Autor Thema: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension  (Gelesen 2895 mal)

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Lich

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Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« am: 03. April 2009, 12:38:27 »
Kurzrezension zum neuen "A Song of Ice and Fire RPG" von Green Ronin, für alle Interessierten.

(Aus Zeitmangel nur mit einigen Kernpunkten).

Nach "Guardians of the Order" versuchts sich nun "Green Ronin" an einer Umsetzung der Romanserie von George Martin. Während die erste Version ein D20-Spiel war, benutzt SoIaF ein komplett neues System. Neben dem Grundregelwerk ist auch noch ein Quellenbuch zur Beschreibung der Welt geplant. Einige wenige Hintergrundinformationen finden sich aber schon im Regelwerk.

- das System versteht sich als einfaches, regelarmes und leicht zugängliches System.  Es werden ausschliesslich W6er benutzt (auch aufgrund der Zugänglichkeit). Die Regeln ähneln prinzipiell dem Storyteller- bzw. Dot-System von White Wolf und dem Roll&Keep-System von Legend of the Five Rings. Eine Fertigkeit hat einen bestimmten Wert. Es wird eine Anzahl von W6ern geworfen, die dem Fertigkeitswert entspricht. Die Würfelaugen werden zusammengezählt und muss einen bestimmten Zielwert erreichen. Hinzu kommen einige Sonderregeln wie z.B. Bonuswürfel und Roll&Keep.

- es gibt keine Charakterklassen, Rassen oder Völker. Es gibt keine klassischen Attribute, nur Fertigkeiten. Die Werte der Anfangsfertigkeiten werden vom Spieler durch Punkte zugewiesen.

- essentiell ist das Alter der Charaktere.  Das Startalter der Charaktere beeinflusst die Werte und Möglichkeiten der Charaktere, z.B. mehr Fertigkeitspunkte bei älteren Charakteren.

- für Faule gibt es Archetypen, ähnlich wie bei Shadowrun mit vorgefertigten Charakterwerten.

- die Möglichkeiten bei der Charaktererschaffung sind extrem begrenzt. Ich habe in den letzten 15 Jahren überhaupt kein System gesehen,
in dem es derartig wenig diesbezügliche Regeln  gab.

- es gibt ein "Intrigenkampfsystem", das sogar noch dem körperlichen Kampf im Inhaltsverzeichniss vorangestellt und auch weitaus ausführlicher dargestellt ist.
Damit kann man diplomatische, politische oder soziale Ziele durchsetzen. Letzendlich sind die Regeln dazu aber nicht weltbewegend und nichts anderes als Fertigkeitswürfe.

- das Kampfsystem ist sehr einfach gehalten und sehr tödlich. Mit ein oder zwei Treffern kann man Gegner töten.

- Kernelement ist das Spielen von "Häusern". Es gibt ein an "Birthright" angelehntes System zu Verwaltung von Gütern, law holdings etc.
Es gibt Regeln zur Erschaffung von eigenen Häusern, Strukturen innerhalb von Häusern, Design von Wappen.

- es gibt ein sehr einfaches Massenkampfsystem

- es gibt KEINE Magieregeln

- einige "Monster" finden sich ebenfalls im Buch.


Fazit:
Erneut stellt man sich die Frage nach der Zielgruppe. Auf der einen Seite scheint das Spiel Gelegenheitsspieler und Storyteller anzusprechen. Auf der anderen Seite enthält das Buch zu viele, teilweise unübersichtliche Regeln. Irgendwie stimmt die Gewichtung nicht. Das Quellenbuch wirkt liebloser als die alte AGOT-Version. Das Intrigensystem kann nicht überzeugen. Wer "Birthright" kennt, wird auch vom Besitztümer-System (holdings) nicht überzeugt. Das Kampfsystem scheint sogar fast unspielbar zu sein.

SoIaF stellt ein einfaches Rahmengerüst dar, welches an vielen Stellen nur oberflächlich und nicht ausgereift ist. In der Hand eines erfahren Spielleiters und Kenners der Welt, könnte es aber dennoch gut spielbar sein.


