Autor Thema: Stadt in Ketten 2: Flutzeit  (Gelesen 13582 mal)

Beschreibung:

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Berandor

  • Mitglied
  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #60 am: 02. Juni 2005, 23:07:35 »
 Ein neuer Kettenbrecher

Dirim stand noch etwas unsicher auf den Beinen, als Jenya mit einem Besucher in den Altarraum kam. Er war ein Elf – seiner bronzenen Haut nach wohl ein Waldelf aus dem Tethirwald -, der die Versammlung mit abschätzigem und missbilligendem Blick musterte. Ein Bogen aus schwerem Holz lag ebenso in seiner Hand wie ein großes Krummschwert auf seinem Rücken, und er trug einen großen Käfig mit sich. Der Käfig war verdeckt.

»Meine Freunde, das ist Thamior Amasticia, was in der Elfensprache Starflower bedeutet. Er ist Annastriannas Vater.« Die Kettenbrecher, allen voran Helion, sahen etwas geschockt drein. Jenya trat zur Tür zurück. »Ich lasse euch besser allein.«

»Wer von euch ist Annas Halbbruder?«, fragte Thamior, sobald Jenya weg war.

»Ich«, sagte Helion.

Thamior trat zu ihm hin. »Erzählt es mir.«

Und so erzählte Helion erneut, wie die Kettenbrecher, noch namenlos, gegen den Sklavenhändler Kazmojen zu Felde zogen. Wie sie schon glaubten, gewonnen zu haben, und wie Kazmojen Anna aufgespießt hatte. Die Worte kamen stockend über seine Lippen.

»Habt ihr versucht, sie wiederzubeleben?«

»Es ging nicht. Sie wollte nicht zurück«, log Helion. Es war wohl besser, wenn Thamior glaubte, dass Anna im Jenseits glücklich war.

»Danke für euren Bericht. Standet ihr Anna nahe?«

»Schon, ja.«

»Dann nehmt.« Thamior überreichte Helion den Käfig und zog die Decke herunter. Im Käfig saß ein großer Falke. »Er gehörte ihr. Gebt auf ihn acht.« Mit diesen Worten wandte sich der Elf um und schritt hinaus.

»Ich hatte mir schon gedacht«, sagte Dirim grinsend, »dass dieser Elf einen Vogel hat.« Damit brachte er selbst Boras dazu, aufzustöhnen.

Helion sah sich den Falken an. »Nimbral wird sich freuen.«

-

Helion schickte seine Katze, die der ganzen Entwicklung neutral gegenüberstand, zum Mäusejagen und begab sich dann in den kleinen Wald am Rande des Kratersees. Der Erdboden hier war tief und schlammig von der kürzlichen Überflutung. Shensen Tesseril saß auf einem Baum und schnitzte.

»Hallo, Shensen.«

»Ich freue mich euch zu sehen«, gab die Dunkelelfe zurück. »Kann ich etwas für euch tun?«

»In der Tat. Könnt ihr vielleicht auf den Falken achtgeben? Ich weiß nicht, wo ich ihn sonst hin schaffen soll.«

Shensen glitt geschmeidig vom Baum. Sie öffnete den Käfig, und der Falke stieg auf ihren Arm. Shensen zog den Arm heraus und begann, den Falken zu streicheln. »Ein schönes Tier. Hat es einen Namen?«

»Nicht, dass ich wüsste.« Helion streckte vorsichtig die Hand aus.

»Nur zu, er wird euch nichts antun.« Vorsichtig streichelte der Magier über das glatte Federkleid, von dem die Wassertropfen nur zu abzuprallen schienen. Ganz anders als bei Nimbrals Fell. Der Kater tänzelte vorsichtig durch den Schlamm und sah dabei nicht wirklich glücklich aus. Vor Helion ließ er zwei Mäuse fallen; Helion gab ihm die größere, womit wieder alles in Ordnung war. Die andere Maus gab er Shensen, die gleich den Falken fütterte.

»Ich gebe auf ihn acht.«

»Danke.«

»Wenn ihr sonst etwas braucht...«

Helion lächelte. »So wie die Dinge liegen«, sagte er, «könnte es nicht schaden, wenn ihr für uns betet.«

-

Die Helmkirche verwies die Kettenbrecher an eine Witwe, bei der Thamior ein kleines Zimmer gemietet hatte. Die Witwe verwies sie an eine nahegelegene Wirtsstube, in der selbiger Elf gerade ein karges Frühstück verschlang.

»Ihr schon wieder«, begrüßte er sie.

»Hört zu, wir haben da etwas zu erledigen.« Helion führte das Wort. »Wir suchen unsere Eltern, also auch die Frau, mit der ihr Anna zeugtet. Meine Mutter.«

»Eine verständliche Suche.«

»Es war auch Annas Suche. Wir dachten nur, vielleicht wolltet ihr euch ebenfalls anschließen? Vielleicht wollt ihr ebenfalls wissen, was aus Lyanna Dambrodal wurde?«

»Vielleicht. Vielleicht möchte ich auch einfach Annas Suche zu Ende führen.«

»Wie auch immer. Jedenfalls könnte es sein, dass eine Gruppe namens Käfigmacher hinter dem Verschwinden unserer Eltern steckt. Diese Gruppe bedroht indirekt auch jetzt die Stadt.«

»Wie meint ihr das?«

»Seht ihr den Regen?«

»Natürlich.«

»Die Stadt droht zu überfluten. Und die Mittel, dies zu verhindern, wurden von ein paar Verbrechern entwendet, die nun drohen, das Wasser noch weiter ansteigen zu lassen. Wir versuchen, diese wichtigen Zauberstäbe zurückzuholen und damit die Stadt zu retten.«

»Und was hat das mit Annas Suche zu tun? Wenn es regnet, dann ist es natürlich, dass es zu Überflutung kommt.«

»Aber ist es auch natürlich, diese Situation zu verstärken?«, schaltete sich Thargad in das Gespräch ein.

Thamior seufzte. Diese Nervensägen würden wahrscheinlich ohnehin so lange reden, bis er mitkäme. »Also gut«, sagte er. »Wir sehen uns in einer Stunde am Nordtor.« Dann stand er auf und ging.

»Ich mag es nicht, wenn er das macht«, sagte Boras mürrisch.

-

Die Kettenbrecher gingen zum Helmtempel, um sich ein paar Heiltränke zu besorgen. Dabei fiel ihnen auf, dass ihr neuer und ungestümer Freund ebenfalls diesen Weg eingeschlagen hatte. Dennoch konnten sie kaum an seinen Fersen bleiben; er legte ein ähnliches Tempo vor wie Boras, wenn der nicht auf Dirim warten musste. Bei Ruphus Laro bekamen sie ein paar Heiltränke – gegen eine angemessene Spende, natürlich. Währenddessen setzte sich Helion vor den Tempel und wartete. Nimbral setzte sich neben ihn – schließlich war es dort trocken – und wartete mit.

Thamior hatte zunächst versucht, Jenya zu sprechen, doch die Hohespriesterin hatte sich zur Ruhe begeben. Die Erschöpfung nach einer durchwachten Nacht und der Wiederbelebung forderte ihren Tribut. Also suchte Thamior den Ort auf, an dem er bislang in Cauldron die meiste Zeit verbracht hatte: Annas Grab. Er entzündete eine Fackel und stieg in die Katakomben hinab, vorbei an Alkoven und Abzweigungen, zu seiner Tochter. Dort versank er eine Weile in Gedanken.

Als Thamior den Tempel wieder verließ, warteten die Kettenbrecher schon. Er versuchte, an ihnen vorbei zu gehen, aber Helion hielt ihn auf.

»Hör zu, wir gehen jetzt da runter und retten die Stadt. Entweder du kommst mit uns, um das Andenken an Anna zu erhalten, oder nicht. Aber wir gehen.«

Der Elf sagte nichts, nickte aber.

»Endlich. Na dann, los geht’s.«

-

Immer noch floss ein kleiner Bach die Höhle entlang, um sich über die Klippe hinweg in den grün leuchtenden See zu stürzen. Trotzdem war das Wasser seit gestern einige Meter zurück gegangen. Und noch mehr hatte sich verändert.

»Seht mal«, sagte Thargad und deutete nach unten.

»Da liegt wer«, erkannte auch Boras.

