Autor Thema: 500 Milliarden Euro!  (Gelesen 5730 mal)

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TheRaven

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #30 am: 17. Oktober 2008, 23:31:30 »
"Der Markt hat versagt", "der Markt funktioniert nicht", "die Selbstregulierung hatte keinen Erfolg". Hört und liest man derzeit überall und das verwirrt mich. Was ist diese Krise denn anderes als die Selbstregulierung des Marktes? Künstlich geschaffene Werte sind im grossen Stil geplatzt und nach dem Hoch folgt nun ein Tief. Dieses wird sich zweifelsohne wieder auf einen normalen Stand hin erholen. Selbstregulierung bedeutet nicht, dass alles immer schön linear in kleinen Wellen erfolgt. Das waren halt jetzt hohe Wellen. Man hat doch immer die schöne Analogie des Waldbrandes benutzt? Gut, nach einem Waldbrand gibt es Asche und das ist ein perfekter Nährboden wo die Natur wieder schön wachsen kann. Dauert vielleicht zuerst eine gewisse Zeit bis der Prozess richtig anfängt aber funktioniert.
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Nathan Grey

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #31 am: 18. Oktober 2008, 10:45:03 »
Stimmt, da hast du vollkommen recht. Aber da kann man schön sehen, was für "Experten" hier unterwegs sind.

Troll

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #32 am: 19. Oktober 2008, 13:38:42 »
"Der Markt hat versagt", "der Markt funktioniert nicht", "die Selbstregulierung hatte keinen Erfolg".

Stimmt teilweise. Du hast sicherlich recht, was die Selbstregulierung betrifft, aber der Markt hat versagt ist eine durchaus zutreffende Aussage. Letztlich geht es ja um die Befriedigung unserer Bedürfnisse und die Marktmechanismen sollen das regulieren.  Wenn dies für viele nicht (mehr) funktioniert, so ist dies ein Marktversagen.
Ist es eigentlich gerecht, das Schwert des Argumentes gegen intellektuell Unbewaffnete zu führen?

TheRaven

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #33 am: 19. Oktober 2008, 13:54:03 »
Naja, wenn ich da manchen Politikern zuhöre, dann muss ich staunen, wenn diese davon sprechen das Wirtschaftsmodell komplett umzukrempeln oder neu aufzubauen. Haben diese Leute überhaupt die geringste Ahnung wovon sie da sprechen? Wenigstens hat unsere Landesregierung (Schweiz) da eine glaubwürdige Haltung dazu. Das Wirtschaftsmodell sei grundsätzlich in Ordnung aber man müsse mit ein paar einfachen und für die Mehrheit nicht fühlbaren Massnahmen bessere Kontrollinstanzen aufbauen, die vor allem auch auf internationaler Ebene funktionieren.

Das Schöne an dieser Krise ist doch, dass man haargenau weiss, was passiert ist, wer welche Fehler wo gemacht hat und wie die Sache im globalen Rahmen zusammenhängt. Das Problem ist absolut transparent und das hat man sonst eigentlich nie. Daher vielleicht auch die Kritik. Etwas, das so transparent und jedem klar ist hätte ja auch vorher jedem klar sein sollen, denn dies war keine unter dem Boden kriechende, sich anschleichende Krise. Wie auch immer, nun hat man zwei Möglichkeiten. 1. Man baut das ganze System um, weil man nicht nur das Problem, welches momentan existiert in Zukunft verhindern will, sondern auch andere Sachen oder 2. man sorgt dafür, dass diese Problematik nicht mehr vorkommt.

Das momentane Wirtschaftssystem hat sich eigentlich bewährt und in einem kompletten Umbau sehe ich mehr neue Risiken als sich damit schliessen lassen. Abgesehen davon, dass man die Wirtschaft nicht einfach umbauen kann, denn das ist ein globales System mit Eigendynamik und jedes grössere Land müsste da mitmachen. Das klappt ja auch schon jetzt mit der Klimaerwärmung so toll.
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- Friedrich

Topas

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #34 am: 31. Oktober 2008, 12:17:02 »
Habe gerade in Deutschlandfunk einen Beitrag gehört das die UBS vom Schweizer Staat auch ein Rettungspaket bekommen habe, 50 Milliarden schwer. Das die UBS aber gleichzeitig weiterhin Bonuszahlungen von 5 Mrd ausgibt. Es gäbe recht harsche Kritik daran, das eine Bank die so angeschlagen ist, das sie Finanzhilfe braucht, da ist sie ja nicht alleine mit, überhaupt Bonuszahlungen, geschweige denn solche Summen auszahlt. Wofür denn? Welche Leistung wird da prämiert ? Die grösste? Bank der Schweiz beinahe ins Aus gewirtschaftet zu haben? Proteste , wenn auch eher klein (200+ immerhin bei miesem Wetter Schnee und Kälte. ) würden vor der Bankzentrale in Bern stattfinden.

