Hallo,
habe gerade meinen ersten Abend als Spielleiter absolviert (Pathfinder), mit selbst ausgedachtem Abenteuer. Bin also was das Spielleiten angeht ein kompletter Anfänger. Mir sind ein paar Dinge besonders aufgefallen, die nicht so besonders toll funktioniert haben. Vielleicht könnt ihr mir ja weiterhelfen, und mal schildern wie diese Dinge denn bei euch so laufen?
Willkommen im schönen, wenngleich auch anstregenden Leben eines Spielleiters. Mach Dir nichts draus, dass nicht alles auf Anhieb so
gelaufen ist, wie Du es gerne gehabt hättest. Auch hier macht Übung den Meister. Sieh nur zu, dass die Bande am Tisch Spaß hat, dann sieht man Dir auch gerne das Eine oder Andere nach.
1) Einsatz von Fertigkeiten: Wenn die Spieler nicht in einem Kampf sind, sondern frei durch die Gegend laufen. Z.B. eine verschlossene Tür. Die Tür hat einen gewissen SG um sie vom Dieb per Mechanismus ausschalten aufmachen zu lassen. Er würfelt dann natürlich so lange, bis er irgendwann die gewünschte Zahl erreicht hat. Dann sind wir dazu übergegangen, gleich zu sagen "du schaffst es". Was dann aber auch wieder den Sinn in Frage stellt, überhaupt Fähigkeiten zu haben. Also irgendwie ist mir das noch nicht so ganz klar, wie das funktionieren soll? ...
Du bist der Spielleiter. Wenn Du sagst, dass eine bestimmte Handlung nicht ununterbrochen und beliebig oft wiederholt werden darf, dann ist das so. Du kannst das schön begründen. Wenn ein Charakter es nicht schafft die Tür bei sagen wir einem, bis zwei Versuchen zu öffnen, dann kann es vielleicht nochmal ein anderer Charakter versuchen, der einen anderen Ansatz verfolgt (vielleicht hat der Schurke versucht, das Schloss filigran zu öffnen und dann klotzt der Kämpfer mal dagegen...?). Du kannst aber auch negative Konsequenzen bringen: Der untaugliche Versuch löst eine Falle oder einen Alarm aus (oder warnt Monster hinter der Tür). Oder es passieren blöde Dinge: Der Zeitverlust alleine kann schon relevant sein, oder es entsteht Schaden am Diebstahlswerkzeug, weil der Dietrich abbricht. Du musst da kreativ sein und dich nicht zu schnell der Bequemlichkeit Deiner Spieler fügen.
2) Wenn die Gruppe frei herumläuft (also nicht im Kampf befindlich), habe ich außerdem das Problem, dass sie spontan alle möglichen Dinge machen. Also es lief dann irgendwann darauf hinaus, das (sobald der Raum von Gegnern freigeräumt wurde) nur noch gesagt wurde "Wirke Magie entdecken, Taste alle Wände ab, schaue an die Decke, schaue unter jedes Möbelstück". Hm, auch irgendwie komisch. Zudem nehmen die Spieler jeglichen Kram mit, den die Monster so bei sich haben. Also sämtliche noch so wertlose Kurzschwerter eines jeden Goblins. Da haben wir dann schon nur noch den Verkaufswert aufgeschrieben - find ich auch irgendwie doof.
Alles was sie mitnehmen, müssen sie tragen. Irgendwann ist man halt kein schleichender Schurke mehr, sondern ein Packesel. Mach ihnen das klar. Alles was sie mitnehmen, muss transportiert werden, hindert die Charaktere und belastet sie. Sie müssen häufiger rasten, sie werden schneller müde, sind langsamer und lauter. Nicht an jeder Stelle der Wildnis oder im Dungeon findet sich eine Verkaufsmöglichkeit für den ganzen Plunder und Tand den sie fleddern und erbeuten. Zwinge sie dazu, Entscheidungen zu treffen und konfrontiere sie mit den Konsequenzen von dämlichem Handeln. Achte aber darauf, dass wirklich wichtige Gegenstände gefunden und mitgenommen werden
Außerdem:
Schaffe Anreize, dass nicht zu lange verweilt wird (Verfolgungsjagden etc.) oder stelle sicher, dass sie nicht alles auf Anhieb finden.
