Meiner Erfahrung nach kann es dafür mehrere Gründe geben:
1.) Die Gruppe ist irgendwie nicht so Recht in RPG-Laune.
2.) Das Abenteuer ist schlecht.
3.) Die Charaktere haben keine ausreichende Motivation.
Im ersten Fall kann man nicht viel tun. Am besten möglichst schnell einen klaren Cut herbeiführen und ein andermal weiterspielen.
Im zweiten Fall ist es schon schwieriger. Ich habe sowohl bei Kaufabenteuern als auch bei selbst erdachten schon erlebt, dass die Spieler einfach stecken bleiben und keine Ahnung haben, wie sie weiter vorgehen sollen. Man findet den entscheidenden Hinweis nicht, es ist nicht klar, wohin die Reise geht. In solchen Situationen wurde bei uns in der Gruppe die Frage geprägt, ob man mal einen Search-Check versuchen könne, um den Plot zu finden

Hier hilft möglicher Weise ein Hinweis des Spielleiters, wobei ich mich schon oft gewundert habe, dass meine Spieler es schaffen, sogar noch das Offensichtlichste zu übersehen oder zu ignorieren - und damit meine ich einen rosa Kobold, der Sinustöne in den Wald schreit und wild mit einem Zaunpfahl in der Luft rudert. Irgendwann funktioniert das zwar doch immer, lässt aber bei allen Beteiligten ein sehr unbefriedigendes Gefühl zurück. Die Spieler haben nicht das Gefühl, dass sie berechtigter Weise im Abenteuer weiter gekommen sind, und der SL ärgert sich, dass sein toll ausgedachter Plot nicht so gut funktioniert wie erhofft.
Der dritte Fall ist dann endgültig die Wurzel allen Übels und ähnelt dem zweiten. Wir haben beim D&D Spielen einen Gruppenkonsens, der besagt, dass Charaktermotivation von den Spielern hergestellt wird, damit das Spiel läuft - auch wenn diese Motivation dann ein wenig konstruiert und an den Haaren herbeigezogen wirkt. Es gibt da also irgendwo in der Wildnis eine Finstere Festung(TM), in der der Fiese Finsterling(TM) Gruselige Gemeinheiten(TM) ausheckt? Bei D&D verstehen wir es dann so, dass diese Tatsache allein auszureichen hat, um einen Abenteurer dazu zu bewegen, eben jene Finstere Festung aufzusuchen und den Fiesen Finsterling daran zu hindern, Gruselige Gemeinheiten zu begehen. Immerhin gibt es dort Reichtümer zu erwerben, Ruhm und Ehre und in den Augen der Bevölkerung wird man ein Held. Klar ist das eigentlich nicht für jeden Charakter eine passende Motivation (der askethische Mönch pfeift auf Ruhm und Reichtum), aber für D&D muss es eben reichen.
Das funktioniert für uns (und auch nur für D&D) aber ist sicher nicht für jeden eine befriedigende Lösung des Problems. Wenn man eine solche anstrebt, muss man ganz unten ansetzen und 1.) sich von Abenteuern mit einem vorher vom SL (oder einem professionellen Autor) in Einzelarbeit ausgearbeiteten Plot verabschieden und 2.) schon bei der Charaktererschaffung über entsprechende Motivationen nachdenken. Aus diesem Grund würde ich auch die Charaktererschaffung gemeinsam am Spieltisch machen. Beim Vorgehen kann man sich ruhig auch bei anderen Rollenspielen bedienen und Konzepte klauen. Ich mache das bei Burning Wheel und bei Spirit of the Century.
1. Schritt: Charakterkonzepte
Jeder Spieler sollte sein Charakterkonzept formulieren - also in wenigen Worten beschreiben, wer das ist, den er da zu spielen gedenkt. Ich gebe hier gerne eine Wortgrenze von 50 Worten vor, innerhalb derer die Spieler dann die wesentlichen Merkmale ihres Charakters beschreiben sollen. Das kann dann z.B. so aussehen:
Der Hexenmeister Muzzamil stammt aus einer armen Familie aus Calimhafen. Mit sechzehn Jahren verliebt er sich in Jarah, die jedoch bereits mit einem reichen Händler verlobt ist. Die beiden brennen nach Tiefwasser durch, wo Jarah wenig später von einem Meuchelmörder ihres wütenden Bräutigams ermordet wird. Nun will Muzzamil Rache.Kurz zusammengefasst ist Muzzamil also "Ein Hexenmeister, der Rache an dem Händler nehmen will, der seine Geliebte Jarah ermorden ließ."
2. Schritt: Verbindungen
Ein solches Konzept muss nun also jeder Spieler formulieren. Dabei sollte ersichtlich sein, woher der Charakter ist, was er tut (Klasse/Volk) und was sein wichtigstes persönliches Ziel ist. Wenn jeder dieses Konzept fertig gestellt hat, muss nun jeder für seinen Charakter eine Verbindung zu einem der anderen festlegen. Diese Verbindung muss nicht besonders eng sein, es ist nur wichtig, dass es irgendeine Verbindung gibt, die aus einer Reihe von unabhängigen Charakteren eine Gruppe macht. Diese Verbindungen können dann im Spiel intensiviert werden, wenn die Spieler das wünschen.
