Das Seeufer (a.k.a. jetzt gehts los)»Das sind sie!«
»Da vorne!«
»Die sind schuld!«
»Haut den Kettenbrechern eins vor den Latz!«
»Auf die Fresse!«
»Gebt's ihnen!«
Der Mob bestand aus etwa vierzig Personen, die meisten davon Männer, die meisten scheinbar angetrunken, neben Menschen vor allem auch Halborks und sogar ein Zwerg. Sie waren mit Brettern bewaffnet, in denen rostige Nägel steckten, schweren Steinen als Wurfgeschossen, und der ein oder andere hatte sogar ein Schwert, eine Axt oder einen Hammer dabei. Sie sahen zu allem entschlossen aus.
Thamior nahm einen Pfeil aus seinem
Zauberköcher und feuerte ihn ab. Dicht über den Köpfen der wütenden Menge explodierte ein Feuerball. Für einen Moment zögerte die Menge, und im nächsten Moment würde sie wahrscheinlich losstürmen.
Genau in diese Pause hinein trat Jørgen vor. Treorks Bollwerk funkelte im Schein der umliegenden Flammen. Jørgen breitete die Arme aus. »Freunde! Bürger! Landsleute! Hört mir zu!«
Die Leute schienen skeptisch. Einige drängten weiter, aber andere wollten hören, was Jørgen zu sagen hatte. Endlich erklang der Aufruf: »Dann sprich, aber mach hinne!«
Jørgen ließ sich nicht stören. »Dies ist eine schwere Stunde für Cauldron. Eine weitere schwere Stunde in der jüngsten Vergangenheit.«
»Und ihr seid schuld!«
»Genau!«
Jørgen schüttelte den Kopf. »Ich kann verstehen, dass ihr so denkt, aber so ist es nicht. Vielmehr stehen wir zwischen euch und der Flut. Wir wollen nur…«
Er brach ab.
»Was denn?«, rief es aus dem Mob. Jørgen aber hatte den Blick von der Menge genommen und starrte an ihnen vorbei. Dirim auch. Thamior sah sie auch nicht an. Thargad zog langsam seine Zwillingsschwerter, aber auch er hatte seinen Blick hinter den Mob gerichtet. Auf das Seeufer.
Langsam drehten sich die vormals wütenden Bürger um und sahen, was die Kettenbrecher sahen: Eine riesengroße Krake mit zehn Fangarmen von der Dicke einer Kutsche, die mit schwarzen Fledermausflügeln über dem See hing und sehr, sehr wütend aussah. Plötzlich schien Jørgens Aussage, zwischen den Bürgern und der Flut stehen zu wollen, unglaublich überzeugend zu sein, denn der Mob löste sich schneller auf als ein Stück Leder in Dirims selbstgebrautem Bier.
Das Seemonster war aus dem See gekommen.
Spoiler (Anzeigen)
Eigentlich haben die Kettenbrecher bzw. Jørgen großartige Diplomatiewürfe abgelegt, aber so wars besser ^_^
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»Nicht bewegen!«, rief Boras. »Unter euch ist getrocknete Lava oder son Zeug. Das kann jeden Augenblick wieder aufbrechen.« Zwei verkohlte Leichen zeugten von der Wahrheit dieser Warnung.
Boras‘ Blick fiel auf das gegenüberliegende Ufer des Sees. Dort war Dirim! Und die anderen Kettenbrecher. Wenn er sich beeilte, konnte er sie vielleicht erreichen, bevor sie wieder im Tumult verschwanden.
Ein Krachen lenkte seinen Blick zurück auf die getrocknete Lava. Nein, zuerst musste er die Menschen hier retten. Den Anderen würde schon nichts passieren.
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Das kochende Wasser des Kratersees war bis zur Aschallee gestiegen und hatte die einfachen Hütten überschwemmt. Trümmer, Gerümpel, tote Tiere und auch ein paar Leichen schwammen im Wasser, das einst so ruhig gewesen war und nun in großen Schockwellen brandete. Die Leichen hatten eine Haut wie Krebse. Über dem Wasser flog schwerfällig die unfassbar große Krake an ihren Fledermausflügeln. Als die Kettenbrecher das knietiefe Wasser erreichten, pflückte das Seemonster gerade einen flüchtenden Halbork vom Boden, hob ihn mit seinem Tentakel hoch und schleuderte ihn fünfzig oder mehr Schritte durch die Luft, wo er mit einem hässlichen Geräusch gegen eine Hauswand flog.
