Abschnitt 1:Kapitel 1: Neue Bekanntschaften in GefangenschaftThelana wurde von einer Reihe dumpfer Geräusche aus ihrem dämmrigen Halbschlaf gerissen. Sie öffnete ihre grünen Augen und blinzelte in das grelle Licht der Frühlingssonne. Es musste Mittag sein. Als ihre Augen sich an die Helligkeit gewöhnt hatten, erhob sich die junge Bogenschützin aus dem Staub und setzte sich auf. Seit vierzehn Tagen war der karge, trockene Boden des Hofes eines kleinen tayer Sklavenlagers ihr Bett, als Dach diente ihr nachts nur ein kleiner Verschlag.
Mit düsterer Miene blies sich Thelana eine Strähne ihres, langen schwarzen Haares aus dem Gesicht und sah sich nach der Quelle der Geräusche um, die sie geweckt hatten.
Dann entdeckte sie den großen mit zwei Schimmeln bespannten Karren, mit dem stets neue „Ware“ in das Sklavenlager gebracht wurde. Drei Gestalten lagen davor. Sie mussten achtlos von dem Karren gestoßen worden sein, was die dumpfen Aufschläge erzeugt haben musste, die Thelana geweckt hatten.
Hoffnungsvoll blickte das Mädchen in Richtung des großen, schweren Eichentores, um zu sehen ob es noch offen war. Enttäuscht musste sie feststellen, dass es bereits wieder geschlossen war. Wäre ja auch zu schön gewesen. Man hatte ihr bei ihrer Ankunft in dem Lager erklärt, dass das Eichentor so verhext worden war, dass nur Vilgar, der Sklavenjäger und Gelrir Velshuran, der rote Magier, dem das Lager gehörte es öffnen konnten. Doch selbst ohne diesen Zauber hätte Thelana das Tor nicht öffnen können – es war einfach viel zu schwer. Die Mauern, die das Gelände umstellten waren zu hoch und zu glatt, um daran emporzuklettern. Thelana atmete geräuschvoll aus und lehnte ihren Kopf an die Mauer des einzigen Gebäudes im Lager, welches hauptsächlich als Unterkunft für die Wachen und Gelrir diente. Sie würde wohl als Spielball der körperlichen Gelüste eines roten Magiers enden. Bei der letzten Sklavenschau vor zwei Tagen, bei der sie wegen ihrer Jugend als eine der weiblichen Hauptattraktionen gehandelt wurde, war ein offenbar sehr hochrangiger Magier namens Nevron auf sie aufmerksam geworden und überlegte nun, ob er sie nicht seinem Sohn schenken solle. Als „Überraschungspräsent“ zur bestandenen Initiation in die Gemeinschaft der roten Magier.
Mittlerweile hatten sich auch einige Wachen um den Karren versammelt. Plötzlich schlug die Tür des Gebäudes auf und Gelrir persönlich kam in seinen roten Roben die Treppe herunter gerauscht. Sein kahler, tätowierter Schädel reflektierte das Licht der Sonne. Der grobschlächtige, dunkelhaarige Sklavenjäger Vilgar sprang geräuschvoll vom Karren, um mit dem roten Magier reden zu können. Thelana spitzte die Ohren.
„Sehr gut, du hast Neue dabei. Ausgezeichnet, wo ich doch vor zwei Tagen erst fünf verkaufen konnte.“, sagte Gelrir.
„Ja, Meister. Es sind sogar richtige Exoten dabei. Dafür krieg'n wir sicher 'n nettes Sümmchen.“, erwiderte Vilgar glucksend.
Eine Wache, eine glatzköpfige Magierin in schwarzer Robe kümmerte sich um die Pferde und den Karren, während der Sklavenjäger bepackt mit einem großen Sack, in dem sicher die Habseligkeiten der drei neuen Sklaven waren, Gelrir nach drinnen folgte.
Thelana umschlang ihre Knie und versuchte sich durch schöne Erinnerungen an ihre Heimat von ihrem Hunger abzulenken.
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Alexios schlug die Augen auf. Das erste was er spürte, waren peinigende Kopfschmerzen. Wo war er? Er musste niedergeschlagen worden sein. Er setzte sich auf und bemerkte, dass er statt seinem Lederwams nun eine Art Leinenüberwurf trug. Er befand sich in einem Hof mit hohen Mauern und nur einem Gebäude. Neben ihm lagen augenscheinlich eine Dunkelelfe und ein Zwerg im Satub. Der Nekromant kratzte sich am ergrauenden Bart. Wie war er hierhergekommen? Die Drow stöhnte leise.
