In den folgenden Posts beschreibe ich wie die fünf Helden unserer Kampagne
Die Rückkehr der Runenfürsten ihren Weg aus der Wildnis der Verlorenen Küste bis in die kleine Fischergemeinde Sandfleck fanden.
Wahrscheinlich können die meisten mit dem amerikanischen Originaltitel
Rise of the Runelords, einem
Pathfinder Adventure Path aus dem Hause Paizo mehr anfangen. Wir spielen in der Welt von Golarion. Das Setting heisst
Pathfinder Chronicles, über das man
hier im Gate mehr erfahren kann.
Die fünf Überlebenden einer verunglückten Überfahrt von Magnimar nach Sandfleck von denen ich zunächst berichten werde waren:
Bregaron Felsenschulter (N m Zwerg Waldläufer 1)
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11. Calistril, 4681 AZ
Auf dem Innenhof des kleinen Außenpostens, hoch in den Bergen, hatten sich braune Pfützen breit gemacht. Die Stiefel der Soldaten schmatzten auf dem schlammigen Boden, als sich die Zwerge und Menschen von den Stallungen zum Torhaus oder von den Wehrgängen in die Unterkünfte bewegten. Zwischen den gepanzerten Kriegern, humpelten jammernde Flüchtlinge, die in diesen schweren Zeiten alles verloren hatten.
Die Berge von Janderhoff waren nicht mehr sicher. Orks und ihresgleichen zogen durch die Länder der Zwerge. Mit Feuer und Axt brachten sie nichts als Zerstörung und den Tod. Schon immer hatte es Raubzüge aus dem Norden gegeben, doch die Angriffe in letzter Zeit schienen, trotz ihrer Brutalität und Wildheit, geordneter und konzentrierter. Die Orks wurden von Ogrillons in die Schlacht geführt und es gab Überlebende die sogar von ganzen Orogeinheiten in der wütenden Horde sprachen.
In den Bergefestungen sammelten sich nun die Truppen der Zwerge, um sich zu einem Befreiungsschlag zu bündeln, allerdings hatten Belagerungen und die stetige Aufnahme von Flüchtlingen die Vorräte des Außenpostens stark schrumpfen lassen. Die Moral unter der zivilen Bevölkerung war schlecht, denn die Rationen wurden nahezu gänzlich dem Militär und den Milizen zugesprochen. So beobachteten die halbverhungerten Männer und Frauen aus den Bergen das geschäftige Treiben der Soldaten mit Missgunst, trotz der tapferen Dienste die sie ihnen erbrachten.
Der Ruf eines Zwergs mit schwarzem Bart durchbrach die Eintönigkeit der Szenerie. „Haltet den Dieb!“, wiederholte er. Ein Junge rannte über den schmutzigen Burghof. Er hatte einen Laib Brot unter dem Arm, den er fest an sich presste, als die behandschuhten Hände der Soldaten nach ihm griffen. Kurz bevor er die schützende Dunkelheit der Gewölbe erreicht hatte, stellte sich ihm ein weiterer Zwerg in den Weg. Er war etwas kleiner, als seine Kameraden und noch sehr jung. Auch er hatte schwarzes Haar, jedoch war es genau so wie sein Bart, fein säuberlich zu zahlreichen Zöpfen geflochten. Entschlossen fokussierte er den Jungen mit seinen stahlblauen Augen. Der erkannte entsetzt den Verfolger wieder, den er gerade noch abgehängt glaubte. Er rutschte auf dem glitschigen Schlamm aus und stürzte. Unsanft packte der Krieger den Dieb am Kragen und zog der Zwerg ihn aus dem Dreck zurück auf die Beine und beruhigte die anderen Soldaten: „Keine Angst ich habe das Brot, eure Mägen knurren schon nicht heute Nacht!“ Schnaufend kam der Zwerg mit dem schwarzen Bart auf die beiden zugelaufen, der alle überhaupt erst auf den Dieb aufmerksam gemacht hatte. Noch aus vollem Lauf heraus, schlug er dem Jungen ins Gesicht, den die Wucht wieder zu Boden schickte. Dann trat er weiter auf ihn ein. „Algrond, lass das! Er hatte doch nur Hunger.“, versuchte der andere ihn zu beschwichtigen. „Nein. Dieser Dieb muss für sein Verbrechen sühnen, Bregaron.