Die Prüfung des Rauchenden AugesDie Kettenbrecher hatten sich gerade Zeit genug genommen, um Boras zu verarzten und die Leichen nach Wertgegenständen zu untersuchen, dann hatten sie ihren Aufstieg fortgesetzt. Bald darauf vernahmen sie ein dumpfes Hämmern, dem sie sich mit jedem Schritt näherten. Wieder schlichen Thamior und Thargad vor.
»Die Höhle endet in einem Thronsaal«, verkündete der Elf, als sie zurück waren. »Sieht aus, als wäre das die Mundhöhle des Schädels. In der Mitte des Saals ist ein eiserner Thron, daneben liegen Tonscherben, am anderen Ende geht es weiter aufwärts.«
»Und das Trommeln?«, wollte Boras wissen.
»Ein Golem, wie es aussieht, auch aus Ton.«
Pecarri und Kaurophon tauschten einen Blick aus. Das war nicht gut. Golems waren bekannt dafür, gegen fast jede Form von Magie immun zu sein.
»Der Golem steht einfach vor der Wand und schlägt auf sie ein.«
»Sein Kontrollzauber muss sich verabschiedet haben«, mutmaßte Pecarri. »Können wir uns vorbeischleichen?«
»Ich ja«, meinte Thamior. »Thargad auch. Aber ihr?«
»Ich könnte Dirim, Boras und Kaurophon in einem Dimensionstor mitnehmen. Aber ihr müsst durch.«
»Kein Problem«, sagte der Elf. »Hoffe ich.«
Thargad und Thamior entledigten sich ihrer schwersten und lautesten Gegenstände – Rüstung ausgenommen. Boras würde die Sachen tragen.
»Wir sehen uns auf der anderen Seite«, sagte Dirim. »Passt nur auf, dass ihr unterwegs nicht niesen müsst.«
Die beiden Leisetreter schlichen los, und Kaurophon schob sich – beinahe ebenso leise, aber wenn der Kobold ihn schon mitnehmen wollte, warum sollte er dann das Risiko des Schleichens eingehen? – weit genug vor, dass er den Raum sehen konnte. Mit Ausnahme des Throns war er völlig leer. Rechts sah man die Zähne des Schädels, durch Lücken zwischen ihnen fiel rotes Licht ein. Direkt gegenüber war ein Durchgang, durch den man eine Wendeltreppe erkennen konnte, und nahe bei stand eine drei Schritt große Gestalt aus Ton, die hirnlos und ohne Erfolg gegen die Wand trommelte.
Thamior schob sich langsam durch den Raum. Er war etwas leichtfüßiger als Thargad und hatte schnell ein paar Schritt Vorsprung. Keiner von beiden bewegte sich hastig, sondern langsam und bedächtig. Die Füße wurden im Takt mit den Faustschlägen des Golems gesetzt. Thargad war jetzt am Thron angelangt – ein wirklich unbequem, aber imposant aussehendes Stück Metall – und Thamior stand im Rücken des Golems. Boras legte Kaurophon die Hand auf die Schultern, um den nötigen Körperkontakt herzustellen. Sobald die beiden drüben waren, würde Pecarri das Dimensionstor öffnen.
Plötzlich hielt der Golem inne. Seine rechte Faust war zum Schlag erhoben, aber er rührte sich nicht mehr. Gleichsam Thamior, der genau zwischen dem Golem und dem Durchgang stand. Thargad war ebenfalls stehen geblieben und schien abzuschätzen, ob er besser hinter den Thron zurück gehen oder durch den Ausgang rennen sollte. Keiner von beiden wagte, zu atmen. Kaurophon fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Ein kleiner Ausruf nur, und der Golem hätte ein paar Sekunden Zeit, einen der beiden zu Brei zu schlagen. Er holte Luft.
Der Golem setzte seine Wandprügelei fort, und mit einem Satz war Thamior durch, und noch während Thargad zu ihm aufschloss, spürte Kaurophon das Ziehen des Dimensionstors, das ihn ebenfalls auf die andere Seite bringen würde.
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Die Wendeltreppe endete in Nasenhöhe. Der vor ihnen liegende Raum war kleiner als der Thronsaal, aber dafür winkelten sich mehr als ein halbes Dutzend Gänge von ihm ab. Diesmal gab es keinen erkennbaren Ausgang, aber in der Mitte des Raums brannte ein zwei Schritt großes Feuer. Das Feuer war schwarz und kalt. Neben den Flammen lagen verstreute Notizen.
