Das ist meiner Meinung nach ein Versuch der Wizards, die Hintergrundwelt den Regeln anzupassen. Vieles, was uns Spielern in den Kampagnenwelten merkwürdig und aufgrund der Regeln unglaubwürdig vorkam, wird hier aufgegriffen.
Der untote Oberbösewicht lebt seit hunderten von Jahren unbehelligt in seiner Ruine, nur wenige Meilen von der Stadt entfernt, und schmiedet weltzerstörende Pläne -- alles kennen die Legende, aber keiner hat was getan oder Hilfe geholt. Wo auch, die Stadt ist auf dem Papier zwar eine Großmacht, aber nur die Helden verfügen über die tatsächliche Stärke, sich mit dem Lich anzulegen.
Die Goblinbande terrorisiert den Weiler seit Monaten -- doch bis heute hat der König nicht einen einzigen Soldaten vorbeigeschickt. Konnte er auch nicht, denn seine Armeen bestehen nur aus Level 1 Fightern, und die werden von den Hinterhalte legenden Goblinbanden gnadenlos aufgerieben. Erst die Helden können hier Abhilfe schaffen. Warum, nebenbei,die Goblins noch nicht das ganze Königreich an sich gerissen haben, weiß kein Mensch... Naja, man hält sich eben nicht mit Details auf.
Die Stadtwache ist eine mächtige Organisation, die seit Jahrzehnten Recht und Ordnung in der Gemeinschaft aufrecht erhält. Sie bildet ein gegengewicht zu mächtigen Diebesgilde, beide schaffen es nicht die andere Fraktion auszuschalten. Dann kommen die Level 3 Helden in die Stadt und prügeln alle 50 Büttel auf einmal zusammen, nachdem der Schurke beim beutelschneiden erwischt wurde."
Das Rezept, all diese Ungereimtheiten, die der DM bisher irgendwie glaubwürdig zurecht biegen musste, auszumerzen, ist ganz einfach: Mach die Helden zur einzigen Autorität.
Der Lich schmiedet böse Pläne und keiner hat was dagegen getan? Kein Wunder, gibt in der düsteren Welt da draußen ja jetzt ganz offiziell niemanden außer den Helden, der ihm Einhalt gebieten kann.
Der König hat sich nie um das Problem der marodierenden Goblins in seinem Reich gekümmert? Welcher König denn auch, das Dorf ist auf sich allein gestellt.
Die Helden merzen wegen einer Kleinigkeit die Stadtwache einer Kleinstadt aus und niemand gebietet ihnen Einhalt? Tja, düstere Welt, leider existiert kein nennenswerter, organisierte Wiederstand gegen das böse. Wenn die Helden es nicht tun, tut es niemand.
In D&D 3.5 können Helden ab der Stufe 10 kleinere Königreiche erobern. Die Frage drängt sich da doch auf, warum bisher niemand korrupt wurde und das getan hat? Versuchen Helden das, werden sie also Böse und beginnen gegen die Guten zu kämpfen, obwohl das in der Kampagne des DM eigentlich so nicht geplant war, konnte der zwei Dinge tun: Entweder seine Kampagne wegschmeißen und eine neue, böse entwerfen. Oder er stellt den "Helden" völlig unglaubwürdige Hindernisse in den Weg, um sie daran zu hindern, die Weltherrschaft an sich zu reißen.
D&D 4E scheint da einen anderen Weg zu gehen: Anstatt das Powerniveau des Restes der Welt mal an das der Helden anzupassen, oder aber das der Helden zu begrenzen (naja, das ist bei D&D schon immer die heilige Kuh gewesen, die keiner anpacken darf), werden jetzt die Helden ganz offiziell zum einzigen Lichtblick in einer düsteren Umgebung. Die Möglichkeit, dass Helden sich gegen die Guten wenden, wird dadurch begrenzt, dass es offenbar nur die Helden als gute Autoritäten gibt und adäquate Bedrohungen eigentlich nur in dem Bösen, dass außerhalb der kleinen, zivilisierten Inseln in der Welt existiert, bestehen.
Wie man in der Welt böse Kampagnen spielen soll, erschließt sich mir aus dem zitierten Abschnitt nicht so ganz.