»Schwimmt auf dem Bauch wäre wohl richtiger. Ich frage mich, wer das ist?«

»Das ist ein Wasseroger«, sagte Thamiol mit Schärfe in der Stimme. »Und er ist tot.«

»Hm«, sagte Helion. »Na ja. Wollen wir ewig hier rumstehen? Boras, geh zur Winde und lass uns runter. Wir holen dich dann nach.«

-

Unten, am gegenüberliegenden Windenhaus, stand Tarkilar still wie eine Statue. Die verweste und schmutzige Statue eines ziemlich verrückten Bildhauers, aber immerhin. Gerade lauschte er dem Gesang des Mooses, als ihn eine Stimme aufschrak.

»Mach dich bereit«, flüsterte Gutterut kichernd. »Sie kommen.«
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Berandor

  • Mitglied
  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #61 am: 02. Juni 2005, 23:16:28 »
 Leider hat Osric keinen ständigen Sitz in unserer Gruppe bekommen - sechs Spieler sind vor allem mir dann doch zu viel -, aber vielleicht kann er trotzdem mal schreiben, wie es ihm gefallen hat und vor allem, wie eng an der Realität die SH denn ist :)

Tarkilar habe ich im Übrigen durch Opferungen verstärkt. Laut dem Book of Vile Darkness hätte er entweder "Divine Favor" auf Stufe 20 oder "Divine Power" bekommen. Beides war zu heftig, also habe ich ihm stattdessen drei Actionpunkte gegeben, von denen ich keinen nutzen konnte. Typisch. :)
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Berandor

  • Mitglied
  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #62 am: 05. Juni 2005, 17:48:06 »
 Tarkilars letztes Gefecht

»Habt ihr etwas gehört?«, fragte Helion. Die Gondel bewegte sich ruckend abwärts, und die Kettenbrecher hatten sich möglichst weit von dem offenen Ausstieg entfernt postiert. »Das klang wie Zauberei.«

»Gehen wir kein Risiko ein«, schlug Thargad vor und zog seine Schwerter. Thamior machte seinen Bogen bereit, während Helion eine magische Rüstung beschwor.

»Schon wieder«, sagte Helion. Die Gondel war ein noch paar Meter über dem Boden. Thamior ging zum Ausstieg und sah in das kniehohe Wasser herab. Dann sprang er. Er landete gekonnt und machte sich gleich daran, das Windenhaus in weitem Abstand zu umrunden.

»Solonor steh mir bei«, entfuhr es ihm.

Hinter dem Torhaus wartete eine ausgemergelte Gestalt von Boras’ Größe. Totes Fell spannte sich über trockener, brauner Haut, an vielen Stellen aufgeplatzt. Zähe, verfaulte Muskeln waren darunter zu sehen, die sich entgegen ihrer Natur immer noch spannten. Ein fein gearbeitetes Kettenhemd war mit der Haut verwachsen. Die Kreatur hatte eine wuchtige Stachelkette in seine Handgelenke gerammt, durch Fleisch und Knochen fest verbunden. Ein hündischer Schädel grinste irr, Sabber tropfte zwischen gelben, wuchtigen Zähnen hervor. In der Brust steckte ein silbernes Symbol von Malar, zwischen den Rippen ragten zwei Zauberstäbe hervor. Tote Augen voller Hunger. Tarkilar.

Thamior trat einen Schritt zurück. Schrecken und Erkenntnis mischten sich in seinem Geiste. Er kannte diese Kreaturen – Huecuvas, widernatürliche Schatten ihres früheren Selbst. Er wusste nicht viel, aber an eines konnte er sich deutlich erinnern.

»Silber! Benutzt Silber!«, rief er aus, als Tarkilar auch schon herankam. Die Kette schwang in großem Bogen und rammte sich in Thamiors Schulter. Der Elf wurde zur Seite geschleudert, sein linker Arm wurde taub. Nur mit Mühe hielt er den Bogen fest. Er schmeckte Blut.

»Solonor, steh mir bei«, wiederholte Thamior, inbrünstiger.

Thargad sah Tarkilar und vernahm Thamiors Ruf. Er hatte kein Silber. Seine Schwerter wären sinnlos, denn selbst der beste Streich kratzte Untote kaum. Er entschloss sich, Helion zu bewachen. Dieser wiederum feuerte gerade silberne Geschosse auf Tarkilar, die ihn jedoch nicht sonderlich kümmerten.

»Ich habe Silber«, sagte Dirim grimmig. In seiner Hand hielt er die Axt, die Triel bei sich gehabt hatte. Tarkilar schien die Axt zu erkennen, denn er schlug wild nach dem Zwerg, als er angriff. Aber Dirims Schlag war sehr viel präziser. Die Axt biss tief in Tarkilars Haut und schnitt durch totes Fleisch. Tarkilar kreischte.

Thamior feuerte zwei Pfeile auf das Monster ab, doch die Spitzen konnten dessen Haut kaum durchdringen. So hatte das keinen Sinn. Und der Zwerg war auch nicht gerade ein Muskelprotz.

»Kannst du nicht härter zuschlagen?«, rief er hinüber.

»Kann er nicht«, sagte Helion, »aber ich weiß, wer.« Wie auf Kommando drehten sich die Kettenbrecher um und sahen zum Abhang hinauf, zur anderen Windenstation. Wie auf Kommando riefen sie.

-

Boras fand die ganze Kurbelei ziemlich langweilig. Außerdem fand er es ziemlich gemein, als Letzter runter zu dürfen. Schließlich lauerten dort unten Gefahren. Aber seine Axt reichte nicht bis ans Ufer, wenn er nicht selbst am Ufer stand. Wer weiß, welchen Kampf er hier oben wieder verpasste. Und jetzt musste er noch warten, bis die seine Gefährten die Gondel wieder hochgefahren hatten. Langweilig, eben.

Er trat an die Klippe und kratzte sich im Schritt. Was machten die denn da unten? Sah fast aus, als... Boras sah genauer hin. Es sah aus, als würde da unten gekämpft! Gerade blitzten drei Kugeln durch die Luft – das war Helion. Und jetzt sah es fast so aus, als sähen sie alle zu ihm hoch. Boras beugte sich weiter vor.

»Boras! Komm runter!«

Sie brauchten seine Hilfe! Boras machte sich bereit, vom Abhang zu springen, als sein Blick auf die Führungsseile der Gondel fiel. So etwas wie Inspiration, eine Art Geistesblitz ging ihm durch den Kopf, und Boras zuckte ob des ungewohnten Gefühls zusammen. Dann grinste er und löste den Gürtel von seiner Hüfte.

-

Helion feuerte wieder ein paar Geschosse ab. Fleischfetzen rissen aus Tarkilars Haut, aber der schien sich nicht darum zu kümmern. Thargad beugte sich über eine Phiole und fächerte ihr Luft zu.

»Nun brenn schon«, flüsterte der Schurke.

Währenddessen wehrte Dirim mühsam Tarkilars wilde Hiebe ab. Der untote Priester schlug mit brachialer Gewalt auf den Zwerg ein. Thamior umkreiste die beiden, auf der Suche nach einer Gelegenheit.

»Malarmalarmalar«, brabbelte Tarkilar.

»Bring sie um! Bring sie alle um!«, kreischte eine schrille Stimme aus dem Nichts. Tarkilar sah ebenso auf wie Dirim, aber niemand sah etwas.

»Malarmalarmalar.«

»Ein sehr einseitiges Gespräch«, grummelte Dirim. »Typisch Tiergottheiten.«

Thargad erhob sich zufrieden. Das Alchemistenfeuer blubberte in der Phiole, eine kleine grüne Flamme tanzte an der Spitze. Er nahm kurz Maß, dann warf er. Die Phiole zerplatzte auf Tarkilars Brust; gleich züngelte grünes Feuer an ihm empor. Tarkilars Schädel fuhr zum Schurken herum.

In diesem Moment ertönte ein lauter Schrei, eine Mischung aus Übermut, Freude und Angriffsgeheul (und vielleicht ein wenig Höhenangst). Boras hatte seinen Gürtel um das Führungsseil geschlungen und kam zum Strand herabgesaust. Kurz vor der Gondel ließ der Barbar den Gürtel los und landete kniend im Wasser. Er sah auf, und seine Augen fixierten Tarkilar. Dann rannte er los, während er nach seiner Axt griff.

»Nimm die hier!«, rief Dirim und schwenkte die silberne Waffe. Er zwinkerte Tarkilar kurz zu, dann warf er die Axt in die Luft.