»Sieht aus, als wäre jemand hiergewesen«, sagte Dirim leise. »Sollen wir uns dieses schwarze Feuer mal aus der Nähe ansehen?«
Er trat in den Raum. In diesem Moment schimmerte die Luft vor ihm, und ein rothäutiges, vierarmiges Geschöpf vor ihm, dass ihn mit Kurzschwertern und Klauen angriff.
Boras war sogleich bei Dirim,
Schlachtenwut gezogen. Thargad wirbelte auf seine andere Seite, und Dirim nutzte die Gelegenheit, um einen Schritt zurück zu treten und sein heiliges Symbol zu fassen.
»Tyr schütze uns vor diesem Bösen!«Wieder schimmerte die Luft, und diesmal entstand ein Spinnenwesen aus dem Nichts. Es versuchte, sein Beißwerkzeug um Dirims Arm zu legen, aber eine unsichtbare Macht hielt es davon ab.
»Berühren verboten«, sagte der Zwerg. Genüsslich langsam zog er
Treueschwur.Kaurophon tastete sich langsam durch den Raum und schlüpfte in den ersten Gang, der sich abzweigte. Er merkte, dass Pecarri ihm folgte.
»Die anderen haben die Sache im Griff«, sagte der Kobold. »In der Zwischenzeit sollten wir vielleicht die Gänge überprüfen.«
»Ja, das hatte ich auch vor«, log Kaurophon. »Gute Idee.«
Tatsächlich war die Lage nicht besonders gefährlich. Thargad und Boras machten ihren Gegner zunichte, und die beschworenen Gegner konnten sie nicht einmal angreifen. Kaurophon beobachtete, wie Thamior an den Kämpfenden vorbei ging und sich den Notizen näherte – und dem schwarzen Feuer. Der Elf blieb neben den Flammen stehen und beugte sich vor, um ein Pergament aufzuheben.
Ein knisternder Sprechgesang ertönte, und aus dem Flammen griff eine verknöcherte Hand nach dem Elfen. Ein schwarzes Leuchten ging von der Knochenhand aus.
»Das kann ja keiner lesen«, beschwerte sich Thamior und warf das Pergament über seine Schulter – genau gegen die Knochenhand. Das schwarze Leuchten entlud sich in einem kleinen Blitz, konnte das Pergament aber nicht töten. Thamior wirbelte herum, gerade als ein ziemlich untot aussehender Kleriker aus dem schwarzen Feuer trat. Kaurophon musste seine Augen abwenden. Thamior war nicht schnell genug. Er blieb wie angewurzelt stehen.
»Leichnam!«, rief Pecarri aus einem anderen Gang. »Leichnam!« Es klang nicht sehr erfreut.
Kaurophon frohlockte. Endlich mal ein Gegner, der ein wenig mit den Kettenbrechern aufräumen würde. Er zog sich noch tiefer in die Schatten zurück und wartete.
Flammenlanzen prallten von der Haut des Leichnams ab.
Schlachtenwut vermochte seine Rüstung nicht zu durchdringen. Thargad suchte vergeblich nach einer verwundbaren Stelle. Dirim ließ heiliges Feuer regnen, doch der Leichnam reagierte nicht einmal. Er fixierte Thamior mit einem kalten Blick. Wieder sammelte sich schwarze Energie in seiner Hand. Die papiernen Lippen des Leichnams verzogen sich zu einem gehässigen Grinsen.
Pecarri sprang aus dem Gang heraus. Seine Klaue zeigte direkt auf den Leichnam.
»Jetzt aber:
Discorpora!« Die Klaue färbte sich gelb. Sonst passierte nichts.
Kaurophon musste an sich halten, um nicht zu lachen. Endlich. Der Leichnam hob seine Hand und zeigte damit auf Thamior. Boras hieb verzweifelt auf ihn ein. Dirim streckte sein heiliges Symbol vor, um ihn zu vertreiben. Alles sinnlos. Die schwarze Energie entlud sich und schoss einer Lanze gleich auf Thamior zu. Der Elf kippte zur Seite, und der Strahl löste nur ein paar seiner Haare auf. Thamior landete auf dem Boden, Thargad auf ihm. Er hatte ihn gerade rechtzeitig umgeworfen.
Spoiler (Anzeigen)Der Leichnam hat sowohl bei "Slay Living" als auch bei "Harm" gegen Thamior eine "1" gewürfelt.
Kaurophon konnte es nicht glauben. Diese Glückspilze!
Pecarri beschwor eine Energielanze, und endlich konnte er dem Leichnam Schaden zufügen. Sein Hieb brach den linken Unterarm des Untoten und brahte Boras auf eine Idee.
