Da steckt eigentlich meinerseits nicht viel Vorbereitungsarbeit drin. Wir hatten eine gemeinsame World Burning Session, bei der wir die Welt grob definiert haben als eine, die von den Heerscharen der Engel in Schutt und Asche gelegt wurde, weil die Menschen vom Glauben abgefallen waren und sich den Sünden hingegeben hatten (welche durch die Teufel gefördert wurden).
Nun ist die Welt ein Scherbenhaufen, seit fünfzig Jahren ist allerdings der Kataklysmus vorüber und die in die Stein- oder Bronzezeit zurückgebombten Überlebenden erobern sie wieder für sich. Es gibt viel Wildnis, jede Menge Ruinen, Überreste der zerstörten Zivilisation und übernatürliche Phänomene, die durch die noch in der Welt verweilenden magischen Energien entstehen, welche bei der Zerstörung durch die Armeen von Engeln und Teufeln freigesetzt wurden.
Cantopia ist das Produkt eines Beliefs unseres Bastlers Baldur, der besagt, dass er in den Ruinen von Cantopia nach dem Mystifikator suchen will. Also habe ich mir spontan gedacht: Ok, ich brauche eine Ruinenstadt, in der irgendein mächtiges technisches Artefakt verborgen liegt, also warum nicht eine Stadt, die vor dem Kataklysmus eine Hochburg der Ingenieurskunst war. Technischer Fortschritt hat Annehmlichkeiten mit sich gebracht, diese führten zu Trägheit, Faulheit, Verweichlichung und einem höheren Lebensstandard aka Völlerei.
Das Einzige, was ich in dieser Kampagne bisher wirklich schon vorher ausgearbeitet habe sind die
Cantopianer, die kurz vor der Zerstörung ihrer Stadt durch die Engel einen Pakt mit dem Erzteufel Norimaar geschlossen haben und dadurch in diese merkwürdigen Spinnenhybriden verwandelt wurden.
Alles andere inklusive des Turms hat sich im Spiel aus der Interpretation von Würfelergebnissen ergeben. Wichtige Dinge notiere ich mir und pflege sie nach dem Spielen in unser Kampagnenwiki ein, damit die Konsistenz der Welt gewahrt bleibt, aber insgesamt ist BW für mich wirklich DAS Spiel, weil ich es leiten kann, ohne mich außerhalb der Spielabende darauf vorzubereiten.
Bei unserem letzten Spielabend habe ich mich vor Beginn für drei Minuten auf den Balkon zurückgezogen, und habe mir eine Situation überlegt, mit der ich die SC konfrontieren könnte, um Bewegung in die Story zu bringen - was sich aber als unnötig erwiesen hat. Die Spieler wollten sich eine beiläufig erwähnte Ruine genauer ansehen, also habe ich ein bisschen improvisiert, etwas von Barockornamenten und Flachreliefs erzählt - und schon wollten die Spieler daraus einen Hinweis ziehen, haben gewürfelt, den Test vergeigt und so kamen sie zum Turm und dem echt spannenden Kampf mit den Cantopianern.
Die Mechaniken greifen wirklich sehr gut ineinander und in ihrer Gesamtheit sind sie, wenn man sie konsequent anwendet, wirklich eine Plotmaschine, sofern die Spieler sich darauf einlassen und kapieren, dass
sie proaktiv handeln müssen. Es gibt einfach keinen vorgesehenen Plot, den sie finden müssen, und wenn sie den entscheidenden Hinweis übersehen oder nicht kapieren was der SL von ihnen erwartet, dann passiert nichts.
Der SL muss natürlich hochkonzentriert bei der Sache sein und immer darauf achten, dass er den Fortgang der Geschichte so modifiziert, dass Tempo und Spannung stimmen, was bedeutet, dass man ein gewisses Geschick beim Improvisieren braucht. Aber hier kann ich ganz klar sagen, dass die Improvisation von Mal zu Mal leichter fällt, man bekommt Übung darin und wird besser. Insofern betrachte ich BW auch als ein hervorragendes Kreativitätstraining für mich.
Übrigens wird es bei uns auch mit Sicherheit nach dem Ende des aktuellen Story Arcs eine Ruhephase geben, die mindestens ein paar Monate bis ein Jahr Spielzeit umfassen wird. Ich will den Spielern die Möglichkeit geben, entweder im Alleingang in 1on1-Sessions ihre Beliefs zu verfolgen, oder aber sich Lehrmeister für einzelne Fertigkeiten zu suchen (Hygelak hat ja kürzlich den Hellbound Trait erhalten und könnte sich nun einen Lehrmeister für die infernalische Magie suchen).