Ich hoffe, ihr versteht, dass ich jetzt nicht auf alle Fragen eingehen kann. Wenn es ein dringendes Problem gibt, einfach noch mal fragen.
Zunächst einmal möchte ich etwas vorausschicken: selbst wenn (!) die Mechanik für einen bestimmten Fall Geistesbeeinflussung gleich kommt, wie handhabt ihr den Geistesbeeinflussung in D&D? Also Suggestion, Dominate Person, ...?
Und dann hat Raven richtig gesagt, dass die genannten Beispiele etwas an den Haaren herbeigezogen sind, Allerdings will ich nicht verleugnen, dass ich die Notwendigkeit für soziale Mechanismen auch für taskbasierte Systeme sehe. In Konflitklösungssystemen stellt sich das Problem einer guten Umsetzung von Spieltischaktionen noch viel weniger.
Zunächst einmal bedeutet das Vorhandensein von sozialen Mechaniken keine gleichwertige Behandlung seitens NSC und SC: Um als SL den Spielern regelmäßig Superdiplomaten vorzusetzen, die einen zum Freund machen, muss man schon ein kleines Arschloch sein.
Aber was nun, wenn der Spieler in Rolle einen dermaßen schönen, runden und mitreißenden Monolog (oder auch Dialog, falls der Adelige durch den SL einbezogen wird) abliefert, daß sogar die anderen, nicht beteiligten Spieler gefesselt und unterhalten werden? Willst Du dann immer noch einen sachlichen Gradmesser haben, ob dieser Einsatz des Barden erfolgreich war? Willst du am Ende sagen: "würfel' mal auf Diplomatie" oder wie auch immer nun die Charakterspiel-Mechanik aussehen soll?
Das ist natürlich auch eine Frage des Spiestils, aber: Ich halte es für die Pflicht des Spielers, zu versuchen, nicht nur seine eigenen Eier zu schaukeln, sondern auch die der Mitspieler. Also für alle unterhaltsam zu sein, gerade, wenn man alleine im Rampenlicht steht. Eine einfach nur "fesselnde" Rede wäre also nicht unbedingt ein Grund, um eine Ausnahme zu machen. So etwas wird dann von anderen Mechaniken (z.B. artha) abgedeckt.
Zweitens gibt es, wenn gewürfelt wird, eine Möglichkeit zu scheitern. Sonst würfele ich nicht. Das bedeutet einerseits, dass ich einen Wurf verlange, um zu sehen, ob die Rede beim Baron angekommen ist.
Ich bin nämlich nicht der Baron. Wenn der Barde wirkliche Diplomatie bis unter den Haaransatz hat, wird die Wahrscheinlichkeit zu Scheitern auch gering genug sein, dass erstens er die Rede erfolgreich halten wird und er zweitens, wenn er doch patzt, daraus eine tolle kleine Storyline entwickeln kann.
Drittens, wenn der Typ so eine geile Rede hält, dass die Spieler von den Sitzen fliegen und ich selbst geneigt bin, meine Unterlagen auszuhändigen und zu den Spielern überzulaufen,
dann lass den Barden verdammt noch mal die Probe schaffen. Scheiß drauf. Das ist aber genauso eine Ausnahme wie das von Terroristen entführte Flugzeug, dass rechtzeitig präventiv abgeschossen werden muss. Das muss man nicht regeln.
Im zweiten Beispiel sehe ich nicht, wie eine Charakterspiel-Mechanik einen gruppeninternen Disput zu lösen imstande sein soll. Wie Du ja selbst sagst, lassen sich Spieler ungern etwas befehlen. Nichts anderes täte da doch auch eine Spielmechanik, die vorschriebe, zu welchen Ergebnissen nun ein gruppeninterner Charakterzwist führt. Solche Situationen, wie die aus diesem Beispiel, gibt es häufig und es bringt imho nix, den Ausgang solcher durch eine Spielmechanik zu ermitteln.