“, antwortete Algrond so kalt wie der geschwärzte Stahl der Axt, die er gezückt hatte, um seinen Worten Taten folgen zu lassen. Er zerrte das Kind zu einem Amboss nahe dem glühenden Kohlebecken des Hufschmieds, das sein Gesicht in ein infernales Licht tauchte. „Unser Volk hat hart für all das hier gearbeitet, Bruder. Wir wollen uns das nicht von ein paar Orks wegnehmen lassen. Nicht unser täglich Brot von diesem Bastard, noch unsere Heimat von seinen Vätern.“ Da erkannte auch Bregaron, dass der Junge ein Halbblut war: halb Mensch, halb Ork. Er musste noch viel jünger sein als der Zwerg zuerst gedacht hatte, denn der massive Kiefer, die leicht spitzen, blutverschmierten Eckzähne, so wie die leicht gräuliche Färbung seiner Haut verrieten das Orkblut in seinen Adern. „Ich verstehe deinen Zorn Bruder; aber ein Laib Brot wird unserer Armee schon nicht das Rückgrat brechen.“ Panisch blickte der Junge zwischen den beiden nahezu identisch aussehenden Zwergen hin und her. Der einzige Unterschied bestand in dem offenen Haar des Kriegers, der seine Hand auf den kalten Amboss drückte. Verzweifelt versuchte er sich aus seinem eisernen Griff zu winden, doch es wollte ihm einfach nicht gelingen. „Auf Diebstahl steht eine Strafe; ungeachtet der Umstände ist diese zu vollstrecken. Unsere Gesetze sind für alle gleich und gelten in Friedens-, wie in Kriegszeiten.“, erwiderte der Zwilling. Dann holte er mit seiner Waffe weit aus, um die Hand des Kindes mit dem ersten Versuch abzuschlagen. Sowohl der Schuldige wie der Vollstrecker hielten den Atem an, als die Axt auf den Amboss zuraste. Scheppernd krachte Bregaron in seinen Zwillingsbruder, und lenkte so den verheerenden Schlag ab. Orange Funken sprangen umher, als Stahl auf Stahl traf. Immer noch völlig benommen taumelte der Junge aus der Schmiede, während sich die beiden Zwerge auf dem Boden umher wälzten. Die Brüder tauschten Faustschläge aus und zerrten wutentbrannt aneinander. „Es war Unrecht diesem Abschaum beizustehen!“, fauchte Algrond. „Er ist doch nur ein hungriges Kind!“, antwortete Bregaron. Er hielt seinen Bruder auf den Steinboden gedrückt, und versuchte ihm Vernunft beizubringen. Mit einem kraftvollen Tritt befreite sich Algrond aus dem Haltegriff. Als er auf Bregaron zustürzte, griff er nach der Axt, die noch auf dem Amboss lag. Sein Zwilling sah die Mordlust in den dunklen Augen seines Bruders und stolperte rückwärts, bis er stürzte. Er tastete ebenfalls nach einer Waffe, bis seine Finger den Schaft einer Urgrosch fanden. Bei seinem Sturz zu Boden, waren ihm das Ende seines Waffenrocks und das heilige Symbol von seiner Brust ins Gesicht gerutscht und so hielt er halb blind die Urgrosch schützend vor sich, als die Axt seines Bruders gegen seinen Kopf schlug.
Es dauerte eine gewisse Zeit bis er wieder klar denken konnte und sich den Waffenrock vom Kopf riss. Schockiert starrte er in die toten Augen seines Bruders.
"Ingrimsch", Balendil Eisenfaust vom Klan Schimmerbart (NG m Zwerg Kleriker des Torag 1)
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7. Gozran, 4679 AZ
Die Schlachtfelder in den Hochebenen um Janderhoff waren oft nicht viel mehr als eine kleine Bergwiese unter einem Außenposten oder ein Pass zwischen den Gipfeln der Hirntaumlerberge. Es verging kein Abend an dem nicht die Toten beweint und besungen, die Geschichten von gefallenen Kriegshelden erzählt und aufgeschrieben wurden. Am nächsten Morgen oder noch in der darauf folgenden Nacht begann das Blutvergießen wieder von neuem. So trafen die Truppen der Zwerge auch an diesem Tag auf die brandschatzenden Orkhorden aus dem Norden.
