Kapitel 9: Triumph des Hasses
Der Glabrezu verschwendete keine Zeit und begann, den Krieger und den Meuchelmörder in einem Hagel von Klauen zu zerfetzen.
Doch waren die beiden nicht allein. Ein schwarzviolett glühender Pfeil schlug in die Schuppenhaut des Glabrezu ein und durchdrang sie mühelos. Purpurnes Glühen durchzog die Adern, die von der Einschlagsstelle wegführten, und das Gebaren des Apostels wirkte plötzlich nicht mehr ganz so selbstsicher. Er ließ nichtsdestotrotz einen Hagel aus Schlägen auf Asharam und Celebes niedergehen. Er packte den Schattenfürsten durch dessen schützende Schatten hindurch einfach mit einer Zange und drückte zu.
Er zermalmte nur Schatten. Er schnappte mit seiner anderen Zange nach Asharam, doch überhitzte dieser die Luft um sich herum explosionsartig, und in einem Aufgleißen von rot und Purpur wurde das dämonische Mordwerkzeug weggestoßen.
Asharam hob sein Schild, doch es zitterte merklich von der Überanstrengung. Eine Klaue kratzte darüber und hinterließ tiefe Furchen.
Ein weiterer Strahl traf den Dämon, diesmal blieb er jedoch halbfest und wickelte sich um das Bein des Tanar’ri. Sergenas tat sein Bestes, um seine mittlerweile fast erschöpften Reserven in den Kampf zu bringen.
Dann sprang zu Füßen des Dämons eine Wand aus Feuer in die Höhe. Teldra griff in den Kampf ein.
Der Apostel hatte die Gegenwehr unterschätzt. Doch er hatte noch Reserven. Er knurrte ein arkanes Machtwort, und der Hexenmeister wurde von einer körperlosen Schockwelle getroffen. Er konnte nichts mehr sehen und brach in die Knie, betäubt. Dann wandte er sich Heram zu, der Pfeil um Pfeil auf ihn verschoss, und ihm langsam echten Schaden zufügte.
Sechshundert Kilogramm Dämonenfleisch rannten los.
Der Konflagrator hieb dem Dämon das Schwert in die Kniekehle, als dieser sich von ihm abwandte. Er packte die Waffe fester, und stieß sie in die Bodenplatte vor ihm.
Jetzt bildete die Klinge eine Fußangel. Asharam wurde nach vorne gerissen, als Dämon und Schwert sich trafen, doch blieb er auf den Beinen.
Der Glabrezu krachte so schwer auf den Boden, dass die Steinplatten brachen. Dann schlugen Schattenpfeile in seinen Rücken ein. Eine Schallsphäre. Celebes bohrte ihm sein Rapier in den schuppigen Rücken und nagelte ihn am Boden fest.
„Jetzt schneid’ ich dir den Kopf ab.“ Asharam stand neben dem Kopf des Tanar’ri, Klinge in beiden Händen.
Der Apostel teleportierte weg…
Und wurde von Sergenas’ Dimensionsanker wieder auf die materielle Ebene gerissen.
Asharams Hieb spaltete die Bodenplatte unter dem Hals des Apostels mit.
***
Dairon stieg gerade aus dem Krater, als der Rest der Spiegelritter bei ihm ankam.
„Alles klar?“ fragte Celebes den Kleriker.
„Mittlerweile außer meinem Stolz nichts mehr verletzt.“
„Was machen wir mit den ganzen herumspringenden Cyricisten?“
„Na was wohl? Jagen und töten. Ich würde sagen, wir unterstützen die Soldaten weiter, während die die Dunkelburg von oben nach unten säubern.“
„Soll mir recht sein“, merkte Sergenas an. „Aber erst will ich mir die Ausrüstung der Drakotauren näher ansehen.“
Und das taten sie.
***
Die Dunkelburg wurde von Soldatentrupps, die von Tyrannosklerikern angeführt wurden, systematisch gereinigt. Jeder, der auch nur verdächtig wirkte, mit dem Lügenprinzen im Bunde zu sein, wurde abgeholt und unter Ausschluss der Öffentlichkeit hingerichtet. Angst und Misstrauen herrschten vor. Dairon wurde zum Flammen-Inquisitor ernannt, und hatte alle Hände voll zu tun. Er kam manchmal erst im Morgengrauen aus seinem Büro im dritten Stock des Kathedralenkomplexes.
