Generell vermisse ich bei allem, was die Politik betrifft den Intelekt. Politiker mißverstehen ihre Aufgabenstellung hin zu Polemikern, und Wähler wählen Redner.
Hab ich das nicht schön polemisch gesagt?
Jetzt aber ernsthaft.
Es wurde hier mehrmals gesagt und ich möchte das nochmal betonen: Wenn man den Extremen vorwirft, dass sie sich aus intellektuell minderbemittelten (überspitzt gesagt) zusammensetzt, dann sollte man sie auch an diesem Schwachpunkt angreifen, nicht ignorieren oder einfach ins Abseits stellen. Ich selbst glaube auch, dass ein Großteil der Wähler extremer Parteien nicht gerade aus unserer sogenannter Elite kommen, halte es aber für gefährlich, die Anführer zu unterschätzen. Da könnte auch ein Grund liegen, warum Politiker sich lieber nicht eingehend diesem Problem stellen; sie könnten Angst haben, an die Wand geredet zu werden. Vor allem da man hier wirklich mit Fakten und Zahlen arbeiten muß. Nimmt man das beste von den Gegnern an, muß man davon ausgehen, dass sie in der Lage sind, Argumente für Sachen zu finden, die einem selbst als abstrus vorkommen und dann muß man selbst gewieft genug sein, um Fehler und Lücken in der Argumentation zu finden und eigene Gegenargumente darzustellen. Nimmt man das schlechteste an, so wird das dadurch nicht zwangsweise leichter. Leute die sich nicht scheuen falsche Aspekte als Tatsachen darzustellen und womöglich gute Redner sind, sind für einen "normalen" Politiker deswegen nicht zwangsweise leichter bloßzustellen.
Wenn man diese Leute aber einfach als den Teufel hinstellt und weiter nichts macht, fühlen sich deren Wähler (zu Recht) nicht ernstgenommen und werden sich deswegen sicher nicht auf neue Standpunkte einlassen.
Generell sehe ich den Fehler bei unserer politischen Situation aber vielmehr beim Wähler, als bei den Politikern. Ständig wird gejammert, dass alles so gleich ist (bis auf die Extremen) und man keine Alternativen geboten bekommt (außer den Extremen). Dabei muß ich mich ernsthaft fragen, wer sich die Mühe gemacht hat, sich wirklich zu informieren. Für mich sieht es so aus, als dass wir uns alle Informationen auf dem Silbertablett liefern lassen wollen. Am besten Fernseher ein, Fernseher aus und wissen was los ist. Danach am besten 2 Möglichkeiten, von denen eine perfekt der eigene Standpunkt ist und den nimmt man dann. Fakt ist aber, dass wir hier nicht in einer Wunschwelt leben und unsere Entscheidungen und Möglichkeiten nicht in einem binären System existieren.
Man muß sich eben die Arbeit machen und sich selbst das nötige Wissen besorgen. Meiner Meinung nach ist es da das absolute Minimum, die Wahlprogramme der offensichtlichsten Parteien zu lesen und zu vergleichen. Auch die, der Parteien, mit denen man nichts zu tun haben will, denn wie soll man sonst wissen, gegen was man ist?
Natürlich hilft es auch nichts, wenn man seine Meinung vorher schon hat und das nur pro forma erledigt. Vielleicht kommt man zu einem unerwarteten Ergebnis. Mir z.B. ging es bereits so, dass ich als eigentlicher CDU/CSU Anhänger festgestellt habe, dass das Parteiprogramm der FDP mehr mit meinen Wünschen übereinstimmt und ich deswegen diese gewählt habe. Klar war mir bewusst, dass die FDP garantiert nicht die Mehrheit stellen wird, aber wenn man bei der (geheimen) Wahl nicht zu seiner Meinung steht, wann denn dann?