Die Schlacht wurde auf einem steilen Berggrat ausgetragen, der den Zwergen, die die Position der Verteidiger einnahmen, zu einem deutlichen Vorteil verhalf. Im Tal hatten sich bereits die grölenden Orks, Orogs und Ogrillons versammelt, die jeden Augenblick einen mörderischen Ansturm bergauf wagen konnten. Die wilden Krieger schlugen rhythmisch auf ihre Panzer, dunkle Eisenplatten mit Stacheln, die sie mit dem Blut ihrer Opfer bestrichen oder mit Knochensplittern von Freund und Feind verziert hatten. Als Waffen dienten ihnen die Äxte, Schwerter oder Hämmer aus vorangegangenen Beutezügen, nur wenige führten noch die primitiven Speere, die sie selbst angefertigt hatten. Ihren Anführern, den bestialischen Ogrillons, genügten die eigenen steinharten Fäuste, während die disziplinierten Orogeinheiten mit hochwertigen Klingen aus den Schmieden der Belkzenburg ausgestattet waren. Das rhythmische Schlagen wurde immer schneller bis es plötzlich verstummte.
Dann eröffnete der ohrenbetäubende Schrei eines monströsen Feldherrn das Blutbad. Eine dunkle Wolke flog den Hang herauf. Der Pfeilhagel konnte bei den vorbereiteten Kriegern aus Janderhoff zwar nicht viel Schaden anrichten, jedoch hatte er den Fußsoldaten genügend Feuerschutz geboten, dass diese ein beachtliches Stück zu den bärtigen Verteidigern aufschließen konnten. Während die Goblinsklaven der Orks erneut geschwärzte Pfeile auf die Sehnen ihrer Kurzbögen legten, antworteten die Zwerge mit einer Salve aus ihren gefürchteten Repetierarmbrüsten. Die Bolzen rissen die erste, die zweite und sogar ein paar aus der dritten Reihe der Angreifer von den Beinen, doch es schien als stünden hinter den Gefallenen hunderte bereit ihren Platz einzunehmen. Wenige Momente später krachte die dunkle Welle von Orks in den schimmernden Schildwall der Zwerge. Nur vereinzelt durchdrangen die Speere oder Klingen der wilden Horden den Stahl aus Janderhoff, noch weniger Angreifer fanden gar eine Lücke in der Verteidigung. Mit Hammer und Axt spalteten die Zwerge nun die Köpfe, die geifernd über ihren Schild lugten. Aus der zweiten Reihe legten die Priester Torags ihre Hände auf die Wunden der Verletzten und schlossen diese wieder mit Gebet und Glauben. Der bloße Aufprall von Ork auf Zwerg stieß ein paar der Novizen zu Boden, die nun verzweifelt im Chaos der Schlacht versuchten die Orientierung wiederzuerlangen. So auch Balendil Eisenfaust, ein Heiler in den Diensten der Kirche des Torag. Er hatte heute Ovur Goldhammer, einen hochrangigen Kriegspriester und Mentor, mit ins Feld begleiten dürfen, um mehr Erfahrung zu sammeln, denn die Zwerge waren mehr als siegessicher. Der junge Zwerg hatte immer davon geträumt einst in die Dienste des Ordens des Amboss zu treten und neben den Paladinen Janderhoff, die Heimat seines Volkes zu verteidigen. Wild entschlossen zu kämpfen stand er auf, spukte sein eigenes, metallisch schmeckendes Blut auf den Boden des Schlachtfelds und löste seine Waffe vom Wehrgehänge.