Liches are cold, scheming creatures that hunger for ever
greater power, long-forgotten knowledge, and the most terrible of arcane secrets. (MM 4Ed)
-4E is D&D for people who don't like D&D /A4L-Member

Hunter

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Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #1 am: 03. April 2009, 12:58:06 »
Hm, du scheinst weit nicht so begeistert zu sein, wie ich  :)

Gut, es stimmt, dass das Buch sicherlich nicht mit derselben Liebe und Detailfülle gesegnet ist, wie die alte d20 Version. Aber dennoch finde ich, dass man sich doch einiges dabei gedacht hat - vom balancing her kann ich noch nichts sagen, da wir noch nicht zum spielen gekommen sind.

Sicherlich ist das Intrigensystem keine Neuerfindung des Rades, aber es erfüllt seine Zweck sicherlich sehr gut. Und letztendlich sollte ein Regelmechanismus ja nie das eigentliche Rollenspiel - das ja gerade bei Intrigen recht wichtig ist - außer Kraft setzen. Das Kampfsystem fand ich jetzt nicht so banal. Schließlich stehen an Aktionen praktisch die gleichen zur Verfügung, wie man sie auch bereits aus D&D kennt - mit Ausnahme des Gelegenheitsangriffes. Dass das Kampfsystem sehr tödlich ist halte ich wiederum auch für keinen großen Nachteil, weil es das Buch und auch das "reale" Leben ganz gut wiederspiegelt. Man kann einfach nicht oft von einem Zweihänder getroffen werden, bis man Tot umfällt.

Birghtright kenne ich  - leider - nicht, und kann daher das System aus Ice & Fire nicht vergleichen. Prinzipiell gefiel mir das System zur Erschaffung eines Hauses sehr gut; aber es war eben auch das erste Mal, dass ich so etwas gesehen habe. Sicherlich wäre es möglich gewesen mehr Optionen darin zu integrieren, aber anhand der dargestellten Regelmechanismen sollte es auch möglich sein zusätzliche Optionen für die Häuser zu generieren, wenn man darauf mehr Wert legt.

In dieser Hinsicht ist das System sicherlich an eher Fortgeschrittenere Spieler gerichtet. Viele Dinge lassen sich noch weiter ausbauen und verfeinern. Einen ersten Ansatz dazu bieten ja auch die komplexeren Regeln für Massenschlachten und Kämpfe.

Noch ne Anmerkung: Eigentlich habe ich schon vor mehr als einer Woche eine Rezi des Buches an die Redaktion geschickt. Scheint nur momentan etwas länger zu dauern...
Stopper der Grausamen Flut, Töter des Erben des Feuers, Vernichter der Kadaverkrone und Erlöser des Fluchs des Purpurthrons.

Lich

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Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #2 am: 03. April 2009, 13:11:18 »
Sicherlich ist das Intrigensystem keine Neuerfindung des Rades, aber es erfüllt seine Zweck sicherlich sehr gut. Und letztendlich sollte ein Regelmechanismus ja nie das eigentliche Rollenspiel - das ja gerade bei Intrigen recht wichtig ist - außer Kraft setzen.
Das Intrigensystem ist - wenn man es böse ausdrücken will - eigentlich nur Blendwerk. Bei D&D würde man sagen, Diplomatie-Check.

Zitat
Das Kampfsystem fand ich jetzt nicht so banal. Schließlich stehen an Aktionen praktisch die gleichen zur Verfügung, wie man sie auch bereits aus D&D kennt - mit Ausnahme des Gelegenheitsangriffes.
Es gibt keine Angriffswürfe, nur Fertigkeitswürfe. Keine Abstufungen bei Kampfmöglichkeiten, keine Wahl von Zusatzoptionen (vgl. Feats). Es ist einfach, ein Kampfmonster-Charakter zu erstellen (alle Punkte auf die Kampffertigkeit setzen),  der sonst nichts kann. So etwas kann nur durch den Spielleiter beschränkt werden.

