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Autor Thema: Der Politik-Streit-Thread  (Gelesen 94377 mal)

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Archoangel

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #750 am: 19. März 2011, 13:11:40 »
Jaja ... das Sultanat Berlusconien ...
In diesem Thread gibt es wunderbare Beispiele, dass Schulpflicht und Dummheit sich nicht ausschließen. (Tempus Fugit)

4E Archoangel - Love me or leave me!

Tomas Wanderer

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #751 am: 19. März 2011, 13:24:11 »
Drück es mal ein wenig anders aus.
Diese Katastrophe ist den Exzessen der durchkapitalisierten Gesellschaft geschuldet, die damit aber auch eine Möglichkeit zum Widerstand liefert. Eine ideologiefreie Betrachtung dessen bedeutet dann nur den normalisierten Ausnahmezustand länger am laufen zu halten als nötig, denn nur die Ideen können als funktionierend erkannt werden, die sich in die gegeben Verhältnisse einpassen. Für die Post-, Un- oder Ideologiefreien, die die Verknüpfung ihrer Ideen mit den Verhältnissen, in denen sie entstanden sind, verschweigen und sie als wertfrei darstellen, ist Gesellschaft nur etwas, auf das positives Wissen angewendet werden muss, um es zu kontrollieren. Sie vergessen, was Marx "Basis" nannte. Das ist Ideologie in ihrer reinsten Form. Es geht dabei niemals um Ideologiekritik, es soll nur getrennt werden zwischen den Verblendeten und den Wissenden. Das hatte die "Dialektik der Aufklärung" nötig gemacht.

Deswegen: "Gebt der Diktatur des Proletariats eine Chance!" (Slavoj Zizek: Auf verlorenem Posten, S. 239.)

PS: "Le mécompte" bezieht sich auf Rancières "Das Unvernehmen". Echte Politik hat immer das Unmögliche zum Ziel, hingegen gehören Ideen, die funktionieren, der Sphäre der Polizei an. ("Polizei" im Sinne Foucaults, nicht die niedere.)

Darigaaz

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #752 am: 19. März 2011, 14:18:20 »
@Atomdebatte
Man muß sich nur fragen, wer wovon profitiert und man kommt zu den Antworten, welche die Bürger ausmerkeln und von der Westerwelle weggespült werden.

Weg von Atomkraft ist innerhalb weniger Jahre möglich. Man muß nur die Infrastruktur aufbauen. Das bedeutet, Geld in die Hand zu nehmen und Kompromisse zu schließen. Vor allem bedeutet es, sich mutig den Lobbyisten entgegenszustellen.

Die Debatte um Restrisiken und Instrumentalisierung des Leids der Menschen ist Augenwischerei. Risiko bleibt Risiko. Es ist nicht die Frage ob eine Katastrophe in AKWs passiert (und das beinhaltet jegliche Verletzung und Beeinträchtigung von Lebewesen durch radioaktive Strahlung) sondern lediglich wann. Hierzu sei nur noch hinzugefügt, daß, sofern man die Berichterstattung im Fernsehen auf verschiedenen Sendern verfolgte, es viel zuviele vorsichtige Bemerkungen über die Situation in Japan gab. Nur einer der befragten Experten, Herr Pflugbeil, redete Klartext.

Ein Verweis auf das Restrisiko ist also nur eine faule Entschuldigung für: ''Die Wahrscheinlichkeit, daß etwas Schlimmes innerhalb meiner Lebensspanne  passiert, ist gering.''

Globalisierung der Märkte zwingt leider auch dazu, sein Hirn neu zu eichen, und zwar weit über den eigenen Dorfteich hinaus. Global gedacht, kann niemand es verantworten, Endlager zu  zu errichten und andere Menschen zu gefährden. Die Alternative und die einzig akzeptable Lösung für die Energieversorgung heißt dezentralisierte Energieversorgung, die zum Großteil aus regenerativen Energien besteht. Und mit Großteil meine ich mindestens die Grundlast.

Ich hoffe für mich persönlich, daß man nun endlich aufwacht und sich für echte Demokratie einsetzt. Innerhalb der ersten 3 Monate dieses Jahres ist schon genug für einen kompletten Jahresrückblick für den kommenden 30. Dezember passiert.

