Offen gesagt orientiere ich mich nur grob am CR, weil ich aus Erfahrung mittlerweile bei meiner Gruppe weiß, dass das sonst zu recht einfachen Kämpfen führt. Tatsächlich spielt jeder von ihnen eine Klasse, die im Grundregelwerk so nicht vorkommt, während der Hauptcaster der Gruppe der stärkste Charakter ist. Sie sind nur zu dritt,aber stärketechnisch kommen sie mMn locker an die 4-Mann-Gruppe heran.
Wir hatten letztens eine Situation gehabt, wo zumindest 1 Spieler tatsächlich mir inmitten des Kampfes vorgeworfen hat, dass mein 'Endboss-Encounter' unfair sei (es sei angemerkt,dass es die Gruppe aufgrund eines Auftrages in eine Halbebene verschlagen hat, wo teuflische Aktivitäten herrschen), da der besagte Barbazu zusammen mit seinen beiden Minions (einem Imp und einer HP-mässig leicht gebufften Lemuren, deren einziger Zweck es war der nervige Meatshield für die anderen Teufel zu sein) über dem eigentlichen CR für die Gruppe lagen und besagter Spieler anfing zu recherchieren als der Kampf sich zum Nachteil der Gruppe auswirkte.
Der Kampf wurde zwar von der Gruppe gewonnen und danach kam auch soweit keine Kritik mehr, prinzipiell habe ich es aber nochmal angesprochen gehabt, ob die Gruppe nach dem Kampf über den Encounter ebenso denkt wie zuvor.
Wir haben dann folgendes herausgearbeitet bzw. habe ich folgende Dinge festgestellt und auch nochmal klargestellt:
- Der Encounter mit dem Barbazu war bereits im Vorfeld geplant gewesen - der Gegner war ursprünglich der 'Endboss' des gesamten Dungeons, da der Norden des Dungeons der teuflische Bereich war, während im Süden der Gegner im Rahmen des ursprünglichen Auftrages der Gruppe wartete. Beide Gegner sind storytechnisch vernetzt, der Gegner im Süden sollte aber definitiv leichter sein.
Er war aber kein verpflichtender Gegner, sondern lediglich ein Hindernis, wenn die Gruppe die Gefangenen des Teufels befreien wollte. Was sie natürlich wollte - bei einer Abstimmung, wo zwei Leute meinten, dass es ihnen egal wäre und eine Person die Gefangenen retten wollte.
In umgekehrter Reihenfolge wäre der Gegner weiterhin leichter gewesen, da mehr Erfahrung gegen leichtere Gegner + neue Gegenstände + eine Möglichkeit Rast einzulegen, nachdem der ursprüngliche Antagonist des Dungeons ausgeschaltet wurde.
- Alle Teufel im Dungeon haben eine Resistenz gegen Säure und die meisten Elemente - hauptsächlich machte dies das Eidolon des Paktmagiers sowie den Paktmagier selbst regelrecht nutzlos während all dieser Encounter - zu meiner Verteidigung sei aber gesagt, dass ich nicht wusste, dass das Eidolon nun Säureschaden verursacht aufgrund des Level-Ups von Stufe 4 auf 5. Es hatte sich im Nachhinein herausgestellt, dass dies eine neuere Änderung war, wo der Paktmagier bezüglich dieses Dungeons auf das falsche Pferd gesetzt hat, weswegen es leider selbstverschuldet war.
- Die Schadensreduktion machte den Kampf vermutlich erst so schwierig wie er für die Gruppe war, da lediglich 2 Charaktere über Silberwaffen verfügten. Ich vermute mal, dass die Gruppe nach dieser Erfahrung daraus lernt und evtl. ihr Arsenal diesbezüglich aufstockt, denn auch das ist eine Situation aus meiner Sicht mit welcher die Gruppe rechnen muss, wenn sie in unbekannte Gefilde aufbricht. Kann aber sein, dass hier mir Leute widersprechen würden.
Was aber an klerikalen Mächten und dem Verbrauch aller Silberbolzen mangelte, konnte der Paktmagier mit Hilfe zweier Laternenarchons sowie mit dem Blutungsschadens seines Eidolons wieder wettmachen.
- Ich weiß nicht, ob für Teufel Blutungsschaden zählt, da diesbezüglich nichts in den Regeln stand, dass sie nicht Blutungsschaden erleiden können. Dementsprechend hab ich zugunsten der Gruppe gehandelt und auch gesagt, dass Blutungsschaden bei Teufeln möglich ist. Wäre vermutlich auch sonst ein weiteres Problem geworden.