Thamior begann sofort, das Monster mit Pfeilen einzudecken. Es war so groß, dass er es kaum verfehlen konnte. Die Pfeile drangen vollständig in die weiche Haut der Krake, aber sie schienen ihm nur wenig auszumachen. Im Gegenzug schlug das Ungetüm mit den beiden längsten Tentakeln zu. Einer krachte dicht neben den Elfen in den Boden. Der andere Tentakel wickelte sich um Thamiors Füße und riss ihn hoch, um ihn dann wieder auf den Boden zu schmettern. Der Elf blieb benommen liegen.
Dirim, überrascht von der Reichweite des Monsters, ging hinter einer eingestürzten Hütte in Deckung. Von dort aus wirkte er einen Heilzauber auf Thamior. Jørgen tastete sich langsam auf das Monster zu, sein grell leuchtendes Schwert zur Abwehr vorgereckt. Thargad sprach eine kurze Formel und wurde unsichtbar, dann huschte er in die Flanke der Krake – sofern man von einer solchen sprechen konnte.
Thamior rappelte sich auf, aber das Monster schien nur darauf gewartet zu haben. Sein Tentakel schoss vor. Es war selbst an der Spitze noch groß genug, um den ganzen Körper des Elfen zu treffen und ihn wieder in den Boden zu rammen. Thamior atmete schwer. Er versuchte, sich außer Reichweite des Monsters zu robben.
Thargad war inzwischen bei dem Kraken angekommen. Seine
Unsichtbarkeit fiel von ihm ab, als er mit gezogenen Schwertern auf das Dach eines Stalles sprang und von dort auf das Seemonster zu. Er rammte
Todeshauch bis zum Anschlag in den Kopf der Kreatur und zog sich dann in den Stand hoch. Seine
Kletterstiefel hielten ihn aufrecht, während er
Funke mehrfach über den Körper des Monsters zog. Graues Blut spritzte um den Assassinen herum aus vielen Wunden, und die Krake wabbelte vor Schmerz.
Das Monster griff nun mit all seinen kürzeren Fangarmen nach Thargad. Thargad wich aus und schlug immer wieder nach den Armen, sodass das Monster ihn nicht zu fassen bekam. Es änderte seine Taktik und schlug nur noch einfach nach ihm. Dem ersten Schlag entging er durch eine Drehung, dann sprang er über den zweiten – und wurde vom dritten in der Luft getroffen. Thargads Körper erschlaffte sofort, noch bevor er zwanzig Schritt weiter im Wasser aufprallte. Seine Schwerter wurden weit von ihm geschleudert.
Jørgen hatte die Gelegenheit genutzt und war fast auf Schwertlänge an dem Seemonster heran. Jetzt hockte er sich hinter einen Karren ins heiße Wasser und suchte nach einer Schwachstelle bei der Krake. Weit hinter ihm, stolperte Thamior in den Stand. Er glaubte sich außer Reichweite – war es aber nicht. Er konnte gerade noch den
Seelenbogen hochreißen und einen hastigen Schuss abgeben, dann traf ihn wieder der Hammerschlag des Fangarms und warf ihn nach hinten, diesmal wirklich aus der Reichweite heraus. Thamior blieb mimt dem Gesicht nach unten reglos im Wasser liegen.
Jørgen sah sich um. Er hatte einen Plan, aber dafür brauchte er Hilfe. Er sah, wie Dirim sich anschickte, ihm einen Freiheitszauber aufzulegen, damit die Krake ihn nicht würde packen können. Jørgen gab ihm zu verstehen, dass der Zwerg sich lieber um Thamior kümmern sollte.
Dirim verstand nicht. Wenn Jørgen sich aus der Deckung begab, würde er von den Fangarmen des Monsters sicher gepackt werden. Andererseits war ihm das vielleicht lieber, als wie Thargad mit Schlägen eingedeckt zu werden. Thamior war andererseits eine große Hilfe… er nickte Jørgen zu und drehte sich um. Von da, wo er war, konnte er Thamior kaum sehen. Sollte er sich für den Zauber aus der Deckung wagen? Dirim neigte sich zumindest ein wenig vor.
»
Tyr, bitte-«, plötzlich war der Fangarm der Krake da und schlang sich um Dirims Körper. Mit äußerster Konzentration ignorierte er das schleimige Gefühl und sprach weiter, »
hole meinen Mitstreiter zurück, be-«, mindestens zwei seiner Rippen brachen, als die Krake fester packte und Dirim hoch hob, aber Dirim deutete mit einer Hand auf den Elfen und ließ sich nicht ablenken, »
-vor er zu weit ins Reich der Toten vorgedrungen ist.« Ein goldener Strahl fuhr aus Dirims Auge und dorthin, wo er zeigte. Der Strahl traf Thamiors Bein, und entlud sich in einem hellen Blitz.