Aus dem gleichen Grund bin ich auch Gegner von Volksentscheiden, besonders wenn es darum geht, die bei bundesweiten oder sogar europapolitischen Entscheidungen einzuführen. Ich traue dem Volk nicht zu, sich tiefergehend mit einer Materie zu beschäftigen, die es nur am Rande betrifft. Deswegen haben wir ja auch Repräsentanten. Und solange der Bürger nicht genau weiß, was hinter einer Thematik steckt, ist er zu leicht beeinflußbar, meist vom Initiator eines Begehrens/Entscheids.
Mein persönliches Fazit: Die erste Bürgerpflicht sollte es sein, sich zu informieren, erst die zweite, seine Meinung kun zu tun. Natürlich ist auch das utopisch.
Und wegen der Patriotismus Debatte:
Ich halte mich selbst für einen Patrioten, wenn gleich mehr bayerischer Patriot als deutscher, aber das komtm immerhin gleich danach.
Ich halte auch Patriotismus für einen bedeutsamen Aspekt des Lebens in einer politischen Gemeinschaft. Wenn wir kein Zusammengehörigkeitsgefühl und/oder gemeinsame Ziele haben, sind wir auch nur pro forma ein Staat. Klar hat jeder unterschiedliche Ansichten, wahrscheinlich sogar in den meisten Fragen, aber irgendwo sollte man die Zusammengehörigkeit an sich respektieren, vergleichbar mit dem Leben in einer Familie. Auch die Errungenschaften, die auf deutschem Gebiet und/oder von Deutschen erbracht wurden, berechtigen oft zu Stolz.
Schlecht wird das ganze nur, wenn es in blinden Patriotismus entartet. Nicht alles auf dem "deutsch" steht ist gut. Gerade wir als Deutsche sollten das wissen und tun das meiner Meinung nach auch. Unsere Vergangenheit belastet uns schwer, wahrscheinlich schwerer als das bei irgendeinem anderen Volk der Fall ist. Wir müssen zu der Verantwortung unserer Vergangenheit stehen und aus ihr unsere Schlüsse für die Zukunft ziehen.
Ich habe das Gefühl, dass unser Hintergrund uns zu einem Volk gemacht, das sich sehr für den Frieden einsetzt. Dieses Resultat kann man wohl durchaus als positiv einschätzen.
Wir dürfen aber auch nicht zulassen, dass unsere Verantwortung zu einem lähmenden Schuldbewusstsein wird. Für mein Empfinden wird "Political Correctness" bei unserer Politik noch zu groß geschrieben. Besonders auffallend ist das meiner Meinung nach im Umgang mit Israel. Meine persönliche Beobachtung ist, dass praktisch alle politisch interessierten Menschen in meinem Umfeld die Vorgänge rund um Israel und Palästina verurteilen. Als Staat aber sagen wir praktisch nichts dazu. Die grausamen Verbrechen, die "wir" in der Vergangenheit an den Juden begangen haben, lähmen uns hier. Und das, obwohl Israel nicht mit dem Judentum gleichzusetzen ist. Ich bin für eine Aufarbeitung unserer "Erb-schuld(en)" mit allen dazugehörigen Reparationen etc. Ein Maulkorb für den Staat gehört hier meiner Meinung nach aber nicht dazu.
Ganz persönlich habe ich in diesem Zusammenhang auch ein Problem mit dem "Zentralrat der Juden". Dieses Organ fiel mir in der Vergangenheit eigentlich nur dadurch auf, dass es Handlungen kritisierte, die irgendwie gegen die Juden gerichtet sein könnten, wobei meines Erachtens nach die Auswahl recht willkürlich war.
Bevor ich jetzt noch auf etliche andere Dinge eingehe, obwohl ich eh schonw eider 3/4 der Argumente vergessen habe, hör ich jetzt einfach mal auf. Die persönliche Anmerkung bezüglich Zentralrats ist übrigens jetzt rein zufällig am Ende des Textes, also keineswegs eine Kernaussage, mehr eine verrutschte Randbemerkung