst noch, wie er 95 HP in 2 Runden schafft.  8)

Im Augenblick sind mir die Würfel mit Thamior echt hold - ihr werdet schon noch sehen warum  :oops: .

Ansonsten: Weiterschreiben, ich brauche Überbrückung bis zum nächsten Spieltermin  :roll:

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 09. Mai 2007, 09:11:29
Zitat von: "shaz´narahd"
Thamior schießt 4 Pfeile ab (3 base + 1 Rapid Shot) und verfehlt fast nie  :D .
1W8+11 gegen böse Externare auf 30 ft. und ignore von damage reduktion, wenn er Seelenfeuer aktiviert.

Der Pfeifer hat sich die richtigen Verbündeten geholt. Genau...

Und seinen Rettungswurf gegen Massiven Schaden geschafft, das waren im Sturmangriff 55 TP. Verdammt.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 09. Mai 2007, 21:00:56
Thamior wird es freuen, dass ich das nächste Update schon fertig habe – und immer noch nicht bei meinem ursprünglich avisierten Schnittpunkt bin.

Posten werde ich es irgendwann demnächst. Es gibt, so wie ich das jetzt abschätze, noch insgesamt drei Updates bis zum "jetzt", und die würde ich, wenn möglich, bis zum 20.05. raus haben.

Also ist der Plan:

09/05 – heute
12/05 – Update 1
16/05 – Update 2
20/05 – Update 3

Gegenstimmen? Geht das jemandem zu schnell?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Furlong am 09. Mai 2007, 22:03:59
Zitat von: "Berandor"
Gegenstimmen? Geht das jemandem zu schnell?

Nur wenn danach eine lange Pause kommen würde. Ich habe eine stetige Dosis meiner Lieblings-Storyhour lieber.

Furlong
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 09. Mai 2007, 22:22:26
Nachfrage: Wenn danach eine lange Pause käme, ginge es dir zu schnell?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Furlong am 09. Mai 2007, 22:27:01
Ja.
Ich hätte dann jetzt eine starke Dosis und dann eine lange Durststrecke. => zu schnell.
Hätte ich allerdings einen etwas langsameren Fortschritt, hätte ich insgesamt mehr davon. => besser (für mich).
Am besten für deine Leser wäre allerdings, wenn du das jetzige Tempo halten kannst.

Furlong
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 12. Mai 2007, 21:32:15
Here's how it is: In mir streiten sich die beiden Bedürfnisse, einerseits die geschriebenen Kapitel zu posten und euch an unseren Abenteuern teilhaben zu lassen, und andererseits mein Drang, regelmäßig zu posten und nicht einmal viel, und dann lange nichts.

Furlong hat den Ausschlag gegeben :)

Also werde ich im Laufe der Woche ein paar Infos zu Karran-Kurral posten (u.a. die Karten der Ruine), und dann zum Wochenende wohl das nächste Update. Ich habe dann hoffentlich noch weitere Updates im Schrank. sodass ich weiterhin regelmäßig posten kann, auch wenn es bei mir wieder hektischer werden sollte.

Neben der Karte dürft ihr euch auf ein ganz besonderes Gate-Exklusives Extra freuen (soll heißen, dass es nicht in der PDF erscheinen wird) – was das ist verrate ich noch nicht. Aber ich denke, es ist sowohl cheesy als auch cool. Dieses Extra kommt später.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 14. Mai 2007, 08:39:57
Könnte bitte jemand Furlong aus dem Forum kicken  :monster:

Berandor, die Story-Hour bringt mich dazu tatsächlich sowas wie Mittag zu machen. Naja, zumindest eine Pause, die von der Arbeit ablenkt. Bitte posten  :dafür: .

shaz  :wink:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 14. Mai 2007, 14:47:14
Nee, das ist gar nicht schlecht. Ich habe sowieso diese Woche genug zu tun...

Aber was ich posten kann:

The Cold Claws of Death: Making of "Karran-Kurral"
ZAUBERWEBER: Am Anfang waren wir natürlich schon etwas zurückhaltend, als uns Berandor seinen Plan darlegte. Ich meine, grundsätzlich kommen wir ja nur als längst vergangene Erbauer dieser Mini-Festung vor, aber hier war eindeutig jemand mit größeren Plänen.
 
INARA WEER: Ich meine, klar fand ich das klasse, also, janein, ne? Ich meine, eigentlich komme ich in dem Abenteuerdings überhaupt nicht vor, also, so quasi in etwa wurde meine Rolle extra erfunden.

VORTIMAX WEER: Als Berandor mir gesagt hat, dass er meine Tochter – oder ist es meine Frau? Ich kann mir das nicht merken – zum Bösewicht machen wollte, war ich schon etwas überrascht. Ich meine, wie soll ich denn diese dunkle, zwielichtige Rolle beibehalten, wenn ich im Grunde von meiner Frau rumgestoßen werde? Und einen Schlappschwanz zu spielen wollte ich nicht unbedingt. Aber dann hat er mir von diesem Ritual erzählt, mit dem man Lebensenergie stehlen kann. Da habe ich wohl bei geholfen und auch Menschen getötet. Das ist schon mal was. Und wo ich jetzt weiß, wie es mit meiner Figur weitergeht... außerdem hatte Berandor ja Recht: Eine Weer in die Ruinen zu setzen ist nachhaltiger, als so einen unbekannten Typen.

ZAUBERWEBER: Vorher hatte sich noch keiner wirklich für unsere Kultur interessiert, und jetzt war da plötzlich jemand, der dafür den ganzen Plan umschmeißen wollte.

PETER S. POTOMSKI: Klar, als Designer freust du dich nicht unbedingt, wenn dein Boss einfach alles umwirft und dich von vorne anfangen lässt. Aber Berandor hatte eine Leitidee, was die wenigsten haben, und dann ordnet man sich gerne unter. Also hieß es: zurück ans Zeichenbrett, und ich finde, da ist was gutes bei rausgekommen.

ZAUBERWEBER: Schauen Sie sich doch die Originalzeichnungen an. Das soll ein großartiger Komplex für magische Studien gewesen sein? Da kann man die Platzgrenzen für den Dungeon deutlich erkennen. Und Berandor hat das ganze umgedeutet. Ich meine, klar ist da jetzt nicht mehr los, aber es wirkt trotzdem anders... runder, wenn Sie mir das Wortspiel erlauben.

INARA: Die Kettenbrecher und wir haben uns super verstanden, wir sind echt spitze klargekommen. Das sind Profis, mit denen kann man toll arbeiten. Wir hatten uns ja schon in einer kurzen Szene gesehen, am Anfang des zweiten Teils, aber jetzt war meine Rolle doch um einiges größer. Und die haben das auch toll aufgenommen, dass ich sie jetzt alle töten wollte. Ich würde jederzeit wieder mit ihnen arbeiten. Vielleicht lässt Berandor ja mit sich reden... ruf mich an!

ZAUBERWEBER: Auch wenn sich natürlich vieles verändert hat, bin ich doch sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Ich würde jederzeit wieder mit Berandor zusammenarbeiten. Er hat seinen eigenen Kopf, aber dafür macht er sich auch Gedanken. Ich kann gar nicht erwarten, die Ruinen in Action zu sehen.

PETER S. POTOMSKI: Ich bin stolz auf die Arbeit an den Ruinen. Ehrlich. Und ich bin Berandor auch nicht mehr böse, dass er meinen ersten Entwurf öffentlich verbrannt und dann auf die Asche gepinkelt hat. Das war einfach nur ein Missverständnis. Wie haben uns super verstanden.

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Wenn man in den Dungeon schaut, sieht Karran-Kurral natürlich sehr anders aus. Im Grunde genommen habe ich fast jeden Raum, und natürlich das grundsätzliche Layout verändert.

Um die Ruine etwas fremdartiger erscheinen zu lassen, habe ich mich für Rundungen entschieden, also Bögen, Kreise, Kugeln. In der "Geschichte Karran-Kurrals" wird sich diese Tendenz wieder aufzeigen; die Zauberweber haben von mir eine Kultur bekommen, die sich über Kreise, Kreisbahnen usw. definiert.

Auch den Weg zur Ruine habe ich verändert; die Minen, der "verfluchten" Gang stammen nicht aus dem Abenteuer, und auch die runde Röhre habe ich übernommen, um die Verbindung zu "Willkommen im Dämonenschlund" stärker herauszustellen.

Im Dungeon sieht es so aus, als seien zwar ein oder zwei Räume in Karran-Kurral eingestürzt, aber im Grunde sei alles erhalten geblieben. Und mir war das zu puspig. Also postuliere ich eine riesige Anlage über sechs Ebenen, von denen nur noch ein Bruchteil zugänglich ist.

Ich habe die Räume selbst übernommen, d.h. ihre Bedeutung habe ich beibehalten, nur ihr Aussehen verändert. Ebenfalls verändert habe ich die Kreaturen in Karran-Kurral. Bis auf ein Wesen habe ich alle anderen ersetzt. Z.B. habe ich den bis dato unbekannten und neu auftauchenden Fetor Abradius durch Inara Weer ersetzt und sie auch nicht einfach seine Werte benutzen lassen. Ich habe einen "Seelensucher" eingebaut, weil diese Geschöpfe später noch einmal auftauchen werden. Und dann habe ich noch... aber das wird nicht verraten.

Außerdem habe ich eine Falle eingebaut, auf die ich sehr, sehr stolz bin und die mir sehr viel Spaß gemacht hat. Sie liegt etwas abseits, aber wie es sich gehört, haben die SC sie gefunden – das war der von mir avisierte Schnittpunkt.

Fragen dazu?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Taled am 14. Mai 2007, 15:53:10
Fragen weniger als ein Lob zum diesmal ausgezeichneten Stil-Wechsel ! Gut getroffen und, da Intermezzo, nicht störend. Danke.


Taled
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 14. Mai 2007, 16:34:39
Warte, bis du das Musical-Kapitel liest...

Once more, with healing.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 14. Mai 2007, 16:46:51
Schön, sowohl das letzte Update als auch das Interview am Set hat mir gut gefallen. Wie bist du denn auf die Idee gekommen? Zu viele Extras auf DVD's gesehen? Auf das Musicalkapitel warte ich mit morbider Faszination und nicht geringen Grauen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 14. Mai 2007, 22:23:22
Zitat von: "Topas"
Auf das Musicalkapitel warte ich mit morbider Faszination und nicht geringen Grauen.


Zu Recht, wie diese Vorabveröffentlichungen von Boras (http://www.p-pricken.de/divers/boras.zip) und Thamior (http://www.p-pricken.de/divers/thamior.zip) zeigen... (Links zu gezippten mp3-Dateien, 800 bzw. 200 kb)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Nye am 14. Mai 2007, 22:48:58
:o

Power Attäääääck!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 15. Mai 2007, 15:25:09
Wenn ihr jetzt sprachlos seid, dann wartet erst Mal ab, bis Dirim und Beregard (http://www.p-pricken.de/divers/dirim.zip) im Duett zeigen, dass keiner von ihnen singen kann, und Jørgen (http://www.p-pricken.de/divers/jorgen.zip) auch zum Mikro greift... (beide zips etwa 300 kb)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 15. Mai 2007, 16:19:55
Ich bekomme zweimal das selbe File, beides mal dirim.zip bzw dirim.mp3, Bist du sicher das die links stimmen ?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 15. Mai 2007, 16:33:54
Das klingt irgendwie, naja Psychopathisch.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 15. Mai 2007, 18:00:32
Zitat von: "Topas"
Ich bekomme zweimal das selbe File, beides mal dirim.zip bzw dirim.mp3, Bist du sicher das die links stimmen ?
Jetzt ja.
Und mit dem psychopathisch beziehe ich jetzt mal höflicherweise nicht auf Dirim und Beregard...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 15. Mai 2007, 20:38:19
Ähm, doch. Um nicht zu sagen, wer weiß was im Tyr-Tempel für Weihrauch verbrannt wird.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 15. Mai 2007, 20:45:15
Hey – der verfüttert Gefangene an Mimics. Der braucht keine Drogen mehr.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 16. Mai 2007, 15:58:19
Nach all diesen Kostproben, die anzuhören natürlich ganz meine eigene Schuld war, bleibt eigentlich nur eins zu sagen:

Bittebittebitte KEIN Musicalkapitel!  :shutup:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kai am 16. Mai 2007, 16:23:45
:lol:

Es ist unglaublich wie sehr mir das Power Attääck nachläuft!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 16. Mai 2007, 17:40:26
Ich habe die mp3-Datei ursprünglich als wav exportiert und dann umgewandelt (außer die von Boras). Ich habe die Dinger gerade selbst noch mal gehört – sorry für die schlechte Tonqualität. Ich wollte Speicherplatz sparen, aber das ging doch sehr auf die Ohren.

Und keine Angst, das war es Musicalmäßig wahrscheinlich schon...

ansonsten hoffe ich, dass ihr darüber genauso lachen konntet wie ich – nachdem die Ohrenschmerzen abgeklungen sind,
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 16. Mai 2007, 18:12:48
Zitat
nachdem die Ohrenschmerzen abgeklungen sind,


Ach die hören nochmal auf ?  Wie lange dauert das denn so im Schnitt ?

Ob ich so sehr drüber lachen konnte wie du, weiß ich natürlich nicht, da mir unbekannt ist, wie sehr du gelacht hast. Ich habe jedenfalls gelacht bis ich husten musste. Na gut das ist bei meiner Erkältung jetzt nicht wahnsinnig schwierig, aber immerhin :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 16. Mai 2007, 22:19:06
''Ich hau sie alle wäääg, mit Pow'r Attäähäck''. Muhahaha :lol:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Furlong am 17. Mai 2007, 00:46:35
Sehr nett. :D
Wo hast du die musikalische Untermalung her?

Furlong
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 17. Mai 2007, 16:58:08
Die Musik stammt von meiner Festplatte? Von CDs? Leider (?) ist die Musik zum Lied der Schätze aus dem iTunes-Shop und damit kopiergeschützt – ich kann sie nicht in Audacity einfügen. Und jetzt zum nächsten Kapitel:

Die Ruinen von Karran-Kurral

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Thamior rieb die Substanz zwischen Zeigefinger und Daumen. »Es ist kalt, fast wie Eis.« Er stand auf und deutete auf den Spalt. »Sieht aus, als habe es hier mal eine Eisbrücke gegeben.«

Dirim runzelte die Stirn. »In einem Vulkan?«

»Es ist schon kühl geworden«, sagte Jørgen. »Und mit Magie...«

Die Röhre hatte die Kettenbrecher zu einem Spalt geführt. Gut drei Schritt trennten sie vom anderen Ende dieses Spaltes, wo ein weiterer Gang wartete. Der Gang endete allerdings nach nur wenigen Schritten in einem Einsturz und war mit normalen Mitteln nicht passierbar. In ebenfalls drei Schritt Tiefe rauschte ein unterirdischer Fluss durch die kleine Höhle; von einer Seite zur anderen war der Spalt vielleicht neun Schritt lang.

»Sieht aus, als müssten wir durchs Wasser«, sagte Boras. »Kann mich jemand festbinden?«

Schnell fanden sich etwa fünfundzwanzig Meter Seil, und Thamior band es Boras um die Hüfte. Dirim befestigte einen unbeweglichen Stab über der Kante des Spalts. Gemeinsam mit Jørgen hielt er dann das Seil, wobei der Stab als weitere Stütze diente. Boras kletterte vorsichtig die rutschige, mossbewachsene Wand hinab und ließ sich zu Wasser.

»Kalt!«, rief er hoch.

»Dann beeil dich«, entgegnete Thamior. Boras hob den Daumen und stieß sich ab. Zuerst ließ er sich flussabwärts treiben. Der Fluss zog ihn mit, und schnell war er am Ende der Höhle angekommen. Dort verschwand der Fluss im Gestein. Boras holte Luft und tauchte in die Dunkelheit. Das Wasser zog ihn vorwärts. Nach nur wenigen Augenblicken spannte sich das Seil um seine Hüften. Boras sah sich um. Nirgendwo ein Lichtschimmer. Er zog Thamiors leuchtenden Dolch und untersuchte die Umgebung in seinem flackernden Schein. Kein Geheimgang, kein Ausweg zu sehen. Boras zog am Seil und ließ sich wieder zurück in die Höhle ziehen.

»Nichts«, rief er nach oben. Dirim kippte seinen Kopf zur Seite, in die Richtung gegen den Strom.

Mit Hilfe des Seils zogen sie Boras bis auf Höhe der Röhre zurück. Boras stieß sich ab, um gegen den Strom zu schwimmen, aber wurde vom Fluss sofort zurückgetrieben. Boras klammerte sich an der Wand fest. Er schüttelte seine Mähne wie ein nasser Wolf, dann knurrte er: »Keine Angst. So stark ist die Strömung nicht.«

Belandrus studierte die Kante, an der er stand. Dann setzte er vorsichtig einen Fuß auf die vertikale Wand, dann den anderen, und dann balancierte er vorsichtig zu Boras herunter.

»Hast du auch Kletterstiefel?«, fragte der Barbar.

Belandrus schüttelte den Kopf. »Die Wand geht auch so. Ist schließlich nicht kopfüber oder so was.« Er packte Boras am Kragen, und mit seiner Hilfe zog sich der Barbar bis zu dem Punkt, an dem der Fluss aus dem Felsen trat.

»Den Rest kann ich alleine«, sagte Boras. Er holte noch einmal tief Luft. Er tauchte. Belandrus blickte auf das sich langsam straffende Seil und wartete.

Der Fluss war wirklich schneller, als er von oben aussah, aber Boras hatte sich nun darauf einstellen können. Die Strömung presste gegen seinen Magen und Luft aus seiner Lunge, aber er kam vorwärts. Mit langsamen, weiten Zügen pflügte Boras einige Meter durch das Wasser, wurde ein Stück des Wegs wieder zurückgespült, und schwamm wieder etwas vorwärts. Er geriet aus dem Takt, verlor an Boden, fand den Takt wieder. Seine Lungen protestierten. Der unterirische Fluss machte eine Biegung, und Boras folgte ihr. Noch ein paar Schwimmzüge mehr. Der Fluss zog an ihm. Boras blinzelte voraus. Es war nichts zu sehen. Am besten ließe er sich einfach wieder in die Höhle treiben. Aber das Seil war noch nicht stramm, noch lange nicht. Und aufgeben kam nicht in Frage. Er ignorierte das Bedürfnis, tief einzuatmen. Dieser Fluss war auch nur ein störrischer Gegner, der nicht wusste, mit wem er es zu tun hatte. Er war Boras Breda!