»Halt die mal etwas höher!«
Er ließ
Schlachtenwut fallen und packte den Leichnam an der Taille. Der Leichnam kratzte ihm über die Brust, doch der Barbar kümmerte sich nicht darum. Er hob den Untoten in die Luft und warf ihn auf Pecarris bereite Lanze, dass er darauf aufgespießt wurde. Der Leichnam zappelte noch etwas, dann zerbarst er zu Staub. Kaurophon kam aus seinem Versteck.
»Ist alles in Ordnung? Bei Azuth, ich dachte schon, Thamior sei tot.«
»Wenn der Typ etwas besser zielen könnte, wäre ich das auch gewesen«, sagte der Elf, von seiner Lähmung befreit. »Und wo wart ihr?«
»Ich... hatte Angst.«
»Verständlich«, sagte Dirim. »Aber jetzt kommt. Wir sollten einen Ausgang aus diesem Raum finden. Es sei denn, das war die letzte Prüfung.«
Pecarri nahm die Notizen auf. »Nein. Wie es aussieht, hat der Typ nur dieses schwarze Feuer untersucht. War mehr eine Art Zufallsbegegnung.« Er hob den Blick. »Was zeigt denn die Laterne an?«
Die Laterne wies auf einen der Gänge, und am Ende des Gangs befand sich ein weiterer Anstieg. An Ende des Ganges: die Schädeldecke. Und die letzte Prüfung.
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Der letzte Raum war auf Höhe der Augen errichtet und wölbte sich mehrere Schritt über dem Boden. Etwas, das man nur als “Weltenriss” bezeichnen konnte, ein gleißender Spalt mitten in der Luft, schleuderte feuerrote Energie aus einem der beiden Augen im Schädel. Das andere war frei. Die Laterne wies direkt auf den Riss.
»Ist hier jemand?«, fragte Dirim.
»Ich.« Der Dude erschien in der Luft.
»Ihr habts also geschafft.«Er räusperte sich. Kaurophons Herz klopfte wild.
»Im Namen von Adimarchus, dem mächtigsten und weisesten Herrscher, heiße ich euch erneut willkommen. Dies ist die letzte Prüfung, und sie stellt euren Willen auf die Probe. Um Occipitus zu beherrschen, um seine Macht zu ergreifen und zu nützen, müsst ihr bereit sein, euch von allem zu trennen, was ihr als wichtig erachtet. Die Prüfung des Willens verlangt, dass ihr einen Eurer Verbündeten dem Plasma opfern müsst. Dann ist Occipitus euer.«Kaurophon kicherte. »Nur einen? Kein Problem!«
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»Blitzableiter!« Zwischen Dirim und Pecarri schlug ein Bogen aus Elektrizität ein. Es roch verbrannt, dann flog der Kobold rückwärts und blieb regungslos liegen.
»Nummer eins«, sagte Kaurophon. »Jetzt zu Nummer zwei.«
Die Kettenbrecher sprangen auseinander. Im Laufen feuerte Thamior zwei Pfeile ab, Thargad warf einen Dolch, und Boras sprang mit seiner Axt voraus. Dirim zog sein Schwert und trat auf Kaurophon zu. Der zwinkerte, hüllte sich in die Schatten und schlüpfte auf der anderen Seite des Raums wieder heraus.
»Blickdichte!« Er fühlte, wie er unsichtbar wurde. Jetzt konnte er frei attackieren. Erst den Barbaren. Während die Kettenbrecher ihn verzweifelt suchten, peilte er genüsslich sein Ziel an.
»Kälteodem!« Eis hüllte Boras ein und warf ihn um.
»Dort vorne!«, rief Dirim und zeigte direkt auf Kaurophon. Seine Augen leuchteten mit Erkenntnismagie. Gleichzeitig begann er zu beten.
»Tyr, versperre diesem Unhold den Weg zum Thron.«Eine Steinwand wuchs aus dem Boden und umgab den Weltenriss.
»Das büßt du«, versprach Kaurophon.
»Blitzableiter!« Diesmal hüllte die Energie Thamior und den Zwerg ein, aber Kaurophon konnte nicht noch einen Zauber maximieren. Der verdammte Zwerg ging nicht in die Knie. Und wo war der Schurke?
»Psst«, flüsterte es neben ihm. »Hier bin ich.«
Kaurophon wirbelte herum, gerade als Thargad seinen Schminkkoffer geöffnet und die Puderdose in die Hand genommen hatte. Der Schurke spitzte die Lippen und blies.