Auch hier nutze Deine erzählerischen Möglichkeiten um die Geschichte (und die Spieler) voranzutreiben. Zur Not sprich das Problem außerhalb der Spielsitzung mal an und rufe Deine Spieler freundlich aber bestimmt zur passenden Charakterführung auf.
3) Kämpfe: Wir haben eine ausgewogene 4-Spieler Truppe (Kämpfer, Magier, Kleriker, Schurke). Im Spielleiterbuch steht drin, bei einer Durchschnittstufe von 1 sollte der maximale Begegnungs-Schwierigkeitsgrad 3 sein (also 2 höher). Da hatte ich dann 800 EP an Monstern pro Begegnung zur Verfügung. Aber irgendwie hatten die Spieler damit nicht wirklich ein Problem, so dass es nur noch darauf hinauslief: "Ok, hin drauf hauen, hin drauf hauen, einmal einstecken, heilen, hin drauf hauen, Ende").
Eine stimmige, spannende Begegnung zu bauen, die Herausforderung und Bedrohung zu gleich ist ohne aber auf alle Fälle den gefürchteten TPK (Total-Party-Kill) zu erzeugen ist eine Kunst für sich. Auch hier der Rat: sammele Erfahrung. Zur Not löse Dich von den Werten im Buch und passe sie den Gegebenheiten an.
Berücksichtige aber auch, ob Deine Spieler großes Würfelglück bzw. taktische Rafinesse an den Tag legten oder Du als SL viele schlechte Würfe hinnehmen musstest?
Ansonsten musst Du hier ein Händchen für bekommen um die Begegnungen anzupassen. Du wirst sehen, mit jedem Mal, wird es einfacher.
4) Aufzeichnen der Karte: Habe es so gemacht, dass ich die Karte Stück für Stück aufgezeichnet habe. Hatte den Eindruck, das bremst das Spiel eher aus. Die Spieler tasten sich immer ganz langsam voran, und ich kann immer nur kleine Stückchen aufmalen. Generell ist es so, dass jedes Feld erstmal im Schnelldurchgang auf Fallen abgetastet wird ("Hier Fallen? Hier Fallen? Hier Fallen?"). Wie macht ihr das denn? Verzichtet ihr gänzlich auf die Karte, außer für Kampfsituationen?
Nimm's mir nicht übel, aber Deine Darstellung erinnert mich ein wenig an unseren letzten HeroQuest Abend
Versuche Dich von einem Spielablauf eines Fantasy-Brettspiels weg und hin zu einem Erzählspiel zu bewegen.
Bemühe dafür die Fantasie Deiner Spieler. Male die Bilder in ihre Köpfe und nicht auf Papier oder Plastik.
Ja, ich weiß, ist leichter gesagt als getan, aber versuche es einfach mal!
Beim Rollenspiel genieße ich es, dass ich im Regelfall keine visuelle Abbildung des Umfelds habe. Das ist eine der riesigen Vorteile. Die absolute Freiheit die Du geniesst, bei der Erschaffung der Welt und der Figuren die in ihr Leben, der Atmosphäre und des Settings.
Ich nutze Karten schon garnicht so gerne bei Kämpfen (ist ein persönliches Ding). Man kann Kämpfe auch prima ohne Karte darstellen. Ist 'ne Stil-Frage. Ich denke nicht, dass eine Variante besser ist als die andere.
Bei Erkundungen oder Charakterspiel brauche ich sie gar nicht.
Was ich gelegentlich nutze sind visuelle Hilfen: vielleicht mal 'ne Übersichtskarte in Form eines Handouts oder so (dann aber nicht mit Gittermuster versehen), gerne auch mal einen passenden Gegenstand (Dolch, Artefakt o.ä.) oder stimmige Musik.
Ich hoffe, ein paar hilfreiche Sachen für Dich unter meine Ratschläge gemischt zu haben. Verliere den Mut nicht.
Rollenspiel ist ein wunderschönes, weil kreatives Hobby.
Wenn ihr die Möglichkeiten die Euch Eure Fantasie erschließt einmal richtig zulasst und nutzen lernt, habt ihr einen Zeitvertreib, der Euch über Jahre/Jahrzehnte abwechslungsreiche Spieleabende bescheren wird!
Viel Glück und viel Spaß!!