»Ischgll nn Brass Bdll!«, rief Boras und nahm den kurzen Atemluftverlust in Kauf. Jetzt wusste der Fluss Bescheid. Mit neuer Kraft stemmte sich Boras gegen die Strömung und schob sich um die Biegung. Er hatte es gewusst: da vorne war Licht. Immer näher kam er, immer deutlicher sah er den Ausgang vor sich. Seine Lungen protestierten nicht mehr, sie rebellierten, steckten seinen Körper in Brand und versuchten, die Kontrolle über den Atem zu gewinnen, ihn einatmen zu lassen, auch wenn das den Zusammenbruch des gesamten Reiches bedeutete. Boras tat einen weiteren Zug. Er war kurz vor dem Ende des Überhangs, konnte die frische Luft schon fast greifen. Nur noch einen Zug... das Seil spannte sich. Boras konnte es nicht glauben. Das Seil war vielleicht einen Meter zu kurz, nicht mehr. Aber er kam nicht dran. Er könnte sich losbinden. Er könnte – nein. Zu gefährlich. Die anderen brauchten ihn. Boras tat, was er noch nie getan hatte. Er hörte auf zu schwimmen und gab den Kampf mit der Strömung auf. Gab auf, und ließ sich zurücktreiben. Als er schon glaubte, es nicht mehr aushalten zu können, tauchte er prustend in der Höhle auf. Belandrus griff sofort zu und hielt ihn fest. Boras bedankte sich keuchend. Jørgen und Dirim zogen ihn in die Röhre hinauf, und er berichtete.

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»Wie kommen wir am besten durch den Fluss?«, fragte Jorgen. »Boras kann schwimmen, und meinetwegen auch Thamior und Belandrus, aber in unseren Rüstungen sind Dirim und ich nicht sehr beweglich.«

»Ki'Annan wird auch eher weggeschwemmt«, sagte Dirim.

»Das stimmt. Wir sollten das Wasser töten«, sagte Ki'Annan. »Wir sollten alle töten.«

Dirim schüttelte den Kopf. Er hatte sich an die gelentlichen Ausbrüche des Engels gewöhnt. Wahrscheinlich lag das an seiner Vergangenheit als Larva. Und bislang konnte man immer erkennen, wenn Ki'Annan einen Ausbruch hatte. Dann trat das Githzerai-Gesicht in seinem Inneren plötzlich wesentlich deutlicher zutage, und der Engel leuchtete nicht mehr weißlich, sondern eher rot.

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»Ich habe eine andere Idee«, sagte Dirim. »Schließlich haben wir das tragbare Loch.«

»Und?«

»Ganz einfach: Wir gehen zu zweit da rein, und Boras trägt uns rüber. Ihn kann ich vor der Strömung schützen. Zweimal den Weg getan, und fertig. Wenn Boras unser Gepäck auf den Rücken nimmt, sollte das kein Problem sein.«

»Ins Loch?«, fragte Thamior skeptisch. Ihm war eindeutig nicht ganz wohl bei dem Gedanken.

»Das ist nicht gefährlich«, sagte Dirim beruhigend. »Du kannst auch schwimmen, wenn dir das lieber ist.«

»Ich schwimme«, sagte Belandrus. Thamior nickte.

»Na gut. Aber bindet euch wenigstens an Boras fest.« Dirim legte dem Barbaren die Hand auf die Schulter. Er schloss die Augen. »Tyr, erhöre mich. Gewähre uns deinen Segen, räume alle Steine aus dem Weg, die Boras auf seinem Weg behindern.«

»Das kitzelt«, sagte Boras. »Was hast du gemacht?«

»Das Gebet nennt sich ›Schneise der Gerechtigkeit‹. Damit hast du für kurze Zeit absolute Bewegungsfreiheit – egal, was dich behindern würde. Die Strömung eines Flusses kommt dagegen nicht an. Du kannst einfach auf dem Boden entlang laufen, bis zum anderen Ende. Nur die Luft musst du trotzdem noch anhalten.«

Jørgen breitete das Loch an der Seitenwand aus. Er machte eine schwungvolle Handbewegung. »Nach Euch, Meister Dirim.«

Dirim marschierte in den drei Schritt tiefen Raum, den das Loch gebildet hatte. Er drehte sich zu Jørgen um. »Steig mir bloß nicht auf den Kopf.«

Jørgen antwortete nicht, sondern stieg einfach ein. Ki'Annan folgte den beiden. Boras löste das Loch von der Wand und faltete es zusammen. Dann schüttelte er es ein paar Mal hin und her, bevor er es in die Tasche steckte.

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Mit der von Dirims Zauber verliehenen Bewegungsfreiheit war es ein Leichtes, zu dem Licht zu gelangen, das Boras auf seiner ersten Erkundung gesehen hatte. Es war ein schmales Becken mit knappem Rand, der von einer Eiswand begrenzt wurde. Boras schob sich auf den Rand. Thamior und Belandrus folgten, während der Barbar das Loch auf der Eiswand ausbreitete und die Reisenden rausließ.

»Hast du uns geschüttelt?«, fragte Dirim.

»Habt ihr das etwa gemerkt?«, staunte Boras.

»Wir kennen dich einfach«, antwortete der Zwerg. »Also, wo sind wir?«

»Ich würde sagen, in Karran-Kurral«, sagte Thamior von der Seite. Die Eiswand hatte an einer Stelle ein mannsgroßes Loch, und von dort stammte der Lichtschein, den Boras gesehen hatte. Der Elf stand direkt vor dem Loch und blickte hindurch. »Oder was davon übrig ist.«

-

Die Wand war allem Anschein nach geschmolzen. Die ›Bruchstellen‹ waren völlig glatt, und auf dem Boden hatten sich kleine Eishügel gebildet, wo das kalte Schmelzwasser zusammengelaufen war. Hinter dem Loch lag ein leerer Raum von etwa sechs mal neun Metern von ähnlicher Machart wie die Röhre: Boden und Decke glatt, die Wände nach außen gewölbt. Es gab aber auch Unterschiede: die Ecken waren ebenfalls abgerundet – und natürlich war der ganze Raum aus Eis, nicht aus Felsgestein. Die Luft war kühl – Atem gefror zu fahlen Nebelwolken –, aber auszuhalten. Die drei Meter hohe Decke leuchtete mit schwachem, blauen Licht.

»Am Dämonenschlund gab es auch Deckenleuchten«, sagte Dirim.

»Und sechsarmige Zauberviecher«, sagte Boras. Er stand vor der einzigen Tür in diesem Raum. Die Tür war rund und hatte einen Durchmesser von etwa drei Metern. In den Rand der Türe waren Runen und kleine Zeichnungen eingelassen, aber Boras hatte wohl eher das zentrale Bild gemeint: ein großes, fast drei Schritt hohes Wesen mit ovalem Schädel, geschlechtslos, sechsarmig. Die beiden unteren Arme waren zu den Seiten ausgestreckt und zeigten sechsfingrige Hände, das mittlere Armpaar leuchtete mit irgendwelchen Zaubern, und die oberen Arme hielten, knapp oberhalb der Mitte der Tür, ein kreisrundes Amulett. Das Amulett stand leicht hervor.

»Hier stand mal was«, sagte Thamior. Er kniete in der Mitte des Raums. »Das sind Schleifspuren.«

Boras drückte auf das Amulett. Es klickte. Die Kettenbrecher wirbelten herum. Ein Riss bildete sich in der Tür, wellenförmig von links oben nach rechts unten, teilte den Kreis in zwei um die Ecke fliegende Regentropfen. Die beiden Tropfen fuhren auseinander, versenkten sich in der Wand. Nur das runde Amulett blieb übrig, in Kopfhöhe, rechts. Boras drückte darauf, und die Tür schloss sich wieder. Boras drehte sich um. Er ignorierte die Blicke der Anderen.

»Das ist praktischer als diese Türen, die sich bei Annäherung öffnen, findet ihr nicht?«

Niemand antwortete. Schließlich meinte Thamior: »Erinnerst du dich noch an Helion?«

Boras verzog das Gesicht. »Natürlich. Wieso?«

»Weißt du noch, was er immer gesagt hat? Seine Lebensphilosophie? Sein Mantra?«

»Mantra?«, fragte Boras.

Thamior ließ sich nicht beirren. »›Ich fasse nichts an.‹ Das hat er immer gesagt. Und Helion war ein kluger Mann... Kobold.«

Thamior ging zurück zu den Spuren, die er gefunden hatte, und untersuchte sie. Boras nahm Belandrus beiseite.

»Der ist nur neidisch, weil ich die Tür aufbekommen habe«, sagte er. »Sonst ist er eigentlich ganz nett.«

Belandrus schwieg. Schweigen, hatte er im Kloster gelernt, war die Beredsamkeit der Weisen. In diesem Moment fragte er sich, ob Schweigen nur bedeutete, dass selbst die Weisen nicht wussten, was sie sagen sollten.

Thamiors Untersuchung brachte nur wenig zu Tage. Schließlich entschlossen sich die Kettenbrecher, die Türe ein weiteres Mal zu öffnen und mit der Erkundung Karran-Kurrals ernstzumachen. Da Boras die Tür nicht öffnen wollte – er fasse nichts an – drückte Jørgen auf das Amulett.

Auf der anderen Seite der Tür lag ein Gang aus Eis. Der ebenfalls durch blaues Liicht erhellte Gang war drei Schritt breit und hoch und wand sich sowohl in einer Rechtskurve als auch deutlich spürbar nach unten. Belandrus und Thamior gingen voraus, in kurzem Abstand dahinter Jørgen und Boras, dann Dirim (und Ki'Annan). Nach nur wenigen Schritten gab die Biegung den Blick auf eine eingestürzte Stelle frei. Dirim untersuchte die Felsen und kam zu dem Schluss, dass der Einsturz irgendwo hinter den Steinen begonnen hatte. Vielleicht war hier ein weiterer Raum gewesen, oder eine Falle ausgelöst worden. Jetzt war jedenfalls nichts mehr zu sehen als schwere Steine, von leichtem Frost überzogen.

Die Kettenbrecher zogen weiter. Kurz darauf machte der Gang einen scharfen Knick und führte dann gerade hinab auf eine ehemalige Kreuzung. Zwei der vier vormaligen Gänge waren abgebrochen, verschwunden. Schmelzwasser stand knietief in der Mitte der Kreuzung, bis auf Höhe der fehlenden (geschmolzenen?) Gänge. Wo die Gänge gewesen waren, gähnte nun ein schwarzer Abgrund. Boras brach ein Stück Eis ab und ließ es fallen. Es fiel. Und fiel.

Und fiel.

Dann ertönte ein leises und helles Geräusch, als das Eis gegen etwas prallte, und dann noch einmal. Dann war es wieder still.

»Tief«, sagte Dirim und sprach aus, was alle dachten.

»Hoffentlich schmilzt uns diese Ruine nicht unter dem Hintern weg«, sagte Thamior und tat es Dirim gleich.

-

Die Kettenbrecher stiegen den zweiten noch vorhandenen Weg wieder hinauf. Der Boden war feucht und rutschig, und aufwärts fiel die Glätte erst richtig auf. Sturmangriffe oder besonders geschickte Kampfmanöver wollten auf diesem Boden genau kontrolliert werden.
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Der Gang machte einen weiteren Knick und führte in der schon gewohnten Krümmung weiter – aber genau auf Höhe des Knicks war eine weitere Tür. Die Kettenbrecher bezogen Aufstellung um die Tür herum. Jørgen öffnete die Tür.

Der Raum dahinter hatte dieselben Ausmaße wie der erste, aber dieser Raum war nicht völlig leer. Der Tür gegenüber rauschte ein breiter Wasserfall aus der Decke in ein Becken hinab. Das Wasser war heiß und formte große Wolken aus Dampf, wenn es zischend gegen das Eis des Beckens prasselte. Durch den Dampf und das Wasser trieben träge Lichter in verschiedensten Farben.

»Tanzende Lichter«, erkannte Belandrus. »Ungefährlich.«

Auch sonst schien der Raum ungefährlich und überhaupt unergiebig zu sein. Die Kettenbrecher gingen zurück in den Gang. Er führte weiter aufwärts, bis vor eine neue Tür, die aber führte nicht in einen Raum, sondern in eine Höhle.

Die Höhle war kreisrund und hatte einen Durchmesser von gut neun Metern sowie eine Höhe von sechs Metern. Dass die Höhle rund war, schlossen die Kettenbrecher anhand der sichtbaren Ausmaße, aber sie konnten es nicht sicher erkennen, denn zwei glitzernde Eiswände – sie ähnelten eher den von den Teufeln beschworenen denn den anderen Wänden – versperrten ihnen die Sicht. Daneben war die Höhle durchzogen von wenige Zentimeter dicken Strängen aus dunklem Eis, wie dem Netz einer unwirklichen Spinne. Auch hatten sich durch Schmelzvorgänge Stalaktiten und -miten aus Eis gebildet.

»Da müssen wir durch«, sagte Jørgen. »Links oder rechts?«

»Erstmal links«, sagte Dirim.

»Es ist wohl keine gute Idee, die Eisstränge zu berühren«, sagte Belandrus. »Nur so ein Gefühl.«

»Also gehen wir langsam«, sagte Boras. Er begann, sich in den Raum vorzutasten. Er stieg über einen niedrigen Strang, duckte sich unter einem brusthohen Strang hindurch, drehte sich zwischen zwei engen Strängen, robbte unter einem weiteren durch. Dann erhob er sich und blickte grinsend zurück. »Ist gar nicht so schwer!«

»Du bist gerade mal zwei Meter weit gekommen«, sagte Thamior. Er streckte die Hand aus. »Ich kann dich ja noch berühren.«

»Aber die Eisfäden berühren mich nicht«, gab Boras zurück.

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Thamior zuckte mit den Achseln. Dann folgte er Boras' Beispiel und bewegte sich langsam in den Raum hinein. Belandrus betrachtete das Schauspiel mit einem Schmunzeln im Mundwinkel, bevor er folgte. Jørgen blickte Dirim an.

»Wenn ich meinen Schild abnehme, schaffe ich es vielleicht durch den Raum.« Er deutete auf Treroks Bollwerk. »Das ist eine sehr flexible Rüstung.«

Dirim verzog das Gesicht. »Ich muss ins Loch«, sagte er.

Belandrus drehte sich zu den beiden um. »Ich trage das Loch«, sagte er.

In diesem Moment erwachte einer der Stalagmiten zum Leben.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 17. Mai 2007, 17:34:52
Boah wie mies, nen Roper auf Eisfläche :D . There you go Kettenbercher.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 18. Mai 2007, 12:34:32
Ich würde eher sagen:

 Boah wie mies, nen Cliffhanger auf Eisfläche :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 18. Mai 2007, 23:47:21
Das letzte Update ist fertig – und ja, es ist nur eins, sonst würden mir die Kapitel zu kurz. Aber irgendwie ist das eine dann doch sehr lang. Komisch.

Nächste Woche Mittwoch werdet ihr also genau da sein, wo die Kampagne ist. Ganz genau.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. Mai 2007, 00:00:55
Roper, CR 12 (http://www.d20srd.org/srd/monsters/roper.htm) (Link zur SRD)

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 19. Mai 2007, 01:15:22
Hat nen Roper nicht CR 12?? Oder hast du dich vertippt?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 19. Mai 2007, 15:36:40
Zitat von: "Darigaaz"
Hat nen Roper nicht CR 12?? Oder hast du dich vertippt?


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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 20. Mai 2007, 10:10:52
Ah okay, dachte nur, weil der Link zum CR 12 geht, hätte ja auch ein advanced Roper (oder was auch immer sein können).
So, und jetz aber den Fight bitte.

Wir wollen Blut!
Wir wollen Blut!
Wir wollen Blut!

 :zwerg:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 20. Mai 2007, 12:26:57
Oh, also... Blut gibt es.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. Mai 2007, 19:40:11
Okay, Fünftausend (5.000) Worte plus SL-Informationen coming up. Lasst euch Zeit beim Lesen, wir spielen Samstag erst wieder, und ich hab momentan zu tun.

Kieferbruch mit Tiger

Thamior sah es aus dem Augenwinkel, aber zu spät. Die Eisstränge, die den größten Eisklotz an den Boden genagelt hatten, waren in Wahrheit lange, gelenkige Tentakel. Der Eisklotz öffnete plötzlich ein großes Maul in der Mitte seines Körpers, hob ein Tentakel, und schleuderte es vorwärts. Wie ein dünnes Seil schoss der Fangarm vorwärts und schlang sich um Belandrus' Arm, über zehn Meter entfernt. Belandrus ächzte und ging in die Knie. Er war ganz blass.

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Sofort lag Blutrache in Boras Händen. Der Barbar brüllte einen Kampfschrei. Dann tat er einen vorsichtigen Schritt nach vorne, um keinen der Eisfäden zu berühren.

Das Monster zog an seinem Tentakel, und Belandrus rutsche über den Eisboden auf das Maul des Wesens zu. Gleichzeitig feuerte es weitere Fangarme auf die anderen Kettenbrecher ab. Thamior wich aus. Jørgen wurde getroffen. Ein Schlag fuhr durch seinen Körper, doch was immer die Wirkung, der Paladin widerstand. Aber das Tentakel hing fest an seiner Rüstung. Boras wurde ebenfalls getroffen. Der Fangarm schlang sich um seine Hüfte, versuchte sich festzuklammern. Er glitzerte mit einer klebrigen Flüssigkeit, aber nicht einmal die half. Tyrs Bewegungsfreiheit war stärker. Der Fangarm rutschte ab.

Belandrus kämpfte gegen den Zug des Monsters an, versuchte, sich aus der Umklammerung zu befreien. Vergebens. Jørgen zog Läuterung und durchtrennte mit einem Schlag den Fangarm, der ihn gefangen hielt. Thamior hob den Seelenbogen und zielte. Er spannte die Sehne, und ein Pfeil erschien. Er schoss, spannte und schoss, spannte und schoss, spannte und schoss. Das Blut des Monsters setzte sich deutlich von seiner weißen Haut und der Umgebung ab, ein willkommenes Bild für alle, besonders Belandrus.

Der stemmte sich immer noch gegen den Zug des Fangarms, aber der Schlag hatte ihm scheinbar alle Kraft aus dem Körper getrieben. Das Monster zog ihn zu sich heran und biss im selben Moment zu. Belandrus schaffte es, den Arm aus dem Maul zu zerren, bevor das Wesen ihn abbiss, konnte aber eine tiefe Wunde nicht verhindern. Wieder suchten sich Fangarme ihr Ziel, aber diesmal fanden sie keins. Die Kettenbrecher waren sich der Gefahr jetzt zu sehr bewusst, um sich von einem einzelnen Tentakel treffen zu lassen.

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Stattdessen hob Thamior erneut den Bogen. Spannen und schießen. Nichts war einfacher. Seine Pfeile bohrten sich mit unmenschlicher – aber sehr elfischer – Genauigkeit in den Körper des Monsters wie archaische Bohrer auf der Suche nach flüssigem Gold. Sie förderten stattdessen Blut, Massen von Blut. Das Monster stieß etwas aus, das wie ein Rülpsen klang, dann sackte es tot zusammen.

-

Nach dem Tod des Strangmonsters war der große Raum schnell durchquert. Dirim kletterte ins tragbare Loch, Boras schlug eine Bresche in die Eiswand, und die Kettenbrecher wandten sich nach links. Dort führte ein Gang leicht gekrümmt abwärts. Deckenlichter waren allgegenwärtig. Trotzdem war dieser Gang anders als die vorherigen. In den Boden waren nämlich in regelmäßigem Abstand Röhren eingelassen. Die Röhren schienen ebenfalls aus Eis zu bestehen, aber hier war das Eis klar und durchsichtig. In jeder Röhre hing eine dieser sechsarmigen Kreaturen, die einst Karran-Kurral bewohnt hatten. Hin und wieder sah man eine dieser Kreaturen sich bewegen, langsam, lautlos. Eine öffnete den Mund zu einem Schrei, der niemals kam. Eine andere klopfte tonlos gegen die Decke ihres Gefängnisses.

