Eintrag 37 – Fortsetzung
Wir fanden einige Hinweise auf den Widder, welche uns in das Hügelland der Insel führten. Hier wurden die Spuren auch dichter und frischer. Schließlich, eine Stunde vor Sonnenuntergang, sah ich am Fuße eines steilen Abhangs zum Meer, kurz etwas Goldenes aufblitzen. Ich informierte die anderen und dann dauerte es nicht mehr lange, bis wir es alle erblickt hatten. Zwischen einigen Büschen weidete ein riesiger goldener Widder. Niemand hatte uns darauf vorbereitet, dass das Tier fast zwei Meter hoch und vier Meter lang war. Zudem schien es keine echte Kreatur zu sein. Es war Sidi Sahab, der vermutete, dass es sich bei dem Widder um eine Variation einer Gorgone – eines metallenen Stiers – handeln könnte. Dementsprechend warnte er uns auch vor einem giftigen Atem des Tiers. Wir beschlossen das Tier in einem Überraschungsangriff zu attackieren. So stürmten Nadir und Taka, praktisch unvorbereitet, den Hang hinab, während Sidi und ich es mit Magie und Pfeilen beharkten. Ramir diente während des Angriffs als moralische Unterstützung. Rasch zeigte sich jedoch, dass meine Pfeile gegen das Untier wirkungslos waren und auch die Magie zeigte nicht unbedingt den gewünschten starken Effekt. Als der goldene Widder unsere Attacke bemerkte sah es uns kurz an und floh dann – über das Wasser laufend. Staunend blickten wir ihm hinterher. Nicht, dass wir viel Zeit zum Staunen gehabt hätten. Irgendwo im Abhang befand sich anscheinend die Behausung von vier vierarmigen Gorillaartigen Monstern, die sich durch unseren überraschenden Angriff gestört fühlten. Wie aus dem Nichts wuchsen sie aus dem Boden und umzingelten Taka, der von einem von ihnen fast zerfleischt wurde, bevor er sich wehren konnte. Nach unserer anfänglichen Überraschung formierten wir uns jedoch rasch. Taka metzelte sich wie gewohnt durch die Reihen und benötigte nur wenig Unterstützung durch den Rest der Gruppe. So schnell, wie es begonnen hatte, so schnell endete es auch wieder.
Etwas enttäuscht durch die erfolglose Jagd zogen wir uns zum Einbruch der Dunkelheit auf den höchsten Hügel der Region zurück, in der Hoffnung, dass wir am nächsten Tag von dort oben Hinweise auf den Widder finden würden. Auf jeden Fall bot sich schon jetzt ein traumhafter Ausblick auf die Schatteninseln im Osten, sowie auf einen, ebenfalls im Osten liegenden, Sonnenuntergang.
Während der Nacht kam es – natürlich – abermals zu einem Zwischenfall. Jedoch zu einem, mit dem Niemand gerechnet hätte. Während Sidis Nachtwache stürzte ein Wal aus dem Himmel, welcher unseren armen Hexenmeister praktisch unter sich begrub, ihm zum Glück jedoch keine tödlichen Verletzungen zufügte. Wir standen bezüglich des Tieres vor einem Rätsel und konnten es uns nur durch die chaotische und magische Natur dieser Welt erklären.
Eintrag 38
Da mir am Vortag aufgefallen war, dass der Widder für einen Pflanzenfresser ungewöhnlich scharfe Zähne besaß, schlussfolgerten wir, dass sich das Tier wahrscheinlich auch von Fleisch ernähren würde. Da es der Zufall so wollte, dass sich mitten in unserem Lager ein riesiger, stinkender Kadaver befand, beschlossen wir kurzerhand, hier einen Hinterhalt für den Widder einzurichten. Wir versteckten uns im umliegenden Gebüsch und harrten der kommenden Dinge. Es dauerte in der Tat nicht lange, bis wir im hohen Gras Bewegung ausmachten. Sofort begann ich mich anzuschleichen, musste aber enttäuscht feststellen, dass es sich nur um eine dieser Riesenschlangen handelte, denen wir bereits einmal begegnet waren. Um keine weitere Konfrontation zu erzeugen versuchte ich mich unauffällig wieder zurückzuziehen. Anscheinend war ich jedoch nicht leise genug. Der Kopf der Schlange fuhr herum und dann schoss sie mit unglaublicher Geschwindigkeit auf mich zu. Ehe ich mich versah versuchte sie mich zu erwürgen und ich musste mir meine Haut mit meinem Schwert erwehren. Zum Glück hörten die anderen rasch meine Schreie und eilten mir zu Hilfe.