»Nein!«, krächzte Tarkilar. Er wirbelte herum und schmetterte seine Kette gegen Boras’ Brust. Der Barbar taumelte zur Seite, fiel beinahe, fing sich dann wieder, und streckte die Hand aus. Die Silberaxt landete in seinem Griff. Boras spie aus, seine Augen umwölkten sich.

»Ich bin dran.« Die Axt brach durch Tarkilars Körper wie ein Bolzen durch Ton. Muskeln, Sehnen, Fleisch wurden abgerissen, Tarkilar nach hinten geworfen.

»Hab dich«, sagte Thamior. Er packte Tarkilar und versuchte, dessen Arme hin-ter dem Rücken zu verschränken, aber der Priester sprengte seinen Griff und stieß ihn zurück. Mit zwei Handgriffen war Tarkilar auf das Windenhaus geklettert. Dort zerrte er den Stab der Wasserkontrolle aus seinem Fleisch. Die Oberfläche des Sees begann, sich zu heben.

»Er will uns ertränken«, entfuhr er Dirim.

»Wasser bekämpft man am Besten mit Feuer«, sagte Helion verschmitzt. »Incendere

Ein silberner Feuerstrahl raste aus Helions Fingern. Er traf Tarkilars Brust und vermischte sich dort mit den grünen Flammen des Alchimistenfeuers. Tarkilar begann zu kichern, dann zu lachen, während er wild umhertaumelte. Die Flammen fraßen sich durch sein untotes Fleisch, und immer noch lachte er. Selbst, als sein Körper endgültig leblos vom Dach stürzte, hallte sein Lachen durch die große Höhle. Der Körper sog einmal geräuschvoll Luft ein, dann war es still.
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

-=Loki=-

  • Gast
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #63 am: 05. Juni 2005, 23:31:48 »
 Könnt ihr nicht öfter spielen? So jeden Tag. :)
Und am Besten schreibst du dann auch noch jeden Tag sofort den Bericht.

Wie du siehst, gefällt mir das super. Ich kanns kaum abwarten den nächsten Teil zu lesen.

Berandor

  • Mitglied
  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #64 am: 06. Juni 2005, 07:41:39 »
 Zwei Episoden haben wir ja noch, bevor wir am Status Quo sind :)
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Sheijtan

  • Mitglied
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #65 am: 06. Juni 2005, 16:19:26 »
 Welche Stufe haben sie denn bereits erreicht?
"Es liegt im Begriffe des Menschen, daß sein letztes Ziel unerreichbar, sein Weg zu demselben unendlich sein muß"<br>J.G. Fichte

Kylearan

  • Mitglied
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #66 am: 06. Juni 2005, 16:21:31 »
Zitat von: "Sheijtan"
Welche Stufe haben sie denn bereits erreicht?
Hmm, Helion ist jetzt Stufe 6, genau wie Dirim (der läuft aber mit einer Negativen Stufe herum, wegen der Wiederbelebung). Alle anderen sind Stufe 5.

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Gast_Berandor

  • Gast
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #67 am: 06. Juni 2005, 17:25:05 »
 Mit anderen Worten: Sie fallen noch wie die Fliegen :)

Kylearan

  • Mitglied
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #68 am: 06. Juni 2005, 18:06:43 »
 Ist Helion dann der Herr der Fliegen? ;-)

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Berandor

  • Mitglied
  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #69 am: 12. Juni 2005, 18:41:53 »
 Entwässerung
Nachdem sie Tarkilars Leiche durchsucht hatten – Boras zog ihm sogar Rüstung und Waffe ab -, machten sich die Kettenbrecher daran, die Durchsuchung der Ruinen zu vollenden. Thamior fand eine schwache Spur, der sie folgten, bis sie an die Räume kamen, in denen sie die bewusstlosen Wachen zurück gelassen hatten. Die Schwerter, mit denen die Türen blockiert waren, lagen achtlos in der Ecke, verbogen.

»Wir haben die Gefangenen vergessen«, sagte Thargad. »Bei Ilmater, sind wir dämlich!«

»Schaut mich nicht so an«, sagte Dirim, »ich war tot.«

Thargad öffnete  die Türe in den Schlafraum – und erstarrte. Vor ihm breitete sich ein Schlachtfeld aus. Der Boden war von Blut bedeckt – so viel Blut, dass es unter der Kruste immer noch flüssig war. Acht Wachleute waren an die Bettpfosten gefesselt und auf verschiedenste Arten gefoltert worden. Ihnen waren die Gedärme herausgerissen, der Brustkorb aufgesperrt, das Gesicht zerbissen worden. Mehr als einer hatte Blase und Darm entleert, als er den Tod kommen sah. Das Chaos und der Gestank in diesem Raum waren unerträglich.

Thargad schloss die Tür und taumelte zurück. Seine Stiefel hinterließen rote Ab-drücke. Helion übergab sich. Dirim dankte  Tyr, dass er tot gewesen war und somit  keine Schuld trug. Selbst Boras musste die Augen schließen. Das waren acht Tote, die schwer auf den Kettenbrechern lasteten.

Die Erkundung führte die Gruppe in die nördlichen Höhlen. Thamior schlich voraus, seine Elfensinne immer auf das Kommende gerichtet. Die Höhlen schienen verlassen, aber man wusste ja nie. Trotzdem sah er das Unheil nicht kommen, bis eine Glyphe vor seinen Augen in der Luft stand und in einem grellen Blitz explodierte. Thamior kniff die Augen zusammen, aber zu spät. Er war blind.

»Sollen wir dich hier zurücklassen?«, fragte Helion besorgt.

»Nein. Ich bin sicherer, wenn ich mitgehe.« Dem gab es nichts entgegen zu setzen.
Die Kettenbrecher fanden die Überreste von menschlichen und arachniden Zombies sowie das zerstörte Gerippe eines riesigen Skorpions. Scheinbar waren sie alle von Tarkilar zerschmettert worden. Sie fanden außerdem Tarkilars Unterschlupf, eine große von einer Explosion verwüstete Höhle. Dort stießen sie auf einen großen Sack, in dem der Wolfsmensch alle Schätze gesammelt hatte, die er aus den Höhlen bergen konnte. Auch die letzten Zauberstäbe waren darunter. Tarkilar hatte die Arbeit der Kettenbrecher für sie getan.

»Na dann«, sagte Helion, als er die Stäbe verstaute. »Kehren wir nach oben zu-rück.«

-

Am Stadttor mussten sie wohl oder über ihren Zoll entrichten, auch wenn Helion darauf bestand, dass die Helmkirche für die Zauberstäbe aufkam. Jenya schickte einen Boten mit dem Geld zum Tor, der die Helden sogleich zum Tempel begleitete. Immer noch regnete es, aber als die Kettenbrecher die Stufen zum Helmtempel erklommen, durchbrach ein erster Sonnenstrahl den schwarzen Himmel, gleichsam die Hoffnung, die in die Stadt zurückkehrte.

Ohne viel Gerede machten sich die Helmpriester daran, das Wasser zurückzudrängen. Es wurden Schichten eingeteilt, die rund um die Uhr gegen Überflutungen vorgingen. Der Glaube Helms erfuhr einen großen Schub, und kurzzeitig lief die Kirche den Tempeln von Azuth und Gond den Rang ab. Nur langsam verbreitete sich der Anteil der Kettenbrecher.