''Geschichte wiederholt sich nicht. Und wenn, dann als Farce und Tragödie.''

Darüber mal nachdenken.
« Letzte Änderung: 19. März 2011, 17:42:53 von Darigaaz »
Realismus erhöht nur den DC

Wahre Worte sind nicht angenehm, angenehme Worte sind nicht wahr!

Deus Figendi

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #753 am: 19. März 2011, 14:33:25 »
Es ist nicht die Frage ob eine Katastrophe in AKWs passiert (und das beinhaltet jegliche Verletzung und Beeinträchtigung von Lebewesen durch radioaktive Strahlung) sondern lediglich wann.
Erm je nachdem wie du "beeinträchtigen" definierst wäre das "wann" wohl das hochfahren des Reaktors, denn Kernkraftwerke emitieren nunmal angestrahlten (will jetzt nicht sagen "stahlenden") Wasserdampf. In aller Regel ((d.h. wenn man nicht bescheißt siehe Seite 53 oben rechts) natürlich innerhalb der Grenzwerte, natürlich ergibt sich daraus, dass das Stahlenniveau insgesamt steigt. (natürlich nie nicht so hoch wie zu Zeiten der Nuklear-Bomben-Tests).
Also zu deinem "wann" gehört imho ganz klar noch ein "wie sehr" oder "wie viel". Sind 5% mehr Leukemiefälle noch okay? Oder ist das zuviel? Ist keine Beeinträchtigung messbar wohl aber eine erhöhte Strahlung... okay oder nicht? Und so fort.
Zitat
Ich hoffe für mich persönlich, daß man nun endlich aufwacht und sich für echte Demokratie einsetzt. Innerhalb der ersten 3 Monate dieses Jahres ist schon genug für einen kompletten Jahresrückblick für den kommenden 30. Dezember passiert.
Oh ich hoffe mit dir, ich lasse ja keine Gelegenheit aus Hoffnung für die Demokratie zu hegen, denn ich halte das im Prinzip für kein so schlechtes Konzept, bisher funktioniert es halt noch nicht.
Aber ich muss dich korrigieren: Du meinst den 30. September!
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
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Hautlappen

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #754 am: 19. März 2011, 14:46:53 »
Darigaaz hat vollkommen recht. Ich glaube mit wann hat er etwas anderes gemeint als du Deus (aber er wird das selbst wohl besser richtigstellen können), nämlich, dass ein atomarer Unfall passieren wird. Und wenn er passiert, die Feststellung, dass 3, 4 oder auch 7 oder 8 Jahrzehnte zuvor nichts passiert ist, keinen Wert mehr besitzt. Die Zeitspanne in der etwas passieren kann ist potentiell unendlich, und wenn etwas potentiell unendlich ist, ist die Chance dass etwas eintritt (in dem Fall der atomare Unfall) mit nahezu 100%iger Sicherheit gegeben.

Edit: Ein Zitat von Günther Anders:
Denn wenn ich ein Konservativer bin, so allein deshalb, weil es heute nicht genügt, die Welt zu verändern, vom Interpretieren zu schweigen. Weil wir sie zuallererst einmal bewahren müssen. In diesem Sinne bin ich, sind wir: die Gegner der Atomrüstung und der Kernreaktoren, Konservative. Also im Sinne von Konservatoren.
« Letzte Änderung: 19. März 2011, 14:53:11 von Hautlappen »
"I have no expression on my face" (Tuvok)

Vistella

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #755 am: 19. März 2011, 14:59:53 »
Naja, das Problem mit Windkraft in D is halt, dass sich das nur wirklich auf der Nordsee lohnt, da sonst viel zu unkonstant Wind geht. Dann müsste man allerdings das Stromnetz ausbauen, weil das derzeitige nicht auf solche Strommengen ausgelegt ist (sind ja schonmal Leitungen wo durchgeschmort aufgrund eines Windparkes iirc). Und dann kommen die Ökos wieder und demonstrieren gegen eben jene neuen Leitungen

Das nur so am Range, jetzt gibts Kuchen, daher auch keine weitere Ausführung :)