»Jetzt bin ich sicher«, sagte Belandrus. »Das sind Zauberweber.«

»Stimmt«, meinte Dirim. »Jetzt fällt es mir wieder ein. So hatte Helion die genannt. Weißt du etwas über sie?«

»Nein.« Der Zaubermönch schüttelte den Kopf. »Nur ihren Namen.«

»Leben sie?«, fragte Boras.

Keiner wusste eine Antwort.

Der Gang endete nach wenigen Metern in einem weiteren Einsturz. Davor aber waren vier runde Türen in die äußere Wand eingelassen. Die erste Tür öffnete sich in einen kleinen, runden Raum. Vier Eisröhren waren in den Boden eingelassen. Als die Kettenbrecher den Raum betraten, spülte eine Welle der Verzweiflung über sie hinweg. Das Gefühl ging eindeutig von den Röhren aus. Darin waren allerdings keine Zauberweber, sondern vier Elfen, anscheinend gefangen zwischen Leben und Tod. Thamiors Miene verhärtete sich angesichts dieses Bildes.

»Die Zauberweber können froh sein, wenn sie schon alle tot sind.«

Der nächste Raum war von einer Aura des Schmerzes erfüllt. Wieder waren vier Särge im Boden. Diesmal waren es Zwerge. Boras schlug versuchsweise auf eine der Röhren ein, aber er brach nur eine kleine Kerbe aus dem Eis. Die Zwege oder die Elfen zu befreien, würde Stunden dauern. Zeit, die sie nicht hatten. Ein letzter Blick in den dritten Raum verriet eine einzelne Röhre mit einem Zauberweber darin, im vierten Raum genauso.

»Die andere Richtung«, grummelte Dirim. »War ja klar.«

Nach einem letzten Stoßgebet für die gefangenen Elfen- und Zwergenseelen durchquerten die Kettenbrecher die Halle mit den Eissträngen erneut, diesmal nach rechts von ihrem ersten Zugang aus gesehen. Da sie vorsichtig gingen, berührte keiner der Kettenbrecher einen der glitzernden Stränge. Auch auf dieser Seite gab es einen Gang, auch in diesem Gang waren Röhren voller Zauberweber in den Boden eingelassen. Aber dieser Gang führte aufwärts.

Der Gang endete auch nicht in einem Einsturz, sondern in einer Tür. Vor der Tür allerdings war der Boden weggebrochen, und ein Felsspalt hatte sich aufgetan. Wieder warf Boras einen Eisklotz in den Spalt; diesmal war das Echo des Aufpralls lauter und wesentlich schneller. Trotzdem wäre es ein schmerzhafter Fall von – wie Dirim zuversichtliche erklärte – bestimmt vierzig oder mehr Schritt.

Einer nach dem anderen halfen sich die Kettenbrecher über den etwa drei Schritt breiten Spalt. Sie standen vor dem einzigen Raum, den sie noch nicht betreten hatten – wenn sie keine Geheimgänge übersehen hatten. Alle zogen ihre Waffen, und Jørgen betätigte den Schalter. Die Tür glitt auf.

-

Der Raum war eine Halbkugel von knapp fünf Schritt Durchmesser. Das einzig Bemerkenswerte im Raum war das Netz aus Eissträngen, das die gegenüberliegende Wand bedeckte. Die Eisstränge sahen aus wie jene aus der Halle mit dem Strangmonster. Allerdings glitten hier blaue Lichter über die Stränge und sprangen funkensprühend von Strang zu Strang. Dieses Netz war eindeutig magisch aufgeladen.

»Eine Sackgasse«, sagte Thamior enttäuscht. Er begann, die Wände abzusuchen. Belandrus setzte die Wesirlinse auf und begann, die Stränge zu überprüfen. Nach kurzer Zeit schon schob er sich die Linse wieder auf die Stirn und blinzelte unwillkürlich.

»Ein Ausspähungsnetz«, sagte er. »Wenn man sich Zeit nimmt, kann man damit andere Orte und Personen beobachten.«

»Nützlich«, sagte Dirim.

»Holla«, ließ sich in diesem Moment Thamior vernehmen. »Hier ist ein Geheimgang.«

Die Stelle, auf die er wies, war auf den ersten Blick genauso vereist wie alle anderen Wände auch. Allerdings war das Eis an dieser Stelle um einiges dünner und ließ sich einfach zerschlagen. Dahinter lag ein dunkler, knapp anderthalb Schritt breiter und hoher Gang, der leicht abwärts führte.

»Dunkelsicht voraus«, sagte Dirim. »Außerdem muss ich mich nicht bücken.«

Vom Zwerg geführt und von Ki'Annan beleuchtet schoben sich die Kettenbrecher durch den Schacht. Ki'Annan flog am Ende der Prozession und warf ihre Schatten voraus. Der Schacht war gerade und leicht abfallend. Nach wenigen Schritt zweigte er sich ab. Die Abzweigung endete direkt in einer Eiswand. Ein Schlag von Dirims gepanzerter Faust ließ die Wand zerbröckeln, und Dirim blickte in den Raum mit dem Wasserfall; genauer, er stand auf der anderen Seite des Wasserfalls und blickte in Richtung Tür.

»Nette Abzweigung«, sagte er. Er sah sich um. »Weiter?«

Die anderen Kettenbrecher sagten nichts. Dirim nickte. Er ging den Schacht weiter. Nach nur zwei Schritten blickte er besorgt zu Boden. Seine Schritte klangen anders... heller, als wäre der Boden hier sehr dünn...

Der Boden unter Dirims Füßen brach weg. Dirim sackte einen halben Schritt tief, dann landete er auf einer sehr viel schrägeren Fläche. Er ging in Schräglage, ruderte mit den Armen. Thamior griff nach ihm, bekam ihn aber nicht zu fassen. Dirim fiel zu Boden. Gleichzeitig begann er zu rutschen. Direkt vor ihm tat sich eine Grube auf. Dirims Hände kratzten über das Eis. Er sah mit großen Augen zu seinen Gefährten. Er streckte eine Hand aus, aber wieder bekam ihn Thamior nicht zu fassen. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Dann rutschte er über die Kante und fiel.

-

Dirim erwartete, tief und hart zu fallen, aber die Grube war gar nicht tief. Er konnte den Boden schon sehen. Vor dem Boden aber war etwas. Es war kaum zu erkennen, beinahe unsichtbar, unbeweglich. Aber es war da. Es sah aus wie ein Würfel aus durchsichtigem Gallert. Der Würfel füllte die ganze Grube aus. Dirim sah die Oberfläche des Würfels. Sie schlug Wellen. Im Inneren des Würfels sah er einen Stecken. Eine skelettierte Hand hielt ihn noch umklammert. Dirim erkannte, dass der Würfel ein Lebewesen war, ein Monster. Und er fiel geradewegs–

Mit einem saftigen Schmatzen tauchte Dirim in den Gallertwürfel ein und blieb auf halber Strecke zum Boden hängen.

-

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»Was machen wir denn jetzt?«, fragte Thamior. »Meine Pfeile kann ich da vergessen.«

»Schusswaffen nützen nichts, und zum Nahkampf kommen wir nicht ran«, sagte Jørgen. »Oder will jemand hinterherspringen?«

Boras schien darüber kurz nachzudenken, schüttelte aber den Kopf.

»Belandrus?«, fragte Jørgen.

»Ich könnte einen Flammenstrahl wirken«, sagte der Zaubermönch. »Aber ich bin kein Arsenal.«

»Das kann ja heiter werden.« Der Paladin schüttelte den Kopf.

In diesem Moment verschwand Dirim aus der Grube.

»Beshabas Brüste!«, fluchte Jørgen. »Was ist denn-«

»Ich weiß, wo er ist!«, rief Ki'Annan. Der Engel teleportierte mit lautem Bampf. Er hinterließ einen leichten Schwefelgeruch.

-

Dirims Rückruf-Zauber brachte ihn direkt in sein Zimmer im Tyrtempel zurück. Er holte erst einmal tief Luft, dann überprüfte er seine Ausrüstung auf Säureschäden. Wie es aussah, reagierte die Säure des Wesens stärker auf Haut als auf Metall.

»Sehr praktisch«, murmelte Dirim.

Ki'Annan erschien im Zimmer. »Gefunden!«

Dirim hob die Hand und streichelte die leuchtende Kugel, auch wenn das angesichts des Gesichts darin etwas seltsam anmutete. »Gut gemacht. Und jetzt musst du zu den anderen zurück und-«

»Sie töten?«

»Nein. Du sagst ihnen, was ich dir sage. Es geht mir gut, und ich komme zurück zu den Minen. Aber ich komme nicht alleine durch den Fluss. Hast du das verstanden?«

»Klar.«

»Dann geh.«

Der Lichtengel verschwand. Dirim schnüffelte. »Nicht sehr angenehm«, sagte er. Dann machte er sich erneut auf den Weg in die Ruinen von Karran-Kurral. Er hoffte nur, dass der Pfeifer erst Mal genug hatte und nicht schon wieder angriff.

-

Ki'Annan kehrte zurück.

»Hast du Dirim gefunden?«

Der Engel intonierte feierlich: »Es geht mir gut.«

»Und Dirim?«, fragte Jorgen. »Wie geht es ihm?«

»Er bringt noch jemanden mit«, sagte der Engel.

»Wen denn?«, wunderte sich Boras.

»Beregard oder Reya?«, mutmaßte Jørgen.

»Moment«, meinte Thamior, der die Rhetorik des Engels bereits kennengelernt hatte. »Was genau hat Dirim gesagt?«

»Dass er nicht alleine durch den Fluss kommt.«

Kurz herrschte Schweigen. Dann sagte Jørgen: »Entschuldige, Boras. Ich werde nie wieder meckern.«

»Das ist gut«, sagte Boras unsicher. »Glaube ich.«

»Und jetzt?«, fragte Belandrus.

»Jetzt suchen wir einen Weg nach unten«, sagte Jørgen.

Boras nickte. »Gute Idee. Abwärts ist in diesen Ruinen immer richtig.«

»Und dann warten wir auf Dirim«, fuhr der Paladin fort. »Und Ki'Annan: du gehst zurück zu Dirim und sagst ihm, er soll warme Kleidung mitbringen. Sag ihm nur das.«

»Was?«

Jørgen stutzte, dann sagte er langsam: »Warme Kleidung mitbringen.«

Der Engel wartete noch einen Moment, dann teleportierte er wieder weg.

Belandrus räusperte sich. »Können wir irgendwo warten, wo es angenehmer riecht?«

-

Als Dirim endlich wieder bei den Kettenbrechern weilte, hatten sie den Weg nach unten bereits gefunden. Der schmalere Spalt im Gang vor dem Ausspähungsnetz endete in einem Raum etwa vierzig Schritt tiefer. Thamior hatte einen mit einem Lichtzauber versehenen Pfeil hintergeschossen und den Raum entdeckt. Die Kettenbrecher befestigten einen unbeweglichen Stab über dem Spalt und ließen sich dann an ihrem zusammen geknoteten Seil herunter. Das Seil reichte bis knapp über den Boden; die letzten fünf Fuß mussten sie sich fallen lassen.

Schließlich waren sie alle in dem kleinen, runden und leeren Zimmer versammelt. In den Boden waren auch hier Eisröhren eingelassen, aber sie waren leer.

»Ein leeres Grab«, sagte Belandrus.

Hinter der Tür wartete ein kurzer Gang, der in eine große Halle führte. Die Halle war durchzogen von den dünnen Eisfäden, die schon im Raum mit dem Strangmonster gewesen waren. Sie war bestimmt zwölf Schritt hoch und ebenso breit, und mindestens doppelt so lang. An ihrem nächsten Ende war sie eingestürzt, auf der anderen Seite konnte man eine Doppeltür erkennen. Außer dem Gang, in dem die Kettenbrecher standen, führten noch vier weitere Arme seitlich von der Halle weg.

Dirim zuckte resigniert mit den Schultern. »Ich muss ins Loch.«

Sie breiteten das tragbare Loch an der Wand aus, während Jørgen seinen Schild wieder auf den Rücken schnallte. Dirim stieg ins Loch, und Boras steckte es in die Tasche. Dann traten sie in die Halle hinaus und begannen, sich vorsichtig durch die Eisstränge zu winden.

Mit einem Mal bröckelte Eis von der Seitenwand, als sich ein unsichtbares Wesen von dort abstieß und auf die Kettenbrecher zusprang. Im Flug zerbrach es Eisstränge, als wären es trockene Zweige. Es landete ein paar Meter vor den Kettenbrechern und rutschte dann das letzte Stück auf sie zu, pflügte durch die Stränge. Ein lautes Brüllen ertönte, dass den Kettenbrechern durch Mark und Bein ging, sie aber nicht erschüttern konnte. Dann wurde das Monster sichtbar.

Auf den ersten Blick wirkte es wie ein groteskes Krokodil. Sein massiger Körper war fast sechs Schritt lang und so hoch wie Dirim. An seinem Schwanz baumelte eine seltsam pulsierende Kugel. Sein Gebiss war kürzer als das eines Krokodils, aber trotzdem gewaltig und muskulös. Gerade sperrte das Monster sein Maul auf und umschluss Jørgens Hüfte. Der Paladin ächzte, als Blut zwischen den Zähnen des Wesens hervorsickerte. Er schlug mit der Faust gegen den Schädel, aber die Kreatur ließ nicht los. Noch bevor die Kettenbrecher reagieren konnten, zerrte es Jørgen zurück durch die Schneise, die es geschlagen hatte, und an der Wand hoch.

»Scheiße«, rief Boras.

Jørgen baumelte knapp drei Schritt über dem Boden im Maul des Echsenmonsters. Die Zähne des Tiers gruben sich tief in das Fleisch des Paladins. Dirim steckte im Loch. Thamior hielt den Seelenbogen gespannt, aber schoss nicht. Die Gefahr, versehentlich Jørgen zu treffen, war zu groß.

Boras machte drei große Schritte. Er zog Blutrache und ging in die Hocke, dann sprang er vorwärts. Am höchsten Punkt seines Sprungs schlug er zu. Sein Hieb prallte an der Haut des Wesens ab, riss ihm aber ein paar Schuppen heraus. Belandrus rannte von der anderen Seite auf die Kreatur zu. Er rannte die Wand hinauf und packte die Vordertatze des Wesens, um es von der Wand zu zerren.

Die Kreatur wandte ihre Aufmerksamkeit von dem gefangenen Paladin diesen neuen Gefahren zu. Darauf hatte Jørgen gewartet.

Mit einer gewaltigen Kraftanstrengung zwang er die Kiefer der Kreatur auseinander. Er grunzte, als die Zähne aus seinen Wunden kamen und neues Blut zu fließen begann. Das Blut machte den Griff der Kiefer noch rutschiger. Jørgen ließ sich fallen. Noch in der Luft zog er Läuterung. Das Schwert entflammte in heiligem Zorn – die Kreatur war ein böser Externar. Jørgen lächelte trotz der Schmerzen. Viel zu einfach.

Er federte aus der Hocke nach oben, und es schien, als bestehe Treroks Bollwerk nicht aus Drachenschuppen, sondern aus Dunkelholz, so wenig wurde er davon behindert. Er stieß Läuterung direkt nach oben. Es drang dem Monster von unten in die Kehle, so tief, dass es auf der anderen Seite durch dessen Gehirn wieder hervortrat. Für einen Augenblick hing Jørgen an seinem Schwert herab. Dann löste sich die Klinge mit einem saugenden Geräusch, und erst ging der Paladin, dann das Wesen zu Boden.
Jørgen wischte das Blut von der Klinge. »Immer schicken sie Externare«, sagte er verständnislos.

-

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Nachdem sie sich vergewissert hatten, dass keine weiteren Überraschungen auf sie warteten, untersuchten die Kettenbrecher die anderen Seitengänge. Jeder von ihnen führte in einen weiteres leeres Grabmal.

»Also zur großen Tür«, sagte Thamior, und ging voraus.

An der Tür angekommen, öffnete Boras wieder das tragbare Loch und ließ Dirim heraus. Jørgen schnallte sich seinen Schild um. Thamior betätigte den Schalter. Der Gang hinter der Tür war kurz und endete in einem runden Raum, der gleichzeitig als Kreuzung für mindestens drei weitere Gänge diente, die gegenüber sternförmig auseinander gingen. Wahrscheinlich waren auch links und rechts des Ganges, durch den die Kettenbrecher kommen würden, weitere Gänge. Die Wände des Raums waren mit dreidimensionalen Schnitzereien versehen, winzige Skulpturen von Zauberwebern und andere ikonische Darstellungen.

Belandrus tat den ersten Schritt in den Gang hinein. Als hätte sie nur darauf gewartet, begann die Luft vor ihm zu flimmern. Eine Form schälte sich aus dem Nichts. Es war ein ungetümer Tiger mit völlig schwarzem Fell und grün leuchtenden Augen. Noch ehe die Kettenbrecher sich versahen, hatte der Tiger Thamior einen Tatzenhieb verpasst. Der Elf wurde gegen die Wand geworfen. Der Tiger öffnete sein Maul – und Belandrus schlug ihm auf die Nase. Der Tiger fuhr herum und zog die Augen zusammen. Wieder biss er zu. Belandrus wollte zurückspringen, aber er hatte nicht mit dem glatten Eisboden gerechnet. Er taumelte, und schon hatte ihn der Tiger zwischen den Zähnen.

»Bei Adimarchus befehle ich euch: Arreste populi!«

Wie auf Kommando schüttelten Jørgen, Thamior und Boras ihre Köpfe, um den Haltezauber abzuschütteln. Dirim spürte den Zauber nicht einmal – sein rauchendes Auge machte ihn zu einem halben Ebenenwesen. Belandrus schüttelte ebenfalls nichts, aber bei ihm hatte es einen anderen Grund. Er steckte nicht nur im Kiefer des Tigers, sondern er war dem Zauber auch zum Opfer gefallen. Der Mönch rührte sich nicht.

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Noch war der Tiger aber ganz mit seinem Mahl beschäftigt. Thamior nutzte die Gelegenheit und rutschte an dem Ungetüm vorbei, ebenso Jørgen. Gemeinsam hielten sie Ausschau nach dem Urheber des Zaubers, und gemeinsam erblickten sie in einem der Seitengänge, geradeso in Sichtweite des Tigers, eine junge, hübsche Frau mit hasserfülltem Gesicht: Inara Weer. Thamior hob den Seelenbogen und spannte ihn.