Nach diesem Zwischenfall ließen wir den Plan noch einmal Revue passieren. Es war klar, dass der Kadaver nicht nur – unter Umständen – den Widder anlocken, sondern auch viele andere Raubtiere der Insel anziehen würde. Gerade als wir mit unseren Gedanken so weit gekommen war, blinke einige Kilometer entfernt wieder etwas auf. Wir hatten eine Spur des Widders gefunden! Wieder einmal.
Rasch packten wir unsere Sachen und eilten im Eiltempo los. Natürlich dauerte es nicht lange, bis wir keine Spur mehr von einem Widder sahen, so dass wir abermals einen Hügel erklimmen mussten, um einen besseren Überblick zu erhalten. Es war fast zu komisch um wahr zu sein. Wir konnten zu dem Walkadaver auf unserem Hügel blicken und da sahen wir es. In voller Pracht stand der Widder dort und weidete sich am Fleisch des toten Tieres. Fluchend drehten wir wieder um.
Diesmal kamen wir rechtzeitig an. Das Tier fraß immer noch. Wir begannen das Tier zu umzingeln, aber bei unserem Pech bezüglich dieser Jagd, war klar, was da kommen würde. Takas Rüstung knarrte und das Tier wurde unserer Anwesenheit gewahr. Sofort stürzte es sich auf den Paladin und überrannte ihn kurzerhand mit vollem Tempo. Nur eine Sekunde später beschwor Sidi Sahab einen celestischen Bison, der einen ebenbürtigen Gegner für den Widder darstellte. Während der Bison den Widder ablenkte nahm Taka Anlauf und sprang auf den Rücken des Widders. Vergeblich versuchte er sich jedoch an den Hörnern der Bestie festzuhalten und so wurde er kurzerhand wieder abgeworfen. Sidi nutzte das freie Schussfeld für einen Schwächestrahl auf die Kreatur. Nun wurde es dem Widder anscheinend doch zu riskant. Er suchte sich einen Weg aus unserer Umzingelung, der ihn aber über Taka und Nadir hinweg führte. Während die beiden unter den Hufen des Widders fast zu Tode getrampelt wurden, gelang es Taka einen letzten, tödlichen Streich zu platzieren. Das Tier stolperte, fiel auf die Knie und stieß ein letztes Röcheln aus, bevor es zusammenbrach. Im selben Moment begann es sich aufzulösen und schließlich blieben von der Kreatur nur die beiden goldenen Hörner, sowie sieben goldene Metallplatten übrig, auf denen je ein magischer Spruch eingraviert war. Nach diesem Kampf hatten wir uns auf jeden Fall eine Pause verdient und wir schlugen neben dem Kadaver des Wals und der Todesstätte des Widders wieder einmal unser Nachtlager auf.
Eintrag 39
In dieser Nacht hatte ich wieder den Traum mit der Katze und dem Mausoleum. Doch abermals gelang es mir nicht, das Innere des Gebäudes zu betreten.
Am Morgen kehrten wir zu unserem Haus am Strand mit dem abgebrannten Pier zurück. Hier blies Ramir das Horn. Wir mussten etwa eine Stunde warten bis auf dem Meer, wie aus dem Nichts, eine zwanzig Meter lange Galeere auftauchte. Auf dem Deck war keine Bewegung zu erkennen, als sie neben dem ramponierten Pier längsseits ging. Nur am Steuer stand ein Bootsmann mit einem Widderkopf. Ramir und ich gingen an Bord und übergaben ihm sowohl ein Horn, als auch das steinerne Ei, welches die Schildkröte ausgespuckt hatte. Der Steuermann nahm beides schweigend an sich und ließ sie irgendwo an seinem Körper verschwinden. Kaum hatte er die beiden magischen Gegenstände bei sich, legte das Boot wieder ab. Die anderen drei hatten Mühe noch an Bord zu springen, bevor die Schlangeninsel hinter uns zurück blieb.
