Was angebliche "Leitartikel" aus Zeitungen angeht , die ein Doktorvater kennen muss, stimme ich dir absolut nicht zu. Zeitungsartikel gelten dafür in der Regel nicht als "wissenschaftlich" genug und das meistens zu Recht. Das man sich zudem an den genauen Wortlaut eines Zeitungsartikels erinnern sollte, während man eine Dissertation liest, halte ich für eine weltfremde Annahme, selbst wenn man sie gelesen hat.
Ich habe nirgendwo geschrieben, dass man den Wortlaut kennen muss, aber vom Inhalt her, sollte man schon in etwa wissen, was schonmal gedacht worden ist und was neu ist. Und wenn man bei etwas, was man schon irgendwo her kennt, dann keine Fußnote findet, dann sollte man als Doktorvater auch schonmal genauer hinschauen. Mag sein, dass das in der Regel nicht getan wird, das halte ich jedoch für fahrlässig.
Sorry, aber ich haltes es für sehr gewagt anzunehmen, dass ein Professor Zeitungsartikel kennen sollte, die zu einer der Dissertationen, die er begleitet veröffentlicht worden sind. Ein Professor wird schon nicht in der Lage sein den Überblick über die juristischen Publikationen zu behalten, die zu einem Thema veröffentlicht worden sind, weil es einfach zu viele sind. Du scheinst keinerlei Vorstellung zu haben, wieviel im juristischen Bereich veröffentlicht wird. Das gilt insbesondere für ein so weit gewähltes Thema, wie das von zu Guttenberg. Bei so einem Thema ist es unmöglich alles zu kennen, wenn man nicht selber im gleichen Thema promoviert. Das gilt erst Recht für einen Professor im Ruhestand, wie der Doktorvater von zu Guttenberg.
Es mag auch sein, dass "Summa cum Laude" bei den Juristen oft und gerne vergeben wird. Das macht die Sache aber nicht besser, wenn es dann eine allenfalls mittelgute Arbeit ziert. Ein Delikt wird schließlich auch nicht weniger schlimm/wenigeer schwer bestraft, nur weil es von vielen Leuten begangen wurde. Gerade Juristen sollten es eigentlich besser wissen.
Als angehender Lehrer weißt du, dass bei jeder Benotung ein Beurteilungsspielraum besteht und Noten nicht objektiv sind. Was du für "mittelgut" hälst, kann jemand anders für exzellent halten. Einer meiner Bekannten hat für seine Diss vom Erstgutachter ein "summa cum laude" erhalten und von dem Zweitgutachter ein "non rite" (was wirklich extrem ist, aber vorkommen kann). Noten sind letztlich Schall und Rauch und beruhen auf einer subjektiven Einschätzung des Prüfers und sind gerade bei Dissertationen nicht objektiv nachprüfbar.
Übrigens übertreibst du, was die Leichtigkeit der Plagiatsaufdeckung angeht. Du vergisst hierbei, dass bei der Aufdeckung sämtliche Medien und sehr viele Internetnutzer tätig waren. Das kann eine Einzelperson gar nicht leisten. In der Rezension in der Kritischen Justiz von Fischer-Lescano wurde gerade mal eine handvoll der Plagiate gefunden und das war ein junger Professor an der Sache dran, der sich gezielt damit auseinandergesetzt hat. Natürlich kann man kritisieren, dass bei Dissertationen keine Plagiatskontrolle durchgeführt wird, aber das kann man wie gesagt keinen Professor im Ruhestand vorwerfen. Und der Vergleich mit dem Atomkraftwerk hinkt ja wohl. Ein Atomkraftwerk ist eine ungeheure potentielle Gefahrenquelle eine Dissertation nicht
Man muss immer die Kontrollmaßnahmen ergreifen die angemessen sind.
Wer die Diskussion bzgl. einer Plagiatskontrolle bei Dissertationen in der jüngsten Zeit verfolgt hat, wird auch zahlreiche gute Argumente dafür gelesen haben haben, weshalb diese nicht unbedingt sinnvoll ist. Auf das besondere Vertrauensverhältnis habe ich ja schon hingewiesen. Ein Grund weshalb z.B. aber normale Studien- oder Seminararbeiten mit Plagiatsprogrammen durchleuchtet werden und Dissertationen nicht, ist dass eine Dissertation veröffentlicht wird und somit der Kontrolle der Öffentlichkeit unterliegt, was ja auch bei zu Guttenberg zum Erfolg geführt hat! Andere Argumente sind die hohen Kosten (Softwarelizenzen, Zeitaufwand) die damit verbunden sind. Sicherlich kann man hier anderer Meinung sein und sich auf den Standpunkt stellen, dass Dissertation besonders genau geprüft werden sollten. Es ist aber wohl kaum den Prüfern von zu Guttenbergs Doktorarbeit vorzuwerfen, dass diese nach den damals üblichen Verfahren gehandelt haben.
Gruß Zechi
EDIT: Ich empfehle die folgende
Presseerklärung zu lesen, die gibt die Sichtweise der beiden Prüfer wieder.