»Ich würde nicht noch einmal zaubern.«

Inara Weer hörte nicht auf ihn. Sie führte eine Hand zu ihrem Brustbeutel und öffnete den Mund. »Ka-«

Thamior schoss. Noch im Flug sah er, dass der Pfeil etwas zu weit nach rechts flog. So drang er nicht direkt in Inaras Kehle, sondern riss ihr nur ein großes Stück Fleisch aus dem Hals. Die Magierin stolperte rückwarts. Sie hustete Blut. Jørgen marschierte vor und legte ihr das Schwert auf die Brust. Inara wich vor ihm zurück. Sie betastete ihre Wunde.

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»Adimarchus, hilf!«, bat sie. Die Wunde schloss sich. Inaras Augen verengten sich zu hasserfüllten Schlitzen.

Thamior hob den Seelenbogen und spannte ihn. »Ich würde nicht noch einmal zaubern.«

Ihre Augen weiteten sich wieder.

-

Blutrache biss tief in das Fleisch des Tigers, aber das beschworene Geschöpf wurde nur zorniger. In seinem Maul zappelte Belandrus. Der Mönch hatte den Zauber abschütteln können, aber er konnte sich nicht aus dem gewaltigen Kiefer befreien. Dirim versuchte mit bislang wenig Erfolg, Schuldspruch zum Einsatz zu bringen.

Der Tiger versetzte Boras einen gewaltigen Prankenhieb. Die Klauen, so lang wie Krummsäbel, rissen ihm drei tiefe Wunden in die Schulter. Die Wundränder färbten sich sofort schwarz, wie von unheiliger Magie erfüllt. Boras spuckte dem Tiger ins Gesicht. Das Tier war verwundet, aber es war fraglich, ob sie es töten konnten, bevor es selbst wiederum den Mönch verspeist hatte.

Belandrus ging es gar nicht gut. Auch seine Wunden schwärten, sobald sie gerissen worden waren. Mit Stärke hatte er keine Möglichkeit, sich zu befreien, und sein letzter Versuch, es mit Geschick zu schaffen, war ebenfalls fehlgeschlagen. Belandrus musste an die Lektionen im Kloster denken. Die Weidenrute verbog sich, um nicht zu brechen, hatte Meister Rauschender Wind immer gesagt, und Meisterin Spitze Feder hatte hinzugefügt, so könne die Rute auch zurückschnellen und dem Biegenden eins auf die Nase geben. Belandrus nickte innerlich. Die Zeit des Herauswindens war gekommen und gegangen. Jetzt war es Zeit, auf die Nase zu geben.

Mit einem Ki-Schrei leitete Belandrus magische Energie um. Sein Körper entflammte in heißem Feuer. Er zog seinen Körper zusammen, packte die Zähne des Tigers und drehte sich in dessen Maul. Er zwängte seine Füße gegen den Unterkiefer und die Hände unter den Oberkiefer. Trotz der Größe des Tigers musste er sich so eng zusammenkauern, dass er fast nicht mehr atmen konnte. Trotzdem zog er sich noch etwas enger zusammen, spannte die Bauchmuskeln an wie eine Schlange vor dem Biss, und explodierte dann in den Stand, die Arme weit ausgestreckt.

Dirim und Boras sahen sprachlos zu, als der Mönch in einer fließenden Bewegung das Maul des Tigers so weit aufriss, dass der Unterkiefer abgerissen wurde. Ohne zu zögern wirbelte Belandrus herum und stieß seine brennende Faust durch die Mundhöhle ins Hirn des Tigers. Ein rotes Meer breitete sich auf dem Boden aus, vom Mönch in zwei Hälften geteilt. Blutüberströmt wandte sich Belandrus zu seinen Gefährten. Seine Augenhöhlen wirkten vor dem Rot gespenstisch weiß.

»Helfen wir den anderen!«


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-

Diesmal ging Inara Weer kein Risiko ein. Sie sah sich in die Falle gedrängt. Aber sie gab nicht auf. Mit einem Schrei auf den Lippen hastete sie an Jørgen vorbei. Der Paladin stach ihr hinterher, aber der Hieb traf sie knapp über der Kniekehle und brachte sie nicht zu Fall. Thamior fluchte; damit hatte er nicht gerechnet.

Inara erreichte den zentralen Raum gerade, als Boras an dem toten Tiger vorbei war. Der Barbar warf sich ihr entgegen. Gerade noch konnte sie seiner Axt ausweichen, aber Boras stieß ihr im Abschwung den Ellbogen ins Gesicht. Inaras Kopf flog nach hinten – und wurde wieder nach vorne geworfen, als ihr Jørgen in den Rücken trat. Noch bevor sie sich erholen konnte, hatte Dirim sie erblickt.

»Tyr, löse die Bande des Bösen!«

Mehrere Schutzzauber flackerten um Inara herum, dann erstarben sie. Die Magierin wirkte jetzt nicht mehr hasserfüllt. Sie schwitzte Todesangst. Mit hastigen Schritten floh sie in den Gang zwischen Boras und Jørgen. Die beiden folgten, ihre Waffen zum Schlag erhoben.

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-

Thamiors Verstand raste. Inara konnte ihn nicht sehen. Er könnte einfach wieder in Sichtweite gehen und ihr erneut drohen, und wenn sie nicht auf ihn hörte, würde er sie einfach erschießen. Oder – er hatte einen Zauber, mit dem er tödliche Schüsse abgeben könnte. Er könnte ihr durchs Auge schießen, eine sichere Garantie. Aber dafür würde er Zeit verlieren, Zeit, die er sonst für einen Schuss nutzen könnte. Egal. Schnell sprach er den Zauber, dann trat er um die Ecke, gerade als Dirim auf der anderen Seite dasselbe tat. Er hob den Seelenbogen – keine Zeit, ihn zu spannen.

»Ich... mach das lieber nicht, Mann.«

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Inara wirbelte herum. Ihre Augen musterten die des Elfen, suchten nach Anzeichen seiner Ernsthaftigkeit. Aufgeben, oder... Thamior schluckte, blinzelte. Verdammt! Inara Weer lächelte. Sie trat einen schnellen Schritt nach hinten, außer Reichweite von Blutrache und Läuterung, wenn auch nur für einen Atemzug. Dirim spie ein Gebet, und in Inaras Rücken entstand eine Steinwand, versperrte ihr den Weg. Aber das kümmerte sie nicht.

»Translocutio!«

Sie verschwand mit einem leisen Plopp.

»Verdammt!«, rief Jørgen. Er wirbelte zu Thamior herum. »Warum hast du nicht geschossen?«

»Ich konnte nicht«, verteidigte sich der Elf. »Ich hatte einen Zauber gewirkt.«

»Und warum?«

»Um härter treffen zu können.«

Der Paladin schäumte. »Hast du sie nicht gesehen? Ein heftiger Windstoß hätte sie umhauen können. Wir hatten sie, verflucht. Wir hatten sie. Und jetzt ist sie entkommen, kann sich heilen, Freunde rufen, zurückkommen und uns den Arsch aufreißen. Mist!«

Dirim legte Jørgen die Hand auf die Schulter. »Hör mal«, begann er.

Jørgen schüttelte die Hand ab. »Vergiss es.« Er atmete tief durch. »Ist blöd gelaufen.«

Thamior nickte. »Kommt nicht wieder vor.«

»Dann ist es ja gut.« Jørgen sah sich um.

»Also – welche Türe nehmen wir zuerst?«

-

Der Keller von Vortimax Weer war ein reichhaltiges Labor, in dem der Magier all seine Gegenstände erschuf. Es wimmelte nur so von Zutaten, Behältern, Werkzeugen, unsichtbaren Dienern, immerleuchtenden Fackeln und vielem mehr. Aber unter diesem Keller gab es noch einen zweiten, geheimen Kellerraum. Dieser Raum war dunkel und feucht. Ein paar halb verrottete Regale standen an, und zwei Bretter, angeordnet wie ein X, hingen von der Wand. Die Enden der Bretter waren mit Ketten versehen.

Inara Weer konnte all dies nicht sehen, aber sie wusste, dass es da war. Sie stand in der dunklen Kühle des Raumes und atmete tief durch. Das war verdammt knapp gewesen. Wenn der Elf nicht so ein mieser Schauspieler gewesen wäre...

»Vivo.«

Eine Kerzenflamme entstand über ihrem Finger. Sie betrachtete die Flamme, beobachtete ihren Tanz. Wie immer beruhigte sie der Gedanke, dass diese winzige Flamme bald von der Dunkelheit geschluckt werde. Aber ihren Zorn konnte sie nicht vertreiben. Diese Bengel wühlten sich wahrscheinlich gerade durch ihre Papiere, ihre Zauberbücher. Sie würde es ihnen heimzahlen. Nur ein paar Heiltränke, und dann zurück in die Festung.

Obwohl. Dieser Schwächling von Ehemann hatte bestimmt nocn ein paar andere Tränke rumliegen, und vielleicht auch ein paar Schriftrollen. Inara hasste Illusionen, aber einen Unsichtbarkeitstrank würde sie jetzt nicht ablehnen. Und vielleicht einen spätzündenden Feuerball?

Erst einmal heilen. Sie wandte sich um und ging zum Regal. Im Dämmer ihrer Kerzenflamme machte sie die kleine Phiole aus, die wie immer an ihrem Platz stand. Gleich würde es ihr besser gehen. Sie nahm die Phiole in die Hand und entkorkte sie mit dem Daumen. Schon roch sie die goldene Flüssigkeit.

»Liebling?«

Adimarchus strafe diesen Idioten! Sie hatte jetzt wirklich Besseres zu tun, als sich um ihren Mann zu kümmern. Und warum war der überhaupt hier unten?

»Was willst du hier?« Die Kerze war zu dunkel, sie konnte gerade seinen Schemen ausmachen. »Lux!«

Ein neues, helles Licht entstand im Raum. Ihr Mann schrak vor dem Licht zurück, aber es gab keinen Schatten, in den das Wiesel sich flüchten konnte. Er stand direkt vor ihr, und in der Hand hielt er einen Dolch. Die Hand zitterte.

Inara lächelte. »Du willst mich töten? Mit so einem Ding? Wahrscheinlich durchs Herz, wie?« Sie trat auf Vortimax zu und versetzte ihm eine Ohrfeige. Der Dolch fiel zu Boden. Inara streichelte die Wange ihres Mannes. Sie näherte sich ihm auf Haaresbreite. Sie konnte hören, wie sein Atem schneller ging. Sie konnte seine Erregung fühlen.

»Du kannst mich nicht töten, das weißt du doch.«

»Ich liebe dich«, krächzte er. Erbärmlich. Er schob den Kopf vor, doch sie wich gleichermaßen zurück.

»In deinen Träumen.« Sie stieß ihn weg, und er stolperte zu Boden. Die Eindringlinge fielen ihr wieder ein. »Hast du diese Typen auf mich gehetzt?« Sein Blick verriet alles. Zorn loderte in ihr auf. »Darüber reden wir später«, herrschte sie. »Bring mir erst mal deine mächtigsten Zauberstäbe und Schriftrollen. Und Unsichtbarkeitstränke.«

Vortimax kauerte auf dem Boden und starrte sie an.

»Was?« Sie kippte den Heiltrank hinunter. »Worauf wartest du? Ich muss-«

»Ich liebe dich«, wiederholte Vortimax Weer. Aber noch bevor die Phiole durch ihre plötzlich steifen Fingern rutschte und auf dem Boden aufschlug, konnte Inara ihn schon nicht mehr hören.

-

Sie nahmen die Türe, vor der Inara gestanden hatte. Dahinter fanden sie einen großen Raum mit einem Pentagramm, dass nach innen gekehrt war. Trotzdem ließen sie es in Ruhe.

Die mittlere Tür, direkt gegenüber dem toten Tiger, führte anscheinend in Inaras persönliches Quartier. Der Raum war voller Zettel und Notizen, zu viele und zu verstreut, um daraus schnell einen Sinn zu lesen. Sie steckten die Papier ins tragbare Loch, ebenso wie die sehr umfangreichen Zauberbücher der Magierin und den seltsamen Anhänger, den sie unter den Papieren fanden.

Als Thamior die letzte Tür öffnen wollte – die beiden Gänge seitlich vom Tiger führten in kleine Säulenhallen, beziehungsweise vor Dirims Steinwand – löste sich ein purpurner Strahl. Er traf den Elfen direkt auf die Brust, aber außer einem kurzen Schmerz passierte nichts.

»Na toll«, sagte Boras, der ebenso wie Belandrus immer noch leicht blutete. »Du kriegst den Nadelstich, und wir kriegen die unheilbaren Tigerbisse.«

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Die Tür ging auf. Dahinter lag ein runder Raum. Mitten im Raum standen drei Gruppen von Leichen, aufrecht und scheinbar gefroren, zu einem Halbkreis. Erst standen dort fünf Zwerge, dann fünf Menschen, und auf der anderen Seite fünf Elfen. Ihre Haut war purpurn gefärbt, und sie waren bis auf einen Lendenschurz nackt. Frauen und Männer waren darunter. Sonst war der Raum leer, wenn sich auch auf den Wänden die Zeichnungen der Zauberweber fortsetzten.

»Hm«, machte Dirim. »Irgendwie komisch.« Er ging in den Raum hinein und berührte einen der Zwerge.

Sofort öffnete dieser den Mund, und der erste Elf wie der erste Mensch taten es ihm gleich.

Dann begannen sie zu reden.

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-

Vortimax Weer flog förmlich zu Inaras gefallenem Körper herüber. Er drehte sie auf den Rücken, noch während er den Dolch wieder aufhob. Die Zeit war knapp. Mit schnellen Bewegungen schnitt er ihr die Robe vom Körper, und die blutige Unterwäsche. Aus seiner Tasche nahm er einen unbehandelten Heiltrank. Er schob einen Arm in ihren Nacken und hob ihren Kopf. Ihre Haut war noch warm und formbar; erst in dreißig Minuten würde der Versigelungsprozess abgeschlossen sein. Bis dahin musste er sie gewaschen, neu gekleidet und in Position gebracht haben. Sie musste perfekt sein. Die Zeit war knapp.

Er flößte Inara den Heiltrank ein. Seltsam, dass selbst jetzt ihre Wunden sich noch schlossen, aber das war eben das Wesen der Magie. Er beobachtete, wie ihr Körper wieder so makellos wurde, wie er vor zwanzig Jahren gewesen war. Als er sie kennenlernte. Für einen Moment hatte er das Geschrei der Menschen, deren Lebenskraft Inara in genau diesem Keller entzogen hatte, während er zusah. Der Moment war schnell vorüber. Er untersuchte ihren Körper auf noch vorhandene Wunden – nichts. Zur Vorsicht gab er ihr noch einen Heiltrank. Plötzlich wurde ihm ihre Nacktheit bewusst. Er schluckte. Sie hatte es geliebt, mit seinen Begierden zu spielen, hatte es soeben noch getan.

Vortimax hob den Körper seiner Frau auf, um ihn nach oben zu tragen. Er hielt inne. Er betrachtete sie noch einmal eingehend, jetzt nicht mehr auf der Suche nach Wunden. Ihr Fleisch war noch warm. Die Zeit war knapp.

Sie würde schon reichen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. Mai 2007, 20:01:49
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Ein Wort zu den Statblocks: Inara war eine der letzten NSC, die ich mit dem "alten" Format gemacht habe. Noch in diesem Abenteuer findet eine Umstellung zu einer etwas anderen (aber nicht viel) Sortierung statt. Nur, dass ihr Bescheid wisst und nicht denkt, ich wäre betrunken oder so, wenn ich die Werte poste.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darastin am 22. Mai 2007, 21:25:57
Zwei Fragen:

- Was in aller Welt hat Belandrus mit dem armen Tiger gemacht  :o ?

- Bist Du sicher, daß Du das mit dem Save bei Energy Drain (http://www.d20srd.org/srd/spells/energyDrain.htm) richtig gemacht hast oder habt Ihr den Spruch gehausregelt?

Und der Gelationus Cube in der Fallgrube ist mies. Aber das Monster mit der schlechtesten RK von allen muß man einfach lieben 8)

Bis bald;
Darastin
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 22. Mai 2007, 21:44:02
Ich nebenbei hätte Irana eiskalt wiederkommen lassen. Ich hasse Bösewichte, die definitiv entkommen konnten und weiterhin das Potenzial zum Whipe haben aber ihn nicht versuchen.

@darastin
So schnell kanns gehen mit Monstern, ich musste die Erfahrung machen, daß die Wounding Verzauberung für einen Bogner ziemlicher No Brainer und heftig ist. CON-Damage rockt mit einem FDRA*.

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edit: ja Berandor, Blut genug aber auf der falschen Seite :twisted:
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 22. Mai 2007, 21:52:34
Gilvart, Darigaaz – bitte erinnert mich zu Anfang des nächsten Abenteuers daran, dass ihr einen Gastauftritt sicher habt. Nur, dass ich nicht vergesse, euch einzubauen.

Edit: Darastin, das war eine Falle mit Energy Drain. Laut Dragon hatte die Trefferwurf UND Rettungswurf... Fuck! Jetzt gerade lese ich den Zauber. Ich hatte gedacht: "Ist ja Zauber, also kann der RW nicht dafür sein, den Stufenverlust permanent zu machen. Muss also direkt erfolgen." Und jetzt lese ich Energy Drain (http://www.d20srd.org/srd/spells/energyDrain.htm). Damn. Aber so ist das mit "Halbwissen".

Belandrus kann seine Fäuste in Flammen setzen, wenn er Zauber dafür einsetzt. Je nach Grad bekommt er (glaube ich) 1w6 SP dazu. Dann Flurry of Blows und ein oder zwei Kritische... Bumm.

Darigaaz: Wäre Inara "frei" gewesen, so hätte ich sie wohl entkommen lassen – siehe Embril. Aber gleichzeitig musste Vortimax etwas tun. Wenn Inara die Kettenbrecher kalt macht, kommt sie sofort zu ihm, das war ihm klar. Also hat er das Gift gemischt. Um die Karten ganz auf den Tisch zu tun, wollte ich Vortimax einerseits nicht nur zum Hampelmann seiner Frau degenerieren lassen und ihn ein wenig rehabilitieren, ohne ihn zu einem "Guten" zu machen. Nach dem Gespräch mit den Kettenbrechern würde er entweder fliehen, sich wappnen oder riskieren, sich noch weiter zu erniedrigen und vielleicht verschont zu werden, sollte Inara überleben. Und so bleibt Weer uns erhalten. Außerdem hat Inara Weer für die SC keinerlei Geschichte und emotionale Relevanz. Sie hat ihre Rolle gespielt. Hätten die SC sie leicht entkommen lassen, hätte ich vielleicht anders reagiert, aber eigentlich war sie besiegt.

Ich stimme dir auch zu, dass ein normaler Rückzug für sie nicht in Frage gekommen wäre. Hätte sie fliehen können, ohne dass Vortimax sie killt – also quasi in einen eigenen Stützpunkt –, dann hätte ich sie wieder auftauchen lassen müssen. Dass sie einfach nur geht und nicht mehr wiederkommt – gerade bei einem hochstufigen Zauberwirker, wo ein Zauber ausreichen kann, um den Gegner zu vernichten – ist nicht sehr wahrscheinlich, zumindest nicht bei ähnlich veranlagten Charakteren. Der Pfeifer hingegen... na ja, das kommt ja noch.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 23. Mai 2007, 11:38:37
Zitat
Gilvart, Darigaaz – bitte erinnert mich zu Anfang des nächsten Abenteuers daran, dass ihr einen Gastauftritt sicher habt. Nur, dass ich nicht vergesse, euch einzubauen.