Thamior kam hustend wieder zum Stehen und schüttelte sich den Tod aus den Augen. Er sah, wie Dirim in dem Fangarm der Krake hing und weiter vorne Jørgen ihm Zeichen gab. Der Paladin deutete auf das Auge der Kreatur. Thamior hob den Bogen, aber Jørgen schüttelte vehement den Kopf. Thamior überlegte. Dann verstand er.
Jørgen stand auf und warf den Schild weg. Er fasste
Läuterung mit beiden Händen und schlug damit auf einen vorbeikommenden Fangarm ein. Das Schwert brannte sich mit einem wohltuend grausamen Geräusch ins Fleisch. Die Krake richtete ihre Aufmerksamkeit auf den gepanzerten Ritter. Jørgen schloss das Drachenvisier seines Helms und hielt sein Schwert wie zum Duell senkrecht vor sich.
»Komm und friss mich«, sagte er.
Die Krake holte mit einem ihrer Fangarme aus, der schwärzlich zu leuchten begann. Jørgen fragte sich, ob er einen Fehler gemacht hatte. Die Krake schlug zu. Jørgen machte keine Anstalten, auszuweichen. Die Wucht des Schlags, gekoppelt mit der unheiligen Energie der Krake, ließ ihn schwindlig werden. Der Fangarm wand sich um seinen Körper und hob ihn hoch in die Luft, um ihn danach zu Boden zu schmettern. Jørgen konzentrierte sich nur auf sein Ziel und wartete auf Thamior.
Thamior beobachtete die Szene mit gespanntem Bogen. Der Pfeil – und Anna selbst – brannten im weißen
Seelenfeuer. Er sah zu, wie Jørgen über den Kopf der Krake gehoben wurde. Noch ein Stück, noch ein kleines Stück… jetzt.
»Eins«, sagte Thamior laut und feuerte. Das brennende Geschoss sauste auf einer perfekten Flugbahn durch die Luft und traf die Krake in den Fangarm direkt hinter der Stelle, wo sie Jørgen umklammerte. Der Arm zuckte, und Jørgen stemmte sich mit einem Ruck frei. Dann fiel er – direkt auf das Auge zu.
Läuterung blitzte, als der Paladin im Sturz die gallertartige Haut durchtrennte, welche das Auge der Krake schützte. Das durchsichtige Lid verdampfte unter der Berührung mit den heiligen Schwert. Jetzt war der Weg frei.
»Zwei«, zählte Thamior weiter. »Drei. Vier. Fünf. Sechs.« In der Zeitspanne eines Atemzugs hatte er die nächsten Pfeile auf den Weg geschickt, und als das Seelenfeuer erlosch, fanden sie gerade einer nach dem anderen perfekt ihr Ziel. Die Pfeile durchbohrten das Auge der Krake mit elfischer Präzision, und wäre das Auge nicht in Schleim und Blut explodiert, hätte man die Einschussstellen als die Spitzen eines Pentagrammes erkennen können. So war nur klar, dass diese fünf den Tod des Seemonster bedeuteten. Um sich schlagend und stumm kreischend schlug die Krake wieder auf dem See auf. Jørgen wurde von der Schockwelle von den Beinen gerissen. Dann versank das Monster langsam in den kochenden Fluten.
Die Kettenbrecher zogen sich aus dem Wasser zurück und sahen sich um. Cauldron war verstummt. Ab und zu hörte man noch das Klirren von Glas, und das Geräusch brennenden Holzes war allgegenwärtig. Aber etwas anderes fehlte: das Geräusch der Bevölkerung, von Menschen und anderen Rassen. Cauldron war beinahe vollständig leer.
Dirim fischte Thargad aus dem Wasser, während Jørgen und Thamior die Waffen des Assassinen suchten. Dann begann man den langsamen Aufstieg zu den Stadttoren. Über den Stadtmauern ging gerade die Sonne unter.
»Sieht so aus, als hätten wir es geschafft«, sagte Thamior müde.
Wäre Thargad am Leben gewesen, hätte er ihn ermahnt, so etwas nicht zu sagen. Solche Sätze hatten immer schlechte Folgen…
Spoiler (Anzeigen) Anstelle eines Half-Fiend Morkoths habe ich mich für den Half-Fiend Kraken entschieden, da die Kettenbrecher ja höherstufig waren. Was kann ich sagen: Improved Trip ist extrem! brutal.