Hautlappen

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #756 am: 19. März 2011, 15:06:37 »
Zitat
Naja, das Problem mit Windkraft in D is halt, dass sich das nur wirklich auf der Nordsee lohnt, da sonst viel zu unkonstant Wind geht.
Lösung: Energiemix und Ausbau der kommunalen Versorgung mit alternativen Energien.
Zitat
Und dann kommen die Ökos wieder und demonstrieren gegen eben jene neuen Leitungen
Da ein paar Ökos bei uns keine Politik machen, schätze ich die Gefahr einer Blockade vernünftiger polit. Entscheidungen, durch eben diese Ökos, als relativ gering ein. Ausserdem sollte man bei soetwas immer mit den Betroffenen sprechen und sich deren Ängste/Sorgen anhören bevor man aus der Ferne urteilt. Oft sind diese Menschen nicht so irrational wie sie in den Medien gerne dargestellt werden.
"I have no expression on my face" (Tuvok)

Tomas Wanderer

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #757 am: 19. März 2011, 15:12:45 »
''Geschichte wiederholt sich nicht. Und wenn, dann als Farce und Tragödie.''

"Hegel bemerkte irgendwo, daß alle großen weltgeschichtlichen Tatsachen und Personen sich sozusagen zweimal ereignen. Er hat vergessen, hinzuzufügen: das eine Mal als Tragödie, das andere Mal als Farce. " (Karl Marx: Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte.)

Darigaaz

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #758 am: 19. März 2011, 17:22:05 »
@TW
Ich weiß, es war eine von mir daran angelehnte Schlußfolgerung aus den Ereignissen der letzten 2 Wochen.

- edit -
@Deus
Beeinträchtigung gemäß dem Wortsinn im Kontext biologischer Auswirkungen der Strahlung. Das Schlimme an Radioaktivität ist die mutagene Wirkung. Die große Gefahr und der Wind in den Segeln der Lobbyisten: sie wirkt nachhaltig beeinträchtigend und schleichend. Du wirst die Auswirkungen einer radioaktiven Katastrophe nicht zwingend direkt erleben aber deine Kinder und Kindeskinder.

Zitat
"wann"
s. Hautlappen.

Zitat
„Wenn es mehrere Möglichkeiten gibt, eine Aufgabe zu erledigen, und eine davon in einer Katastrophe endet oder sonstwie unerwünschte Konsequenzen nach sich zieht, dann wird es jemand genau so machen.“ („If there's more than one possible outcome of a job or task, and one of those outcomes will result in disaster or an undesirable consequence, then somebody will do it that way.“)

Irgendwann wird ein Arbeiter einen Fehler machen, der durch die äußeren Umstände nicht sofort korrigiert werden kann! Und dann? Irgendwann wird man nicht mehr nachrüsten können! Und dann? Irgendwann wird der Verschleis nicht mehr reparabel sein! Und dann? Irgendwann werden Lager nicht mehr zu befüllen sein! Und dann?

Zitat
Sind 5% mehr Leukemiefälle noch okay?
Doppelmoral erbringt ihr Übriges. Mikrowelle, 24/7 Beleuchtungen, aber bitte kein radioaktiven Müll zu uns in die Nähe. ''Der is ja gefährlich.''
Wenn es also so viele Probleme bereitet, den Abfall unter Kontrolle zu haben (was ja de facto nicht so ist, man schiebt ihn hin und her), sollte man dann nicht von dem Kram wegkommen? Es gibt anscheinend noch zuviele dumme Menschen oder, was viel schlimmer ist, zuviele gleichgültige Menschen.

Um deine Frage zu beantworten: überhaupt Leukämie ist nicht okay. Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen natürlichen Mutagenen und welchen, die von uns Menschen selbstständig erschaffen werden. Erstere muß man akzeptieren, Letztere nicht. Reaktoren kannst du nur anschalten aber danach nicht mehr wirklich abschalten. Jeder, der dies als sicher und kontrolliert bezeichnet, ist nicht mehr bei Trost.

Ist es nicht unsere Pflicht, im Zweifel auf Sicherheit für alle Menschen zu pochen? Es gibt die Alternative, sie muß nur endlich durchgesetzt werden!