Vergeblich versuchten wir mit dem Steuermann ein Gespräch zu beginnen. Aber erfolglos. Sidi Sahab wies uns darauf hin, dass er vermutete, dass der Steuermann aus Bronze bestand und ein stummes Konstrukt war.
Der Steuermann legte einen Kurs nach Westen, zwischen den Schlangeninseln hindurch. Immer weiter fuhren wir nach Westen, obwohl sich dort, nach unserer Karte, nicht befinden sollte. Etwas unsicher ergaben wir uns in unser Schicksal und versuchten die Reise zu genießen. Ich stieg immer wieder in das Krähennest empor um die Richtung zu überprüfen, in die wir fuhren. Aber kein Land kam hier in Sicht. So entbrennt zwischen uns fünf Abenteurern an Bord die Diskussion ob Kakishon eine Kugel ist und wir uns so den Schatteninseln nähern, oder ob wir wohl vom Rand der Welt stürzen würden.
Nach einiger Zeit fiel uns auf, dass, obwohl wir schon Stunden unterwegs waren, die Sonne immer direkt über uns blieb. Nur kurz nach dieser Erkenntnis begann es dennoch dämmrig zu werden. Sämtliche Geräusche schienen mit einem Mal jedes Echo zu verlieren, dafür lag ein stetes brausen in der Luft. Das Schiff wurde außerdem zusehends schneller, als sei es in eine starke Strömung gekommen. Es sah so aus, als würde sich unser Verdacht, dass wir über den Rand der Welt stürzen, erhärten.
Mit einem Male war dann auch das Meer verschwunden und die Galeere stürzte ab. Wir hatten den Rand von Kakishon erreicht. Während ich mich an den Hauptmast des Schiffes klammerte, klammerte sich Sidi an mich. Nadir und Ramir jedoch waren zu langsam und fanden keinen Halt. Ihre Schreie verhalten im Brausen des tosenden Ozeans, als sie von Bord gerissen wurden und in dem uns umgebenden Nebel verschwanden. Kurz darauf konnte sich auch Sidi Sahab nicht mehr halten und verschwand im Nebel.
Der Sturz schien endlos zu dauern. Immer noch schlugen die Ruder, wenn sie auch jetzt nur den Sprühnebel durchpflügten. Ich konnte nicht sagen, wie lange es dauerte, bis das Schiff wieder langsamer wurde und schließlich in einem neuen Meer aufschlug.
Wo auch immer sich das Ende der Welt befand, hier schien es keine Farben zu geben, Alles war in graublau gehalten. Und wir hatten drei unserer Kameraden verloren. Ich war mir ziemlich sicher, dass sich Sidi Sahab mit seiner Magie irgendwie retten konnte, aber um die beiden anderen mache ich mir große Sorgen. Da hörten wir auch schon Nadir aus dem undurchdringlichen Nebel um Hilfe rufen. Ohne lange zu zögern holte ich ein Seil hervor, band mir ein Ende um die Hüften und das andere reichte ich Taka. Dann sprang ich mit Anlauf mit hohem Bogen in den Nebel hinein. Ich landete nicht in Wasser, sondern in einem teerartigen Nebel, der jeden Versuch in ihm zu schwimmen, zur Qual werden ließ. Dennoch gelangte ich zu Nadir, als dieser gerade dabei war in dem Nebel zu ertrinken. Ich band ihm ein Stück Seil um die Hüften und rief Taka um Hilfe. Dieser zig uns unter Aufbringung aller Kräfte an Bord. Gerade als uns Taka über die Reling zog, schaffte es auch Sidi Sahab wieder an Bord zu kommen. Er hatte einen Federfallzauber gewirkt, der ihn vor größeren Schäden gerettet hatte. Ramir schaffte es aus eigener Kraft zurück zum Schiff und zog sich mit Hilfe seiner Peitsche an Bord. Letztendlich hatten wir es alle geschafft
Das Boot trieb derweil weiter durch den Nebel, bis dieser schließlich etwas dünner wurde und drei gelb-grüne Lichter vor uns auftauchten. Dies waren die Leuchtsignale für einen Ankerplatz, den der Steuermann anstrebte. Wir sprangen auf den Pier und begannen die Umgebung zu erkunden. Der Boden war uneben und schien sich ständig zu bewegen. Durch einen Korridor ging es weiter. Türen, die sich wir Irisblenden öffneten und hinter denen Tümpel mit grüner Flüssigkeit lagen, erwarteten uns.