Ui, wie kommt man zu der Ehre, sag wenns losgeht, ich fahre auch gern für einen echten Gastauftritt bei dir durch Deutschland :lol: .

Zitat
Hätten die SC sie leicht entkommen lassen, hätte ich vielleicht anders reagiert, aber eigentlich war sie besiegt.

Nichts ist gemeiner als ''Wenn ich draufgehe dann nehme ich noch einenn mit.''

Ich erinnere mich an ein Schlüsselerlebnis als meine Gruppe einem statistischen Whipe trotzte und der Mummy Lord durch Death Throes (5ter Grad, Spell Compendium, für Kamikaze Caster ein Must Have Zauber :lol: ) den Cleric fast tötete (1 HP goddammit) und einen anderen SC zumindest zu Boden schickte (-5 HP).
Sowas wäre schön gewesen für Irana und hätte sie trotzdem besiegt. :wink:

Zitat
Ich stimme dir auch zu, dass ein normaler Rückzug für sie nicht in Frage gekommen wäre. Hätte sie fliehen können, ohne dass Vortimax sie killt – also quasi in einen eigenen Stützpunkt –, dann hätte ich sie wieder auftauchen lassen müssen. Dass sie einfach nur geht und nicht mehr wiederkommt – gerade bei einem hochstufigen Zauberwirker, wo ein Zauber ausreichen kann, um den Gegner zu vernichten – ist nicht sehr wahrscheinlich, zumindest nicht bei ähnlich veranlagten Charakteren. Der Pfeifer hingegen... na ja, das kommt ja noch.

Bei hochstufigen Castern besteht halt meist das Problem, daß sie, wenn sie einmal entkommen sind, das Potenzial haben, wiederzukommen und diesmal mit optimaler Strategie die Gruppe zu killen. Allerdings sollte das der Gruppe auch immer klar sein. Natürlich wäge ich bei ''Handlangern'' auch immer ab, bzw. erstelle eine Fanatism Score, in wieweit sie gewillt sind, noch einmal das Risiko einzugehen, den Arsch gewürzt zu bekommen. Denn genauso kann es ja sein, daß der Handlanger je nach Verlauf des Kampfes ebenfalls denkt, er habe das alles mit Müh und Not überstanden.
Is aber auch egal, Hauptsache, die Geschichte geht weiter.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darastin am 23. Mai 2007, 11:59:04
Zitat von: "Darigaaz"
@darastin
So schnell kanns gehen mit Monstern, ich musste die Erfahrung machen, daß die Wounding Verzauberung für einen Bogner ziemlicher No Brainer und heftig ist. CON-Damage rockt mit einem FDRA*.

Nach meiner Erfahrung sterben die besonders schönen Monster üblicherweise durch die Kombination:
Und wenn Du glaubst, wounding wäre bei einem MG-Bogner übel - nimm eine Mönchswaffe mit Greater Flurry. Oder gleich zwei davon  :twisted:


Zitat von: "Berandor"
Belandrus kann seine Fäuste in Flammen setzen, wenn er Zauber dafür einsetzt. Je nach Grad bekommt er (glaube ich) 1w6 SP dazu. Dann Flurry of Blows und ein oder zwei Kritische... Bumm.

Ah... nach dem Text klang es eher nach einem einzelnen Angriff. Natürlich spricht nichts dagegen die Wirkung mehrerer Angriffe als einen einzelnen zu beschreiben; nur wird es dann für Außenstehende nicht mehr ganz so leicht nachvollziehbar.

Was den Zauber betrifft: IIRC ist unser SL auch beinahe darauf 'reingefallen. Die haben halt der Vollständigkeit halber den DC mit angegeben; und es gibt sonst nur sehr wenige Zauber, bei denen der Save nicht direkt gewürfelt wird, da kann man schon mal als Reflex einen Save verlangen und dann erst schauen, was eigentlich passiert...

Die Sache mit Vortimax und Inara fand' ich so schon OK (es gibt nun wirklich genug Bösewichte mit IKW*-Potential in der Kampagne); konnten die SC denn auch mitkriegen was da passiert ist (bzw. werden sie es können)? Ich finde es immer schade wenn viele Dinge abseits geschehen und man als Spieler gar nicht mitkriegt, was eigentlich geschehen ist.

*IKW = Ich Komme Wieder.

Bis bald;
Darastin
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 23. Mai 2007, 12:06:11
Zitat
Mindestend drei Crits; ausgerechnet bei den dicksten Waffen.

Das unterstreiche ich dick und fett!!!
Ich habe noch nie so gekotzt wie bei der letzten Gruppe als der Stufe 11 Ranger im Schnitt 2 Crit.s pro Encounter gewürfelt hatte und die gesamte Gruppe damit Monster fast locker besiegte, die sie regeltechnisch und resourcentechnsich zum taktischen Rückzug zwingen sollten...unter anderem nen Black Half Dragon War Troll :rant: (ja tatsächlich, so unglaubliches Würfelglück hatten die, ich hätte denen nen Demi Lich schicken können auf Stufe 11 und die hätten's geschafft...)

Zitat
Und wenn Du glaubst, wounding wäre bei einem MG-Bogner übel - nimm eine Mönchswaffe mit Greater Flurry. Oder gleich zwei davon  :twisted:

Zum Glück mag keiner bei uns den Monk :blink: , weil das ne totale Powergamer-Klasse ist^^.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. Mai 2007, 13:08:54
Off-Topic:
Zitat von: "Darastin"

Zitat von: "Berandor"
Belandrus kann seine Fäuste in Flammen setzen, wenn er Zauber dafür einsetzt. Je nach Grad bekommt er (glaube ich) 1w6 SP dazu. Dann Flurry of Blows und ein oder zwei Kritische... Bumm.

Ah... nach dem Text klang es eher nach einem einzelnen Angriff. Natürlich spricht nichts dagegen die Wirkung mehrerer Angriffe als einen einzelnen zu beschreiben; nur wird es dann für Außenstehende nicht mehr ganz so leicht nachvollziehbar.


Ich schreibe ja sowieso nicht in "Runden" oder genau auf, was welcher Charakter wann getan oder getroffen hat. Jørgen hatte z.B. einen vollen Angriff gegen Inara, der auch sehr schmerzhaft war. Aber wenn man den Kampf etwas erzählerischer gestalten will, macht die Trefferpunkteregel eben nicht immmer mit: Ein Gegner kann nur soundso oft von einer großen Axt getroffen werden und nicht umfallen. Die meisten "Schaber, Abpraller, Blocker und Kratzer" sind im Spiel normale Treffer gewesen.

On-Topic: Die Sache mit kritischen und Inis kenne ich auch. Das ist überhaupt eine Sache bei D&D, dass es immer besser ist, mehr Gegner zu nehmen als nur einen. Wenn sich die Gruppe konzentrieren kann, dann hagelt es Schaden. Selbst, wenn man die Ini gewinnt, hat man eine Aktion gegen 5. Und wenn nicht... gute Nacht. Gleichzeitig sind aber mehr Gegner auch mehr Arbeit. Na ja. Die Spieler würden auch dann noch im rechten Moment den Kritischen Treffer machen. Das ist ein Feat mit der Voraussetzung "Spieler". Wenn ich nicht mehr leite, kann ich es endlich auch nehmen. :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 23. Mai 2007, 13:22:01
Eine meiner Lieblingstaktiken für Fullcaster:
Evard's Black Tentacles plus Reduce Person, Mass gefolgt von Cloud KIll.

Das Problem:
ohne Blocker schwer durchzubekommen und sie ist auf Stufe 9 immernoch immens abhängig von der Ini.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. Mai 2007, 13:35:33
Ach so: Ich hatte Inara nicht so eingestuft, dass sie unweigerlich bis zum Tode kämpfen würde. Im Grunde war sie ja nur da, um die Seelenpfeiler zu erforschen. Und in der Situation hätte eine weitere Aktion den Tod bedeutet. Ich finde, die meisten Gegner, die man trifft, sollten als Erstes überleben wollen. Das macht die Fanatiker, die dann weitermachen, umso erschreckender. Aber genug davon. :)

Im Übrigen habe ich nach dem letzten Spielabend von meinen Spielern gehört, dass ich nicht so viel Rücksicht nehmen müsse (es gab einen Moment, in dem eine perfekte Situation für Circle of Death und ähnliche Spielerein da war, Inara aber einen anderen Zauber versuchte (und nicht schaffte).). Also werde ich mir das zu Herzen nehmen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 23. Mai 2007, 14:25:22
Zitat von: "Berandor"
Na ja. Die Spieler würden auch dann noch im rechten Moment den Kritischen Treffer machen. Das ist ein Feat mit der Voraussetzung "Spieler". Wenn ich nicht mehr leite, kann ich es endlich auch nehmen. :)


Komisch, ich hatte immer das Gefühl das sei ein SL Feat.

Sehr schöne Story Hour, und ich möchte mal Anmerken, dass ich es sehr gut finde, dass Inara nicht zurückkam. Ganz ehrlich, wenn es schon einmal schief gegangen ist, und man nur ganz knapp mit dem Leben davon gekommen ist, warum sollte das noch mal riskieren, spricht viel dafür, das es beim zweiten mal schlechter ausgeht. " Auch wenn es in diesem Fall nicht der Grund dafür war, weshalb sie nicht nochmal auftaucht, kommen mir diese ganzen IKW Fieslinge, die es dann beim zweiten mal erwischt irgendwie unglaubwürdig vor.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 23. Mai 2007, 14:33:42
Zitat von: "Berandor"

Im Übrigen habe ich nach dem letzten Spielabend von meinen Spielern gehört, dass ich nicht so viel Rücksicht nehmen müsse (es gab einen Moment, in dem eine perfekte Situation für Circle of Death und ähnliche Spielerein da war, Inara aber einen anderen Zauber versuchte (und nicht schaffte).). Also werde ich mir das zu Herzen nehmen.

Ich war da aber nicht dabei.

Kylearan, memmt
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 23. Mai 2007, 16:30:47
Zitat von: "Kylearan"
Zitat von: "Berandor"

Im Übrigen habe ich nach dem letzten Spielabend von meinen Spielern gehört, dass ich nicht so viel Rücksicht nehmen müsse (es gab einen Moment, in dem eine perfekte Situation für Circle of Death und ähnliche Spielerein da war, Inara aber einen anderen Zauber versuchte (und nicht schaffte).). Also werde ich mir das zu Herzen nehmen.

Ich war da aber nicht dabei.

Kylearan, memmt


Ich auch nicht - oder geistig abwesend  :!:

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 23. Mai 2007, 16:40:30
Nee, das war auf der Rückfahrt. Und wer hats gesagt? Dirim, ist doch klar. :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Furlong am 24. Mai 2007, 00:09:00
Immer diese Zwerge. Wenn sie nicht umgehauen werden, war's zu einfach.

Furlong
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Hedian am 24. Mai 2007, 01:07:36
Zitat
Boras machte drei große Schritte. Er zog Blutrache und ging in die Hocke, dann sprang er vorwärts. Am höchsten Punkt seines Sprungs schlug er zu.


Wurde diese Aktion regeltechnisch irgendwie besonders behandelt (habe mir seit Ewigkeiten vorgenommen, mir mal Gedanken darüber zu machen, wie genau ich meinen ständig im Luftsprung zuschlagenden Mönch handhabe; wenn man in dieser Situation einen normalen Angriffswurf gestattet erschleicht sich der Spieler damit quasi eine Spring Attack)?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 24. Mai 2007, 12:01:31
Wenn der Charakter wirklich springt, dann handhabe ich das als Sturmangriff. Ja, wahrscheinlich würde ich das als erschlichene Spring Attack gelten lassen. Aber vielleicht auch nicht. In den Momenten, wo das bislang bei uns vorkam, war der Gegner a) danach kampfunfähig, b) schon vorher festgehalten, c) konnte keine GA durchführen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 24. Mai 2007, 12:06:25
Regeltechnisch geht es auch nur mit mindestens Spring Attack, da Jump während der Bewegung geschieht und der Schlag als Standard Action nach der Move Action erfolgt, aber nur mit Spring Attack darf man sich vor und nach der Attacke bewegen.

Noch spitzfindiger wäre es zu sagen, daß ein Sprung Bewegung ohne Boden ist und man dementsprechend Fly By Attack für diese Art Manöver bräuchte ;).
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 24. Mai 2007, 12:28:50
Um ehrlich zu sein, habe ich kurz überlegt, den Angreifer am Ende der Runde "im Sprung" zu lassen. Der Fall erfolgt dann bei seiner nächsten Initiative. Er hält sich also quasi am Ziel fest oder rammt die Waffe zu tief rein und bleibt stecken oder so.

Wenn ihr übrigens Zeit habt: Ich wollte mal probierweise ein Wiki starten, also habe ich eins für diese Kampagne gestartet:

Stadt in Ketten-Wiki (http://www.p-pricken.de/wiki/index.php/Hauptseite)

Wenn euch ein Beitrag einfällt, der da fehlt, könnt ihr ja einen Link setzen oder ihn gleich schreiben. Noch steht allerdings nicht viel drin, und es wird sicher auch nicht Inhalte hageln. Aber so mit der Zeit...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Serath am 25. Mai 2007, 14:46:37
Das Wiki ist klasse. Vorallem deine Übersetzung des Diplomatiesystems von Rich Burlew find ich gut, jetzt muss ich es nicht mehr auf Englisch benutzen.  :D Natürlich nur, wenn du nichts dagegen hast.  :)
Auch wie du die restlichen sozialen Skills behandelst fand ich sehr inspirierend, da ich schon lange mit ihnen unzufrieden bin.

Ich weiß, dass hat jetzt nicht soviel mit Stadt in Ketten zu tun, aber die Story Hour lese ich ja sowie so schon regelmäßig.

Da fällt mir dann aber doch noch eine Frage ein. Was hat es mit diesem ominösen Milo auf sich? Der wird als ehmaliges Mitglied der Kettenbrecher geführt, doch kann ich mich nur an sehr kurze Auftritte von ihm erinnern, ehe er dann auf einmal wieder verschwand. War das nur ein kurzer Versuchscharakter von einem Spieler, der dann doch nicht gefiel?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 25. Mai 2007, 14:53:55
Ich fand die Kirchenränge sehr spannend, Hat Dirim einen solchen (ich denke schon, oder) und ist denn Dirim tatsächlich die Ränge einzeln hochgeklettert ?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 25. Mai 2007, 15:02:38
Zitat
Um ehrlich zu sein, habe ich kurz überlegt, den Angreifer am Ende der Runde "im Sprung" zu lassen. Der Fall erfolgt dann bei seiner nächsten Initiative. Er hält sich also quasi am Ziel fest oder rammt die Waffe zu tief rein und bleibt stecken oder so.

Fällt für mich unter die Kategorie, sich als DM über die Regeln hinwegsetzen zu können und dem Spieler oder dem Monster dies zu gestatten.

Ansonsten klingt es für mich immer wie: Nein, du darfst dem Gegner keinen Sand in die Augen streuen, weil es für sowas ein extra Talent gibt und das hast du nicht...
Geile Aktion aber. Auf jeden Fall.

Zu Wiki:
Die Helden wären natürlich schön als Stat Block lesen zu können.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 25. Mai 2007, 15:06:14
Zitat von: "Darigaaz"

Zu Wiki:
Die Helden wären natürlich schön als Stat Block lesen zu können.

Allein die Zeit... Helion könnte ich mal einpflegen zum Zeitpunkt seines Ablebens. Jörgen ist eher langweilig...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 25. Mai 2007, 18:04:13
Das ist egal, wie langweilig sie sind, ich brauche immer NSC-Anregungen^^.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 28. Mai 2007, 01:09:53
Wir haben heute gespielt. Was soll ich sagen?

The shit has hit the fan
the gloves have come off
the heat is on

Es wird euch gefallen...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 28. Mai 2007, 01:16:57
Toll, setz dich gefälligst jetz noch die Nacht hin und schreib's fertig! :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 28. Mai 2007, 13:52:12
Zitat von: "Berandor"
Wir haben heute gespielt. Was soll ich sagen?

The shit has hit the fan
the gloves have come off
the heat is on

Es wird euch gefallen...

Hat es uns. Schluss mit lustig. Im Namen der Freiheit erklären wir dem Verbrechen den Krieg.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 28. Mai 2007, 17:13:25
Zitat von: "Topas"
Ich fand die Kirchenränge sehr spannend, Hat Dirim einen solchen (ich denke schon, oder) und ist denn Dirim tatsächlich die Ränge einzeln hochgeklettert ?


Dirim hat Rang 3 inne; wie ihr euch vielleicht erinnert, ist "offiziell" Beregard zum Tempelvorsteher ernannt worden.

Zitat von: "Berandor"

»Hm«, machte Dirim. »Irgendwie komisch.« Er ging in den Raum hinein und berührte einen der Zwerge.

Sofort öffnete dieser den Mund, und der erste Elf wie der erste Mensch taten es ihm gleich.

Dann begannen sie zu reden.


Als kleine Vorschau schon mal Die Geschichte von Karran-Kurral (http://www.p-pricken.de/divers/kurral.zip) (7.2 MB zip, MP3)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 29. Mai 2007, 13:40:35
Die Gastauftritte waren auch gut.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 29. Mai 2007, 15:24:22
Warum sprechen die eigentlich Common? Wieviel davon ist eigentlich Teil des AP und wieviel einfach nur aus Berandors krankem Hirn entsprungen?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 29. Mai 2007, 15:34:02
Zitat von: "Topas"
Warum sprechen die eigentlich Common?

Die sprechen Common, Zwergisch und Elfisch - je nach Volk. Laut Berandor ist das Gemurmel im Hintergrund entsprechend Zwergisch und Elfisch.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 29. Mai 2007, 16:34:16
Ja. Es spricht immer gleichzeitig ein Zwerg, ein Elf und ein Mensch. Die Elfen und Zwerge habe ich aber, der Überschaubarkeit wegen, nicht jeweils anders moduliert. Stell dir das vor wie bei Interviews, wo man den Originalton hört und lauter dann den Übersetzer. So in etwa.

Im Übrigen sind es echte elfische und zwergische Worte, die ihr da hört, zumindest wenn man den Wörterbüchern im Internet glauben darf. Ich habe die alphabetische Vokabelliste einfach von oben nach unten gelesen und satzähnliche Pausen gemacht :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Hedian am 29. Mai 2007, 20:48:59
Zitat von: "Darigaaz"
Zitat
Um ehrlich zu sein, habe ich kurz überlegt, den Angreifer am Ende der Runde "im Sprung" zu lassen. Der Fall erfolgt dann bei seiner nächsten Initiative. Er hält sich also quasi am Ziel fest oder rammt die Waffe zu tief rein und bleibt stecken oder so.