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Ileet erwachte und stützte sich auf ihre zitternden Arme. Sofort erblickte sie den alternden Menschen, der neben ihr saß und wie sie ein zerschlissenes Leinengewand trug. Sie tastete sich ab und stellte fest, dass man ihr auch ihr heiliges Symbol genommen hatte, dass sie immer um den Hals trug. Die Halb-Drow fluchte leise. Trotz ihrer rasenden Kopfschmerzen sah sie sich um und entdeckte neben sich einen Zwerg. Weiter entfernt saß ein schwarzhaariges Menschenmädchen von etwa sechzehn Sommern und im Schatten der Mauer lag etwas kleines, haariges. Während die Eilistraee-Priesterin sich umsah, grunzte neben ihr etwas.
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Dungil sprang kampfbereit auf die Füße und blickte in die verdutzten Gesichter eines älteren Menschen und einer Dunkelelfe. Als er feststellte, dass keine unmittelbare Gefahr drohte, nahm der Zwerg eine weniger aggressive Pose ein und prüfte, ob sein brauner Bart noch da war wo er hingehörte.
„Wer seid ihr? Und wo bei Moradins Bart sind wir?“, fragte Dungil die beiden Gestalten.
„Zwei kluge Fragen, die ich mir auch schon gestellt habe. Eine davon kann ich beantworten. Mein Name ist Alexios. Ich bin wie Ihr eben hier erwacht.“, antwortete der Mensch.
Dungil nickte und teilte dem Mann seinen Namen mit. Dann blickte er zu der Drow herüber. Er zog eine Augenbraue hoch. Was machte eine dieser widerwärtigen Spinnenküsserinnen an der Oberfläche? Wobei ihre blauen Augen eher menschlich aussahen.
„Und Ihr, was macht Ihr hier, Drow? Ihr habt uns doch wohl nicht entführt?“, knurrte Dungil
„Ich bin eine Drow, allerdings nur mütterlicherseits. Mein Name ist Ileet und ich bin wie Ihr hier aufgewacht, ohne zu wissen wo ich bin. Der einzige Unterschied zwischen uns ist also der, dass Ihr eine Bierfahne habt und ich nicht, Herr Zwerg!“ Die letzten zwei Worte zischte sie.
Dungil zuckte zusammen. Das Bier! Irgendetwas musste in dem Krug gewesen sein, dass er sich im „Fröhlichen Feuerdrachen“ genehmigt hatte. Oder waren es fünf Krüge gewesen? „Ach, wer zählt schon so genau mit“, dachte Dungil gerade, als die schlanke Halb-Drow Ileet sich erhob und sagte:
„Vielleicht sollten wir das Mädchen dort drüben fragen, was sie weiß. Sie kann uns sicher sagen wo wir sind.“
Die drei gingen herüber zu dem Mädchen. Es blickte nicht einmal auf. Ileet hockte sich vor ihr hin, sah sie verständnisvoll an und sagte:
„Hallo. Mein Name ist Ileet. Das sind Alexios und Dungil. Wie heißt Ihr?“
Das Mädchen sah Ileet wütend an und keifte:
„Pff, eine Drow! Ich rede nicht mit den Huren von Lolth!
Ileet pustete die Backen auf und antwortete brüskiert: „Ich bin keine Spinnenküsserin! Ich bin eine Priesterin von Eilistraee, der Dame des Tanzes!“ Während Ileet die letzten Worte aussprach formte sie mit den Händen ein seltsames Symbol.
Dungil kratzte sich am Kopf. Er verstand von dem was Ileet gesagt hatte genauso viel wie von Strickmustern.
Das Mädchen machte ein verdutztes Gesicht und antwortete rasch:
„Ooh, verzeiht, das wusste ich natürlich nicht, dunkle Dame. Mein Name ist Thelana.“
Alexios fragte: „Nun, Thelana. Könnt Ihr uns sagen wo wir sind?“
Thelana lächelte verbittert und sagte: „Ja, das kann ich. Wir sind in einem Sklavenlager in Tay. Es wird von einem roten Magier geleitet. Aber Kyo kann Euch sicher mehr erzählen, er ist schon sein ganzes Leben hier.“
Sie ruckte mit dem Kopf in die Richtung, in der der schwarze, kleine Haarbusch lag.
Dungil machte auf dem Absatz kehrt und ging zu dem Fellknäuel. Thelana, Ileet und Alexios folgten ihm.
Unter den ganzen, dichten, verfilzten, schwarzen Haaren konnte Dungil nichts erkennen. Er sah nicht einmal Atembewegungen. Er drehte sich zu Thelana um:
„Lebt das?“
Und versetzte dem Fellknäuel einen gepfefferten Fußtritt.
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So, das war das erste Kapitel, in dem es erst mal nur darum ging, die Charaktere zusammenzuführen. Action gibts dann in den kommenden Kapiteln ;)
Kommentare, Fragen, positive, wie negative Kritik und Anregungen sind sehr erwünscht :)
Mal schauen, ich denke im Laufe der kommenden Woche gehts weiter.