Und für den Fall, daß hier welche mitlesen, die es nicht begreifen (bis 20. Minute):
http://www.youtube.com/watch?v=BnlwllqOVVU

Das sollte nun jeder verstehen.
« Letzte Änderung: 19. März 2011, 21:58:35 von Darigaaz »
Realismus erhöht nur den DC

Wahre Worte sind nicht angenehm, angenehme Worte sind nicht wahr!

Gerthrac

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #759 am: 20. März 2011, 01:10:48 »
Kernenergie hat laut BDEW im Jahr 2009 134,9 TWh geliefert. Wenn wir den Export von 54,9 TWh abziehen bleiben noch immer ungefähr 80 TWh/Jahr. Wenn wir die nicht verbrauchte Leistung noch abziehen und damit von optimaler Liefereffizienz ausgehen, haben wir immer noch 65 TWh Defizit. Wo sollen die herkommen?

De Windenergieleistung im gleichen Jahr betrug 37,8 TWh. Wir müssen also die Windkraftleistungskapazität ungefähr vom aktuellen Stand verdreifachen, und wir können davon ausgehen dass die effektiven Standorte weitgehend abgeschöpft sind. Von den Ökos und Anwohnern abgesehen, die bürokratische Probleme machen. Ich bezweifle anhand dieser Daten, dass sich die Kernkraftleistung durch Windenergie abfangen lässt.

Also, wo soll der Strom herkommen? Und wie kann man das Problem der Bereitstellungssicherheit lösen?

Hautlappen

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #760 am: 20. März 2011, 01:23:41 »
Klarer Fall von Nichts verstanden.
"I have no expression on my face" (Tuvok)

TheRaven

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #761 am: 20. März 2011, 01:32:28 »
Das geht mir auch bei der Diskussion hier in der Schweiz auf die Nerven. Weg von der Atomkraft? Super Sache nur gibt es hier zwei Probleme. Geld und Zeit. Man muss bereit sein viel Geld zu investieren und es wird einige Jahre dauern. Also fängt man doch am Besten damit an. Idealerweise mit der Berechnung der Kosten und der Kommunikation deren gegenüber der Bevölkerung. Gewisse Forderungen von weltfremden, grünen Idealisten und Politikern, die sich ein paar zusätzliche Stimmen sichern wollen, kann man nicht ernst nehmen.

Über 20 Jahre lang hat sich praktisch niemand für Kernkraft interessiert, im Gegenteil, alle fanden das ganz prima oder zumindest nicht schlimm. Und nun wird man hysterisch wegen einem Ereignis höherer Macht in einem fernen Land. Ja, man kann daraus lernen, man kann deswegen seine Position überdenken, man kann einen neuen Weg einleiten aber überstürzt und kopflos (der steckt wohl in der Wand oder im Sand) gleich massenweise Abschaltungen fordern ist einfach nur panischer, uninformiert Reaktionismus.

Alternative Energie kostet momentan mehr und ich bin überzeugt, dass wenn erst diese erste Welle der irrationalen Angst und Panik verflogen ist, sinkt die Toleranz dies mit dem eigenen Geldbeutel mitzutragen wieder gegen Null ab. Das dürfte auch der Grund sein, wieso gewisse Leute nun so enorm einen auf Hektik und Druck machen, weil sie haargenau wissen, dass in ein paar Wochen (vorausgesetzt die Japan-Sache hat sich halbwegs akzeptabel erledigt) sich die allgemeine Meinung wieder langsam auf den Ausgangspunkt zurückverwandeln wird.

Es ist schlicht nicht möglich die Atomkraft in Europa kurzfristig oder gar mittelfristig abzuschaffen ohne dass daraus gravierende Folgen resultieren. Seien es Versorgungsengpässe, hohe Kosten oder erzwungene Sparmassnahmen. Atomgegner sollten ihre Chance nun richtig nutzen und lieber darauf pochen, dass realistische, glaubwürdige und bindende Beschlüsse gefasst werden und nicht wie Stammtischproleten argumentieren und weltfremde Forderungen stellen.
« Letzte Änderung: 20. März 2011, 01:36:50 von TheRaven »
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Xiam

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #762 am: 20. März 2011, 08:55:23 »
Über 20 Jahre lang hat sich praktisch niemand für Kernkraft interessiert, im Gegenteil, alle fanden das ganz prima oder zumindest nicht schlimm. Und nun wird man hysterisch wegen einem Ereignis höherer Macht in einem fernen Land.
Ich weiß nicht, wo du in den letzten 20 Jahren warst, aber auf diesem Planeten war die Kernenergie immer ein Thema.