Fällt für mich unter die Kategorie, sich als DM über die Regeln hinwegsetzen zu können und dem Spieler oder dem Monster dies zu gestatten.

Ansonsten klingt es für mich immer wie: Nein, du darfst dem Gegner keinen Sand in die Augen streuen, weil es für sowas ein extra Talent gibt und das hast du nicht...
Geile Aktion aber. Auf jeden Fall.


Berandors Überlegung wäre sicher die regeltechnisch korrekte Auslegung der Aktion, aber das finden wir wohl alle blöd. Es braucht also meines Erachtens eine einfach handhabbare Regelung, die halbwegs realistisch bleibt. Beispielsweise einen normalen Angriff mit einem Malus von -x der reflektiert, dass hier nur ein Angriff statt der Reihe von Angriffen, die ein Angriffswurf eigentlich repräsentiert, abläuft. Vielleicht noch ein zusätzlicher Tumble-Wurf weil so ein Angriff eine akrobatische Herausforderung darstellt. Einen Angriff im Sprung generell als Charge zu behandeln find ich auch gut.


Thumbs up für Spielerstats im Wiki, da kann man die dann jederzeit bequem nachschauen, wenn sich während SH-Genuss Fragen ergeben. So viel Arbeit ist das ja nun auch nicht...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 30. Mai 2007, 09:34:58
Zitat von: "Hedian"
Thumbs up für Spielerstats im Wiki, da kann man die dann jederzeit bequem nachschauen, wenn sich während SH-Genuss Fragen ergeben. So viel Arbeit ist das ja nun auch nicht...

Dazu muss ich Helions letzten Bogen noch finden - und Zeit ist momentan rar gesät. Könnte aber morgen Abend klappen...

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 30. Mai 2007, 09:53:49
Eine alte Version von Jorgen ist online (http://www.p-pricken.de/wiki/index.php/J%C3%B8rgen_von_Velbert).

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 30. Mai 2007, 15:24:21
Zitat von: "Topas"
Wieviel davon ist eigentlich Teil des AP und wieviel einfach nur aus Berandors krankem Hirn entsprungen?


Im Dungeon steht:
Zitat
When a mighty cataclysm to the west transformed a spell weaver city into the smoking crater known as the Demonskar, the spell weavers themselves faded from prominence.
(...)
Driven by alien desires and a great understanding of necromantic magic, the spell weavers built a tomb designed to garner ever more insight into frozen death. In the twistes spell weaver mind, the forces of cold and death held some mystical connection, the understanding of which promised ever greater arcane power. Deep in the heart of the dormant volcano, the spell weavers built their insidious laboratory/tomb, where they blended the forces of necromantic magic, the magical essence of cold, and the undead flesh of members of their own race. (...) [K]nowing neither conscience or mercy, the spell weavers used dead slaves and captives of other races in their necromantic rites as well.
(...)
In delving between the magical essences of ice and death, the spell weavers discovered a number of strange arcane formulae that dealt with the merging of worlds.


Die Bibliothek funktionierte auch anders:
Zitat
The room holds fifteen corpses, five each of dwarves, elves, and humans. Each is covered with spell weaver runes and glyphs. Anyone who succesfully reads the glyphs learns that the cropses record the history of Karran-Kurral and its creators. The history is brief, but it outlines the spell weaver belief that a fundamental connection exists between the magical essence of death and cold and that the tomb was built to explore that connection.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 30. Mai 2007, 21:00:21
Der gewaltige Drache lag am Boden. Seine Flügel zuckten unkontrolliert, sein Körper war gebrochen. Kheyne stand dicht vor seiner Schnauze, doch Vitriss Bale hatte nicht einmal mehr die Kraft, zuzuschnappen. Trotzdem lachte er gurgelnd.

»Ihr denkt, ihr habt mich besiegt? Töte mich, Mensch, und du machst mich mächtiger, als du es dir in deinen kühnsten Träumen vorstellen kannst.«

Weißes Feuer entbrannte in Kheynes Händen.

Vitriss Bale spuckte Blut. »Dies ist nicht das Ende.«

Kheyne zuckte mit den Schultern. »Wir werden wiederkommen. Und dich noch einmal töten.«

Dann trieb er seine Faust dem Drachen ins Auge.


– Der Kessel brodelt, Villian der Sanftmütige, 1358 TZ (Fragment)

Eis und Tod

Die Statuen sprachen von der Geschichte Karran-Kurrals. Sie erzählten von Ebenen, die verschmolzen wurden, von nekromantischen Ritualen, von der Verbindung aus Eis und Tod. Sie berichteten, wie eine Menschenarmee unter der Führung von Surabar Zaubermeißel das Ende des Komplexes darstellte. Sie erzählten von den Seelenpfeilern, die das Wissen der Toten anzapfen konnten.

Die Kettenbrecher hörten gespannt zu, bis die Statuen geendet hatten. Dann wandte Dirim sich an die Gefährten.

»Hilft uns das?« Keiner wusste eine Antwort. »Na, dann weiter.«

Dirim zog Schuldspruch und marschierte zu der von ihm beschworenen Steinwand. Mit der Klinge aus Adamant war es ein Leichtes, die Mauer zu zerschlagen, sodass die Kettenbrecher ihren Weg fortsetzen konnten. Hinter der Wand lauerte ein runder Raum, in der Mitte ein leeres Podest, darum herum die Überreste einer zerstörten Statue. Ein Gang führte aus dem Raum hinaus und um eine Ecke.

Thamior schlich vor. Er sah eine weitere Tür am Ende des Ganges, und dahinter hörte er ein leises Grollen, ein tierischer Laut. Thamior bedeutete den anderen, sich kampfbereit zu machen. Die Kettenbrecher nahmen Aufstellung an der Tür: Boras und Jørgen vorne, Dirim in der Mitte, dann Thamior und Belandrus. Boras öffnete die Tür – und fand sich Auge in Auge mit einem Panther von der Größe eines Elefants, noch dazu mit zwei Tentakeln, die dem Tier aus den Schultern wuchsen.

Sofort fuhr Blutrache auf das Tier hernieder, einmal, zweimal, dreimal. Doch bei jedem Schlag erwies sich die Position des Panthers um einen Schritt weiter rechts oder links zu sein, gerade genug, um von den Schlägen nicht getroffen zu werden.

Läuterung hatte auch nicht viel mehr Glück. Es gelang Jørgen, ein paar Kratzer zu verursachen, aber außer dem Versetzungseffekt schien das Tier auch noch eine große Schmerztoleranz zu haben. Jørgen trat an dem Tier vorbei in den Raum hinter der Tür, sowohl um sich denselben genauer anzusehen, wie auch um Belandrus Platz zu machen. Der Raum war rund, aber der Boden erstreckte sich nur über ein kleines Stück an der Tür und eine schmale Eisbrücke, die über den Abgrund hinausragte. Aus der Tiefe erhoben sich drei schmale Pfeiler aus grauem, ledrigem Material. Außer Jørgen und dem Versetzungsbiest war noch ein weiterer Gegner anwesend: eine humanoide Gestalt mit einem Zweihänder, deren Umrisse verschwommen waren. Gerade, als Jørgen die Gestalt sah, verschwand sie.

Belandrus nutzte den Platz, den Jørgen ihm gelassen hatte, und sprang vor. Seine Faust traf das Tier einmal, ohne es großartig zu beeinflussen. Es knurrte und biss nach Jørgen, verfehlte aber. Dann schlug es mit seinen Tentakeln nach Belandrus und Dirim. Belandrus wich gekonnt aus.

Dirim hob den Schild und blockte den Schlag. Dabei fiel sein Blick zur Seite. Dort stand nun der seltsam verwaschene Mann, bereit zum Sturmangriff. So nicht! Dirim wirbelte so schnell herum, wie es sein gepanzerter Körper erlaubte.

»Tyr, zeige diesem hinterhältigen Geschöpf, dass Gerechtigkeit nicht harmlos ist!«

Das Wesen erzitterte, als Dirims zu einem Strahl verwandelter Zauber vor seine Brust prallte. Kurz stemmte es sich gegen die Magie, aber dann brachen überall an seinem Körper Wunden auf. Mühsam taumelte der Verschwommene vor und stieß seine Faust gegen Thamiors Brust.

Der Elf blinzelte. Im Bruchteil eines Atemzugs sah er alles vor sich, was in der nächsten Minute geschehen würde, als ihn die Berührung des Verschwommenen in die Zukunft schickte. Aber dann wehrte er den Zauber ab und kehrte in die Gegenwart zurück.

»Ich habe deinen Tod gesehen«, sagte der Elf. Er spannte den Seelenbogen und zielte. »So sah er aus.« Sein Pfeil ging dem Verschwommenen direkt in den Hals.

Der Rest war Aufräumen. Das Versetzungsbiest war hartnäckig, aber schwerfällig, und gegen die geballte Macht der Kettenbrecher hielt es nicht mehr lange durch. Jørgen hatte noch nicht einmal den Todesstoß gesetzt, da hatte sich Dirim schon die Wesirlinse aufgezogen und betrachtete die drei Säulen durch ihr Vergrößerungsglas.

»Das sind nicht die Seelenpfeiler«, sagte er, »aber eine kleine Version davon. Damit verfügt man in etwa über das Wissen eines Halbgottes – wenn man die richtigen Fragen stellt.«

»Das können wir uns für später aufheben«, sagte Jørgen. »Inara könnte jeden Moment zurückkommen.«

»Die traut sich nicht«, sagte Thamior. Boras pflichtete ihm bei.

»Man weiß nie«, sagte der Paladin. »Wollt ihr von einem Blitzstrahl in den Rücken getroffen werden?«

»Es gibt kein vorne und hinten im Kampf«, sagte Ki'Annan.

»Das hättest du mal Thargad erklären sollen«, sagte Thamior. »Der hätte dir was erzählt.«

Für einen Moment herrschte Stille, als sie an ihre Toten dachten: die Kettenbrecher an alle Gefallenen, Jørgen an jene, die er schon hatte sterben sehen, und Belandrus natürlich an seinen Bruder. Wo er jetzt wohl war?

-

»Weiter«, sagte Jørgen schließlich. »Zur anderen Seite.«

Auch dort war ein runder Raum, aber dieser war nicht leer. Auf dem Podest in der Mitte stand immer noch eine große Zauberweberstatue aus Eis.

Boras grinste. »Wolln wir doch mal sehen«, sagte er und hob die Axt. Das nahm die Statue, die zur Überraschung keines der Kettenbrecher in Wahrheit ein Konstrukt war, zum Anlass, anzugreifen.

Boras schlug zu, als sich der Kristalldiener von seinem Podest bewegte. Blutrache rutschte an der Eisschicht ab und verursachte nur einen kleinen Kratzer, der sofort wieder überfror. Auch Jørgens Schlag hatte nicht mehr Erfolg. Der Kristalldiener streckte die Hand aus und berührte den Paladin am Arm. Jørgen spürte, wie ihm das Leben ausgesaugt wurde. Er stieß das Konstrukt von sich.

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Belandrus breitete die Arme aus. »Hast!«, rief er. Die Kettenbrecher spürten, wie ihre Bewegungen magisch beschleunigt wurden.

Dirim schlug mit Schuldspruch zu und trieb das Konstrukt in die Arme von Boras. Der Barbar schlug seine Axt wie einen Eispickel tief in den Rücken des Wesens, ohne das es auch nur reagierte. Er stieg auf das Podest und trennte dem Kristalldiener fast den Kopf von den Schultern. Das Konstrukt war unbeeindruckt.

»Platz da!«, rief Thamior. Der Seelenbogen schimmerte vor Macht, als er das Seelenfeuer aktivierte. Thamior feuerte einen Pfeil nach dem anderen auf den Kristalldiener ab. Die Pfeile sprengten große Eisstücke ab. Der erste Pfeil feuerte dem Kristalldiener den Kopf endgültig von den Schultern, der zweite und dritte rissen ihm das rechte Bein ab, der vierte kostete ihn eine seiner sechs Hände. Der fünfte Pfeil prallte dem Konstrukt direkt auf die Brust. Risse zogen sich durch den Körper des Kristalldieners, und es knackte laut. Aber das Konstrukt stand noch.

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Bis Belandrus mit brennender Faust gegen die Einschusstelle schlug, und den Kristalldiener in hundert Teile zerschmetterte.

»Weiter!«, rief Jørgen, »Bevor Belandrus' Zauber endet!«

Die Kettenbrecher hasteten aus dem Raum und durch den nächsten Gang, dreißig Schritt abwärts, bis sie vor einer letzten Tür standen. Die Insignien auf dieser Tür waren anders als bei allen anderen: Hier waren fünf große Säulen zu sehen, und ein Licht, das von ihnen ausging – die Seelenpfeiler? Thamior war als erstes an der Tür und öffnete sie, als Dirim sie erreichte.

-

Die Seelenpfeiler glichen den Säulen in dem anderen Raum, nur dass sie etwa doppelt so dick waren. In ihrem grauen Material schienen Gesichter zu schwimmen. Eine breite Eisbrücke führte in die Mitte der fünf Säulen, der Boden vor der Eisbrücke war abschüssig und führte ohne Brüstung direkt in den Abgrund.

Jørgen war der erste an der Eisbrücke. Er konzentrierte sich, um böse Auren zu erkennen, auch wenn er insgeheim ahnte, dass die Seelenpfeiler keine Gegenstände des Guten waren. Aber sie lagen noch außerhalb seiner Spürweite. Er machte noch ein paar Schritte auf der Brücke. Da! Da war etwas Böses. Aber es waren nicht...

Jørgen starrte plötzlich in ein Auge, so groß wie sein Schild. Das Auge gehörte zu einem großen Kopf, und der Kopf gehörte zu einem gewaltigen Körper mit grünen Schuppen und ledrigen Schwingen – jedenfalls waren sie bestimmt ledrig gewesen, bevor das Fleisch von den Knochen gefallen war.

Drache! schoss es Jørgen durch den Kopf. Untot!, und: Groß!

Der Drachenleichnam Vitriss Bale öffnete den Rachen. Jørgen blickte direkt hinein, und ihm wurde mulmig. Instinktiv hob er den Schild vor sich.

Die anderen hatten den Kopf gewandt, als der Kopf des Drachen am Ende der Eisbrücke erschienen war. Thamiors Augenbrauen gingen in die Höhe, als die Macht dieser Kreatur über ihn hinwegwusch. Im selben Moment sagte Boras: »Scheiße.«

Wie zur Bestätigung war genau das der Moment, in dem Vitriss Bale Säure spie.

Dirim wusste nicht, wie, aber irgendwie schaffte er es, sich hinter Seelenblick zu verschanzen. Hinter ihm stießen sich Thamior und Belandrus von gegenüberliegenden Wänden ab, um dem Odem zu entgehen, während Boras voll erwischt wurde. Die Macht des Odems trieb sie ein paar Schritt über das Eis zurück, warf sie aber nicht um.

Thamior landete auf den Füßen und war mit einem Satz in der großen Kammer. Er hob den Seelenbogen und schoss instinktiv den ersten Pfeil ab. Für den zweiten nahm er sich etwas mehr Zeit. Vom Drachen war immer noch nur der Kopf zu sehen. Thamior zielte – und blickte dem Drachen in die Augen. Eine solche Bösartigkeit lag in seinem Blick, dass sie dem Elfen in die Glieder fuhr. Thamior stellte fest, dass er sich nicht bewegen konnte.

Belandrus bekam davon gar nichts mit. Er rollte unter Dirims Schild hindurch. Noch im Aufstehen beschwor er die Magie in seinem Blut: »Flammenstrahl!« Drei Feuerlanzen wogten auf den Gegner zu. Jetzt erst bekam Belandrus ihn zu sehen. Die Feuerlanzen fraßen sich in den Schädel des Untiers und brannten ein Stück totes Fleisch weg.

Dirim klopfte Belandrus anerkennend auf die Schulter. Sie fühlte sich merkwürdig verspannt an. Der Mönch war von dem Blick des Drachen gelähmt worden.

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Dirim sah Vitriss Bale direkt in die Augen. Er zwinkerte ihm zu. »So leicht geht das nicht.« Er hob die rechte Hand: »Tyr, reinige dieses unheilige Geschöpf!«

Heilige Flammen rasten auf den Drachen nieder. Vitriss Bale zuckte nicht einmal, als seine Zauberresistenz Dirims mächtigsten Angriffszauber zunichte machte. Dann kletterte der Drache an der Eisbrücke entlang und zog sich auf das Podest hoch.

Jørgen rannte ihm hinterher und drang mit Läuterung auf ihn ein. Das Schwert verfing sich einmal in den Knochen des Drachen, schlug aber gleichzeitig einen guten Fetzen Haut ab. Und dann war da ja noch Boras.

Boras sah, wie zwei seiner Freunde im Blick des Drachen erstarrten. Das machte ihn wütend. Sehr wütend. Er stürmte auf den Drachen zu und brüllte ihm einen Kampfschrei entgegen. Vitriss Bale schlug nach ihm, aber Boras sprang über die Pranke hinweg und jagte dem Drachen Blutrache direkt in den Hals. Der Drache schüttelte sich, dann biss er zu.

Diese Kälte! Es war die Kälte des Todes. Boras fühlte, wie sie in seine Glieder drang. Er konnte sich nicht mehr bewegen. Hilflos sah er mit an, wie Vitriss Bale die Klaue zu einem weiteren Schlag erhob.

»Nein!«, rief Jørgen. Er sprang vor. Ein Flügelschlag trieb ihn zur Seite, dann musste er dem Schwanz des Drachens ausweichen. Ein zweiter Flügel prallte gegen seinen Schild und warf ihn zurück. Er musste zu Boras kommen, er musste...

Die Drachenklaue stieß zu. Boras Brust wurde aufgerissen, der Barbar herumgewirbelt. Blut und Fleisch und Muskelmasse spritzte durch die Gegend. Boras krachte zu Boden und blieb dort liegen. Reglos.

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Der Drachenleichnam zog ledrige Lefzen zurück und sah sich um. Thamior und Belandrus waren erstarrt. Boras war tot oder so gut wie tot. Dirim stand in einiger Entfernung, Ki'Annan über ihm schwebend. Und bei ihm, in Biss-, Klauen-, Flügel- und Schwanzreichweite, der schwitzende und blutige Paladin.

Jørgen lockerte seine Schultermuskulatur. »Na komm«, rief er, »beiß dir die Zähne aus!«
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 30. Mai 2007, 21:19:39
Kristalldiener (Inveitable: Kolyarut) [CR 12] (http://www.d20srd.org/srd/monsters/inevitable.htm#kolyarut) (link zur SRD)

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Für Vitriss Bale hatte ich extra einen Neuen Statblock angelegt – den ich dann prompt nicht dabei hatte. Ich musste mich mit dem alten begnügen (und habe direkt den lähmenden Blick verpennt, s.o.)

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 31. Mai 2007, 11:56:25
Die untoten Drachen werden die Welt beherrschen!
Nice! -16TP!
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 31. Mai 2007, 12:12:20
Der Kampf war heftig - auf beiden Seiten. Auch wenn er nicht sehr lange ging.
Allerdings muß ich auch dazu sagen, daß wir ein Schweineglück hatten, bis zu diesem Zeitpunkt niemanden verloren zu haben.

