Das sag ich auch gar nicht. Allerdings hab ich mir halt angewöhnt, die Glasscherben zu entdecken, die entstehen, wenn andere mit Steinen schmeißen. und momentan klirrt es wieder ganz schön.
Ich finde es äußerst amüsant, dass von den Guttenberg-Fans (womit ich nicht sagen will, dass du einer bist) dieses Argument immer mit als erstes ins Feld geführt wird (neben "es gibt doch wirklich wichtigeres", "die paar Fußnoten...", und "wir brauchen den Mann in der Politik"): das Argument "Jeder hat doch irgendwelche Leichen im Keller, besonders die, die ihn angreifen, wieso soll ausgerechnet Guttenberg nun für seine gerade stehen?"
Wenn man das gelten lässt, dann können wir alle Gerichte zu machen und alle Staatsanwälte in den Ruhestand schicken, dann brauchen wir kein Strafrecht mehr, denn dann darf nie wieder irgendjemand angeklagt werden, weil andere auch verbotenes tun und dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
Ich stelle daher einmal eine Sache fest: Was Karl-Theodor zu Guttenberg getan hat ist
Betrug. Punkt. Daran gibt es nichts schön zu reden. Der Betrug wird nicht besser und wiegt nicht weniger schwer, weil er von einem bis dato beliebten Politiker begangen wurde. Es handelt sich um
kein Kavaliersdelikt. Herr zu Guttenberg hat anderer Leute Gedanken und Erkenntnisse als seine eigenen ausgegeben, damit bei einer akademischen Arbeit getäuscht, sein akademisches Ehrenwort bewusst gebrochen, sich auf diese Weise einen ihm nicht zustehenden akademischen Titel erschlichen und sich somit durch Betrug in seiner persönlichen Karriere (vielleicht nicht in seiner politischen, obwohl ich auch das nicht ausschließe aber ich hab sowieso so meine eigenen Verschwörungstheorien, was diese ganze Affäre angeht) einen persönlichen Vorteil zu verschaffen versucht. Jeder Akademiker wird bestätigen, dass ein Doktortitel, auch wenn er selbst nicht mit einem Preis versehen ist, dem Träger neben dem Prestige auch noch einen knallharten finanziellen Vorteil einbringt.
Dass dies zumindest gegenüber all den ehrlichen Doktoranden, die in harter Arbeit und unter wirklichen Entbehrungen Eigenleistung erbringen, um zu akademischen Würden zu gelangen, unfair ist, sollte daher unbestritten sein, wenn man schon die rechtliche Relevanz seines Tuns als Kavaliersdelikt abwerten möchte.
Wenn irgendein Linker oder sonstwie gefärbter Politiker, der jetzt Guttenberg für seine Verfehlung zur Rechenschaft gezogen sehen will, selbst Leichen im Keller hat, für die er/sie die Konsequenzen tragen müsste, dann kann ich nur sagen: Grabt sie aus und zieht ihn/sie zur Verantwortung. Aber sagt nicht "der darf nicht mit Steinen werfen, denn er ist ja selbst nicht besser" und tut sonst nichts. Das wäre gesellschaftlich das absolut falsche Signal, denn das würde bedeuten, dass jedes moralisch und strafrechtlich fragwürdige Handeln entschuldbar ist bzw. automatisch zur Bagatelle wird, sobald nur genügend Leute es begangen haben.
Es gibt, aus meinem Blickwinkel auf unsere Gesellschaft, heute einen Grund zu feiern. Dieser Grund ist nicht der, dass Karl-Theodor zu Guttenberg seinen Posten verloren hat. Das wäre tatsächlich wohl eher Neid und Missgunst als alles andere. Für mich geht es in dieser Angelegenheit nicht gegen Karl-Theodor zu Guttenberg, weil er Karl-Theodor zu Guttenberg, der adlige Freiherr mit der beneidenswert schönen Ehefrau, Charisma und sicherlich auch einem gewissen Händchen für Politik ist. Es geht allein um das Delikt.
Es gibt einen Grund zu feiern, weil die sich in unserer Gesellschaft langsdam aber sicher durchsetzende Einstellung man könne alles machen, man müsse nur wissen, wie man damit durchkommt bzw. wer ehrlich ist ist dumm, wer die Dummheit und Ehrlichkeit der anderen für seine persönlichen Zwecke ausnutzt und weiß, wie man klug bescheißt, ist cool und nachahmenswert, heute einen erheblichen Dämpfer bekommen hat. Und das ist richtig und gut so.