Alternative Energie kostet momentan mehr [...]
Dafür hätte ich gerne einen Beleg, und den bitte nicht von einem Lobbyistenverein, wie dein Vorposter (auf den ich schon alleine deswegen gar nicht weiter eingehe).
Um dir die Recherchearbeit etwas zu verkürzen, hier auch für dich was zum lesen.

Atomgegner sollten ihre Chance nun richtig nutzen und lieber darauf pochen, dass realistische, glaubwürdige und bindende Beschlüsse gefasst werden und nicht wie Stammtischproleten argumentieren und weltfremde Forderungen stellen.
Das ist natürlich richtig.
1984 was not supposed to be an instruction manual.

Darigaaz

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #763 am: 20. März 2011, 09:10:25 »
Zitat
und nicht wie Stammtischproleten argumentieren und weltfremde Forderungen stellen.
Wurde nie gemacht. Es ist selbstverständlich daß man das Risiko bei Atomenergie nicht eingehen möchte, es ist ebenfalls selbstverständlich, daß sie ersetzt werden muß.

Es war evtl. weltfremd in den 80iger Jahren, wo regenerative Eenergien in den Kinderschuhen steckten. Mittlerweile ist die Frage ''Wo soll das denn herkommen?'' sowas von überholt....

Zum Kostenpunkt:
Ehrlich gesagt zahle ich lieber dafür mehr Geld als für eine scheinheilige Nachrüstung  und 2 abgeschaltete AKWs. Und ja, Nachhaltigkeit rechnet sich eben erst über längeren Zeitraum, sofern man  ''rechnet'' das überhaupt anbringen sollte. Kurzfristig kann man hier nicht denken.

Kurz gesagt. Man muß den teuren Preis verdammtnochmal akzeptieren, man hat eine moralische Verantwortung. Und sofern man offiziell Zornbürger ist, hat man auch die Pflicht, Heuchler und kapitalistische Bankeropportunisten abzusägen. Das wars. Mehr gibts da nicht zu sagen.
« Letzte Änderung: 20. März 2011, 09:16:17 von Darigaaz »
Realismus erhöht nur den DC

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Deus Figendi

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #764 am: 20. März 2011, 09:47:43 »
Über 20 Jahre lang hat sich praktisch niemand für Kernkraft interessiert, im Gegenteil, alle fanden das ganz prima oder zumindest nicht schlimm. Und nun wird man hysterisch wegen einem Ereignis höherer Macht in einem fernen Land. Ja, man kann daraus lernen, man kann deswegen seine Position überdenken, man kann einen neuen Weg einleiten aber überstürzt und kopflos (der steckt wohl in der Wand oder im Sand) gleich massenweise Abschaltungen fordern ist einfach nur panischer, uninformiert Reaktionismus.
Naja naja, wie Xiam schon schrieb ist Nuklearenergie mitnichten kein Thema gewesen, für das "sich praktisch niemand (...) interessiert" hätte. Im Gegenteil, gerade jüngst gibt es in Deutschland wieder mehr Proteste gegen die Transporte. Ich will aber nicht ausschließen, dass es in deinem Kanton ausgesprochen wenig "Interesse" gab.
Im letzten Jahr gab es sogar eine reichlich heiße Diskussion zwischen Deutschen und Franzosen, als letztere erklärten, sie wollten die Sache noch ein bisschen ausbauen.
Davon ab: Also es ist keine 20 Jahre her, dass der "Ausstieg" beschlossen wurde. (In Anführungsstrichen, weil der totale Ausstieg ja nur so als Absichtserklärung da stand, die konkrete Abschaltung aber nur für ein-zwei Hände voll beschlossen wurde).