-

Jenya kümmerte sich auch um Thamiors Erblindung. Als sie den Heilzauber gewirkt hatte, der dem Elfen das Augenllicht wiedergab, hielt er sie zurück.
»Ich möchte Euch noch etwas fragen.« Jenya setzte sich wieder und gebot ihm, fortzufahren. »Ich möchte wissen, was bei der Wiederbelebung meiner Tochter geschah. Helion sagte mir, es sei fehlgeschlagen – Anna wollte nicht zurückkommen?«

Jenya zögerte, unsicher, was sie erzählen sollte. Dann rang sie sich zu einer Entscheidung durch. »Die Erweckung schlug nicht fehl. Wir haben gar keine versucht.« Thamior wollte etwas sagen, doch sie hob die Hand. »Es hatte keinen Sinn. Eure Tochter hatte keinen Schutzgott, sie war eine Ungläubige. Es war ihr Schicksal, in Kelemvors Reich bestraft zu werden, für Generation um Generation, bis ihre Schuld beglichen.«

Danach schwiegen beide für eine lange Zeit. Aus der Ferne drang der Kirchenchor in die Kammer. Schließlich sprach der Elf: »Wie kann ich sie retten?«

Jenya schüttelte den Kopf. »Nur sie selbst hat sich retten können, als sie noch lebte. Ihre Zukunft liegt nicht mehr in der Hand eines Sterblichen. Um ihre Strafe zu beenden, bedarf es dem Einspruch eines Gottes.«

»Ich verstehe.«

-

Bis zum Flutfest waren es noch ein paar Tage. Dirim verbrachte diese mit Ent-rümpelungsarbeiten. Er hatte einen Brief erhalten, in dem er befördert und zum Vorsteher des leerstehenden Tempels der Dreifaltigkeit ernannt wurde. Der Tempel war überwuchert, und ein paar Schädlinge hatten sich in ihm eingenistet, aber ansonsten war er in halbwegs vernünftigem Zustand. Die anderen Kettenbrecher zogen auf Dirims Einladung hin ebenfalls in den Tempel; es gab genügend freie Räume, um sie alle aufzunehmen. Selbst Dirims Pony bekam einen Stellplatz im Stall.
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen

-

Thamior hingegen verließ Cauldron für eine Weile. Er verschwand tief im Wald, bis er auf eine Lichtung stieß, die ihm passend schien. Dort ließ er sich nieder. Den folgenden Tag verbrachte er mit Gebeten und Ritualen, die Solonor Thelandira gewidmet waren. Darin bat er um einen Weg, die Strafe seiner Tochter beenden zu können. Als die Sonne am nächsten Morgen aufging, hatte Thamior das Gefühl – nein, er schien zu wissen -, dass Solonor ihn erhört hatte. Er begab sich in Trance, und nachdem er sich erholt hatte, kehrte der Elf nach Cauldron zurück.

-

»Da seid ihr ja.« Arlynn lächelte fröhlich. »Ich habe euch vermisst.«

»Ich war unterwegs«, sagte Thargad und setzte sich.

»Habt ihr neue Abenteuer erlebt? Erzählt sie mir!« Arlynn sah Thargad mit großen, dunklen Augen an, hingerissen und hinreißend zugleich.

»Also, es gab da diese ehemalige Angehörige der Stadtwache...« Thargad berichtete ihr von dem Erlebten, und Arlynn hörte gespannt zu. Hin und wieder unterbrach sie ihn mit Nachfragen oder einem Ausdruck von Erschrecken. Als er geendet hatte, schien sie voller Bewunderung.

»Und was habt ihr erlebt?«

»Ach, im Vergleich erlebe ich nichts«, sagte sie schüchtern. »Unsere Köchin ist zum dritten Mal schwanger geworden, und ein Bursche wurde erwischt, wie er Weinflaschen stehlen wollte.«

»Und mit Lord Aslaxin ist alles in Ordnung?«

»Von ihm habe ich nichts gehört. Aber einige aus seinem Haushalt behaupten, ich hätte versucht, ihn zu verführen, und dann seinen Sohn, bis er mich rauswerfen musste.«

»Das ist ja...«

«...nicht so schlimm«, unterbrach sie ihn. »Es ist Gerede, und die Bediensteten der Dame Knowlern halten zu mir. Es geht schon.« Arlynn musste gähnen. »Es ist spät. Bringt ihr mich nach Hause?«

»Natürlich.«

Vor dem Eingang zu Ophellia Knowlerns Anwesen blieben sie noch einmal stehen.

»Es war ein netter Abend«, sagte Arlynn.

»Das fand ich auch.«

Für einen Atemzug herrschte Stille.

»Sagt mal«, fragte Arlynn dann, »wollt ihr mich vielleicht zum Flutfest begleiten?«

»Das würde ich gerne.«

»Danke.« Dann beugte sie sich vor und gab Thargad einen Kuss auf die Wange, bevor sie blitzschnell im Hof des Anwesens verschwand.

-

Auch Thargad hatte einen Brief erhalten. Dieser war von seinem Mentor geschrieben, dem Anführer einer kleinen Gruppe von Freiheitskämpfern. Berion, so hieß er, hatte vor Jahren eine enge Freundin in bestem Wissen fortgeschickt, nur um sie als Assassinin zurückkehren zu sehen. Bei einem persönlichen Gespräch hatte sie Berion, der bis zuletzt gehofft hatte, sie retten zu können, ermordet. Nur Berions Pflichtbewusstsein und sein Traum von einer freien Welt hatten ihn aus dem Nachleben zurückkehren lassen. Sein Brief klang düster, von Vorahnungen erfüllt, voller Angst, mit Thargad dasselbe zu erleben.

Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen

-

»Da haben wir ja unsere Helden«, freute sich Severen Nalavant. Er stand aus seinem Sessel auf und begrüßte die Kettenbrecher mit einer überschwänglichen Umarmung. Terseon Skellerang und Tenebris Valanthru sahen mit eiserner Miene zu. »Setzt euch doch, setzt euch.«

Die Kettenbrecher hatten heute, einen Tag vor dem Flutfest, dass traditionell am Tag der Hochernte abgehalten wurde, den Ruf zu einer Audienz vernommen. Während die Bürger Cauldrons ihre Straßen mit Girlanden und Laternen schmückten und Zelte errichteten, während Barden, Händler, Reisende und Taschendiebe in die Stadt strömten, hatten sie sich also im Stadthaus eingefunden.

»Erst einmal möchte ich euch erneut danken«, hob der Stadtherr an. »Ihr habt Cauldron erneut einen großen Dienst erwiesen. Ohne euch wäre das Flutfest wohl ins... na ja, ins Wasser gefallen.«

»Im wahrsten Sinne«, sagte Dirim. »Ich verstehe nicht, warum ihr keine Vor-kehrungen getroffen habt.«

»Nun ja«, sagte Severen betroffen »diesen Fehler müssen wir uns wohl ankreiden lassen.« Er sah zum Fenster heraus. Immer noch regnete es leicht, aber dank der Zauberstäbe waren die Regenfälle keine Gefahr mehr. »Aber ihr müsst verstehen, seit über zehn Jahren gab es keine Fluten mehr.«

»Wie dem auch sei«, sagte Helion. »Was können wir für Euch tun?«

»Ihr?« Der Stadtherr legte eine Hand aufs Herz, als wäre er verletzt. »Aber ich bitte euch. Wir müssen Euch einen Dienst erweisen! Ist es immer noch so, dass ihr Bürger Cauldrons werden wollt? Bedenkt, dass ihr dann Steuern zahlen müsst.«

»Es wäre uns dennoch eine Ehre.«

»Nun denn. Tenebris?«

Der hochgewachsene Fürst Valanthru trat vor und überreichte Helion eine Schriftrolle. »Dies ist der Eid, den ihr schwören müsst.«
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen


»Wir werden die Verleihung der Bürgerehre morgen bei der Eröffnung des Festes vornehmen«, fügte der Stadtherr hinzu. »Ist das nicht wundervoll?«

Helion las die Schriftrolle. Er runzelte die Stirn.

»Stimmt etwas nicht? Tenebris, habt ihr ihm die rechte Rolle gegeben? Den echten Eid?« Severan zwinkerte Helion zu. »Habt Ihr bemerkt? Ich bin doch ein Schelm!«

»Äh... das seid ihr wohl. Nun, ich frage mich tatsächlich, ob dies der normale Eid ist.«

»Natürlich ist er das.« Die Augen des Goldelfen blitzten in ebendieser Farbe. »Habt ihr ein Problem damit?«

»Vielleicht.« Helion begegnete Valanthrus Blick.

»Nun, überlegt es euch doch einfach, ja?« Severen Nalavant tätschelte Helions Hand. »Sagt mir einfach morgen vor der Zeremonie Bescheid.«

-

Als die Kettenbrecher in den Helmtempel kamen, erwartete sie eine ärgerliche Nachricht. Die Sturmklingen hatten – im Auftrag des Stadtherren natürlich – die Katakomben unterhalb Keygan Ghelves Schlosserei betreten und jede noch lauernde Gefahr beseitigt. Dann hatten sie das Tor ins Unterreich blockiert, den Aufzug in die Malachitfeste zerstört, und schließlich mit Zauberstäben und Schriftrollen dafür gesorgt, dass diese Zugänge und auch der Weg nach Jzadirune verschüttet wurden. Nun war auch klar, warum sie beim Verlassen des Stadthauses (von Thargad beobachtet) so siegessicher gegrinst hatten.

-

»Was haltet ihr von diesem Eid?«

Jenya las den Zettel. »Er wurde verändert.«

»Seid ihr sicher?«

»Natürlich. Man hat zuvor nicht auf den Stadtherren geschworen, sondern auf die Stadt.«

»Wann war der letzte Schwur?«, fragte Helion.