Auch unter den Nichtmenschen wurde blutige Ernte gehalten, und einige Volksgruppen wurden, wie die Gnolle, ohne weiteres Nachfragen oder Auslesen ausgelöscht.
Skyllua Düsterhoff ließ in der Dunkelburg jetzt nichts mehr anbrennen. Sergenas ließ es sich nicht nehmen, gelegentlich selbst die Scheiterhaufen anzuzünden. Dairon und Heram, den er gelegentlich für die Spurensicherung dabei hatte, waren eher pragmatischer und töteten die Ketzer mit Adamantit oder Schattenpfeil. Doch nachdem die Kernstreitkräfte der Cyricisten tot waren, war es mehr wie eine blutige Aufräumarbeit. Dennoch bemerkte Dairon anhand der Spuren mancher gewirkter Zauber und gewisser Untoter, dass mindestens ein hochrangiger Kleriker der Schwarzen Sonne nicht gefunden worden war.
Dann, zwei Zehntage nach dem Tag der Plage, wie man das Datum des Putsches, den 26. Uktar 1372, mittlerweile nannte, bestellte die Hochexekutorin die überlebenden hochrangigen Vertreter der Kirche, Gaia Finsterbaum und Dairon Pereandros, zu einer Besprechung in ihr neues Büro. Die beiden Kleriker hatten ihre Rüstungen an, doch waren die Armschienen gelockert, die Handschuhe an der Koppel eingehängt, genauso wie im Falle der Finsterbaum ihr Helm.
Gaia Finsterbaum war Dairons unmittelbare Vorgesetzte, ein Ratsmitglied im Rat der Schwarzen Hand und eine Adamantene Imperzeptorin. Sie war eine Elfe, und so war ihr wahres Alter nicht abzuschätzen. Sie hatte rotbraunes Haar und sehr helle Haut, war wesentlich kleiner und schmaler als ihr Untergebener, doch trog der Eindruck: Sie hatte sich durch die von Tyrannos verliehene Macht unnatürliche Stärke angeeignet. Dairon hatte sie mit ihrem Panzerhandschuh schon Orkschädel zerquetschen sehen. Sie war auch ziemlich attraktiv, doch war es ein offenes Geheimnis, dass jede Frau in der Tyrannoskirche der Dunkelburg, die möglicherweise als noch attraktiver wahrgenommen werden könnte, entweder einen entstellenden Unfall erlitt oder gleich verschwand.
Wer dies alles jedoch nicht wusste, würde sie als eine sehr charmante, anmutige und nahezu immer gut gelaunte Dame kennen lernen, die fast immer ein leichtes Lächeln auf den Lippen und ein Lachen gleich dahinter hatte. Sie schaffte es sogar in Ritterrüstung, ihre Hüften beim Gehen schwingen zu lassen. Und genau das tat sie jetzt, als die beiden die letzte Treppe zum behelfsmäßig eingerichteten Besprechungsraum der Hochexekutorin nahmen. Dairon klopfte, denn Skylluas Adjutant war das erste Opfer des Peregeistes gewesen, gleich vor ihren treuen Wachen. Es folgte ein „herein“ von innen, und der Imperzeptor öffnete die Tür und bedeutete seiner Herrin, hineinzugehen. Gaia zwinkerte ihm zu und schritt beschwingt durch die Tür.
Dairon trat ein.
***
„Putz dir bloß die Füße ab!“
Er schloss die Tür hinter sich. Er war in der Wohnung der Spiegelritter eingetroffen, nach vier Stunden taktischer Besprechungen mit seinen Vorgesetzten.
Teldra saß in eine Decke gewickelt mit einer Tasse von etwas in der Hand, was wie heiße Mazticanische Schokolade roch, vor dem offenen Kamin. Sie sah ihn streng an.
Er konnte aus dem Beschwörungszimmer von Sergenas die Schreie des Dieners hören.
Er seufzte resigniert und schmierte den Schneematsch an der Bodenmatte ab.
„Es gibt Neuigkeiten.“