Zitat
Dass das Kampfsystem sehr tödlich ist halte ich wiederum auch für keinen großen Nachteil, weil es das Buch und auch das "reale" Leben ganz gut wiederspiegelt. Man kann einfach nicht oft von einem Zweihänder getroffen werden, bis man Tot umfällt.
Dann muss man es anderes machen. Z.B. mit kritischen Treffern wie bei Rolemaster. Ich denke ein Spieler wird sich durchaus ärgern, wenn er nach zwei Treffern unwiederruflich tot ist.  Das System ist zu simpel, als dass es realistisch wirkt.

Zitat
In dieser Hinsicht ist das System sicherlich an eher Fortgeschrittenere Spieler gerichtet. Viele Dinge lassen sich noch weiter ausbauen und verfeinern. Einen ersten Ansatz dazu bieten ja auch die komplexeren Regeln für Massenschlachten und Kämpfe.
Das meinte ich. Auf der einen Seite ist die Zielgruppe der klassische Gelegenheitsspieler, dann wieder der Storyteller, der regelarme Systeme mag, dann wieder der fortgeschrittene Regelfuchs, der flexibel mit Hausregeln hantieren kann. Das passt nicht.
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Lhor

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Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #3 am: 03. April 2009, 13:24:00 »
Poa. Vernichtende Rezi für mich.
Ich bin bekennender SoIaF Fan, habe das erste RPG, Brettspiele und alle Bücher und i love it, aber wenn das neue RPG so ist wie du sagst, ists für mich gestorben.

Das regt mich echt auf. Schon die zweite RPG-Serie die für mich gestorben ist.
(die erste erwähn ich lieber mal nicht  :boxed: )

Diese Modeerscheinung, RPG´s auch für Hausfrauen und 12jährige Kinder spielbar zu machen kotzt mich langsam an.
„Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will.“
Arthur Schopenhauer

Hunter

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    • Savage Tide
Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #4 am: 03. April 2009, 14:02:33 »
Zitat
Das Intrigensystem ist - wenn man es böse ausdrücken will - eigentlich nur Blendwerk. Bei D&D würde man sagen, Diplomatie-Check.

Nur dass ich hier das Intrigensystem viel durchdachter finde, als den einfachen Diplomatiewurf in D&D. Zumindest gibt es ein paar mehr Möglichkeiten als Diplomatie, Bluffen und Einschüchtern. Und die Ergebnisse sind auch regeltechnisch abgesteckt.

Zitat
Es gibt keine Angriffswürfe, nur Fertigkeitswürfe. Keine Abstufungen bei Kampfmöglichkeiten, keine Wahl von Zusatzoptionen (vgl. Feats). Es ist einfach, ein Kampfmonster-Charakter zu erstellen (alle Punkte auf die Kampffertigkeit setzen),  der sonst nichts kann. So etwas kann nur durch den Spielleiter beschränkt werden.

Gut, das Problem eines "Kampfmonsters" wurde im Forum von Green Ronin bereits debatiert. Und es wurde bereits festgestellt, dass hier der Spielleiter einen Riegel vorschieben muss. Oder aber dem Kampfcahrakter eine Intrige nach der anderen forsetzen muss, die er dann nicht gewinnen kann, da er darauf keine Punkte verwendet hat.
Zusatzoptionen im Kampf brauche ich für mich persönlich nicht so sehr. Vor allem, wenn die Kämpfe meistens ohnehin nur zwei, drei Runden dauern - maximal. Viele Waffen bieten dafür Zusatzoptionen an, die den Kampf bereichern - denke ich mir zumindest; wie gesagt, habe ich selbst noch nicht gespielt.

Zitat
Dann muss man es anderes machen. Z.B. mit kritischen Treffern wie bei Rolemaster. Ich denke ein Spieler wird sich durchaus ärgern, wenn er nach zwei Treffern unwiederruflich tot ist.  Das System ist zu simpel, als dass es realistisch wirkt.

Nun, der eigene Charakter wird kaum nach zwei Treffern tot sein. Hier helfen das Verwundungs- und Verletzungssystem aus. Zu guter letzt kann man den eigenen Tod ja auch immer noch durch Schicksalspunkte abwenden. Drittklassige NSCs werden jedoch wirklich sterben wie die Fliegen.