Es ist ein Unterschied, ob man diskutiert, bis einer entweder nichts mehr sagt und sich mit gekreuzten Armen in die Ecke hockt, oder bis Paul wieder seinen Willen bekommen hat, oder ob man sagt: ”Lasst die Würfel sprechen!" und dann in einem "fairen" Wettstreit entscheidet, wer gewinnt. Du täuschst dich gewaltig, wenn du das gleichsetzt, da ist eine ganz andere psychologische Rechtfertigung hinter.
Im dritten Beispiel schließlich bedarf es doch insbesondere des selbstkritischen, reflektierenden Rollenspiels aller Gruppenmitglieder. Bereits im Vorfeld müssen diese bereit sein, sich auf eine solche Rollenverteilung mit einem klar definierten Anführer einzulassen. Das widerspenstige Spieler mittels eines Würfelswurfs (oder einer sonstwie gearteten Spielmechanik) dazu gebracht werden, fügsame Befehlsempfänger zu werden, sehe ich nicht.
Natürlich gehört das dazu. Aber auch, wenn solche Charakterkonzepte akzeptiert werden, stoßen sie sehr schnell an ihre Grenzen, da die Anführerschaft eben nicht unterstützt werden kann.
Ich möchte auch noch mal sagen, dass dies alles noch eine
homogene Gruppe unterstellt, also keine Charaktere mit widerstreitenden Zielen.
Nicht nur sähe ich dadurch den Spielfluß gestört sondern auch einen guten Teil der Spielleiterrolle als "Erzähler" und "Regisseur" eliminiert. Absolute Simulationisten mögen mir da widersprechen, aber ich bin froh, daß ich als SL erzählerische Willkür walten lassen kann. Nur so kann ich flexibel genug reagieren.
Dein Denken ist in d20 festgefahren. Befrei dich von diesem Mist, dass erzählerische Willkür nötig sei. Wormy oben hats auch richtig gesehen – es ist toll, wenn die Spieler so was versuchen, dann sind sie nämlich interessiert und nicht nur passive Konsumenten deiner Ideen. Übrigens sind viele Spiele mit CRP-Regeln sehr narrativistisch ausgelegt und eben nicht simulationistisch veranlagt.
Andererseits stimme ich dir zu:
Wenn du erzählerische SL-Willkür brauchst, dann können CRP-Regeln dir in die Quere kommen.
1. Der Einsatz von Diplomatie bei dem NPC.
Effektiv ist hier das Problem dass beide klassischen Vorgehensweisen ("erst würfeln, dann ausspielen" oder "erst ausspielen, dann würfeln") einen hier zu keinem gutem Ergebniss bringen.
Nicht unbedingt. Du gehst von einem falschen Ansatz aus. Richtig ist natürlich "ausspielen, dann würfeln". Allerdings setzt du dann dich gleich dem NSC bzw. mehreren NSC. Schon mal in einem Kino gesessen und als einziger nicht gelacht? Ich ja. Ich bin auch schon im Theater zur Pause gegangen, wo es nachher stehende Ovationen gab, und ich habe Bravo gerufen, als das Theater sich zur Pause halb geleert hatte.
Manchmal kommt auch eine gute Rede einfach nicht gut an. Vielleicht hat der Baron einen Scheißtag, oder seine Frau ist mit einem Barden durchgebrannt, oder er kann Rot nicht leiden und der Barde trägt rotes Leder, oder der Baron hat Hunger und Nachdurst, oder, oder, oder. So wie selbst der beste Krieger mal den Bauern verfehlt. Passiert.
Soll man nun eine Spielmechanik zurate ziehen, die ermittelt, wann bei einem NSC das Maß voll ist und er mir eine ballert bzw. mich von Wachen "entfernen" läßt? Soll ich daß via den "Diplomatie"-Wert ermitteln, wenn sich der Charakter doch gar nicht bemüht, einsichtig zu sein? Und wie steht es mit SC in der Gruppe? Soll ich als SL da auch Würfelwürfe durchführen (eventuell RW gegen Willen) und dann bestimmen, "So, Adalbert Düsterbart - dir reicht es jetzt. Du haust der nervigen Tratschtante jetzt eine rein!". Wie würde sich wohl Adalbert Düsterbart's Spieler fühlen? Vielleicht wollte er der Quasselstrippe ja gar keine ballern? Muß er jetzt, weil eine Spielmechanik regelt, wann sein Geduldsfaden reißt?