Erstmal vergeigten Belandros und Thamior bei der frightfull presence und bekamen -2 auf ihre Würfe. Glücklicherweise entkamen sie dem Odem ganz durch Evasion. Dann vergaß Berandor den lähmenden Blick bei Thamior, was dem aber nichts nützte, da er daneben schoß (jaja, ich würfel auch mal 6 und niedriger in Folge, womit ich dank frightfull presence und rapid shot nicht über 26 oder 28 kam).
Allerdings verpeilte er den Blick auch bei Belandros und dessen Flammenstrahlen trafen voll mit sehr gutem Schadensergebnis - danach fiel Berandor der Blick ein und Belandors erstarrte, hatte aber schon mächitg ausgeteilt.

Boras ereilte das gleiche Glück, wie die Statue zuvor und war damit auch aus dem Kampf.

Noch 2 Kettenbrecher standen, allerdings ziemlich wackelig und der Drache hatte 5 Angriffe auf Jorgen.

Berandors Vorhersage, daß mindestens 1-2 Kettenbrecher sterben werden war ziemlich optimistisch...  :twisted:

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pestbeule am 31. Mai 2007, 12:18:29
Zitat
»Es gibt kein vorne und hinten im Kampf«, sagte Ki'Annan.


Haha, der war gut! :D
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 31. Mai 2007, 14:33:48
Zitat
5w6 Vampirgriff!

Ich würfele eine 7. Ja, insgesamt.

mit einzelnen Würfeln wird das bei Sechsseitern auch schwierig. :wink:

Ansonsten hat Berandor sicher ein paar Skillpunkte in Perform(Cliffhanger) investiert.
Oder ist das ein Skilltrick ? Wann kommt denn das Update, nachdem wir wissen ob es wieder mal neue Kettenbrecher geben wird. Wiedererwecken klappt ja noch immer nicht, oder irre ich mich da ?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 31. Mai 2007, 14:39:35
Dracolichs können nix^^. Jedenfalls solange ein Radiant Servant in der Gruppe mitrennt (*knippsdasLichtan* Wer is da? Oh, nur ein Häufchen Asche...*knippsdasLichtwiederaus*)
Aber die Kettenbrecher haben sowas ja nicht  8)  . Hoffentlich gabs noch nen knappen Fight.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: endier am 31. Mai 2007, 14:57:27
Zitat von: "Darigaaz"
Dracolichs können nix^^. Jedenfalls solange ein Radiant Servant in der Gruppe mitrennt (*knippsdasLichtan* Wer is da? Oh, nur ein Häufchen Asche...*knippsdasLichtwiederaus*)
Aber die Kettenbrecher haben sowas ja nicht  8)  . Hoffentlich gabs noch nen knappen Fight.


Der muß aber auch min 16. Stufe sein, sonst kommt er nicht an die 20 HD ran
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darigaaz am 31. Mai 2007, 15:54:01
Nicht unbedingt, mit Phylactery of Undead Turning bekommst mal nebenbei +4 auf Turn Level. In Bereichen, in denen man CR 16 Viechern begegnet kann das für schlappe 11k Gold durchaus drin sein ;).
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darastin am 31. Mai 2007, 16:34:42
Zitat von: "Darigaaz"
Dracolichs können nix^^.

Jupp. 8) Dieses spezielle Exemplar hielt bei uns gerade mal eine Runde durch. Wir waren aber auch besonders gemein: der Schamane hat mehrere Fire Seeds gezaubert und dem Spellthief gegeben. Ein voller Angriff später und das Ding war nur noch ein Aschehaufen. Das scheint hier ja wesentlich spannender zu werden :)

Bis bald;
Darastin
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 31. Mai 2007, 17:08:54
Zitat von: "Darastin"
Das scheint hier ja wesentlich spannender zu werden :)

Du darfst nicht vergessen, dass wir jede Art von Vorabinformation ignorieren, uns nicht vorbereiten (siehe Kampf gegen Embryl) und vor diesem Kampf eine Menge Resourcen verbraten haben. Jorgen z.B: hatte noch einmal Turn UNdead (für Divine Might), kein Smite Evil mehr und noch genau einen Action Point. Ach ja, 21 der 30 Trefferpunkte durch die Paladinstufen waren auch schon verbraten. Nur Trefferpunkte waren voll (110) und durch Divine Vigor um 26 erhöht.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 31. Mai 2007, 17:23:28
Zitat von: "Kylearan"
Zitat von: "Darastin"
Das scheint hier ja wesentlich spannender zu werden :)

Du darfst nicht vergessen, dass wir jede Art von Vorabinformation ignorieren, uns nicht vorbereiten (siehe Kampf gegen Embryl) und vor diesem Kampf eine Menge Resourcen verbraten haben. Jorgen z.B: hatte noch einmal Turn UNdead (für Divine Might), kein Smite Evil mehr und noch genau einen Action Point. Ach ja, 21 der 30 Trefferpunkte durch die Paladinstufen waren auch schon verbraten. Nur Trefferpunkte waren voll (110) und durch Divine Vigor um 26 erhöht.

Kylearan


Korrektur: Jørgen hatte noch 3 Actionpoints. Irgendwie habe ich mir das gemerkt...

Das nächste Update (Titel: "Das Ende des Wegs") ist schon fertig :D

Danach können wir dieses Kapitel endlich abschließen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 31. Mai 2007, 18:00:10
Zitat von: "Berandor"
Korrektur: Jørgen hatte noch 3 Actionpoints. Irgendwie habe ich mir das gemerkt...

Stimmt, zwei habe ich bis hierher aber schon verbraten - zwei Mal Divine Might für mehr Schaden (letztlich hebe ich damit die DR auf).

Ja, und dann ... dann kommt das Ende.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 31. Mai 2007, 18:15:39
Zitat

Das nächste Update (Titel: "Das Ende des Wegs") ist schon fertig


Und wo bleibt es ?
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 31. Mai 2007, 18:35:38
Es ist schüchtern und traut sich nicht raus...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pestbeule am 31. Mai 2007, 20:18:55
Zitat
Du darfst nicht vergessen, dass wir jede Art von Vorabinformation ignorieren, uns nicht vorbereiten (siehe Kampf gegen Embryl) und vor diesem Kampf eine Menge Resourcen verbraten haben.  


Menschlich. So gehört sich das auch. :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 31. Mai 2007, 20:28:45
Stimmt. Wie sonst soll ich zu den Kerben in meinem SL-Holz kommen?  :)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Darastin am 31. Mai 2007, 23:32:15
Zitat von: "Kylearan"
Du darfst nicht vergessen, dass wir jede Art von Vorabinformation ignorieren, uns nicht vorbereiten

Meinst Du Vorabinformationen im Spiel oder aus der Story Hour etc.?
Daß die Skelettechse da lauert haben wir eher versehentlich herausgefunden ("Mal vorsichtig um die Ecke schauen... Oh Mist, was ist denn das? Nix wie weg hier..."); IIRC sogar ohne daß sie uns bemerkte bzw. für Feinde hielt.

Bis bald;
Darastin
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. Juni 2007, 00:05:54
Ich habe gerade die PDF-Datei fertig gemacht... 198 Seiten!  :o 1,6 MB.

Mannomann, das war echt die längste Story Hour bislang – und wahrscheinlich auch in Zukunft. Ein schönes Mittelabenteuer in der Kampagne, in der die SC von passiven Spielbällen zu aktiven Protagonisten werden.

Trotzdem lang.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 01. Juni 2007, 16:22:25
Zitat von: "Berandor"
Ich habe gerade die PDF-Datei fertig gemacht... 198 Seiten!  :o 1,6 MB.

Mannomann, das war echt die längste Story Hour bislang – und wahrscheinlich auch in Zukunft. Ein schönes Mittelabenteuer in der Kampagne, in der die SC von passiven Spielbällen zu aktiven Protagonisten werden.

Trotzdem lang.


Und wo ist es?   8)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 01. Juni 2007, 17:27:56
Zitat von: "Dirim"
Und wo ist es?   8)

Hinter der Brille. ;-)

Mach mal, B!

Ach ja, wiki: hatte gestern Abend natürlich keine Zeit, Helions Stats dort einzupflegen. Sohn war krank, Frau zu Hause, heute wieder alles gut, Dirim.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. Juni 2007, 17:36:31
Das sage ich doch jetzt noch nicht... das letzte Kapitel ist hier doch nicht mal geschrieben...

Ich bin übrigens fast durch mit der Story Hour. Jetzt gleich kopiere ich mal die NSC-Liste in das wiki und die Abenteuerzusammenfassungen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Osric am 01. Juni 2007, 17:43:35
Ich habe mir soeben, das Karran Kurral Stück angehört. Du Teufel bist ja sogar noch ein guter Vorleser und Computerbastler.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. Juni 2007, 17:53:35
:wub:

Da soll noch einer behaupten, ich wäre für Botschaften aus der Werbebranche unempfänglich...
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 01. Juni 2007, 18:42:16
Als Wartezeit kann ich im Wikki Thamiors Hintergrundgeschichte und aktuellen Stats anbieten:

http://www.p-pricken.de/wiki/index.php/Thamior

Leider habe ich das mit dem formatieren nicht drauf - sorry.

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 01. Juni 2007, 19:32:09
Zitat
Str 14 (+2); Dex 22/24 (+7); Con 13 (+1); Int 14 (+2); Wis 12 (+1); Cha -7 (-2)

Sollte das mit dem Cha -7 tatsächtlich wahr sein, schaudert es mich aber schon bei dem Gedanken. Ich habe mir erlaubt den Wert mal auf +7 zu setzen, passt auch besser zum Modifier -2.


Zitat
Es ist schüchtern und traut sich nicht raus...

Ansonsten liebes Kapitel, kein Grund so schüchtern zu sein, wir tun dir hier nichts.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 01. Juni 2007, 19:34:40
Ich habe Thamior formatiert.

Dankt mir ruhig :)

Nur Spells fehlen, dürften aber dürftig sein.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 02. Juni 2007, 20:17:47
Du "darfst" nochmal formatieren  :D

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 02. Juni 2007, 20:36:34
Die Story Hour ist i,Ü. vollendet. Noch drei Updates, und dann noch mal ein halbes Kapitel.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 03. Juni 2007, 13:28:33
Oh, oh! Vlaathu bereitet sich langsam auf den Kampf vor...

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Pestbeule am 04. Juni 2007, 01:15:10
Vielleicht macht er auch Urlaub?

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Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 04. Juni 2007, 13:16:05
Bitte mach weiter mit der Story-Hour, Beranor.

Bin süchtig nach meiner eigenen Geschichte  :D

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 04. Juni 2007, 17:55:59
Da es um das Ende dieses Kapitels geht... na gut. Will ich den Cliffhanger mal auflösen.

Das Ende des Wegs
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Es war achthundert Jahre her, dass im Tethyrwald die Schlacht der Verlorenen Seelen geschlagen wurde. Damals besiegte der bronzene Wyrm Trerok zwei grüne Drachen im Kampf, bevor er bei der erfolgreichen Verteidigung einer Siedlung sein Leben ließ.
Vielleicht war es der Gesang des Seelenbogens, aber vielleicht war Treroks Bollwerk im Angesicht seines Artfeindes auch vom Geist des Wyrms beseelt. Vitriss Bale schlug, biss und kratzte, doch trotz all seiner Kraft konnte er Jørgens Rüstung nicht durchdringen.

»Brenne, Geschöpf des Bösen!« Noch einmal beschwor Dirim einen Flammenschlag herbei – seinen letzten. Diesmal durchbrach der Zauber die Resistenz des Drachen. Vitriss Bale zischte hasserfüllt, als sich die Flammen in seinen untoten Körper fraßen. Dann wandte er sich wieder Jørgen zu.

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Der Paladin ließ sich von einem Streifschlag zur Seite drücken, nahm den Schwung mit, und spannte den Schwertarm zum Stoß. Er schickte ein Stoßgebet an Siamorphe, um seinen Hieb mit heiliger Macht zu füllen. Dann trieb er Läuterung in die Brust des Drachenleichnams. Vitriss Bale bäumte sich auf. Jørgen rammte die Klinge noch tiefer hinein. Bale stieß ihn weg, und ohne zu wissen wie, behielt Jørgen das Schwert in der Hand. Der Drachenleichnam türmte sich über ihm – aber die Augen flackerten unsicher.
Dirim hatte alle Zauber ausgespielt. Ihm blieben nur noch Heilzauber... Heilzauber! Deren positive Energie konnte Untote verletzen.

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»Tyr, zeige deine Gnade, und wandele sie in Schmerz!«

Ein grellweißer Strahl entlud sich aus Dirims Hand und bahnte sich seinen Weg zu Vitriss Bale. Der Drache sah auf – und der Strahl fuhr genau zwischen zwei Halswirbeln hindurch und erlosch, ohne ihn zu verletzen.


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»Ki'Annan«, rief Dirim. Er zeigte auf den Drachen. »Töte ihn!«

Lichtengel waren wirklich keine formidablen Kämpfer, aber ihre Lichtstrahlen vermögen jeglichen Panzer zu durchdringen. Und angespornt von Belandrus' Hastzauber und Annastriannas Gesang wurde selbst ein kleiner Ball aus Licht gefährlich. Ki'Annan schoss vor und feuerte im selben Atemzug drei Lichtstrahlen auf den Drachen ab. Sie brannten schöne Löcher in die Haut des Drachen. Ohne Wirkung.


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Ein Kichern dröhnte durch die Halle. Vitriss Bale leckte sich die spröden Lippen mit seiner trockenen Zunge. »Ich bin unbesiegbar!«

Sein Kopf schoss vor. Jørgen schlug ihm mit dem Schild auf die Nase und drängte den Biss zur Seite, während er gleichzeitig in die Knie ging und der rechten Klaue auswich. Die linke Klaue erwischte ihn am Helm und ließ ihn beinahe bewusstlos werden, aber er fing sich gerade noch rechtzeitig, um unter dem rechten Flügel hindurchzutauchen und mit einem Satz nach hinten dem linken Flügel zu entgehen. Er sprang über den Schwanz des Drachen, dann stieß er einen Pfiff aus.


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Vitriss Bale schoss herum, ungläubig, dass dieser Mensch immer noch nicht am Boden lag.

»Keine Waffen«, sagte Jørgen laut. Er stieß Läuterung in das Eis. »Das mache ich selbst.«

Er sammelte alle Kraft, die ihm Siamorphe für diesen Tag noch zur Verfügung gestellt hatte, in seiner rechten Hand. Vitriss Bale kreischte wütend. Der Drachenleichnam schoss vor, das Maul zum Biss aufgerissen. Jørgen legte die leuchtende Hand ganz sanft an die Schnauze des Drachen. Menschen hätte er damit geheilt. Untote aber... Es blitzte auf, und dann explodierte Vitriss Bale in einer Fontäne aus Asche und Knochen.


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Jørgen ging auf ein Knie. »Danke, Herrin.« Er klopfte sich den Staub von der Rüstung. »Und danke, Trerok.«

Hinter ihm erwachte Belandrus aus seiner Lähmung. Kurz darauf folgten ihm auch Thamior und Boras, dessen Blutverlust durch die Kälte – oder ein Wunder – aufgehört hatte. Wenig später waren die Kettenbrecher um zwei Heilstäbe ärmer, aber wieder gut gelaunt.

»Mann, so ein Drache muss doch Riesenschätze haben!«, sagte Boras.

Belandrus blickte von der Eisbrücke. Zwölf Schritt tiefer war der Raum zuende. Dort wuchsen die Seelenpfeiler aus dem Boden, und dort erkannte man im Schatten der Brücke mehrere große Eisklötze. In einem der Eisklötze glitzerte es.

»Ich glaube, ich weiß auch, wo sie sind.«

-

»Der Pfeifer lebt«, sagte Sonnentau. »Aber er war schwer verwundet.«

»Das war zu erwarten. Und der Zwerg?«

»Keiner der Kettenbrecher ist gestorben.«

»Das war auch zu erwarten.« Dämonicus Grimm schwieg für einen Moment. »Sonst noch was?«

Sonnentau zögerte. Sie hatte Inara vor Grimm geheimhalten können, aber wenn sich ihre Befürchtungen bewahrheiteten, musste er es wissen. Und sie musste es ihm erzählen. »Ich- ich habe den Kontakt zu meinem Spion verloren.«

Grimm schien sofort in Langeweile zu verfallen. »Und?«

»Er befand sich in Karran-Kurral.«

Der Anführer der Käfigmacher beugte sich vor. »Warum befand er sich dort? Hatte ich mich nicht klar ausgedrückt?«

»Nun–«

»Vergiss es«, sagte Grimm. Sonnentau war überrascht. Sie hatte mit Strafe gerechnet. »Wir reden später darüber.« Ah. So war das. »Sag mir stattdessen: Können sie es schaffen? Können die Kettenbrecher Vitriss Bale besiegen?«

Sonnentau blickte zu Boden. »Wenn ihr meine ehrliche Meinung hören wollt: Sie haben schon vieles geschafft, was wir für unmöglich gehalten haben. Ja, ich denke, sie können es schaffen.«

»Gut.«

Überrascht sah sie wieder auf. »Wie bitte?«

»Wenn dieser Drache stirbt, stürzen die Ruinen ein, und dann müssen wir uns keine Sorgen mehr machen, dass jemand uns zuvorkommt. Nur wir verfügen dann über das Wissen der Zauberweber. Und wenn Embril von Occipitus zurückkommt, dann haben wir unseren eigenen Träger des Rauchenden Auges.«

»Ah.«

»Trotzdem sollten wir den Kettenbrechern einen gebührenden Empfang bescheren. Morgen ist doch ihr Festtag, oder? Bereiten wir ihnen ein unvergessliches Geschenk.« Grimm lächelte. Sonnentau wurde mulmig zumute. »Obwohl: ein Geschenk wird wohl kaum reichen. Ruf die anderen zusammen, und dann sage ich euch, was wir tun...«

-

Ein Eisblock war voller Wertgegenstände, allen voran ein Amulett in Form eines brennenden Auges. Die anderen beiden Eisblöcke enthielten, was wie Drachenleichen aussah. Nachdem Thamior diese entdeckt hatte, hieß er Jørgen und Belandrus ebenfalls das Seil herunterzuklettern.

»Was wollt ihr?« Aus dem Nichts schälte sich eine hagere Gestalt in einer dunklen Robe. Sein Gesicht war lang und knöchrig, wie die Karikatur eines Elfen, aber er hatte keine langen Ohren. »Wollt ihr das Seelengefäß des Drachens zerstören?«

»Nein», log Thamior schnell.

»Ja«, sagte Jørgen von hinten. »Natürlich wollen wir das.«

Die Gestalt wies auf das Amulett. »Dort ist es. Zerstört es, und lasst die Ruinen endlich vergehen.«

»Wer bist du?«, fragte Belandrus.

»Ich nannte mich einst den Sohn des Sammaster. Heute bin ich nur eine gefangene Seele an einem kalten Ort.«

»Sammaster?«, sagte Thamior. »Sagt mir nix.«

»Ist nicht so wichtig«, sagte die Gestalt.