»Etwa vor einem halben Jahr, würde ich sagen.«

»Also ist die Änderung sehr frisch. Vielleicht sogar nur für uns. Und jetzt?«

»Diesen Eid schwöre ich nicht«, sagte Thargad bestimmt. »Ich kann ihn nicht halten.«

»Mein Eid an Tyr geht vor«, gab Dirim zu bedenken. »Im Zweifel kann ich diesen Eid missachten.«

»Aber würde Tyr wollen, dass du einen Eid schwörst, den du nicht einhalten willst?«, fragte Jenya. Dirim schwieg zur Antwort.

»Ich schwöre das auch nicht«, sagte Boras bestimmt. Thamior stimmte ihm zu.

»Ich will nur Bürger werden«, sagte Helion. »Zur Not schwöre ich auch das.«

Jenya sah ihn an. »Auch euch würde ich raten, nicht zu locker mit diesem Eid umzugehen. Schließlich wird ganz Cauldron hören, was ihr schwört. Wenn ihr diesen Schwur leichtfertig brecht, habt ihr viele Zeugen, die diese Untreue bezeugen können.«

»Das stimmt«, sagte Boras. »All die Leute.«

»Der ganze Druck«, sagte Thargad.

»Die Erwartungshaltung«, fügte Thamior hinzu.

»Wenn da etwas schiefgeht«, meinte Dirim.

Die Kettenbrecher begannen zu lächeln.

»Ich glaube«, sagte Helion zufrieden, »wir haben eine Idee...«

-

Als sie den Tempel verlassen wollten, rief Jenya Helion noch einmal zu sich.

»Seid vorsichtig«, mahnte sie. »Ihr geht einen gefährlichen Weg.« Dann nahm sie ein kleines Büchlein hervor. »Ich habe dies bei Sarcems Sachen gefunden. Es ist nicht seine Schrift, und eine erste Übersetzung ergab, dass es wohl für Euch ist.«

Helion nahm das Büchlein in die Hand. Sein Inhalt war in Thorass gehalten. Die Schrift schien ihm bekannt, aber erst eine Übersetzung gab ihm Gewissheit: Das Buch enthielt ein paar Notizen und Zauber von Horas Lutharia, dem Safir. Die Notizen erwähnten seinen Namen und deuteten darauf hin, dass in den Schätzen – und ihren Nachkommen? – magische Kräfte schlummerten, die durch einen Zauber kurzzeitig erweckt werden konnten. Dieser Zauber war ebenso enthalten wie eine letzte Notiz:

»Azuth hat mir die Augen geöffnet! Beinahe hätte ich einen großen Fehler ge-macht, ich Idiot! Zum Glück sind mir die Unregelmäßigkeiten aufgefallen. Ich werde sie zur Rede stellen, sobald wir zurück sind. Vielleicht habe ich mich ge-täuscht... ich hoffe es.«

»Ich habe nur die erste Seite entziffert«, sagte Jenya. »Ich hoffe, es hilft euch weiter.

»Das wird es ganz bestimmt«, sagte Helion und versuchte, nicht zu sehr auf das flammende Auge zu starren, das auf der Brust von Jenyas Rüstung eingebrannt war. Ihr drittes Auge.

»Wir sehen uns morgen beim Flutfest?«, fragte Helion zum Abschied.

»Oh, glaubt mir«, sagte Jenya, »Euren Auftritt würde ich um nichts in der Welt verpassen.«
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Berandor

  • Mitglied
  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #70 am: 12. Juni 2005, 18:48:47 »
 Und wir sehen uns nächste Woche beim Flutfest :D
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Berandor

  • Mitglied
  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #71 am: 15. Juni 2005, 23:47:18 »
 Da ich am Wochenende evtl. keine Zeit habe, kriegt ihr das jetzt schon :)
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Berandor

  • Mitglied
  • Verrückter Narr
    • http://www.p-pricken.de
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #72 am: 16. Juni 2005, 00:16:00 »
 Das Flutfest
Am Morgen der Hochernte war der Himmel zum ersten Mal seit Monaten nicht voller Regenwolken. Es war kühl, aber noch nicht unangenehm, und die ganze Stadt fieberte dem Flutfest entgegen. Gähnende Schankwirte stachen Fässer an, Zelte wurden geöffnet, Bänke von Pfützen befreit. Die ersten Barden bevölkerten die Straßen, und die Stadtwachen marschierten mürrisch durch die Straßen, weil sie Dienst schieben mussten. Wehe dem Dieb, der diesen übellaunigen Kerlen unter die Augen kam.

Severen Nalavant empfing die Kettenbrecher am Stadthaus.

»Habt ihr euch entschieden?«

»Wir werden den Eid ablegen«, sagte Helion.

»Wunderbar!«, rief der Stadtherr. »Kommt, es ist fast soweit.«

Gemeinsam traten die Kettenbrecher, der Stadtherr und seine Berater Skellerang und Valanthru auf den Balkon. Der weite Platz vor dem Stadthaus war voller Menschen, die ihren Auftritt mit Jubel begleiteten. Auf einer kleinen Bühne, auf der bald der Bardenwettstreit stattfinden sollte, saßen die Adeligen und sahen zu ihnen hinauf. Helion winkte zu den drei anwesenden Sturmklingen herunter (Corah Lathenmire befand sich nahe der Bühne unter dem Volk). Selbst auf diese Entfernung sah man die Dolche, die Annah Taskerhills Blick verschoss.

»Eine tolle Aussicht«, sagte Helion.

In der Mitte des Platzes stand die große Statue Surabar Zaubermeißels, dem Gründer Cauldrons, Redgorges und Kingfisher Hollows (zwei nahegelegene Städte). Am Rande des Platzes erhob sich außerdem das noch verhüllte aber dennoch imposante Gerüst, das die Gondkirche für das Flutfest erbaut hatte.

»Meine lieben Mitbürger«, begannn Severan Nalavant seine Rede, »heute begehen wir zum fünften Mal unter meiner Herrschaft das Flutfest. Und beinahe wäre dieses fünfte Mal im allerwahrsten Sinne untergegangen, doch stand uns zur rechten Zeit eine Handvoll Helden zur Seite. Wieder einmal haben uns die Kettenbrecher gerettet, und wieder einmal stehen wir tief in ihrer Schuld.«

Er wandte sich an die Kettenbrecher. »Deshalb ist es mir eine Ehre zu verkünden, dass diese Helden einen Wunsch geäußert haben. Einen Wunsch, der ihre Verbundenheit mit unserer großartigen Stadt demonstriert. Sie wünschen sich, Bürger unserer Stadt zu werden. Angesichts ihrer Verdienste kann ich nicht umhin, diesem Wunsch mit Freuden zu entsprechen. Unsere Helden werden nun den Eid auf die Stadt ablegen.«

Als Erster trat Dirim vor. Er nahm Eid hervor und wandte sich an das Volk. »Ich gelobe im Angesicht Tyrs, dass ich all mein Wohl dem Wohle Cauldrons unterordnen, dass ich mein Streben nach ihrem Wunsch und mein Gut ihrer Verfügung unterstelle. Die Stadt soll mein Herz einnehmen, und keine Liebe der Welt mag mit ihr konkurrieren. Das gelobe ich, das schwöre ich, so wahr mir Tyr helfe.«

Großer Applaus und Jubel brandete auf, und Severan Nalavant klatschte begeistert in die Hände. »Wundervoll! Wundervoll!« Er wischte sich eine Träne aus dem Auge.

Helion hatte Tenebris Valanthru im Auge behalten. Die Miene des Elfenfürsten war versteinert und verriet keine Regung, aber er wirkte dennoch wütend. Seine goldenen Augen brannten wie kleine Sonnen, als nun ein Kettenbrecher nach dem anderen Dirims Eid wiederholten. Boras schwor auf Uthgar, Thargad auf Ilmater, Thamior auf Solonor Thelandira und Helion auf Azuth. Jedes Mal jubelten die Leute.

Schließlich gebot Severen Nallavant den Kettenbrechern, zu knien. Dann breitete er seine Arme über sie aus. »Ihr kamt als Fremde, nun erhebt euch als Freunde. Willkommen in Cauldron!« Wieder jubelten die Leute. Nur unter den Sturmklingen blieb es still, wenn auch Corah Lathenmire verstohlen applaudierte.