Weil ich aber ungerne sowas aus nur einer Quelle, auch einer eher glaubwürdigen einfach so hinnehme, habe ich mal in die Netzausgabe der NZZ geblickt, und nicht ein Wort davon gefunden. Was genau ist da los in der Schweiz?
Immense harm is caused by the belief that work is virtuous.
- Bertrand Russel

Lagrange

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #35 am: 31. Oktober 2008, 12:56:26 »
Nein, die Bonuszahlung gibt es dafür, dass die Manager es den Aktionären erspart haben, die 50 Mrd. selbst aufzubringen, sondern erreicht haben, dass diese nun der Steuerzahler übernimmt. Ist wahrscheinlich auch der Grund, warum Herr Ackermann das Rettungspaket nur in Form von Bürgschaften in Anspruch nehmen will, denn sonst wird eigentlich die Forderung nach (Teil-)Verstaatlichung der Institute, die das Paket in Anspruch nehmen immer verständlicher...
Irgendwie passen da übrigens auch die Bonuszahlungen an die Bahnmanager rein, die die bekommen sollen, wenn "endlich" der Börsengang geschafft ist. Dass die auch einen Bonus bekommen, wenn nicht mal die Minimalverkaufserlöse erbracht werden, die sich der Bund (vielleicht unrealistischerweise) erhofft hat, ist schon eine tolle Sache. Soviel zum Thema "Erfolgs"-prämie...
« Letzte Änderung: 31. Oktober 2008, 12:59:22 von Lagrange »

TheRaven

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #36 am: 31. Oktober 2008, 13:09:59 »
Die UBS hat, so weit ich weiss, ein ähnliches Lohnsystem wie meine Firma. Jeder Mitarbeiter ist da integriert, auch das Kader. Die ganze Sache funktioniert so, die Zahlen von meiner Firma nehmend (kann bei der UBS etwas anders aussehen):

Der normale Lohn ist 100%. Davon sind 80% garantierter Basislohn. 0% bis 40% sind Bonus, abhängig von der Leistung. Davon sind aber um die 20% (um auf 100% zu kommen) normaler Bonus, der eigentlich immer ausgezahlt wird, es sei denn etwas läuft ganz schlimm oder schief (dazu später mehr). Bis zu 20% sind dann wirklicher Bonus, welcher nur gilt, wenn Ausserordentliches geleistet wurde.

Die UBS ist eine Grossbank, wenn nicht sogar nur eine Holding. Darunter gibt es viele Divisionen oder Tochterfirmen. Investmentbanking, IT, Endkundenbetreuung, schweizerische Bankenleistungen (Darlehen, Hypotheken an Kleinfirmen in der Schweiz) usw. Investmentbanking und die Linienhierarchie bis rauf in die Geschäftsleitung hat Scheisse gebaut. Der Herr Huber, Informatik-Supporter bei der UBS, hat dieses Jahr aber gut gearbeitet, seine Aufträge sauber erledigt und war immer hilfsbereit und freundlich, ebenso wie die Frau Brunner, welche am Bankschalter die Endkunden betreut und berät. Die Frau Brunner und der Herr Huber, vermutlich ebenso wie der Herr König, Vorgesetzter und Manager der IT, haben also sicherlich Anrecht auf 100% Lohn, wenn nicht sogar mehr.

Nimmt man alle Frau Brunners, Herr Hubers und Herr Königs zusammen und rechnet die Gesamtsumme des 20% "Bonus" von all diesen Menschen aus, welcher den 80% Basislohn auf 100% erhöht, dann kommt man auf eine unglaublich hohe Bonussumme. Nun kann man zwei Ansichten vertretten. Die Firma hat Scheisse gebaut und alle werden über einen Kamm geschert also verliert Frau Brunner 20% ihrer Lohnes, weil der Mr. Smith der eigentlich in einer anderen Tochterfirma arbeitet in den USA Scheisse gebaut hat. Die UBS ist da anderer Ansicht und würde gerne die Leistungen der normalen Arbeiter auch entsprechend entlöhnen. Ja, vermutlich gibt es keine 105% Lohn die nächsten Jahre auch wenn der Herr Huber von der IT sich den Arsch aufgerissen hat aber die 100% oder im schlimmsten Fall 98% müssen drin liegen.

