Das d20 System hat ja zumindest auch ein zu Grunde liegendes Metasetting. Die Regeln sind definitiv für magiereiche Fantasywelten geschrieben, und auch wenn die verschiedenen Settings sich in Details voneinander unterscheiden bleibt dieses Metasetting meist weitgehend bestehen. Es mag Ausnahmen geben wie z.B. Conan, wobei es sich dabei ja auch um ein OGL-Spiel handelt, das die Grundregeln zu einem großen Teil über den Haufen wirft.
Ultra-generische Systeme wie GURPS oder True 20 haben alle das gleiche Problem, nämlich, dass es ihnen mangels Fokussierung auch an Atmosphäre mangelt. Diese Systeme wollen die berühmte eierlegende Wollmilchsau sein, und das funktioniert eben nur, indem man Abstriche in anderen Bereichen in Kauf nimmt.
Ich sehe das ganz ähnlich wie Xiam, ein Regelsystem sollte eine bestimmte Welt oder zumindest einen bestimmten Spielstil direkt unterstützen. Ein einziges System für alle denkbaren Szenarien und Settings zu verwenden kommt für mich nicht in Frage. Bestes Beispiel ist Call of Cthulhu d20. Ich persönlich halte das d20 System regelmechanisch für eines der besten Systeme auf dem Markt, aber gerade für Cthulhu funktionieren diese Mechaniken nicht. Charaktere in Cthulhu sind eben gerade keine Helden sondern in aller Regel Durchschnittsmenschen. Bei Cthulhu d20 kann man aber trotzdem als SC deutlich mächtiger werden als die restliche Bevölkerung. Für pulpige Szenarien mag das ok sein, aber für den klassischen cthulhoiden Horror, der zu einem guten Teil auf der Machtlosigkeit gegenüber dem Mythos und der Dekonstruktion von Weltbildern basiert, ist d20 einfach das falsche Regelwerk. Da greife ich dann doch lieber auf das System von Chaosium respektive Pegasus zurück - zumal es dafür auch tonnenweise hervorragendes Material gibt (die Bücher sind IMO mit Abstand das hübscheste was man sich an Rollenspielprodukten ins Regal stellen kann).
Umgekehrt würde ich aber auch nicht auf die Idee kommen, d100 für heroische Fantasy einzusetzen. Da würden mir einfach die Optionen für den Kampf und die Charakterentwicklung fehlen. Tatsächlich gibt es momentan neben d20 kein High Fantasy Regelwerk, das ich ernsthaft als Alternative in Betracht ziehen würde. Hârn- bzw. Rolemaster sind mir zu bürokratisch und umständlich, DSA war in den mir bekannten Editionen regelmechanisch ein hässlicher Krüppel und außerdem mag ich Aventurien nicht besonders (und das was ich bisher über Myranor gelesen habe gefällt mir noch viel weniger). Alle anderen Regelwerke fallen sowieso in die Kategorie "ferner liefen" und scheiden durch mangelnde Unterstützung in Form von Quellenbüchern und Abenteuern flach.
Insofern hoffe ich, dass die 4E gut und die OGL möglichst liberal wird, damit auch die Third-Party-Publisher weiterhin gutes Material veröffentlichen können (damit meine ich besonders Paizo und Green Ronin). Ein echte Alternative wäre für mich die mysteriöse "3.75E", über die ja auf den Boards von Paizo sinniert wird. Ich glaube zwar ehrlich gesagt nicht daran, dass diese Gedanken irgendwann umgesetzt werden, aber die Vorstellung einer vorsichtig verbesserten 3.5E wäre für mich persönlich sehr attraktiv.
Ansonsten bleibt noch die Möglichkeit, sich ein eigenes Regelwerk auszudenken, was aber ein verdammt großes Vorhaben ist und IMO noch mehr Arbeit macht als eine eigene Kampagnenwelt. Ich habe ein paar Ideen, was ich gerne am d20 System ändern würde. Diese Änderungen würden aber ziemllich weit unten an der Basis des Systems ansetzen und so ziemlich alles auf den Kopf stellen. Insofern wird das wohl oder übel ein frommer Wunsch bleiben.