Der Stadtherr bat erneut um Ruhe. »Trotzdem ist es mir sehr unangenehm, stets auf die Hilfe von Fremden vertrauen zu müssen. Angesichts der Unsicherheiten, die sich in Cauldron zu sammeln scheinen, habe ich beschlossen, darauf zu reagieren. Mein Freund Tenebris, unser Fürst Valanthru, hat bereits begonnen, die Stadtwache weiter aufzustocken. Zu diesem Zweck werden in den nächsten Tagen Söldner von außerhalb nach Cauldron stoßen, um dem Recht zu seinem... ähm... Recht zu verhelfen. Des Weiteren hat Hauptmann Skellerang um die Bildung einer magischen Gefahrenabwehr gebeten, und ich habe diese Bitte gewährt. Was auch immer geschehen mag, liebe Mitbürger, Cauldron wird sicher sein!«

Bei diesen Worten hatte sich Valanthrus Miene aufgehellt, und er lächelte be-scheiden, als sein Name fiel. Terseon Skellerang hingegen errötete ein wenig bei seiner Erwähnung.

»Eine Magische Gefahrenabwehr?«, fragte Thargad leise. »Bin ich der Einzige, für den das gefährlich klingt?«

»Und diese Söldner«, fügte Dirim hinzu.

»Später«, sagte Helion bestimmt.

Schließlich eröffnete Severen Nalavant das Flutfest, und die Kettenbrecher zer-streuten sich, um den Tag zu genießen.

-

Arlynn trug ein Kleid aus grünem Stoff, das ihre Augen betonte. Ihre schwarzen Haare standen wie immer strubbelig ab, ihre Wangen waren leicht gerötet.

»Ich habe etwas für Euch«, sagte Thargad nach einer kurzen Begrüßung. Er überreichte ihr eine kleine Schatulle, in der eine silberne Kette lag. Arlynns Wangen röteten sich noch mehr.

»Habt vielen Dank. Ich werde sie gleich umlegen.« Danach reichte sie Thargad ebenfalls ein kleines Kästchen. »Für euch.«

Im Kästchen befand sich eine silberne Brosche in Form einer Handfessel, deren Ketten gebrochen waren. Auch Thargad bedankte sich und steckte die Brosche an seine Brust.

»Was möchtest du dir ansehen?«, fragte er.

»Den Bardenwettstreit und das Gondgerüst«, sagte Arlynn. »Dann können wir ja weitersehen.«

»Also los.«

-

Der Bardenwettstreit war in vollem Gange, als sie den großen Platz erreichten. Sie sahen die Brüder Velistin, Halbingsturner und Publikumslieblinge; Brultag Runenhauer, einen Halbork, der von alten Schlachten berichtete; Melianor Silberzunge, einen halbelfischen Historiker, der seine Geschichten mit der Trommel unterstützte; die Eisenwaage, ein Quartett von Kobolden, die zur Musik eines Elfen tanzten und turnten; und zwei verschiedene Puppenspieler.

Schließlich aber schaffte es das Thanduurquartett ins Finale. Die vier Zwerge spielten eine weitere Zwergische Heldenoper. Die zweite Finalteilnehmerin war Annah Taskerhill, die ebenfalls viel Unterstützung aus dem Publikum erhalten hatte. Sie wollte als Gegenstück zu den Zwergen ein elfisches Liebeslied singen, aber als sie den Mund öffnete, kam nur ein Krächzen heraus. Vor einem unruhigen Publikum begann sie noch einmal, aber wieder kam kein Ton von ihren Lippen. Den Preis, eine Platinnadel in Form einer Welle, bekamen daraufhin die Zwerge überreicht, während Gerüchte über eine Vergiftung die Runde machten.
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen

-

Helion stand etwas unschlüssig vor dem Ausrichter des Zauberwettstreits. Vortimax Weer und Skie Aldersun hatten ihre Teilnahme schon erklärt, und einige wohlmeinende Stimmen aus dem Publikum versuchten, ihn ebenfalls zu überreden. Aber erst als Helion erfuhr, dass der Sieger eine unverrückbare Rute gewinnen würde, war er mit dabei.

Der Wettstreit bestand aus drei Runden. In der ersten Runde mussten die Teilnehmer ein magisches Phänomen ihrer Wahl erläutern. Dabei schnitt Helion nicht sehr gut ab. Die Leistung eines jeden Teilnehmers wurde durch Publikumsapplaus bewertet, und vom Schiedsrichter – einem Kleriker von Azuth – in Perlen umgesetzt. Vortimax Weer erhielt hier ebenso die meisten Perlen wie im zweiten Teil, bei dem man einen Zaubertrick möglichst ausgefallen interpretieren musste.

Schließlich ging es zur letzten Prüfung. Auf einem Podest standen drei verschlossene Aquarien, in denen eine Flaschenpost schwamm.

»Das Ziel der Herausforderer ist es, den Brief zu erlangen, ohne ihn nass werden zu lassen«, erklärte der Priester. »Wenn zwei Teilnehmer gleichzeitig fertig werden, entscheidet die Zahl der Perlen über den Sieg. Ansonsten gewinnt der Schnellste. Möge Azuth mit euch sein. Los!«

Vortimax Weer begann, indem er die Stirn in Falten legte und nachdachte. Langsam ging er um das Aquarium herum. Skie Aldersun begann, ein Monster herbei zu zaubern. Helion untersuchte den Deckel, aber er war dicht. Schon begann Vortimax Weer, das Wasser im Aquarium abzusenken, während Skies beschworener Oktopus die Flasche öffnete und den Brief durchnässte. Skie fluchte.

Helion schüttelte den Kopf. »Das ist mir zu doof«, sagte er und nahm einen Stein vom Boden auf. Dann zerschlug er das Aquarium. Wasser ergoss sich über ihn, aber er fischte die Flaschenpost aus den Trümmern und zog den Brief heraus. Vortimax Weer sah ihn funkelnd an, während Skie über die Lösung lachte. Der Azuth-Kleriker nickte lächelnd.

»Nicht immer ist Magie der beste Weg, um ein Problem zu lösen. Der weise Magier tut wohl daran, sich dessen zu erinnern. Herzlichen Glückwunsch, Helion Dambrodal. Ihr habt gewonnen.«
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen

-

»Kommt, Freunde, versucht euch beim Bärenringen des Verrückten Ernst!«

Die Stimme war selbst über dem Lärm einer amüsierten und betrunkenen Menge zu hören. Boras drängte sich durch das Gewühl. Der „Verrückte Ernst“ war ein Mann mittleren Alters und starken Hinkens. Er hatte drei Schwarzbären verschiedener Größe an einen Pflock gebunden, und in einem Kastenwagen hockte  ein gewaltiger Braunbär. Zwei Magier mit freundlichem Blick standen nahe bei. Gerade hatte Ernst den kleinsten Bären wieder angebunden und gratulierte einem etwa achtjährigen Jungen.

»Gut gemacht, Kleiner. Hier hast du einen Lutscher. Nein, wasch dir zuerst das Fell von den Händen.« Er bemerkte Boras. »He, du da! Willst du es nicht mal versuchen?«

»Erzähl mir erst mal mehr.«

»Aber bitte. Du zahlst einen Paxar und trittst gegen meine Bären an, oder besser einen der Bären deiner Wahl.«

»Und was kann man gewinnen?«

»Gewinnen? Ehre! Und vielleicht auch eine Kleinigkeit aus meinen Taschen, je nachdem. He, Kleiner!«, rief Ernst einem Jungen zu, der sich dem Wagen näherte, «Lass das Mannweib in Ruhe! Die ist auch so schon mürrisch genug.«

»Ist das nicht gefährlich?«

»Was? Ein Kerl wie du hat Angst vor der Gefahr?« Ernst lachte. »Aber keine Sorge, ich hab den Bären die Krallen entfernt.«

»Aber nicht das Gebiss«, fügte einer der Magier hinzu.

»Wohl wahr. Also, wie sieht’s aus? Such dir einen aus und versuchs. Wenn du den Bären auf den Boden zwingst, hast du gewonnen, wenn er dich runterbringt, verloren.«

»Ich machs«, sagte Boras.