Lel (CN m Halbling Schurke 1)
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5. Arodus, 4707 AZ
Feuerpelz setzte seinen rechten Stiefel auf die Brust des rücklings liegenden Halblings. Dieser atmete schnell und flach, bis der Shoanti sich zu ihm nach unten beugte und so den Rest von Luft aus seinen Lungen drückte. „Weißt du Lel, wir Gargylen von Magnimar mögen es nicht, wenn man in unserem Revier wildert.“ Dann ließ er sich, für Lel unangenehm viel Zeit, bevor er fragte: „Und du willst doch lieber Jäger, also ehrenwerter Waidmann, als liederlicher Wilderer sein, oder?“. Das Gesicht des Halblings lief langsam blau an, während ihm Feuerpelz in die verdrehten Augen blickte. Mit den letzten Kräften, die noch in seinem halb erstickten Körper steckten, nickte er. Ebenfalls nickend nahm der Shoanti seinen Fuß von dem kleinen Mann. „Ich wusste, dass du ein vernünftiges Kerlchen bist.“ Lel kämpfte sich hustend und tief schnaufend wieder auf die Beine. Ihm war noch ganz schwarz vor Augen, als ihn plötzlich die Klingen des Diebes rückwärts die Gasse entlang drängten, bis er mit dem Kopf gegen eine Hauswand schlug. „Denk dran hier und da, mal was bei mir vorbeizubringen, sonst kochst du in hauchdünne Scheibchen geschnitten neben meinen Freunden den Feuerkiemen!“ Die Schwerter lagen über Kreuz auf Lels Schultern und formten eine Schere zwischen deren Schneiden der Hals des Halblings steckte.
Obwohl erst früher Nachmittag war und die Sonne zu dieser Jahreszeit noch hoch am Himmel stand, lag dieser Teil Magnimars so gut wie immer im finsteren Schatten der gigantischen Brücke mit dem Namen Zornspanne. Lel war erst vor wenigen Tagen in die Stadt der Monumente gekommen, musste aber schnell feststellen, dass es hier für freiberufliche Taschendiebe und Beutelschneider keinen Platz gab. Erst vorgestern hatte er ein ähnliches Gespräch mit einem Mitglied der Nachtschuppen, der anderen großen Diebesgilde Magnimars gehabt. Allerdings hatte die geheimnisvolle Frau in dunklen Roben lediglich verlangt, dass er sich aus ihren Geschäften raushalten soll. Aber Lel hatte ohnehin nicht die Absicht gehabt sich als Schmuggler sein Ged zu verdienen. Nein, der Halbling wollte nur ein paar Münzen für Wein und Würfelspiele. Vielleicht würde er trotz der Abgaben an die Gargylen genug zusammenbekommen und in dieser Situation würde ihm sowieso nichts anderes übrig bleiben.
Mit zittriger Stimme und sofern es die Klingen an seinem Hals zuließen antwortete er Feuerpelz: „Ich… werde sehen… was ich erübrigen… kann.“
Philomena Silbersichel (NG w Elf Kämpfer 1)
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7. Neth, 4704 AZ
Dunkle Wolken bedeckten den Abendhimmel. Eine Karawane aus Cheliax bewegte sich über eine wichtige Handelsroute, langsam auf die Metropole Korvosa zu. Die acht Planwagen trugen Waren aus fernen Ländern wie Osirion, Geb und Nex auf die Märkte Varisias. Bewacht wurden die Händler von bezahlten Schwertkämpfern, unter denen sich auch eine junge Elfin befand. Ungleich ihren Waffenbrüdern, bevorzugte sie weder Axt noch Schwert, sondern die Stachelkette. Ihr Name war Philomena aus dem Hause Silbersichel, einem uralten Söldnergeschlecht. Wie alle Mitglieder des Hauses verbrachte sie die letzte Dekade ihrer Ausbildung als Karawanenwache in den Ländern der Menschen. Philomena empfand es als eine äußerst trübsinnige Zeit. Die Straßen waren für sie im Grunde alle gleich, und in den Städten bekam sie meist nicht viel mehr zu Gesicht wie die Marktplätze, Herbergen und Stallungen. Die verschiedenen Völker denen sie begegnete, waren in ihren Augen meist schrecklich primitiv, und so hatte sie gar nicht erst das Bedürfnis mit einem Menschen oder Halbling, Gnom oder Zwerg Freundschaft zu schließen.
Auch an diesem Abend saß sie stumm neben dem Kutscher des fünften Wagens und beobachtete die Ebene zu ihrer Rechten. Wie so oft, tat sich nichts.