Zitat
Das meinte ich. Auf der einen Seite ist die Zielgruppe der klassische Gelegenheitsspieler, dann wieder der Storyteller, der regelarme Systeme mag, dann wieder der fortgeschrittene Regelfuchs, der flexibel mit Hausregeln hantieren kann. Das passt nicht.

Hm, gut. Hier muss ich dir recht geben. Eine klare Zielgruppe scheint es nicht zu geben. Aber zumindest ich fühle mich damit ganz gut angesprochen. Zumal ich in letzter Zeit so selten zum D&D spielen komme, dass man einige Regeln dann doch rasch wieder vergisst.

@Lhor: Bevor du das System ganz in den Müll wirfst: Hast du schon einen Blick in die Quick-Start Rules geworfen? Die ermöglichen einen kurzen Überblick über die grundregelnden Regeln des Buches.
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Lhor

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Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #5 am: 05. April 2009, 14:40:59 »
Also ich hab mir die Qickrules jetzt mal angesehen und muss sagen ich bin nicht wirklich begeistert.
Das System macht nicht klar, was es denn als Vorzug liefern will.
Weder gezielt einfach und schlüssig, noch kombinationsfreudig (sogar gar nicht) noch brutal und realistisch oder perfekt für Storytelling.
Es ist einfach ein Mischmasch, der mir nicht klar sagt, was meine Vorteile von diesem System sein sollen.

Diese Versuche (die auch schon in der D20 Version nicht gut waren) Intrigen und Machtkämpfe wie einen ordinären Kampf abzuwickeln, finde ich nicht sehr befríedigend.
Da muss schon was originelleres her, wenn es der Serie genüge leisten soll. 

Da bleib ich doch lieber bei D20.
„Der Mensch kann zwar tun, was er will, aber er kann nicht wollen, was er will.“
Arthur Schopenhauer

Xiam

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  • Mörder der 4E
Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #6 am: 05. April 2009, 18:52:06 »
Ich kann jetzt nicht zu allem ausfühlich Stellung nehmen, da ich (bisher) nur die Quickstart-Rules kenne, aber ich finde die Kritik z.T. unangemessen. Ich denke, hier werden Maßstäbe angesetzt, die SoIaFRPG gar nicht erfüllen will.

Zuallererst mal, kann man SoIaFRPG überhaupt nicht mit D&D vergleichen. Es hat völlig andere Zielsetzungen, spielt auf völlig andere Möglichkeiten an, die die Charaktere wählen. Es ist keine High-Fantasy Simulation sondern definitiv ein Storytelling-System mit nicht mehr als dem absolutem Mindestmaß an Regeln.

Es gibt keine Magie, was den Leser angesichts der Welt auch nicht verwundern sollte. Ja, man kann sich ein Kampfmonster-Chatrakter bauen, die Frage dazu müsste allerdings lauten: Warum sollte man das tun? Wenn man dann für sich selbst anwortet "Weil ich dann den stärksten Charakter habe" gehört man schlicht und einfach nicht zur Zielgruppe.

Von D&D her ist man gewohnt, dass immer alles gebalanced sein muss, weil ansonsten der Spielspaß verloren geht, wenn ein Charakter "besser" als ein anderer ist. Dabei vergisst man aber - als passionierter D&D-Spieler - vielleicht schnell mal, dass nirgendwo in Stein gemeißelt steht, dass in einem Rollenspiel die SC immer gebalanced zu sein haben. Es mag sein, dass das für gewisse Spieler oder gewisse Runde tatsächlich undenkbar ist, dass Ernies SC häßlicher, dümmer und schwächer ist als Berts, weil bei Ernie damit möglicherweise Neid aufkommt und er den Spaß am Spiel verliert.

Das gilt aber nicht für alle Runden oder Spieler. Die Natur ist mit ihren Gaben halt nicht gerecht. Warum muss das also zwingend bei einem Rollenspiel der Fall sein? Futterneid? Dann solltest du lieber D&D spielen, da ist alles gebalanced (so gut es geht) SoIaF ist dann nicht das richtige System für dich. Es ist dadurch aber nicht schlechter oder besser als D&D.

