Wenn etwas quackt wie eine Ente und aussieht wie eine Ente...
Im Ernst, was ein Politiker, Jurist, Arzt oder sonstige Minderheit als Krieg offiziell bezeichnet ist doch völlig Bumms. Frag mal die Leute in der Region, die sagen dir dann schon, ob Krieg ist oder Nachbarschaftsstreit.
Was soll das für ein Argument sein? Umgangssprachlich kann man das Wort Krieg für alles mögliche verwenden (Drogenkrieg, Krieg gegen das Verbrechen, der Discokrieg von St. Pauli usw), dass kann nur nicht Grundlage einer ernsthaften Diskussion sein, weil darunter jeder eine andere Vorstellung hat und dann sogar der Meinung ist, dass Tiere "Krieg" führen. Dann müssen wir hier nicht weiter reden, denn dann reden alle einander vorbei.
Und natürlich ist es von erheblicher Bedeutung, ob ein "Konflikt" offiziell ein "Krieg" ist oder nicht, dass ist nicht völlig "bumms". Das hat nämlich erhebliche juristische Konsequenzen, sowohl für die Beteiligten Mächte als auch die davon betroffenen Personen, z.B. Für die Rechtmäßigkeit von bewaffneten Handlungen ist es von erheblicher Bedeutung, ob es sich um einen Krieg/internationalen bewaffneten Konflikt handelt oder nicht. Ebenso hat das erhebliche Bedeutungen für Versicherungen, die Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, die Frage ob "Gefangene" als Kriegsgefangene zu behandeln sind oder als "Verbrecher" usw.
Natürlich ist klar, dass der Unterschied zwischen Konflikt und Krieg unterschiedliche juristische Maßstäben angesetzt wissen will, Zechi, aber es bedeutet dadurch nicht, dass der juristische Stempel des Krieges eine allgemeingültige Waffe ist und die einzige richtige Methode, etwas als Krieg einzuordnen. Heutzutage nutzen juristische Wortschacherer das natürlich so, wie du das darstellst. An sich ist Krieg aber zuerst einmal eine Bezeichnung der kollektive Gewaltanwendung. Das wir heutzutage für die Bezeichnung des Krieges eine offizielle Kriegserklärung bspw. verlangen, ist nicht mehr als Kunstgriff, um speziellere Definitionen zu schüren und es in unseren massiven Verwaltungsapparat einzuordnen. Es ist aufgrund deiner eigenen Profession auch klar, dass du immer wieder in diese Richtung vorstoßen möchtest.
Es ändert aber nichts daran, dass jede Form des grob organisierten und kollektiven Gewaltanwendung an sich als Krieg gelten kann. Nicht nach den Maßstäben einer Haager Landkriegsverordnung und dergleichen, aber nach den Maßstäben der Wortbedeutung und des Wortsinnes. Dementsprechend finde ich die Vergleiche in die Tierwelt nicht dermaßen verkehrt und kann auch Tempus zustimmen, dass wir mal lokale Gruppen, welche unter ständiger Gewalt leiden, fragen sollten, ob sie etwas als Krieg erachten oder als juristisch ja fast schon "harmlosen" bewaffneten Konflikt. Dass es auch von gesellschaftlicher (und gerade für uns im relativen Frieden lebenden West- und Mitteleuropäer von zentraler) Bedeutung ist, dass wir versuchen, das einzuordnen, bestreiten wohl die wenigsten.
Tiere führen keinen Krieg, es sei denn du setzt "bekämpfen" mit Krieg gleich. Das widerspricht aber jeglicher anerkannten Definition von "Krieg", sei es juristisch, politisch oder philosophisch.
Ich glaube auch diese Aussage negieren zu können, was den philosophischen Faktor angeht. Alleine der riesige Corpus der politischen Philosophie hat im Laufe seiner Geschichte immer wieder versucht diese Einordnung zu machen. Nehme man den Naturzustand von Hobbes als Beispiel, darin ließe sich der Mensch als triebhafter Kriegstreiber ohne weiteres am Tier spiegeln.
Als kleine Spitzfindigkeit am Rande: Obgleich du es verneinen wirst, was ist mit den Tieren, welche im Kriegseinsatz sind? Führen diese keinen Krieg? Sicherlich planen und organisieren sie diesen Krieg nicht, andererseits tut dies der einfache Soldat auch nicht, und dennoch wird ihm unterstellt, er führe Krieg. Ich erachte diesen Punkt nicht als außerordentlich wichtig, aber Definition bereiten in solchen Themengebieten immer etwas Kopfschmerzen. (Auch wenn das Argument der potentiellen Möglichkeit der Kriegsführung des einfachen Soldaten anführen könntest etc. pp. Deswegen nur eine kleine Spitzfindigkeit)
Kriege in Form von Millionen Toten sind heutzutage zum Glück nicht mehr an der Tagesordnung, aber Konflikte wird es geben, solange die Menschheit existiert und das ist auch gut so. Andernfalls gäbe es nur mehr gleiche Denkmuster und absoluten Stillstand.
Stimmt fast. Also der zweite Teil des Satzes, dem stimme teilweise (Ich würde gewisse Ausformungen von Konflikten ohne Frage verneinen) ich zu. Kriege mit Millionen Toten sind jedoch immer noch an der Tagesordnung. Kein zweiter Weltkrieg mehr von der Opferzahl, aber so eine halbe Million bis eine Million Menschen "reißt" es noch immer pro Krieg. Der zweite Kongokrieg bspw. hat über 5.000.000 Menschenleben gefordert. Und der war von 1998-2003. Wenn das nicht mehr heutzutage ist, dann gilt wohl
tempus fugit.
Eine umfassende Lösung, Drazon, kann ich dir nicht bieten. Dazu reicht meine Vorstellungskraft nicht, weshalb ich bereits mehrfach unterschwellig angegeben habe, dass ich keine wirkliche Alternative sehe. Durchaus aber auch Möglichkeiten, das einzuschränken. Wie die gesellschaftliche Ächtung des Krieges. Aber eine Substitution? Nein.