Schummeln und Feedback ist eine gefährliche Mischung. Aufgrund der Heinlichkeit des Schummelns basiert das Feedback der Spieler auf falschen Voraussetzungen; seine Aussagekraft bezüglich der geschummelten Szenen ist daher gleich null.
Wieso? Zum "zur Diskussion stellen" gehört doch dazu, dass ich meinen Spielern erkläre, auf welche Art und Weise (also z.B. durch Schummeln/Manipulation) ich zu einer bestimmten Entscheidung gelangt bin. Es ist nicht so, dass ich einfach frage: Wie hats Euch gefallen?" und aus einer möglichen positiven Antwort meine Berechtigung zum Schummeln ableite. Wenn ich schummele (und zur Erinnerung: bei mir kommt das nur sehr, sehr selten vor), dann teile ich das meinen Spielern (nicht direkt, aber nach der Sitzung) auch mit. Sie brauchen nur zu mir zu sagen, lass es, dann lass ichs.
Wenn du schummelst um ein bestimmtes Ereignis herbeizuführen, dann ist das die Richtung.
Gut, dann versuch ich mal zu klarifizieren:
Prinzipiell halt ich gar nicht so viel vom Schummeln, wie es in meinen Posts zu diesem Thema den Anschein erwecken mag. In eigentlich allen Fällen, die mir bisher unter die Füße gekommen sind, hätte es tatsächlich auch eine regeltechnisch korrekte Möglichkeit gegeben, wie das Problem zu lösen gewesen wäre.
Warum plädier ich also überhaupt für gelegentliche Regelmanipulation?
1. aus der Einsicht heraus, dass kein Regelwerk zu 100% genau meinen Wünschen entspricht. So manche Regel, die in 99% der Fälle genau das tut, was ich von ihr möchte, wird in dem 1% der Restfälle plötzlich zu einem Hindernis für den Spielspass meiner Gruppe. Wenn ich das vorhersehe, kann ich eine Hausregel entwerfen. Werde ich davon überrascht, ist eine kleine Manipulation manchmal das effizienteste Mittel, die Situation zu retten, ohne dass der Spielfluss unterbrochen wird. Letzteres ist für meine Gruppe im Vergleich zu der Manipulation nämlich die viel größere Spielspassbremse.
2. Weil für mich im Zweifelsfall tatsächlich die Glaubwürdigkeit meiner Story vor absoluter Regeltreue kommt. In dem andern Thread hatte ich ein Beispiel gebracht, in dem ich einen zu starken Gegner mitten im Kampf leicht runtergeregelt habe, weil es sonst einen
von mir verschuldeten TPK gegeben hätte. Zechi hat seinerseits mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, wie ich das auch erzähltechnisch hätte ohne Regelmanipulation lösen können. Das Problem mit seinen Vorschlägen war allerdings, dass diese in der konkreten Situation entweder nicht anwendbar gewesen wären oder aber die Glaubwürdigkeit der Geschichte überdehnt hätten. Und letzteres mögen meine Spieler auch nicht, in diesem Sinne war die Manipulation das kleinere Übel.
3. Klingt in Punkt 2 schon an. Ich bin als SL weit davon entfernt, fehlerfrei zu sein. Fehler zugunsten meiner Spieler hake ich normalerweise als "pech gehabt" ab. Fehler aber, die meinen Spielern schaden würden, suche ich unter allen Umständen wieder gut zu machen, wenn das nötig ist, auch wenn ich dafür die Regeln kurzfristig außer Kraft setzen muss.
4. Wenn ich meinen Spielstil verändern würde, dann aus den verschiedensten Gründen eher in die Richtung des Spielstils, wie ihn TheRaven, Xiam oder auch Scurlock handhaben. Gut möglich also, dass die Schummeleien eher zunehmen würden.
Und ums nochmal dazu zu sagen: das faken von Würfen gehört bei mir nicht zum Repertoire. Manchmal gehen die Gegner nicht mit ihrer bestmöglichen Taktik vor, ich "vergesse", dass der Gegner über einen bestimmten Zauber/ eine bestimmte Spezialfähigkeit verfügt oder ersetze diese durch etwas der jeweiligen Situation angemesseneres. Anpassung der TP oder gar des Levels (in beide Richtungen) können auch schon mal vorkommen, entweder um drohender Langeweile vorzubeugen oder aber um den Kampf etwas zu entschärfen. Alles Dinge, die im Spiel nicht unbedingt bemerkt werden, die ich aber ebensowenig mit aller Gewalt vor meinen Spielern zu verheimlichen suche. Das wichtige ist die Aufrechterhaltung des Spielflusses, Diskutieren kann man später.
Jegliche Manipulation hat aber das Ziel, den Spielspass für die Spieler zu gewährleisten/zu erhöhen. Wenn man seine Spieler (und ihre Wünsche/Erwartungen) gut genug kennt, kann man diese sehr gezielt einsetzen, was übermässoger Willkür vorbeugt.
Und niemals versuche ich, Schummeleien einzusetzen, um ein von mir erwünschtes Handlungsergebnis zu erzwingen. Eher (wie in dem Beispiel unter Punkt 2), um die Optionsvielfalt aufrechtzuerhalten oder den Spielern gar weitere Optionen zu eröffnen. Abgesehen davon geht Railroaden auch ohne Schummeln, möglicherweise sogar viel leichter.
Das ist mein Standpunkt. Einer von sehr vielen verschiedenen Standpunkten. Der sich mit einer anderen Gruppe von Spielern wohl auch nie so entwickelt hätte und der daher auch keine Allgemeingültigkeit für sich beanspruchen darf. Aber das gilt für die vielen anderen Standpunkte ebenfalls.