Da stimme ich dir zu. Für diejenigen die es nicht wissen: Questoren sind Anhänger von Passionen. Diese lassen sich ähnlich wie Götter darstellen, also wären Questoren die Kleriker Earthdawns. Leider war die Umsetzung misslungen. Das Motto in der Richtung ist immer: Ich bin Questor, kann aber trotzdem nichts
Das kann man aber auch nicht so stehen lassen. Questor ist ja keine Disziplin. Die Questoren folgen ja auch einer der "herkömmlichen" Disziplin und investieren dann Legendenpunkte in das "Talent" Questor einer bestimmten Passion, was ihnen ein paar Goodies einbringt.
Und genau da liegt der Knackpunkt.
Es ist miserabel ausformuliert, wer oder was die Passionen eigentlich sind.
Sind es Götter? Dagegen spricht, dass es kaum wirklich einflussreiche Kulte um sie gibt und sie mit der Erschaffung der Welt und ihrer Gestaltgebung scheinbar so gar nichts zu tun haben. Außerdem scheinen sich die großen, mächtigen NSC, die "Alten" wie z.B. Alachia, nicht wirklich um die Passionen zu kümmern, ihren Einfluss also als eher gering einzuschätzen. Des weiteren (und hier wird es jetzt spätestens meta-earthdawnisch), ist nach der Rückkehr der Magie in der 6. Welt bei Shadowrun nirgends auch nur eine Spur der Passionen zu finden... offenbar haben sie nicht überlebt, entgegen den "Alten" - oder sie zeigen sich nur nicht. Nur, warum nicht?
Sind sie also irgendwelche übernatürliche Wesen, deren Ursprung und tatsächliche Macht schlicht ungeklärt ist? Dagegen spricht wiederum, dass sie, einem Götterpantheon nicht unähnlich, die Aspekte des Lebens in Domänen untereinander aufteilen und entsprechend ihrer Zuständigkeit gewisse Charakteristika aufweisen und Kräfte an ihre Anhänger verleihen können - genauso wie eine gewisse Allwissenheit, zumindest, was ihren Aspekt angeht.
Sind sie also vielleicht nur abstrakte Aspekte des Seins? Dagegen spricht wiederum, dass drei von ihnen während der Plage pervertiert wurden und ihr Einfluss auf die Welt zu greifbar körperlich sein kann, als dass es sich bei ihnen um reine, metaphysische Aspekte handelt. Lochost z.B. ist dazu übergegangen Dys abzulenken, anstatt ihn offen zu bekämpfen, da er ein Massaker und den Anhängern beider Passionen verhindern will.
Also doch scheinbar körperlich reale aber eben sehr mächtige, den Regeln der Welt dennoch bis zu einem gewissen Grad unterworfene Entitäten, deren Ursprung nebenbei niemanden so wirklich zu interessieren scheint. Doch was ist ihre Aufgabe? Haben sie sich das selbst zur Aufgabe gemacht? Wenn nicht, wer dann?
Diese ganzen (auch für den SL) ungeklärten Fragen maches es für einem Spieler sehr sehr unattraktiv, seinen Charakter in eine Richtung hin zum Questor zu entwickeln. Dazu kommt, dass es keine Disziplin für einen Questor gibt, sondern es eine mehr oder weniger rollenspielerische Entscheidung (mit eher geringen Auswirkungen auf den Charakter) ist sich für die Hinwendung zu einer Passion zu entscheiden.
Man wird das Gefühl nicht los, dass keiner der Designer sich wirklich mit den Passionen auseinander gesetzt hat. Ja, gut, irgendwas musste her, denn alle anderen Fantasyrollenspiele haben schließlich auch ihre Götter und deren Priester. Aber so richtig Lust sich da mal rein zu klemmen und etwas derartiges mit Hand und Fuß zu entwickeln hatte wohl keiner. Was dabei rauskommt ist eine Welt, in der die Passionen und ihre Questoren eine sehr untergeordnete Rolle spielen. Und darauf hätte man dann auch gleich ganz verzichten können, das ist zumindest meine Meinung.