Kaurophon warf sich in die Schatten und sprang zum anderen Ende des Raums. Dann sah er sich um. Der Kobold war tot, der Barbar eingefroren. Der Zwerg musste weg.
»Kugellager!« Eine kugelförmige Struktur wölbte sich um Dirim, aber ein Schlag mit Treueschwur ließ den Zauber zerbersten, bevor er beendet war.
»He, Kaurophon!«, rief Thamior. Er hatte den Bogen gehoben. »Ich kann dich sehen.«
Der erste Pfeil flog heran. Kaurophon schlug ihn mit der Hand zur Seite. Er sah, wie Thargad sich auf den Weg zu ihm machte. Hastig begann er, in seiner Tasche zu kramen. Den Auflösungszauber! Er brauchte den Auflösungszauber.
Ein zweiter Pfeil drang ihm in die Schulter. Kaurophon funkelte den Elfen an und suchte weiter nach der Schriftrolle. Seine Finger ertasteten etwas. Das war sie! Er riss die Schriftrolle heraus und entrollte sie. Mit einem Seitenblick auf Thargad begann er zu lesen.
Ein dritter Pfeil. Kaurophon musste ausweichen und geriet aus dem Takt. Verdammt, es war eine ganz kurze Formel. So schwer konnte die doch nicht sein. Noch mal von vorne. Er sah wieder zu Thargad – und blickte ihm direkt ins Gesicht.
»Zu langsam«, sagte der Assassine.
Kaurophon spürte einen stechenden Schmerz in seiner Bauchgegend, aber seltsamerweise war der schnell vorüber, und jetzt – flog er? Es war, als würde er fliegen. Plötzlich war es eisig kalt und grell erleuchtet. Und dann–
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Immer dieses Grau. Die Einöde hatte ihren Namen wirklich verdient. Der Kobold Pecarri, einst ein Mensch namens Helion, stand in der Gräue und überlegte. Vielleicht war es gar nicht so uninteressant, tot zu sein. Solange man aus der Einöde rauskam.
Aus dem Nichts schälten sich zwei Gestalten: ein bärtiger Magier mit schwarzem Stecken und ein runzliger Kobold.
»Helion«,
sagte Azuths Gesandter.
»Pecarri«, sagte Kurtulmaks Repräsentant.
»Deine Freunde rufen dich«, sagten beide gemeinsam. »Willst du zurück?«
»Ja. Was muss ich dafür tun?«
»Schwöre mir Treue«, sagte der Kobold. »Und ich mache dich endgültig zu einem der meinen. Du wirst ein richtiger Kobold!«
»Bin ich denn keiner?«
»Nun ja... doch«, gab Kurtulmak zu. »Aber ich gebe dir eine richtige Koboldfamilie. Was sagst du?«
»Wenn du zurückkehren willst«
, sagte Azuth, »so will ich dich nicht aufhalten. Aber in Cauldron wartet eine Aufgabe auf dich. Du wirst Verräter an meinem Namen aufspüren und zur Strecke bringen.«
»Das klingt besser als eine Koboldfamilie«, sagte Helion. »Gehen wir.«-
»Das macht doch keinen Sinn«, sagte Helion. »Warum sollte Adimarchus einen Test entwerfen, bei dem man sich selbst opfern muss, um ihn zu bestehen?«
»Trotzdem glaube ich, dass es das Richtige ist«, beharrte Dirim.
»Können wir nicht zuerst mal Kaurophon in das Plasma schmeißen?«, wollte Thargad wissen. »Auch, wenn es nichts nützt.«
»Und vielleicht nützt es sogar was«. sagte Helion.
»Erstens wissen wir nicht, ob Kaurophon überhaupt als Verbündeter zählt – wahrscheinlich muss das Opfer uns als solche gesehen haben. Außerdem ist er tot, und Tote kann man nicht opfern, das hat auch der Dude gesagt. Und selbst wenn all dies nicht wäre, so müsste Kaurophon doch wohl zumindest komplett sein.«
Dirim blickte vorwurfsvoll zu Thamior, der ungerührt den Darm des Verräters reinigte und für die Verarbeitung als Bogensehne vorbereitete.