Kampf ist bei SoIaF bei weitem nicht so wichtig, wie bei D&D, wo er einen zentralen Aspekt darstellt. Im Gegenteil, schon die Quickstartrules gehen davon aus, dass man angesichts der Tödlichkeit und der mageren Heilmittel den Kampf eher mit allen Mitteln zu verhindern versucht. warum also einen Teil des Spiels, der allerhöchstens eine Nebensächlichkeit darstellt, mit vielen Details regulieren? Weil du ein actionreiches Schwertschwinger-Spiel willst? Dann spiel D&D, SoIaFRPG setzt hier nun mal keinen Schwerpunkt.

Und so weiter und so fort. Ich habe bei der Kritik ein wenig das Gefühl, SoIaFRPG soll für euch einem Vergleich mit D&D standhalten. Das will es nicht und tut es nicht.
1984 was not supposed to be an instruction manual.

Lich

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Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #7 am: 07. April 2009, 13:41:43 »
Und so weiter und so fort. Ich habe bei der Kritik ein wenig das Gefühl, SoIaFRPG soll für euch einem Vergleich mit D&D standhalten. Das will es nicht und tut es nicht.
Das war nicht beabsichtigt. In meiner Kritik wurde ja primär auch der Vergleich zum Storyteller-Dot-System und zum Roll&Keep System angestellt und das Spiel damit in einen Gesamtregelkontext gestellt. Den Punkt mit der Magie hab ich nur sachlich erwähnt und auch nicht kritisiert.

Zitat
definitiv ein Storytelling-System
Wie oben schon geschrieben, ist das definitiv nicht der Fall, genau das ist das Problem der Regeln. Das Buch hat mindestens so viele Tabellen wie die 4E.
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Curundil

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Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #8 am: 07. April 2009, 22:55:03 »
Ich hab das Buch, da Amazon immer noch nicht geliefert hat, auch nur bei einem Bekannten überflogen, und ich bin ehrlich gesagt froh, daß ich mir unlängst günstig das alte AGoT d20 in Druckform ins Haus geholt habe. Das ist, obgleich d20, ebenfalls kaum mit D&D zu vergleichen, macht aber in Bezug auf Umsetzung trotz mangelnder Massenkampfregeln und Erweiterungsaussichten die deutlich bessere Figur.
Von der Green-Ronin-Variante hätte ich mir selbst nach Durchsicht und Test des Einsteiger-PDFs eigentlich mehr erwartet, als ich dann zwischen den Buchrücken vorfand.
Und damit meine ich nicht, daß das Buch einfach dünner ist (was es ist! Sieht neben dem alten GoO-Backstein eher wie ein gebundenes Abenteuer aus...), sondern daß sich bei genußvollem Konsum auch weniger Sättigung im unmittelbar vergleichbaren Inhalt bei mir einstellt.

Schade eigentlich.
Lichs Kurzrezi kann ich in fast allen Punkten zustimmen. Die Vorfreude auf das bestellte Buch hat sich etwas gemindert, nachdem ich es schon mal aufschlagen konnte.
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Curundil

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Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #9 am: 16. April 2009, 17:18:38 »
Das Buch ist seit ein paar Tagen da, und an meiner Skepsis hat sich nicht viel getan. Es kommt in hübscher Vollfarbe daher, ist allerdings dünner als ein Buch der Complete-Reihe, was für ein Grundregelwerk etwas mager ist. Schlägt man es auf, dann erschlägt einen der Regelwust, der dann offensichtlich doch in den geringen Seitenumfang gequetscht wurde, erst einmal. Der Farbdruck trägt zumindest bei mir nicht unbedingt zur besseren Strukturierung bei, und auch das Artwork ist zwar nett und teilweise sehr hübsch, haut mich aber über weite Strecken nicht vom Hocker. Das Layout versucht eine Grätsche zwischen 4E-mäßiger Farbkastengrafik und einem leicht fantasy-mäßigen Design, es bleibt aber beim Versuch, und die Betonung liegt auf "-mäßig". Wie bei allem anderen am Regelwerk konnten sich die Macher auch hier nicht recht entscheiden und haben einfach Suppe und Pudding zusammengerührt.