»Na also. Gut, hör zu. Der kleine Teddy ist für Kinder, also fällt der weg. Grummler ist für Jugendliche und Elfen. Mahler da vorne ist schon ein ziemliches Biest. Und das Mannweib ist nur für Mutige und Verrückte. Wer solls sein?«

»Das Mannweib.«

Ernie schüttelte den Kopf. »Wenn du meinst. Na dann, holen wir sie mal aus dem Kasten raus.«

Mannweib war ein wirklich riesiger Bär. Als sie sich auf ihre Hinterpfoten stellte, überragte sie Boras spielend. Trotzdem versuchte der Barbar es mit einigen Griffen, während ihn der Braunbär mit krallenlosen Tatzen aus dem Gleichgewicht zu bringen suchte. Es war ein ungleicher Kampf, und bald lag Boras unter einer halben Tonne Felll begraben und fühlte heißen Atem an seiner Kehle. Erst nach ein paar Augenblicken gab Ernst das Kommando zum Aufhören, und Mannweib ließ sich zurück in den Wagen führen.

»Schade, schade. Vielleicht gelingt es dir im nächsten Jahr.«

Boras antwortete lachend: »Ich komme wieder.«
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen

-

Thamior stand vor einem behelfsmäßig aussehenden Aufbau inmitten einer Schar von Schaulustigen.

»Was gibt es denn hier?«

»Messerwerfen«, verriet ihm eine Dame. »Zwei Leute stellen sich an den Holz-wänden gegenüber, dann zieht man einen Umriss aus Kreide um sie herum. Sie werfen mit Dolchen aufeinander mit dem Ziel, den Umriss zu treffen. Wer ausweicht oder daneben wirft, hat verloren.«

»Aber es ist doch nicht schwer, einen Kreidekreis zu treffen.«

»Vielleicht«, gab die Dame zurück. «Aber nach jedem Wurf muss man ein Schnapsglas trinken. Da wird das Zielen schnell zur Kunst. Und wenn wir Glück haben, wird sogar einer der Teilnehmer getroffen.«

»Ich verstehe.« Thamior entfernte sich von der Frau und ging auf einen Tisch zu. Der Mann daran war augenscheinlich der Aufseher dieses Spiels.

»Ich möchte teilnehmen«, sagte Thamior.

»Nur zu, Freund Elf. Ihr könnt gegen den Wachmann Skylar Krewis antreten, wenn ihr wollt. Er hat fünf Königinnen als Einsatz hinterlegt.«

»Ich biete zehn.« Thamior wandte sich um und sah Todd Vanderboren, der ihn mit feindseligem Blick anstarrte. »Diesem Kettenbrecher werde ich zeigen, wie  man Dolche wirft.«

Thamior senkte den Kopf zum Gruß. »Ich nehme an.«

Kurz darauf standen sich die beiden sechs Meter entfernt gegenüber. Beide hatten ihren Oberkörper freilegen müssen, dann hatte man ihnen jeweils einen Dolch gereicht. Thamior wog die Waffe in seiner Hand und warf sie spielerisch in den Kreidekreis um Todd herum. Dann wurde ihm doch etwas mulmig, als ihm klar wurde, dass er für die Sturmklinge auf dem Präsentierteller lag. Todd könnte einen gezielten Wurf anbringen und er, Thamior, dürfte nicht einmal ausweichen. Dann landete Todds Dolch zitternd im Holz neben seinem Ohr.

»Meine Herren, der Schnaps.« Beide bekamen ein Schnapsglas gereicht und leerten es in einem Zug. Dann begann alles von vorne.

Thamior war bei seinem dritten Schnaps angelangt. Trotzdem hatte er den Kreidekreis getroffen. Er spürte den Alkohol in seinem Blut, aber auch Todd hatte ein leicht gerötetes Gesicht. Was Thamior aber mehr beschäftigte war die Tatsache, dass er in den Augen seines Gegenüber einen dunklen Zug bemerkt hatte, der mit jedem Schluck stärker wurde. Bald würde Todd wohl nicht mehr auf den Kreidekreis zielen, und für einen Moment hatte Thamior mit dem Gedanken gespielt, absichtlich vorbei zu werfen. Aber er würde sich nicht davonstehlen.

Jetzt kniff Todd die Augen zusammen und fixierte Thamior. Er leckte sich die Lippen, dann hob er den Dolch zum Wurf. Die Waffe schnellte durch die  Luft und rammte sich ins Holz. Ein Raunen der Enttäuschung erklang; Todd hatte verfehlt und dabei nicht einmal den Elfen verletzt.

Thamior steckte die Goldmünzen ein, die er gewonnen hatte, und verneigte sich vor Todd. »Danke für die Lektion.«
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen

-

Dirim nahm an einem Redewettstreit teil. Sechs Redner bekamen jeweils einen Zeitraum des Lebens zugelost und mussten diesen mit geschliffener Rede und spitzer Zunge zur besten Zeit erklären.  Dirim hatte die Kindheit gezogen – er war nur froh, nicht den Tod loben zu müssen – und sein größter Widersacher, Melianor Silberzunge, die Jugend. Dirim zog alle Register, aber der Elf hielt seinen Argumenten stand. Bald stand beiden Kontrahenten der Schweiß auf der Stirn, und die Eieruhr, die das Ende des Wettstreits signalisierte, leerte sich zusehends.

»...und zudem wird man in der Jugend wie ein Erwachsener behandelt, aber darf dennoch weiter kindisch sein«, schloss Mellianor eine weitere Argumentation.

Dirim leckte sich die Lippen. Er hatte höchstens ein paar Augenblicke, um dem noch etwas zu entgegnen, und er spürte, dass der Elf knapp die Oberhand hatte. In seiner Verzweiflung griff er zu einem Trick.

»Aber einem Jugendlichen bleibt die Mutterbrust versperrt, während man als Kind noch daran nuckeln darf.« Das Kichern des Publikums angesichts dieser Zote kam genau in dem Moment, indem die Sanduhr leer gelaufen war. Melianor sah missbilligend zu Dirim herüber, und auch der Zwerg selbst schämte sich ein wenig, wie tief er in die Schublade gegriffen hatte. Aber die folgende Abstimmung gab ihm recht, denn er gewann den Wettstreit und damit einen Beutel voller Doppelgoldmünzen, offiziell Sterne genannt.
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen

-

Das Gerüst des Gondtempels war ein beeindruckendes Werk. Bretter und Gebälk ragten aus einem künstlichen Wassertank, der den Aufprall stürzender Teilnehmer abfedern sollte. Thargad und Arlynn kamen gerade dazu, als Thamior den letzten Sprung zu kurz ansetzte und ins Wasser fiel. An der Aufstiegsrampe stand ein durchnässter Zacharias Aslaxin, der sich gerade mit Corah Lathenmire stritt.

»Du gehst nicht noch mal da rauf«, sagte Corah gerade. Zachary schien nicht richtig zuzuhören.

»Das war ganz schön knapp«, sagte Thargad zu Thamior, der aus dem mit Aalen und Krebsen gefüllten Becken kletterte. »Was gibt’s denn hier zu gewinnen?«

Thamior legte den Kopf zur Seite und schüttelte sich Wasser aus den Elfenohren. »Den goldenen Stab da oben auf dem Podest«, antwortete er. »Und einen Kuss von Annah Taskerhill.«

»Ach ja?« Thargads Augen zuckten. Er wandte sich an Arlynn: »Hättest du was dagegen, wenn ich..?«

»Aber nein!«, rief sie aus. »Ich fänds toll!«

»Na dann...«

Thargad bezahlte den Eintritt und sah, wie der Gondpriester eine große Sanduhr umdrehte. Eine Minute hatte er nur Zeit, er müsste sich beeilen. Schnell kraxelte er die glitschige Rampe empor, die Thamior zuvor mit seinen Spinnenschuhen erklommen hatte. Schon stand er vor den Pendeln, die den schmalen Weg blockierten. Er tänzelte um zwei dieser Pendel herum, aber das dritte traf ihn direkt an der Schulter. Er fiel, hörte Arlynn aufschreien, und packte im Sturz den Sims, auf dem er gerade noch gestanden hatte. Das Volk applaudierte, als er sich wieder hochzog. Vorsichtig balancierte er über das nächste Stück und stand schon vor der letzten Prüfung: einem weiten und hohen Sprung an ein Podest, auf dem der besagte Goldstab ruhte. Thargad leckte sich die Lippen.