»Wo ist der Dude eigentlich?«
»Er wollte bei deiner Wiederbelebung nicht dabei sein. Irgendwas mit einem schwachen Magen.«
»Hm. Jedenfalls halte ich das für eine dumme Idee.«
»Ich sage dir doch, ist es nicht.« Dirim stand auf. »Ich habe zu Tyr gebetet. Ich habe gefragt, ob es sein Wille sei, dass ich mich opfere. Und er hat “ja” gesagt.«
»Und wenn Tyr sagt, dass du von einer Brücke springen sollst, machst du das dann auch?«
»Natürlich.«
Helion nickte. »Blöde Frage. Trotzdem: Hast du gefragt, ob du dabei sterben wirst?«
»Nein.«
»Also könnte es Tyrs Wille sein, dass du dich einfach opferst, damit wir alle überleben und einer von uns das Zeichen des Rauchenden Auges bekommt?«
»Könnte es.«
»Trotzdem willst du dich opfern?«
»Ich muss.«
Der Kobold schüttelte den Kopf. »Dann tu dir keinen Zwang an.«
Dirim verabschiedete sich noch einmal von seinen Freunden. Dann näherte er sich der Steinwand und schuf kraft seines Glaubens ein Loch in der Wand, gerade groß genug für einen Zwerg. Und mit einem letzten, stillen Gebet trat er ins Feuer.
Dirim schrie für beinahe drei Atemzüge, während die Plasmen seinen Körper zu Staub verbrannten. Schließlich blieb keine Spur mehr vom Zwerg, und nur das Donnern des Weltenrisses füllte den Raum mit Klang.
»Eine wirklich tolle Idee«, sagte Helion.
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Dirim fand sich in schmerzhafter Röte wieder. Überall um ihn herum war rot, und es gab keine Veränderung der Umgebung, egal wie weit er auch blickte. Aber er war nicht allein. Drei prachtvolle Engel mit goldener Haut und schimmernden Flügeln, die Gesichter schmutzig von den schwarzen Tränen, die sie weinten, blickten ihn überrascht an.
»Wer bist du?«, fragten sie, und: »Was willst du hier?«
»Ich bin Dirim Gratur, Richtschwert von Tyr. Und wer seid ihr?«
»Wir sind die Geißel Celestias«, sagte einer der drei voller Traurigkeit. »Ich bin Cyrus, und das sind meine Geschwister Galad und Juka. Wir sind schuld, dass ein Teil des Himmels in die Hölle fiel.«
»Ich komme von Occipitus«, sagte Dirim. »Ich habe mich geopfert, um meinen Gefährten das Zeichen des Rauchenden Auges zu geben.«
»Ha!«, lachte Juka. »So funktioniert das nicht. Du musst abgrundtief böse sein und es durch deine Taten beweisen, um den Thron zu besteigen.«
»Muss man das?« fragte Galad. »Ich meine... er hat sich geopfert.«
Juka sah ihn an. »Es könnte funktionieren. Aber dann wären wir...«
»Na und?«, fragte Cyrus. »Was haben wir in all den Jahrzehnten schon ausrichten können, Gefangene die wir sind. Wir konnten den Prozess nur verlangsamen. Aber mit einem guten Herrscher...«
»Hoffnung für Occipitus«, schloss Galad.
»Lasst es uns tun«, sagte Juka.
Die drei umringten Dirim und breiteten ihre Schwingen aus, bis Dirim kein Rot mehr sehen konnte. Die Engel begannen in einer fremden Sprache zu singen, und warmes Licht entstand um sie herum, immer stärker pulsierend. Dann blitzte es auf.-
Es blitzte. Die Kettenbrecher blickten auf. In der Mitte des Raums stand eine Gestalt aus Asche und Feuer, die sich langsam umsah. Dann hustete sie, und Asche wie Flammen fielen von ihr ab und enthüllten einen unversehrten Zwerg. Einen unversehrten Zwerg, dessen rechtes Auge mit unheiligem Feuer brannte und stinkenden Rauch ausstieß.
»Dirim?«, fragte Boras vorsichtig.
Als Antwort streckte der Zwerg Helion die Zunge raus. »Ich habs doch gesagt.«
»Wie fühlst du dich?«, fragte Thamior.
»Gut. Sehr gut.« Dirim blickte ins Leere. »Ich kann Occipitus spüren. Ich kann es sehen. Ich ... Dude!«
Mit einem Blitz war der Dude im Raum. Die große Kreatur verneigte sich.
»Meister?«»Ich möchte eine Aufstellung über alle Besitztümer und Bediensteten, die sich auf Occipitus befinden, sobald ich zurück bin.«
»Zurück? Wo geht ihr hin?«Dirim streckte die Hände nach seinen Freunden aus. Die Kettenbrecher zögerten, dann griffen sie zu. Dirim konzentrierte sich.
»Nach Hause.«