Alle Kritikpunkte zum Regelwerk hat Lich bereits aufgezählt: SOIAF landet irgendwo zwischen den Stühlen, sowohl vom Konzept, als auch von der Zielgruppe her, und kann mich persönlich nicht überzeugen. In der Tat stinkt es im direkten Vergleich zu AGOT d20 derart ab, daß ich erschrocken bin. Auch AGOT bietet tödliche Kämpfe, heterogen balancierte (bzw. unbalancierte) Heldengruppen, ein Intrigensystem und überarbeitete Fertigkeiten, dazu aber ein besser durchdachtes Ressourcenmanagement, griffige Reputations- und Einflußregeln, und allgemein eine komplexere Hilfestellung zum Erzählspiel (und fühlt sich kaum nach D&D an, ist für mich persönlich sogar das gelungenste D&D aller Zeiten, zumindest für pseudohistorische low-fantasy-Settings).

Das Buch ist etwas für Fans der Romane, die das Vorgängerspiel bereits besitzen und noch einen Zentimeter Platz im Bücherregal füllen wollen, wo ein Kalender nicht reinpassen würde. Oder für Spieler, die d20 und Tri-Stat kategorisch ablehnen, warum auch immer, und trotzdem ein settingbezogenes Rollenspielsystem zu ASOIAF suchen.
Alle anderen sollten sich im PDF-Shop ihres Vertrauens für 10 Dollar die d20-Variante holen (oder für 25 Dollar die Deluxe mit Tri-Stat-Regeln).

Diese Kurzeinschätzung ist nur bedingt von persönlichen Vorlieben geprägt, da ich mir das Ding gekauft habe, es behalten werde und den Kauf auch nicht bereue. Allerdings hatte ich neben AGOT auch noch einen Zentimeter Platz im Regal...
« Letzte Änderung: 16. April 2009, 17:22:31 von Curundil »
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Curundil

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Re: Song of Ice&Fire RPG / Kurzrezension
« Antwort #10 am: 28. April 2009, 10:09:20 »
Erste Eindrücke vom Spieltisch

Nach einem kurzen Anspielen der SIFRPG-Regeln vorgestern abend in einem Trocken-Testlauf kann ich zumindest einige Pluspunkte vermelden. Im Prinzip habe ich auf dem Reißbrett einige Charaktere und zwei generische Spielsituationen erstellt, in denen komplexere Regelmechanismen Anwendung finden, und das Ganze auf Testspieler losgelassen, die AGOT d20 nicht kennen.

Vorbemerkung: Was ich hierbei außer Beachtung lasse, da ich es nicht getestet habe, sind die Hausmanagement-Regeln und die Massenkampfregeln. Meine Spieler fanden das Konzept interessant, fühlten sich aber zu sehr an ein Aufbaustrategiespiel erinnert ("Spielen wir hier Total War oder P&P?"), da ein Haus effektiv wie ein komplexes Regelkonstrukt, ähnlich einem Charakter, mit eigenen Werten aufgezogen ist, das von den Spielern gemanaged wird.

(Zahle Geld vom Charakter an das Haus, dadurch steigt der Wealth-Level des Hauses, und für eine bestimmte Anzahl Punkte wird dann in Xd6+Y Monaten eine neue Einheit - wähle Typ und Moral aus Liste - oder ein Gebäude fertig, und bestimmte Einheiten und Features brauchen bestimmte Terrain Features oder Gebäude. Das klingt wie ein Strategiespiel, und das fühlt such auch so an.  :-| )

Das Charaktererstellungssystem gestaltet sich erwartungsgemäß recht einfach und handlich, aber nicht so einfach, wie es hätte sein können. Da sehe ich mein Urteil, das System habe sich etwas unschlüssig zwischen zwei Stühlen platziert, bestätigt. Immerhin gibt es auf der Green-Ronin-Homepage inzwischen einen korrekten Charakterbogen.