Hinter der letzten Tür fanden wir erst die Bewohner der Anlage. Direkt neben der Tür stand ein elfischer Mann, gekleidet in Leder und mit einem Schwert bewaffnet. Eine zweite Gestalt befand sich auf der anderen Seite des Raumes auf einem Divan. Die elfische Frau stellte sich als Lahapraset vor; sie war ein Geist der Erschaffung und Senderin der Botschaft, die uns hierher geführt hatte. Sie klärte uns auch darüber auf, dass wir uns auf der Insel des Nichts befanden.
Dann erzählte sie uns einiges von der Geschichte Kakishons. Sie und die anderen ihrer Art wurden von Nex vor Äonen gefangen genommen und gezwungen diese Ebene zu erschaffen. Sie berichtete auch von einem Magier der vor einiger Zeit ein Tor zur Ebene öffnete um hier eine Armee aus Feuer und Erdgeistern einzusperren, wodurch die Struktur der Ebene beschädigt wurde. Nur durch diese Beschädigung war es ihr möglich mit uns Kontakt aufzunehmen. Und das hatte seinen Grund: Sie brauchte unsere Hilfe. Der einzige weitere Überlebende ihrer Art, Magiyawalla, wurde vor kurzem von einem Shaitan namens Obherak gefangen genommen. Es kam, was kommen musste: Sie bat uns darum, ihren Gefährten aus den Händen der Shaitans zu befreien, wofür sie uns eine großzügige Belohnung versprach. Außerdem wies sie uns darauf hin, dass wir Kakishon nicht verlassen könnten, ebenso wenig wie sie. Aber wenn wir die Shaitans erschlagen und ihren Gefährten befreien würden, wäre es ihr möglich uns wieder in die Heimat zu schicken.
Ganz geheuer war uns diese Frau nicht, die uns über den Rand der Welt geschickt hatte, aber nach langem zögern, und nachdem wir einige Schätze vorab bekommen hatten, stimmten wir letztendlich zu die Festung der Shaitans zu stürmen. Da wir uns aber nicht alleine mit einer ganzen Armee von mächtigen Shaitan anlegen wollten, informierte uns Lahapraset netter weise, dass es vielleicht keine schlechte Idee wäre die Insel der Toten aufzusuchen um dort den Geist oder die magischen Gegenstände jenes Magiers zu suchen, der vor vielen Jahren die Armee der Feuerwesen erst nach Kakishon brachte. Da wir durch unsere Träume bereits einiges über das Aussehen der Insel wussten – auch wenn das zugegebenermaßen nicht viel war – beschlossen wir dort mit unserer Mission zu beginnen. Um die gut gesicherte Festung von Obherak auf der Insel Khandelwal würden wir uns später kümmern.
Nachdem wir unser Versprechen gegeben hatten alles für die Befreiung von Magiyawealla zu tun, führte uns Lahapraset zu einem der Tümpel und erklärte uns, dass dieser als Tor diente, mit dem wir ohne Zeitverzögerung zurück nach Kakishon und auf die Insel der Toten kommen würden. Ohne lange Abschiedsreden – so gut kannten wir uns immerhin nicht – stürzten sich die anderen in die grüne Flüssigkeit. Ich war der einzige der zögerte, aber schließlich konnte ich auch nicht alleine zurückbleiben und so folgte ich meinen Kameraden ins Unbekannte.