»Du schaffst es!«, rief Arlynn. Thargad nahm zwei Schritte Anlauf und sprang los. Er bekam das Podest gerade so zu fassen und baumelte für einen Moment, dann zog er sich hoch und griff den Stab. Das Publikum jubelte. Annah Taskerhill lächelte das falscheste Lächeln des letzten Jahrzehnts, als sie Thargad einen kurzen Kuss aufdrückte. Arlynn hingegen schien ehrlich begeistert.
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen


-

Viel zu schnell wurde es Abend, und es wurde Zeit für das große Rennen. Arlynn musste nach Hause zurückkehren, um für die Rückkehr der Dame Knowlern bereit zu sein. Thargad begleitete sie.

»Es war ein schöner Tag«, sagte Arlynn, als sie vor dem Tor standen.

»Mir hat es auch gefallen«, antwortete Thargad.

Arlynn schwieg. Thargad sagte nichts.

Dann küssten sie sich kurz, ein erstes Versprechen. Arlynn verschwand durch das Tor, nicht ohne sich noch einmal umzudrehen. Thargad sah ihr noch einen Moment nach, bevor er sich auf den Heimweg machte.

-

Das Große Rennen führte die Teilnehmer einmal um die Stadt herum, dann zum See hinaus, und schließlich im Wasser entlang des Ufers bis zu einem mit Luft gefüllten Ball, der nahe des Pavillons schwamm. Corah Lathenmire, Thamior und Boras waren nur drei unter einem guten Dutzend Teilnehmern.

Gerade, als der Stadtherr das Rennen starten wollte, erschien ein großer Vogel über dem See.

»Seht doch nur!«, rief eine Stimme, und alle wandten sich zum Krater hin, wo der Vogel den Ball in seine Klauen nahm und über das Wasser trug. Erst in der Mitte des Sees fiel der Ball aus seinem Griff und kamm schwimmend zur Ruhe.

»Ich schwimme trotzdem«, sagte Elias, der elfische Mönch und zweifache Vorjahressieger. Seine ärgste Konkurrentin, die Halborkin Thuda, Rausschmeißerin in der Scheuen Fee, nickte zustimmend. Auch Corah Lathenmire und die beiden Kettenbrecher blieben dabei. Der Stadtherr gab den Startbefehl.

Zunächst liefen die Konkurrenten gleichauf die Obsidianalle entlang, um den Zuschauern Zeit zu geben, zum See herunter zu kommen. Dann, kaum dass sie den Startpunkt wieder erreicht hatten, ging das Rennen wirklich los.

Thamior hatte gleich einen kleinen Vorsprung, doch auch Boras hielt sich gut. Corah fiel gleich ein gutes Stück zurück, deutlich langsamer als die anderen vier. Schnell ging es durch enge Gassen, von Menschen gesäumt, und schon war der See in Sicht. Thamior und Boras kamen als Erste ans Wasser und begannen zu schwimmen. Kurz darauf sprangen auch Thuda und Elias in den See und nahmen die Verfolgung auf. Schnell wurde klar, dass diese Beiden wesentlich bessere Schwimmer waren. Corah hingegen war abgeschlagen, gab aber nicht auf. Die anderen Vier waren in etwa auf gleicher Höhe und hatten die Hälfte der Schwimmstrecke zurückgelegt, als sie sich vom Ufer abstieß.

Boras war ein wenig mulmig zumute. Er hatte nur einen Langdolch dabei, und angeblich hauste im Wasser ja ein Monster. Verstohlen blickte er nach unten - und sah einen Schatten. Im selben Augenblick zogen Thuda und Elias an ihm vorbei.

»Thamior«, rief Boras. Der Elf, ebenfalls chancenlos gegen die beiden Schwimmkünstler, sah zu dem Barbaren zurück. »Ich habe da was gesehen.«

Thamior starrte an Boras vorbei. Hinter dem Barbaren war eine Dreiecksflosse aus dem Wasser gekommen und schwamm direkt auf Corah zu. Die Flosse hatte die Größe von Boras’ Doppelaxt. Dem Elfen wurde mulmig. Zwischen ihm und dem Ufer befand sich nun ein gut sechs Schritt großer Hai.

»Vorsicht!«, rief Thamior. Corah sah auf und erschrak. Am Ufer erklangen Schreie, die nur teilweise damit zu tun hatten, dass Elias Thuda im Schlussprint geschlagen hatte. Der Hai machte einen kurzen Bogen, um dann wieder in Richtung Corah zu schwimmen.

»Hilfe!«, rief Corah und begann, rückwärts zu paddeln. Boras zückte seinen Dolch und schwamm zu ihr hin, gefolgt von Thamior.

»Wir müssen ihr helfen«, drängte Zacharias Aslaxin am Ufer. Annah nickte und nahm ihre Harfe ab.

»Was kümmert es dich?«, fragte Todd kühl. Annah stockte, dann sah sie weg. Zacharias machte einen Schritt aufs Wasser zu, und sie packte seinen Arm. Zacharias erstarrte.

Boras befand sich nun zwischen Corah und dem Hai. Wasser tretend sah er zu, wie der gewaltige Schädel, der den Barbaren ganz verschlucken konnte, durch das Wasser schnitt – immer in Richtung der jungen Frau. Der Hai passierte Boras, ohne ihn zu beachten. Boras stieß mit seinem Dolch zu. Der Stoß ritzte die Haut des Hais, und ein dünnes Rinnsal Blut quoll aus der Wunde hervor. Blitzschnell fuhr der Hai herum. Mehrere Reihen von Zähnen bohrten sich in Boras’ Arm und drohten, ihn abzureißen. Die Wunde brannte fürchterlich, unheilig.

Thamior stieß dem Hai einen Finger ins Auge, und sofort klappten die Kiefer wieder auf und ließen Boras los.

»Zum Ufer!«, rief Thamior, und Boras nickte. Nur weg von dem Hai.

»Das kannst du nicht ernst meinen«, sagte Zacharias. »Wir müssen ihr helfen.« Annah sah zu Todd, der kühl mit den Achseln zuckte. Dann sah sie zu Corah.

»Gut«, sagte sie. »Gehen wir.«

Corah erreichte keuchend das Ufer. Sie blieb im flachen Wasser liegen. Bald gesellten sich Boras und Thamior zu ihr, außer Reichweite des Hais, der noch einige Augenblicke versuchte, Corah zu erreichen, bevor er sich in Luft auflöste. Ein beschworenes Tier. Schnell kehrten auch Thuda und Elias ans Ufer zurück.

»Alles in Ordnung?«, fragte Helion besorgt. Boras sah auf seinen blutenden Arm. Die Wundränder waren schwarz geworden. Dennoch nickte er.

»Es geht schon.«
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen


-

»Herr Thargad?«

Thargad sah zu dem Jungen herunter, der das Abzeichen des städtischen Botendienstes trug.

»Ich habe eine Nachricht für Euch.«

Thargad bedankte sich und nahm den Brief entgegen. Er gab dem Jungen ein kleines Trinkgeld, dann zog er sich in einen Hauseingang zurück, bevor er die Schriftrolle ausbreitete. Sie war nicht unterschrieben:

»Thargad, es betrübt mich, diesen Brief zu schreiben, aber ein persönliches Gespräch ist zu riskant. Eure Sache, und sogar euer Leben ist in Gefahr!

»Arlynn gehört zum Letzten Lachen. Sie ist eine Mörderin und spioniert Euch aus. Ihr wahrer Name ist Jil.«
Spoiler: Klicke, um den Beitrag zu lesen
Bitte schickt mir keine PMs hier, sondern kontaktiert mich, wenn nötig, über meine Homepage

Kylearan

  • Mitglied
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #73 am: 16. Juni 2005, 09:20:59 »
 Böser Teaser am Schluss, B. Böse!

Was mich richtig fuchst, warenn die Spellcraft-Proben beim Magierwettbewerb. Gewürftelte 5, gewürfelte 3. Und so kam besonders beim Zaubertrick trotz Spell Thematics, was die Zauber u.a. besonders aussehen lässt, nichts Sinnvolles heraus. (Trotz gemaxten Spellcraft-Skills auf +18 bei Stufe 6.) Grmpf.

Kylearan
"When the going gets tough, the bard goes drinking."

Gast_Berandor

  • Gast
Stadt in Ketten 2: Flutzeit
« Antwort #74 am: 16. Juni 2005, 10:14:05 »
 Du hattest sogar ziemlich gute Skillboni; Skie war schlechter und Vortimax etwa gleich (obwohl beide hochstufiger sind).

Aber für die Spell Thematics hätte ich dir einen Bonus geben müssen - habe ich auch gepennt. Na ja, Vorti hätte trotzdem mehr Perlen gehabt und gewonnen hast du ja trotzdem.