Gehen wir z.B. davon aus, dass ein anderer Spieler einen "Paladin des Lathander und Mitglied des Ordens der Aster auf der Suche nach den Ursprüngen seiner Familie." spielt (nennen wir ihn Dorn). Muzzamil und Dorn haben nun erstmal nichts miteinander zu schaffen, und das ist auch Usus in den meisten neuen RPG-Kampagnen - und führt entweder zu der gefürchteten Tavernenszene des Grauens oder dazu, dass der Spielleiter die lästige Aufgabe erhält, eine Gruppe von Fremden durch ein möglichst glaubwürdiges Ereignis zusammenzuführen, auf dass fortan jeder dieser verschworenen Gemeinschaft sein Leben für den anderen riskieren werde.
Sinnvoller ist es meiner Meinung nach, bereits vor dem Spiel Verbindungen zwischen den SC herzustellen. Dabei muss nicht jeder Charakter mit jedem anderen direkt verbunden sein - es genügt, wenn man an einem Ende der Kette zieht, und so alle ihre Glieder in Bewegung setzt. Für das oben genannte Beispiel gehen wir also davon aus, dass Muzzamils und Dorns Spieler sich darauf einigen, dass der Paladin dem Hexenmeister das Leben gerettet hat, indem er zufällig auftauchte, als der Meuchelmörder Jarah gerade getötet hatte und sich als nächstes auf Muzzamil stürzen wollte. Muzzamil steht also tief in Dorns Schuld und bietet dem Paladin seine Dienste an. Dieser wiederum hört sich an, wieso ein Meuchelmörder hinter Muzzamil und seiner Geliebten her war und verspricht dem Hexenmeister, ihm zu helfen, damit dieser zu seiner Gerechtigkeit kommt (wobei die Interpretation von "Gerechtigkeit" sich bei beiden stark unterscheiden könnte). Nun halt also Muzzamil eine Verbindung zu Dorn. Dorns Spieler muss nun seinerseits noch eine Verbindung zwischen seinem Charakter und einem anderen in der Gruppe festlegen (möglichst
nicht Muzzamil) usw. Wenn das alle Spieler getan haben, geht es weiter mit dem letzten Punkt.
3. Schritt: Weltanschauung
Jeder Charakter braucht nun noch eine Aussage, die in irgendeiner Weise etwas darüber sagt, wie er die Welt sieht - also kein konkretes Ziel, keine Handlungsanweisung, sondern etwas allgemeines, ruhig auch philosophisches. Für Muzzamil könnte dieser Satz lauten:
"Meine Freiheit ist mein kostbarstes Gut. Wehe dem, der mich in Ketten legen will."Dorn sollte natürlich ganz andere Ansichten vertreten. Für einen Lathanderpaladin wäre z.B. folgender Satz passend: "Manchmal müssen auch die guten Dinge überwunden werden, um einen Neuanfang zum Wohle aller zu schaffen."
Bei der Formulierung dieser Sätze sollte den Spielern bewusst sein, dass sie damit dem Spielleiter ein Signal geben, nämlich, dass er sie gefälligst aufgreifen soll, um den Charakter damit in Schwierigkeiten zu bringen und Konflikte zu erzeugen. Es handelt sich dabei um die Weltanschauung des Charakters, es ist das, woran er glaubt. Der Spielleiter soll nun diese Sätze aufgreifen, und Situationen daraus entstehen lassen, in denen der Charakter auf die Prüfung gestellt wird. Am besten funktioniert dies, wenn der SL eine Spannung zwischen Weltanschauung und persönlicher Motivation aufbaut:
Muzzamil kann des mörderischen Händlers nur habhaft werden, indem er seine Freiheit (zeitweise) opftert. Vielleicht muss er einem Mächtigen die Treue schwören und sich ihm unterstellen oder sich gar von einem Sklavenhändler fangen lassen, um so in den Haushalt des Händlers zu gelangen (was besonders gemein wäre, weil es dann auch noch eben jener Händler ist, dem sich Muzzamil unterordnen muss).
Ähnlich könnte man Dorn anhand seiner Ziele in Bedrängnis bringen:
Bei seinen Nachforschungen stößt der Paladin auf einige Hinweise bezüglich seiner Familie, die ihn sehr beunruhigen. Seine Vorfahren tauchen in alten Dokumenten um einen Prozess gegen eine Sekte finsterer Teufelskultisten auf (wenn auch der konkrete Zusammenhang unklar ist). Die Obrigkeit seines Ordens verbietet Dorn nun mit aller Vehemenz die Einsicht in weitere Dokumente, die ihm die Wahrheit über seine Familie offenbaren könnten. Was soll er nun tun? Muss er tatsächlich mit dem Orden der Aster brechen, um sein persönliches Ziel zu erreichen?
Auf diese Weise entsteht nun ein Geflecht von Begehrlichkeiten, Motivationen, Verbindungen und Zielen. Die Charaktere sind miteinander verwoben, der Spielleiter weiß, was die Spieler erleben wollen. Und kann daran ausgerichtet die entsprechenden Abenteuer gestalten, bei denen er so gut wie sicher sein kann, dass ein stockender Spielfluss zumindest nicht an der Ingame Motivation der teilnehmenden Charaktere scheitert.