»Dirim?«, rief Jørgen. »Ihr kommt besser runter!«

Boras begann, zu klettern. Dirim ließ sich einfach herunterfallen. Das Eis bremste seinen Sturz ebenso zuverlässig wie Steinboden es getan hätte.

»Autsch«, sagte Belandrus.

»Ach was«, machte Dirim. »Ein Zwerg kann das ab.« Er humpelte auf den Sohn des Sammaster zu. »Was machst du hier?«

»Einst gehörte ich zu Surabar Zaubermeißels Armee, aber mein Zeil war nicht die Befreiung dieser Gegend. Mein Ziel war diese Ruine. Ich kam hierher, als alles zusammenzustürzen drohte. Nur, indem ich meine Lebensenergie an diesen Ort bannte, konnte ich ihren Verfall verhindern. Ich ahnte nicht, dass diese Bindung niemals rückgängig gemacht werden könnte.«

»Aha«, sagte Boras verständnisvoll. »Und wo kam der Drache her?»

»Vitriss Bale war mein Gefährte. Ich rief ihn, als die Luft rein war.«

»Gefährte?«, fragte Thamior. »Nein, erklärt es lieber nicht.«

»Lange Jahre verbrachten wir hier, bis eines Tages eine Gruppe namens Käfigmacher die Ruinen betrat. Sie suchten nach dem Wissen der Zauberweber, so wie ich einst danach gesucht hatte. Sie brachten Tribut und boten Vitriss Bale an, für sie zu arbeiten.«

»Was wollten sie genau?«

»Sie suchten vor allem Wissen darüber, wie man Ebenen verschmelzt, wie man die Grenzen zwischen Ebenen aufzwingen kann. Die Frau, die hier blieb, wollte mehr über den Tod erfahren.«

»Wenn sie noch mal auftaucht, erkläre ich ihr alles darüber«, sagte Boras.

»Wisst ihr, wozu die Käfigmacher dieses Wissen brauchten?«

»Nein.«

»Wer sind die Käfigmacher?«, fragte Belandrus.

»Sie waren zu siebt«, sagte der Sohn des Sammaster. »Ihr Anführer war ein Mann Dämonicus Grimm, und ich weiß nicht, warum, aber selbst Vitriss Bale hatte Todesangst vor ihm. Ein Geselle, der seinem Namen alle Ehre machte. Dann gab es da einen Kämpfer, einen arroganten Kerl namens Finster. Ein fauler Sack.«

»Den kenne ich«, rief Boras. »Ich habe ihn sprachlos gemacht!«

»Hm. Außerdem war da eine Frau, eine Magierin. Sonnentau nannte sie sich. Sie wollte immer feilschen, keinen Tribut zollen, immer verhandeln, nichts preisgeben. Ein Gedankenschinder, der sich Pfeifer nannte. Ich weiß nicht, warum.«

»Wir können es uns denken«, sagte Dirim. »Sein Todesurteil ist bereits geschrieben.«

»Es gab einen weiteren Mann, einen Bürger Cauldrons, einen Fürst Tercival – aber er nannte sich ›Rächer‹, weil er sich an Cauldron rächen wollte. Ich weiß nicht genau, warum.«

»Der ist doch tot, oder?«, fragte Dirim.

Jørgen nickte. »So weit wir wissen, schon.«

»Dann war da noch eine Frau, Phönix. Ich weiß nicht viel von ihr, aber sie ist völlig verrückt. Und zwar wirklich. Sie fügte sich ständig Schmerzen zu, und dann lachte sie dabei. Vitriss Bale hatte Angst vor Dämonicus Grimm – mir war Phönix nicht geheuer.« Der Sohn des Sammaster erschauerte. »Und schließlich war da noch die Gottesanbeterin. Keine Ahnung, ob sie ein Mensch war. Sie trug immer eine schwarze Maske ohne Augenlöcher, und sie sprach nie. Aber irgendwie hatte ich den Eindruck... ich hatte den Eindruck, sie wollte alles an sich reißen, sie wollte alles besitzen, was ihr begegnete. Ich hielt mich von ihr fern.«

Die Kettenbrecher ließen diese Informationen sacken, derweil Dirim mit der Wesirlinse die Seelenpfeiler untersuchte.

»Damit kann man das Wissen eines mächtigen Gottes erlangen«, sagte der Zwerg schließlich. »Wenn auch nur in kurzen Antworten oder Rätseln. Und auf die Gefahr hin, kurzzeitig bestraft zu werden.« Er wandte sich an den Sohn des Sammaster. »Du willst sterben, oder?«

»Ich hätte nie gedacht, das mal zu sagen, aber ja, das will ich.«

»Warum befragst du für uns nicht vorher die Seelenpfeiler? Dann zerstören wir die Ruine.«

»Nein«, sagte der Sohn des Sammaster. »Wenn ich bei der Anwendung versage, könnte ich euch nicht aufhalten, wenn ihr einfach wieder ginget. Und dann säße ich hier weiter fest.«

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»Vertrau mir«, sagte Dirim, »und vertrau Jørgen. Wir machen das Ding kaputt. Schließlich kommt Vitriss Bale sonst wieder.«

»Und dieser Ort ist böse«, fügte Jørgen hinzu.

Der Sohn des Sammaster schüttelte den Kopf. »In deinem Auge brennt ein Höllenfeuer, und die Seelenpfeiler bedeuten große Macht. Es sind schon größere Männer als ihr über diese Verheißung gestolpert.«

»Sieh es mal anders«, sagte Thamior. »Wir haben Vitriss Bale besiegt. Du konntest ihm nicht das Wasser reichen. Was lässt dich glauben, dass du uns überhaupt aufhalten könntest, wenn wir gehen wollten?«

»Ihr seid erschöpft«, sagte der Sohn des Sammaster. »Ich nicht.«
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»Ach, verdammt«, sagte Thamior. »Dann mach ich es eben.«

-

Meerthan Eliothlorn gestand es sich nur ungern ein, aber er wurde langsam unruhig. Felliarn hatte sich freiwillig gemeldet, das stimmte – aber er war auch Meerthans einziger verbliebener Agent in der Stadt, also hatte nicht viel Auswahl bestanden. Und jetzt... es klopfte.

Meerthan änderte sein Aussehen in das einer Dame mittleren Alters, ging zur Tür und öffnete. Davor stand ein alter Mann mit einem Bündel Reisig auf dem Rücken.

»Reisig, meine Dame?«

»Nein«, sagte Meerthan. »Aber komm doch kurz rein. Es ist gerade Essenszeit.«

»Oh, ich hätte schon etwas Hunger«, sagte der Alte und folgte Meerthan ins Haus. Er stellte sein Bündel bei der Türe ab.

Drinnen zeigte Meerthan auf die Kellertür. Der Alte ging voraus, die Stufen hinunter, und Meerthan folgte. »Einfach geradeaus«, sagte er. Der Alte betrat den Zellenraum und sah sich um. Er blickte Meerthan fragend an.

Der Raum war leer.

-

Thamior stand am Ende der Eisbrücke. Die Seelenpfeiler brummten. Einzelne Blitze schlugen zwischen ihnen hin und her. Thamior konzentrierte sich. Er spürte hunderte von Gedanken auf sich einrasen, fühlte Schmerz, Angst, Pein, Lust, Hoffnung, Freude, Trauer – und dann Leere. Warten. Er hatte es geschafft. Er konnte die Fragen stellen.

»Wie finden wir die Schätze Tethyrs?«

Geht den Weg Eurer Feinde.

»Wie kann ich Annastriana in einen lebenden Körper bringen?«

Du musst den Himmel zerstören, bevor den Wunsch in Erfüllung gehen kann.

»Wo finden wir Embril?«

Bei der Wurzel allen Übels

»Ist Embril in Cauldron?«

Nein.

»Leben die Schätze noch?«

Ja.

»Warum können die Töten nicht wiedererweckt werden?«

Weil die Kristallfeste erstarkt.
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Thamior zögerte. Er überlegte, sprach zu sich selbst: »Wie war noch mal die Antwort auf die Frage nach Annastrianna?«

Du musst den Himmel zerstören, bevor dein Wunsch in Erfüllung gehen kann.

»Hey, das war keine Frage! Verdammt. Wo ist Terrem Karathys?«

Das wissen wir nicht.

»Wie kann ich den Himmel zerstören?«

Unterschätze nie den Wunsch eines Vaters.

»Wer sind unsere Feinde?«

Thamior fühlte, wie die Magie in ihm erstarb. Das war es also, neun Fragen, auf die zehnte würde er schon keine Antwort mehr erhalten. Dann donnerten die Stimmen plötzlich derart stark in seinem Kopf, dass er davon Nasenbluten bekam.

Höret die Worte der Großen Spinne, denn ihre Netze reichen weit und ein leichter Zug am Faden mag genügen, das Schicksal zu beeinflussen:

Im Schatten – die Krähen aus Onyx: dunkle Schwingen, dunkle Worte

Im Feuer – das Übel schlägt Wurzeln: tief begraben, himmelwärts

In Ketten – die Hand des Feindes: gefangen geboren, den Tod zu befreien

Im Licht – der Sohn des Todes: unheilige Zahl, zum Guten verkehrt

Solange die Krähen schwärmen und der Todessohn allein, wird jedes Licht zum Sterben verdammt sein.


-

Todd sah sich gehetzt um. »Sie sind überall! Es sind zu viele!«

Embril unterdrückte einen Fluch. Der Schurke blutete bereits aus mehrern Wunden, und der Rest ihrer Begleiter sah auch nicht besser aus. Zur Hölle, sie selbst sah wahrscheinlich nicht besser aus. Wer hatte auch ahnen können, dass der verdammte Schädel in dieser verdammten Ebene ein verdammtes Lager von Formianern war? Diese Insekten waren einzeln nicht besonders gefährlich, aber in ausreichend großer Anzahl...

»Halt sie auf«, zischte sie den Dude an. »Du gehorchst Adimarchus. Halte diese Eindringlinge auf.«

Der Dude hob die leeren Klauen. »Sorry, Süße, aber Adimarchus hat so gar keine Ähnlichkeit mit dir. Ich halte mich da raus.«

Billibub schrie ein letztes Mal, als die Formianer ihn überranten. Todd wich zu ihr zurück. Der Schurke war nutzlos gegen das vernetzte Denken der Insektoiden. Außer ihm stand nur noch Hilda zwischen Embril und dem großen Formianeranführer mit dem klebrigen Maul.

Embril blickte noch einmal voraus. Nur wenige Schritt von ihr entfernt schoss die Flammenfontäne in den Himmel. Nur wenige Schritt, aber der Raum dazwischen war randvoll mit Formianern. Wie sollte sie Todd und sich dorthin bringen, und Todd in Ruhe opfern?

»Du könntest dich selbst opfern«, schlug der Dude vor. »Der Zwerg hat das auch gemacht.«

»Und das klappt genau einmal«, sagte Embril verächtlich. »Nein, ich muss–«

Sie wurde von Todds Schrei unterbrochen. Einer der Formianer hatte ihm den linken Arm abgebissen. Auch das noch. Todd fiel gegen sie. Sein Gewicht drückte sie nach hinten. Sie fühlte, wie Formianermäuler an ihrem Plattenpanzer zu nagen begannen.

»Wir müssen fliehen«, sagte Todd. »Bring uns hier weg.«

»Du hast Recht«, sagte Embril. »Es ist nur...«

»Was?« Todd sah sich um. »Meinst du Hilda? Vergiss sie.«

»Nein«, sagte Embril. »Es ist nur, dass ich dich nicht mitnehmen möchte.«

Sie stieß Todd von sich weg und sah einen Moment dabei zu, wie ihn die Formianer von hinten umschwärmten. Dann griff sie seufzend nach ihrem heiligen Symbol und konzentrierte sich auf die Heimat. Sie wollte nur noch eins: fort von Occipitus.

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-

»Wir reisen nach Occipitus«, sagte Dirim. »Ich habe keine andere Möglichkeit, uns hier rauszubringen, bevor die Ruine einstürzt.«

»Also gut«, sagte Jørgen. »Aber wir bleiben keinen Moment länger, als wir müssen.«

»Wenn ich mit Occipitus fertig bin, wirst du gerne zu Besuch kommen«, behauptete der Zwerg. Jørgen antwortete nicht.

Dirim zog Schuldspruch und reichte es Boras. Der Barbar nahm das Adamantschwert in die Hand und schlug mit voller Wucht gegen das Seelengefäß. Es war das einzig noch vebliebene Schmuckstück im Raum, den Rest hatten die Kettenbrecher in ihrem tragbaren Loch verstaut. Jetzt hatte es eine deutliche Bruchstelle. Arkane Energie floss heraus. Boras spitzte die Zunge. Er zielte, schlug noch einmal zu. Das Seelengefäß zersprang.

Sofort ging ein Rütteln durch den Raum. Dirim und Jørgen wurden zu Boden geworfen. Noch während er sich wieder aufrappelte, fiel ein Eisbrocken dicht neben Dirim zu Boden. Belandrus sprang zur Seite, als sich ein Spalt unter seinen Füßen öffnete.

»Tyr: raus hier!«

Und damit ließen sie die Ruinen hinter sich, ebenso wie die Leiche des letzten Gegners ihrer verschollenen Eltern. Die Kettenbrecher waren in den Fußstapfen der Schätze Tethyrs gewandert, doch jetzt hatten sie das Ende des Wegs erreicht. Von nun an betraten sie Neuland, von nun an standen alle Richtungen offen. Von nun an galt es, eigene Spuren zu hinterlassen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 04. Juni 2007, 18:02:58
Nochmal im alten Statblock-Format:
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Und so enden die Geheimnisse der Seelenpfeiler. Aber keine Angst...

Die Kettenbrecher kehren zurück

in

Schatten über Cauldron
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Kylearan am 04. Juni 2007, 18:11:51
Anmerkung zu Jorgen: vor der letzten Serie des Drachen hatte er ca. 70 HP, nach den beiden Treffern (bevor der Schwanz-Angriff kam) noch 22. Ein Treffer mit dem Schwanz hätte ihn also ziemlich sicher davon abgehalten, Wunden zu heilen.

Und Berandor hatte uns Bales Trefferpunkte genannt, so dass ich wusste, mit 9 Punkten Heilung ist der Leichnam im Eimer.

Kylearan
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 04. Juni 2007, 18:14:06
Zur Erinnerung: Schwanzschlag wäre 2w6+25+1w6 cold gewesen. Jørgen wäre bei 22+4=26 SP umgekippt. Also ja, es war ein halbwegs entscheidender Wurf.

Die Trefferpunkte habe ich nach Dirims Flammenschlag offenbart. Der Spannung wegen.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 04. Juni 2007, 19:04:56
Schön beschriebener Kampf. Ich freu mich schon auf die Fortsetzung der Geschichte. Gibt es schon einen Trailer zu Schatten über Cauldron ?

Besonders freue ich mich auf den Feiertag. Mal sehen was aus dem Wettbewerb zur Übernahme von Berandors Storyhour im Endeffekt rausgekommen ist.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 04. Juni 2007, 19:11:06
Zitat von: "Pestbeule"
Vielleicht macht er auch Urlaub?

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Geniales Bild. Was mir besonders gefällt: die Badehose und die Tatsache, dass jedes Auge anders aussieht – es hat ja auch einen anderen Effekt.

Topas: Einen Trailer gibt es nicht. Ich könnte den Titel des Prologs verraten, aber die Überraschung soll schon sein. Obwohl: "Prolog" kommt drin vor, und damit ist schon 1/3 bekannt.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 04. Juni 2007, 19:15:27
Den "Magier" hätte ich tatsächlich mit einer einzigen Serie voll "Sellenfeuer" gestärkter Pfeile gefällt. Einmal hätte ich ja noch gekonnt (hatte noch 2 Action Points).

Evil Outsider = 1W8+7+4+1 macht bei 4 Pfeilen = 80 Schadenspunkte


Das Risiko mit den Seelenpfeilern habe ich übrigends deshalb leicht schmunzelnd sofort auf mich genommen, weil ein Fehlschlag die Attribute INT und CHA auf 8 gesetzt hätten. Auf INT hätte ich wohl verzichten können und CHA ist bei mir 7  :D .

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Sohn des Sammaster am 04. Juni 2007, 23:57:22
Fühle mich geehrt Berandor! ;-)
Fast ein wenig so hatte ich mir das gewünscht... (Nur schade das mein Gefährte nicht wenigstens einen mitgenommen hat.  :evil:  )
Aber man ist ja doch Kettenbrecherfan.
Thx
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Hedian am 05. Juni 2007, 00:29:40
Ha, der ollen Embril hat's Dirim gezeigt. Marschiert, Formianer, marschiert! 8)
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: shaz´narahd am 05. Juni 2007, 08:45:55
Dirim hatte sich aber wirklich darum gekümmert.
Ein Lob an den Spieler, ich hätte zwar wahrscheinlich die gleichen Versprechungen und Angebote gemacht, aber sicherlich nach 2-3 Monaten (2-3 Spielsitzungen später) nicht mehr daran gedacht, diese auch einzulösen.

Auch wenn Dirim auf der materiellen  Ebene so seine "Eigenarten" als Tyr-Priester hat, so kümmert er sich doch um Occipitus sehr führsorglich.

Ein sehr ordentlicher Zwerg - soll es ja auch geben  :D

shaz
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 05. Juni 2007, 12:52:38
Mein Tipp für den 3 Wort Prolog

Prolog: Grimms Geschenk.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Berandor am 05. Juni 2007, 14:00:07
Zumindest stimmt es so weit, dass es eine Aliteration ist. Aber Grimms Geschenke gibts erst in Update 2.
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Dirim am 05. Juni 2007, 14:09:25
Zitat von: "Hedian"
Ha, der ollen Embril hat's Dirim gezeigt. Marschiert, Formianer, marschiert! 8)


Hat mir auch ein paar dumme Kommentare meiner Mitspieler eingehandelt, dass ich im ohnehin knappen Terminplan der Kettenbrecher noch mal einen netten Ausflug auf eine böse Ebene gemacht habe.  8)

Aber an dieser Stelle der meinen besten Dank an den Herrn Berandor, dass er meinem Ausflug so nett Rechnung getragen hat.

Und hätte Dirim gewusst, dass Embril auf Occipitus gewesen wäre, hätte er sich auf ein nettes Treffen im Schädel gefreut :0)

dirim
Titel: Berandors Stadt in Ketten: Geheimnisse der Seelenpfeiler
Beitrag von: Topas am 05. Juni 2007, 15:04:29
Hmm ist die Alliteration mit P auf Prolog?

Pitysex plus Prävention posttraumatischen, psychostörungsbedingten Powerverlusts. Partybabe Phoenix poppt Pfeifer. (Perandor präsentiert Pfeifers phantastischen psionischen Porno. <Parental advisory>)

Zuviele Worte. Zuviele Möglichkeiten. Warten wir's ab. Thematisch fände ich das Ende von Inara noch ganz spannend.

Vielleicht Prolog:  Vortimax's Versiegelung.