Das ist eine Seite der Medaille. Die andere sind die Topmanager, welche ja bereits in den 80% des Basislohnes Millionen verdienen und hier wird es problematisch. Haben nun diese Anrecht auf diese 20% um auf 100% zu kommen obwohl der Basislohn eigentlich so hoch ist? Wenn ja, wo setzt man die Grenze fest? Ist es fair die Topmanager, welche nicht an der Krise beteiligt sind und einfach hohe Basislöhne haben zu bestrafen, weil sie mehr verdienen als die normalen Arbeiter?

Und zuletzt haben wie die Geschäftsleitung, Verwaltungsrat usw., welche auch Bonuszahlungen erhalten. Sehr hohe Bonuszahlungen dazu. Genau von diesen spricht und schreibt man ständig und wundert sich, wieso da nichts gemacht wird. Dazu kommen dann noch so spezielle Fälle wie der Herr Marcel Ospel, welcher am 1. April zurückgetreten ist aber noch viele und hohe Bonuszahlungen ausstehend hat. Die sind ihm vertraglich zugesichert und gelten eigentlich als bereits ausgezahlt, sind es aber praktisch noch nicht. Kann man einfach einen gültigen Vertrag nachträglich anulieren? Nein, das geht in diesem Fall nicht, sind sich alle einig und der Ospel ist ja schon zurückgetreten also wird der einen Teufel tun und sicher nicht auf das Geld verzichten, wieso sollte er?

Also ganz einfach gesagt. Bonus ist nicht gleich Bonus. Bei einem Bonus geht man davon aus, dass dieser zusätzlich gezahlt wird aber in grossen Firmen ist es üblich, bis zu 20% des eigentlichen Lohnes als Bonus auszuweisen, was er eigentlich nicht ist.
« Letzte Änderung: 31. Oktober 2008, 13:19:19 von TheRaven »
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Zanan

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #37 am: 31. Oktober 2008, 13:14:39 »
Real-existierender Kapitalismus eben ... (und sagt nicht, "wir" hätten euch nicht gewarnt!  :D Es war nur eine Frage der Zeit.)
Ust, usstan elgg dos ...

Cease this tirade, take a breath, and think. Then you will realize, enemy of the Dark Elves, that my concern for your well being has always been, at best, limited.

Topas

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #38 am: 31. Oktober 2008, 14:51:37 »
Hey Danke TheRaven, für die Begründung, die ich durchaus nachvollziehen kann.

Wobei wenn 5 Mrd an Bonuszahlungen, so diese Zahl denn stimmt, etwa 20% des Lohns ausmachen, dann hat die UBS einen Personalkostenpunkt von 25 Mrd. per Annum,  bei 83'560 Mitarbeitern sind das satte 200.000 Jahresgehalt im Durchschnitt. schient mir immer noch ein bisserl hoch, die meisten Mitarbeiter werden ja wohl eher in den unteren Lohngruppen zu finden sein, oder ? Da ich zugegeben keine Ahnung vom Bankgewerbe habe, mag das aber durchaus sein.
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TheRaven

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #39 am: 31. Oktober 2008, 16:04:20 »
Dieses Lohnsystem zieht sich von Leuten die 3000 CHF im Monat verdienen durch bis zu den Leuten die mehr als 10'000 CHF pro Monat verdienen. Dazu dann noch die anderen Boni, welche ich erwähnt habe. Genau das ist doch das Problem. Man spricht oder liest immer nur von den 5 Mrd an Bonuszahlungen aber eigentlich weiss niemand ausserhalb der UBS, wie sich das genau zusammensetzt. Auch meine Erklärung hat mit Sicherheit Fehler. Ich bin auch dafür, dass die Leute, welche wirklich eine Mitschuld tragen oder Verantwortlich sind (nicht dasselbe) wortwörtlich dafür zahlen müssen aber ich kenne genau wie die Politiker die Details nicht aber verlange daher, ungleich den Politikern, auch nicht irgendwelche komischen Massnahmen.
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- Friedrich

Berandor

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #40 am: 13. November 2008, 23:10:38 »
Rolling Stone: Naomi Klein – The New Trough:
http://www.rollingstone.com/politics/story/24012700/the_new_trough
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Berandor

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #41 am: 14. November 2008, 13:36:56 »
Hehe. 2 Jahre hat Peter Schaffer vor der Krise gewarnt und wurde... na ja sagen wir nicht ganz ernst genommen. 10 Minuten YouTube-Zusammenschnitt:
http://www.youtube.com/watch?v=2I0QN-FYkpw
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Berandor

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Re: 500 Milliarden Euro!
« Antwort #42 am: 19. November 2008, 18:04:34 »
http://www.portfolio.com/executives/features/2007/11/19/Blaine-Lourd-Profile

Langer Text, aber extrem lesenswert. Über den Werdegang eines Brokers, der das Licht sah.
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