1. Gehe ich eigentlich von einer Fehlannahme aus, wenn ich sage:
Der gesetzliche Mindestlohn wird viele (insbesondere kleine) Firmen entweder in die Miesen oder in den Bankrott treiben
-> Stellenabbau/Streichung
-> mehr Arbeitslosigkeit
Ich kann mir gut vorstellen (und sehe auch in meinem nahem Umfeld), dass es eben bei kleinen Firmen um jeden Hunderter im Monat ankommt, und da schlicht billige Arbeiter die einzige Möglichkeit sind, sich über Wasser zu halten. Diese Möglichkeit fällt durch den Mindestlohn doch flach.
Interessante Einstellung. Es muss Firmen erlaubt sein, die Arbeitskraft ihrer Mitarbeiter auszubeuten, indem sie Hungerlöhne zahlen, damit die Firma überleben kann? Weil sonst Arbeitsplätze verloren gehen und Menschen arbeitslos werden?
Das ist hierzulande aber auch ein echtes Phänomen. Mit dem Totschlagargument der angeblichen Vernichtung von Arbeitsplätzen kriegst du das deutsche Stimmvieh jedes mal auf's neue dazu, alle noch so absurden und menschenverachtenden Maßnahmen abzunicken, die angeblich zum Erhalt von Arbeitsplätzen getroffen werden müssen.
Ich sage: Eine Firma, deren Geschäftsmodell darauf beruht, dass sie ihre Mitarbeiter nicht vernünftig für ihre Arbeit bezahlen kann, die hat ein falsches Geschäftsmodell, und dabei kommt es auf die Größe der Firma nicht an. Eine Friseurkette, die einen Damenhaarschnitt, an dem die Angestellte mehr als eine Stunde arbeitet, für weniger als 15 EUR anbietet, die bietet ihre Dienstleistung schlicht zu billig an. Diese Fehlkalkulation auf die Mitarbeiter abzuwälzen, ist eine Unmöglichkeit.
Wir haben doch viel zu wenig Arbeitslose in der Statistik. All die Menschen, die in prekären Arbeitssituationen stecken, sollten eigentlich ihre Jobs kündigen und sich in die sozialen Sicherungssysteme fallen lassen, dass es nur so kracht. Dann merkt die Politik vielleicht endlich mal, dass sie seit langem nur Statistik-Kosmetik auf Kosten der Ärmsten betreibt.
Wir brauchen einen Mindestlohn in einer Höhe, die ein selbstständiges Leben von Arbeit ermöglicht.
In fast ganz Europa gibt es mittlerweile Mindestlöhne. Ausnahme sind Italien, Dänemark, Schweden und Finnland, wo es aber zumindest Gesetze gegen Lohndumping gibt, und Deutschland, wo es weder Maßnahmen gegen Lohndumping noch einen gesetzlichen Mindestlohn gibt. Selbst in den USA gibt es einen gesetzlichen Mindestlohn. Zahlreiche internationale Studien--in Europa und in den USA--haben gezeigt, dass das von den Liberalen verbreitete Schreckgespenst der Arbeitsplatzvernichtung im Niedriglohnsektor durch Mindestlöhne
ein Ammenmärchen ist.
2. Nur so als Information: Ich leben für 240 Euro warm inc. Internet. Es gibt mehr Leute, die günstig wohnen. (Nein, ich wohne nicht bei Muddern oder auf Vitamin B)
Schön für dich (und Mersharr), dass ihr so günstig wohnt. Ich nehme an ihr studiert. Und ihr glaubt, euer Studentendasein lässt sich auch nur ansatzweise mit dem täglichen Leben eines Niedrigstlohnarbeiters vergleichen? Könntet ihr jetzt eine Familie ernähren? Hätten Frau und Kind in eurer Butze Platz?
Ihr wisst beide, dass eure derzeitige finanziell klamme Situation vorübergehend ist und ihr irgendwann mal zu den Besserverdienenden gehören werdet und euch dann auch was leisten könnt. Jetzt stellt euch mal vor, dass ihr nicht nur keine Perspektive habt, dass es irgendwann mal besser wird, sondern auch noch ständig mit der (Existenz-)Angst leben müsstet, dass das wenige was ihr jetzt habt, euch auch noch genommen werden könnte, weil eurem Arbeitgeber auch euer Hungerlohn eigentlich noch zu teuer ist.
Für Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen ist Endstation. Möchtet ihr in 30 Jahren im Alter von 50 bis 60 noch immer so leben wie jetzt?