- Theoretisch hätte ich den Barbazu gemeiner spielen können, denn weder hab ich die Teleportationsfähigkeit angewandt noch seine Beschwörungsfähigkeit. Mir ist bewusst, dass eine Kreatur, die gefühlt jedes Mal die Rüstung der Spieler durchdringt und dabei ordentlich Schaden reinhaut verdammt deprimierend sein kann, weswegen ich im Nachhinein mir auch nicht sicher bin, ob ein einzelner Vertreter dieser Gattung wirklich CR 5 wert ist oder nicht höher gestuft werden sollte, allerdings war der Encounter machbar.
Die Spieler hatten anfangs auch eher schlechter gegen den Barbazu und seine Minions gespielt (da sie sich irgendwann in ein vom Magier geschaffenes Feld mit schwierigem Terrain begeben hatten, aus welchem ich den Barbazu mühelos rausmanövrieren konnte, da er anfangs locker Gelegenheitsangriffe wegtankt, so dass er witzigerweise in der Lage war das Feld gegen die Spieler zu benutzen, während Lemure und Imp seine Vorhut bildeten), aber das änderte sich dann auch im Verlaufe des Kampfes zugunsten der Gruppe.
Insofern denke ich, dass ich im Sinne aller Beteiligter gehandelt habe ohne das dabei ein Spielercharakter sein Leben lassen musste - auch wenn es evtl. eine mögliche Option gewesen wäre.
- Der Alchemist der Gruppe hatte sich beschwert, dass es keinerlei Vorwarnung gab, dass evtl. nun der 'Endboss' bevorstünde, da er vor dem Kampf nicht seine Extrakte einnahm.
Der Rest der Gruppe hat hierbei aber nicht zugestimmt, da bereits vorher bekannt war, dass sich ein mächtiger Teufel im nördlichen Teil des Dungeons aufhielt, man evtl. bereits anhand der Karte und der Raumstrukturen ungefähr ausmachen konnte, dass nicht mehr viele Räume bevorstehen würden und dass bereits auch von meiner Seite indirekt vermittelt worden ist, dass es im nächsten Raum heiß hergehen könnte.
-Soweit ich es herauslesen konnte waren die Würfelergebnisse der Spieler sehr pechbelastet, während die Monster mehr Glück hatten - hat sich aber in der Mitte des Kampfes irgendwann gedreht.
- Das Ende des Kampfes war bisher vermutlich der epischste Ausgang eines Kampfes in einer Session: 2 Charaktere liegen bewusstlos am Boden, die Paktmagierin steht noch zusammen mit den beiden Laternenarchonten, Barbazu hechtet in seiner Arroganz auf sie zu, einer der Spielercharaktere erwacht gerade aus seiner Ohnmacht und stürzt sich heroisch auf den Teufel um ihm erneut Schaden hinzu zu fügen, Paktmagierin sagt lediglich nur 'Brenne Mistvieh!' (oder so ähnlich), beide Laternenarchons zerballern daraufhin den Paktteufel und der bisherige Aufseher der Halbebene vergeht in seinem Zug aufgrund des restlichen Blutungschadens fürs Erste mit einem "Nein! Das kann nicht sein!"
Waren zwar paar regeltechnische Freiheiten dabei im Bezug auf Gelegenheitsangriffe, aber der Ausgang des Ganzen hat jeden Beteiligten dann zufriedengestimmt.
Insofern, ich hab schon die Erfahrung gemacht, dass Leute nicht zwingend damit zufrieden sind, wenn das CR nicht eingehalten wird, aber denke, dass es durchaus eine Freiheit ist, die sich der Spielleiter herausnehmen kann, zumal ich auch im Nachhinein nicht denke, dass ich beim obrigen Encounter im Praxistest nicht viel falsch gemacht hab. Es wäre vermutlich langweiliger gewesen, hätte ich einen schwächeren Gegner genommen, da dann die Gruppe sich einfach durchmetzelt und keine brenzligen Situationen erst entstanden wären.
Systeme wie D&D/Pathfinder sind zwar leicht gebalanced, aber grundsätzlich sind nicht alle Encounter gleich in Form ihrer Schwierigkeit.
Mal abgesehen davon macht es Paizo selbst als Entwickler auch nicht anders: Das offizielle Einsteigerszenario bei Pathfinder beinhaltet beispielsweise einen Bossgegner auf einem höheren CR als er für Spieler der ersten Stufe vorgesehen ist, bei welchem ebenfalls die Chance besteht, dass die Spieler sterben können.
Der einzige Balanceansatz, der hier gemacht wird, ist den Gegner fliehen zu lassen nach einer bestimmten Anzahl von Runden, weil ihm die Angelegenheit zu lästig wird. Legitim, aber theoretisch auch nicht besser.
Von daher: Klar kann man alles perfekt balancen und nach dem CR machen, aber grundsätzlich hab ich keine guten Erfahrungen damit gemacht, wenn Kämpfe nach dem empfohlenen CR gebalanced werden.
Irgendwo möchte ich die Gruppe ja auch fordern, denn was wäre ein Pen&Paper ohne Herausforderungen?
Vermutlich ziemlich langweilig.