Plötzlich wurde die monotone Stille durch ein unheimliches Donnergrollen in den fernen Bergen durchbrochen. Mit ihrem scharfen Blick erkannte die Elfin zwischen den weißen Gipfeln graue Wolkenfetzen und immer wieder bläuliche Blitze zucken. Wie sehr wünschte sie sich dort zu sein. Sie müsste gegen Wind und Wetter kämpfen, den Elementen trotzen, nicht einen alten Karren bewachen, mit Gütern die sowieso niemand haben will.
Dann kam der Regen. Philomenas staubiger Reisemantel war sogleich nass bis auf die Haut. Sie zog ihre Kapuze tiefer ins Gesicht, um sich gegen den mittlerweile peitschenden Regen zu schützen.
Es kam selbst der Elfin wie eine Ewigkeit vor bis die schaukelnden Wägen der Karawane endlich bei einer einsamen Herberge zum Stehen kamen. Das windschiefe Gebäude war nicht viel mehr als ein schlampig zusammengenagelter Haufen Bretter, doch waren alle froh als sie ihre Hände am prasselnden Feuer im Schankraum wärmen konnten. Zu Essen gab es einen braunen Eintopf, der so schmeckte wie er aussah und vermutlich gab es keinen der seine Schüssel an diesem Abend vollkommen leerte. Wie so oft gingen viele der Frauen früh zu Bett, während die Männer noch bis spät in die Nacht zechten.
Unzufrieden mit ihrem Leben als Karawanenwache, stand auch Philomena noch am Tresen und nippte an ihrem stark gewürzten Glühwein. Die Elfin beobachtete ihre Kameraden, die beim Armdrücken um ihren Sold, oder beim Würfeln um Haus und Hof spielten. Plötzlich schlug ihr ein fettleibiger Zwerg mit der flachen Hand auf den Hintern. „Was macht so ein hübsches Ding wie du denn hier, so allein an einem so lustigen Abend? Komm her ich will dir bisschen Gesellschaft leisten!“, hauchte der Zwerg ihr mit einer gehörigen Fahne Bier empor und zog sie grob zu sich heran. Lüstern tastete er ihren wohlgeformten Körper ab, bis er sich den Bierschaum aus dem Schnurrbart wischte, um ihr seine fleischigen Lippen auf den Mund zu drücken. Mit einem gut gezielten Schlag gegen das Kinn des Lüstlings, befreite sich die Elfin aus der widerlichen Umarmung. Der Zwerg taumelte ein paar Schritte zurück, schüttelte seinen rasierten Schädel und nahm Anlauf. Die Wut in seinen Augen verriet, das Vorhaben: sein Objekt der Begierde einfach gegen den Tresen zu drücken, so dass Gewandtheit keine Rolle mehr in diesem Kampf spielen würde. Er stürmte los, doch die Elfin war viel zu schnell für ihn. Elegant trat sie einen Schritt zur Seite, und ließ den schnaufenden Zwerg mit all seiner Wucht gegen den Tresen laufen. Wie so mancher Krug, kippte auch der plumpe Angreifer nach hinten über. Zornige Stimmen raunten durch den Schankraum, finsterte Blicke hafteten auf der grau gekleideten Frau, aber auch erheitertes Gelächter war zu vernehmen.
Die Elfin beschloss, dass es an der Zeit war, es den übrigen Frauen gleichzutun und sich schlafen zu legen. Auf den Boden blickend bahnte sie sich einen Weg durch die grölenden Trunkenbolde. Ein Paar gelbe Stiefel wollten sie nicht vorbeilassen. Ungleich den Schuhen der Karawanenwächter waren sie verhältnismäßig sauber. Langsam hob Philomena den Kopf. Blau bestickte Leinenhosen steckten in den gelben Stiefeln. Die Hosen wurden von einem roten, grün bestickten Gürtel gehalten, über den wiederum ein schlichtes Leinenhemd hing. Über dem Hemd trug der Fremde eine mitternachtsblaue Weste mit silbernen, sternenförmigen Knöpfen. Der orangefarbene Schal an seinem Hals, sowie seine gebräunte Haut und das dunkle Haar sprach für einen Varisianer. Mit einem fiesen Grinsen im Gesicht versperrte er ihr weiterhin den Weg. „Du willst doch nicht etwa schon gehen, meine Liebe?“, fragte er, ohne ernsthaft eine Antwort zu erwarten. „Sofort habe ich die sicheren Schritte einer geübten Kriegerin erkannt. Wollen wir vielleicht ein Tänzchen wagen?“. Die Elfin wich dem Blick des Menschen immer noch aus und erkannte dabei, dass sich ein kleiner Kreis um sie herum gebildet hatte. Ihre Kameraden standen mit neugierigen Augen neben anderen Reisenden, unter denen sich noch mehr Varisianer befanden. „Lieber nicht.“, stammelte sie dann, und wollte ihren Weg fortsetzen. Doch eine schallende Ohrfeige des Fremden hinderte sie daran. Philomena spürte die Hitze in ihrer Backe und wie Blut aus ihrem Mundwinkel rann. Erschreckt wirbelte sie herum. Der grölende Ring aus Schaulustigen war gewachsen und so sehr sie es auch versuchte, es gab kein Durchkommen. Mit gezückten Dolchen überzeugten sie die lachenden Varisianer, keine weiteren Fluchtversuche zu unternehmen. Sie musste sich dem Duell mit dem Fremden stellen.