Mein Punkt ist: soziale Situationen sind mitunter so vielschichtig, daß eine Spielmechanik ihnen einen Bärendienst erweisen würde. Da ist einfach SL-Willkür gefragt.
Falsch. Du musst als SL nur wissen, was du tust. Du tust nämlich folgendes: Wenn der Charakter etwas erreichen will oder etwas auf dem Spiel steht, dann würfelst du. Sonst nicht.
Wenn also deine Labertasche labert, lass sie labern. Wenn du merkst, dass der Spieler es darauf anlegt, NSC zu nerven und ausrasten zu lassen, lass sie ausrasten. Warum nicht? Oder warum?
Aber wenn der SC z.B. bei Hofe versucht, durch sein Labern den Hofmagus ausrasten zu lassen – dann hol die Würfel raus. Wenn er sich so benimmt, während er beim feinen Bürgermeister vorspricht, um einen Auftrag zu bekommen – dann hol die Würfel raus.
Und jetzt möchte ich noch ein Beispiel zu folgendem Moment geben, dass etwas systemspezifischer ausfällt. Vielleicht hilft das.
Für das Einschüchtern Beispiel könnte das heissen:
Barbar: "Wage es nicht noch einmal über meine Schwester zu lästern!" *baut sich bedrohlich vor dem Barden auf*
Barbar würfelt Intimidate - es klappt
SL zum Barden: Du merkst das es ihm ernst ist.
Es kann dem Barbar auch ernst sein, wenn er den Barden nicht einschüchtert. Oder auch wenn er ihn Einschüchtert kann es dennoch nur ein bluff sein. Der Würfelwurf definiert nicht die Handlung. Nur wie es für den Barden herüberkommt.
Und so würde das in Burning Wheel funktionieren[list=1][*]
Was will der Barbar? Wie will er es erreichen? Der Barbar will *nicht* den Barden einschüchtern. Der Barbar will, dass der Barde die Klappe hält. Das will er erreichen, indem er ihn einschüchtert.
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Muss man würfeln? Ich würde sagen, ja. Vor allem, wenn ein beeinflusster Part ein Spieler ist, sollte man nicht einfach festlegen, dass der Charakter eingeschüchtert ist.
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Konsequenzen und Schwierigkeit. Die Schwierigkeit ergibt sich aus den Regeln für Einschüchtern. Konsequenz des Scheiterns?
Das läuft dann wohl so ab:
SL: Der Barbar kommt auf dich zu und stemmt seine Fäuste auf den Tisch. "Das ist meine Schwester, über die du da redest. Pass bloß auf." Er versucht, dich über Einschüchterung ruhig zu kriegen. Wenn er den Wurf schafft, dann darfst du in der Kneipe an diesem Abend keinen Witz mehr über Olga machen.
Barden-Spieler: Und wenn er verliert?
SL: Schlag was vor.
Barden-Spieler: Hmm... okay, wenn er verliert, dann reißt ihm bei dem Versuch die Hose, und Sasso der Scharfzüngige lässt einen Spruch ab, der die Kneipe zum Lachen bringt. ”Dicke Hintern liegen in der Familie“ oder so.
SL: Geht klar.
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Nun folgt das Würfeln und anschließend die Ergebnisanwendung*würfelt* 6 Erfolge. Wie hoch ist Sassos Wille?
Spieler: 5. Mist. Sasso lenkt das Gespräch geschickt auf den Sohn des Bürgermeisters und versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Ein wenig Schweiß steht ihm aber schon in der Stirn...
[/list:o]
Das ließe sich natürlich auch mit d20 machen. Es ist nämlich völlig egal, ob es dem Barbaren ernst ist oder nicht. Wichtig ist, was der Barbar will, warum er würfelt. Und das schafft er dann bei einem Erfolg. Alles andere kann beliebig ausgeschmückt oder interpretiert werden.