Kampfsystem: Die Schwachstellen wurden schon zu Genüge anderswo diskutiert. Mir ist ein Pluspunkt aufgefallen. Bei SIFRPG haben die Spieler große Kontrolle über den Ausgang des Kampfes. Sind die spärlichen und schnell schwindenden Lebenspunkte weg, ist man besiegt, und der Gegner darf entscheiden, was das bedeutet (Tod, Verstümmelung, Bewußtlosigkeit, Gefangennahme, Demütigung, Gnade etc.). Der Ausgang wird also vom reinen Würfelwurf, der nur zur Bestimmung des Siegers dient, an einen der Spieler (bzw. NSC) übertragen. Haken an der Sache ist, daß Charaktertod im Kampf von manchen Spielern mit Sicherheit durchweg dem SL angelastet wird. Vorteil ist stimmiges Spiel. Lebenspunkte sind nach dem Kampf praktisch sofort wieder regeneriert. Sie dienen nur zu Ermittlung des Siegers (wer auf Null ist, hat verloren). Um zu vermeiden, besiegt zu werden, kann man sich den eingesteckten Schaden "wegkaufen", indem man Injury oder Wounds in Kauf nimmt, die Abzüge geben, nur sehr langsam verschwinden und häßliche Langzeit-Konsequenzen haben können (zum Beispiel den Tod, weil sich die Schwertwunde infiziert), oder indem man Destiny-Points opfert, um den Ausgang zu verändern (Destiny-Points regenerieren sich normalerweise nicht; jeder Charakter hat ein paar davon, und was weg ist, ist weg!). Dadurch besitzen die Spieler auch eine gewisse Kontrolle darüber, wieviel sie bereit sind zu riskieren, um den Kampf zu gewinnen (auch wenn dieses Risiko allein auch nicht immer das Fell rettet).
Insgesamt belohnt das System Pokerspieler am Tisch, die wissen, wann sie mitgehen müssen, und wann es klüger ist, auszusteigen. Das tödliche Kampfsystem istsomit nicht ganz so tödlich, aber es gibt viel Kontrolle über den Ausgang an Spieler und SL weiter.

Intrigensystem: Funktioniert, wie schon von anderer Seite erklärt, fast genauso wie das Kampfsystem. Wer verliert, ist gefrustet. Je nach Temperament und Zielsetzung des Siegers kann man den Unterlegenen handlungsunfähig machen (im übertragenen Sinne), ihn zur Aufgabe zwingen, ihn zu etwas bringen, was er nicht will (schwierig bei Spielern, die so etwas nicht gern haben), oder ihn zum Ausrasten bringen, so daß er etwas Dummes tut (zum Beispiel einen Kampf beginnen, was abhängig vom Ziel der Aggression auch dumm für den Sieger der Intrige sein kann...). Hier wird das Pokerspiel um die Komponente erweitert, daß die Zielsetzung stark in den Mittelpunkt rückt - zwei Teilnehmer einer Intrige können durchaus völlig verschiedene Ziele haben, und auch völlig verschiedene Vorstellungen davon, was der andere will, und eine Fehleinschätzung kann nachteilig sein, da man leichter überrumpelt wird.

Beide Systeme funktionieren auf ihre Weise gut, sind aber gewöhnungsbedürftig, setzen hohes Vertrauen der Spieler in den Spielleiter, sowie verantwortungsvollen (im Hinblick auf die Geschichte) Umgang mit dem eigenen Charakter voraus, und machen am Anfang viel Nachblättern erforderlich. Zudem sind die jeweiligen Auswirkungen der Würfe fast gänzlich den Spielern bzw. dem Spielleiter überlassen.

Mit den richtigen Leuten durchaus fein, und ein System, welches die dargestellte Welt sehr stimmig einfängt, allerdings kann ich mich mit dem aufbaustrategischem Regelpart für Häuser, Ressourcen und Schlachten noch nicht so ganz anfreunden, der leider einen recht zentralen Teil einnimmt. Hier hat mir das abstraktere Ressourcen- und Haussystem in AGOTd20 besser gefallen.


Und einen weiteren Minuspunkt kann ich bestätigen: Wer der Meinung ist, die 4E-Bücher hätten welliges Papier und verschmierende Tinte, der wird bei SIFRPG feststellen, daß es immer noch eine Steigerung gibt...
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