Entschlossen schob sie sich das rote Band in die Stirn, das sie stets um ihren Hals trug und nur im Kampf aufsetzte. Grinsend umkreiste sie der Varisianer. „Waffen?“ „Ich wähle die Kette.“, antwortete die Elfin selbstsicher, dann zog sie ruckartig eine lange, stachelbesetzte Kette aus ihren grauen Kleidern hervor. Der Fremde grinste nur, und trat einen Schritt zurück. Philomena begann ihre Waffe zu schwingen, eine Verteidigungshaltung aufzubauen, doch die angedeuteten Angriffe des Varisianers verunsicherten sie. Obwohl er keine Waffe in der Hand hielt, war dieses erste Abschätzen des Gegners bereits äußerst unangenehm. Die anfeuernden Rufe der Menge verleiteten die Elfin schließlich dazu den ersten Angriff zu starten. Geschickt drehte sie sich mit dem Schwung ihrer Kette und verlagerte das eine Ende der Waffe kurzzeitig so, dass es mühelos das Handgelenk ihres Gegners hätte zertrümmern können, wäre dieser noch da, wo er vor einem Moment noch gestanden hatte. Rauschend sauste die Kette durch die Luft. Der Varisianer war ihr während dieses Manövers ein gutes Stück näher gekommen, er setzte gerade zu einem Sprung an, als Philomena die Kette rasselnd zurückschnellen ließ. Nur knapp entkam der Fremde dem unerwarteten Angriff der Elfin. „Nicht schlecht!“, gestand der Mann. Wieder umkreiste er sie, und wieder täuschte er unablässig Attacken an, während Philomena versuchte ihre Verteidigung aufzubauen. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, dass die Zuschauer dabei waren Wetten abzuschließen, was die Wut auf den höhnisch grinsenden Varisianer nur noch stärker machte. Er wollte sich tatsächlich auf ihre Kosten auch noch bereichern. Unüberlegt griff sie an. Sie versuchte einen der gelben Stiefel mit ihrer Kette zu erwischen, um den Menschen von den Beinen zu fegen, doch der sprang einfach über ihre Waffe hinweg, direkt auf sie zu. In einer fließenden Bewegung zog er sich den Schal von den Schultern und wickelte ihn um ihren rechten Arm. Zu spät erkannte sie die wahre Natur des Kleidungsstücks, dessen Innenseite mit rasiermesserscharfen Klingen gespickte war. Mit einem heftigen Ruck, riss er den Schal wieder von ihr, worauf ein unglaublicher Schmerz durch ihren Arm schoss. Es fühlte sich an, als hätte er ihn ganz abgerissen, oder hätte ihr die Haut in einem Stück abgezogen. Vom Schmerz überwältigt, ließ sie ihre Waffe fallen, und stolperte zurück. Wie eine Meute hungriger Wölfe hasteten die Varisianer unter den Zuschauern an ihr vorbei, um den Gewinner des Kampfes zu beglückwünschen.
Noch immer von Schmerz gepeinigt, wankte sie aus der Herberge in die verregnete Nacht hinaus.
Rossana Glonna Rubenstein (CN w Gnom Betörer 1)