Was die aktuelle Diskussion angeht: Naja es ist eben ein Wechselspiel, wie so oft. In Japan gab es ein Unglück, welches eben genau das ist, ein schwer vorhersehbares Unglück mit einem Erdbeben der Stärke neun, welches auf ein Kraftwerk stieß, das auf Stärke 8,2 (?) ausgelegt war... shit happens Zumal neun auch 'n echter Kracher ist. Daraufhin haben imho die Medien die Ausstiegs-Debatte angeheizt, was dann wiederum dazu führt, dass "man" darüber diskutiert und das ganze spielt dann natürlich auch wieder zurück in die Medien.

Zitat
Alternative Energie kostet momentan mehr und ich bin überzeugt, dass wenn erst diese erste Welle der irrationalen Angst und Panik verflogen ist, sinkt die Toleranz dies mit dem eigenen Geldbeutel mitzutragen wieder gegen Null ab.
Also den zweiten Nebensatz will ich gerne gelten lassen, für den ersten will ich wie Xiam relevante Belege.
Wenn ich einen X-beliebigen Strom-Vergleichs-Rechner im Internet anschmeiße, dann wirft der mir zuweilen (nicht immer) Öko-Strom als den billigsten raus. Außerdem habe ich persönliche Erfahrungen im Umfeld, die sagen 1. Ökostrom kostet mich ca. 0,5ct/kWh (ca. 0,6 Rappen) mehr und 2. ca. 1€ (1,28 chf) pro Monat mehr.
Will sagen: Mir drückt sich eher der Eindruck auf "Atomstom brauchts weil billig" ist eine Behauptung, die das Atomforum oder was weiß ich wer in die Welt gesetzt hat oder ein Relikt aus den angesprochenen 80ern, als noch sehr viel Forschung in die regenerativen Energien gesteckt werden mussten. Zudem sind diverse Anlagen viel effizienter als vor dreißig Jahren, wenn man mal die Photovoltaik anschaut haben wir Effizienzsteigerungen jenseits von Gut und Böse, ich muss wild raten (hab gerade keine Daten) aber ich meine mich zu erinnern, dass wir ~2000 von 3% und dieser Tage von 12%-20% Effizienz reden, das ist eine Verdopplung in fünf Jahren!
Wenn wir von Gaskraftwerken sprechen, dann liegen wir sogar bei bis zu 86% Effizienz (bei hochmodernen Anlagen, die die Abwärme auch noch als Fernwärme verwenden etc.). Insgesamt sind konventionelle Kraftwerke (also solche, die irgendwas verbrennen) mit ausgezeichneten Effizienzen ausgestattet gegenüber sowohl regenerativen als auch nukleraren Energieerzeugungsverfahren. (Chemische lasse ich mal ganz außen vor).
Ach so und nebenbei sind diverse Subventionen für Ökostrom zum 1. Jannuar diesen Jahres ausgelaufen, daran liegts also nicht, dass es _nicht_ teuer ist.
Zitat
Es ist schlicht nicht möglich die Atomkraft in Europa kurzfristig oder gar mittelfristig abzuschaffen ohne dass daraus gravierende Folgen resultieren. Seien es Versorgungsengpässe, hohe Kosten oder erzwungene Sparmassnahmen. Atomgegner sollten ihre Chance nun richtig nutzen und lieber darauf pochen, dass realistische, glaubwürdige und bindende Beschlüsse gefasst werden und nicht wie Stammtischproleten argumentieren und weltfremde Forderungen stellen.
Ja und nein, ja man sollte diese Chance "richtig nuzten" und glaubwürdige, realistische, hastenichtgesehen Beschlüsse einfordern.
Dass der Ausstieg soooo furchtbar unrealistisch ist glaube ich allerdings nicht, insbesondere, wenn man mal nicht so europäisch denkt, ein nationaler Ausstieg ist imho fast ein Klacks, eben weil wir in Europa ein gut strukturiertes Verteilernetz haben und Engpässe, wie sie zuweilen in den vereinigten Staaten auftreten extrem unwahrscheinlich sind (Edit: Ja ich weiß vor rund 2 Jahren oder so habt ihr in der Schweiz eine etwas andere Erfahrung gemacht, das ist aber auch echt blöd gelaufen damals; GAU laufen auch extrem blöd, da sind mir großflächige regionale Ausfälle irgendwie lieber, ich hab letztes Jahr auch mal eine Woche ohne Stom verbracht... funktioniert auch). Würde jetzt also ein europäischer Staat mal komplett aussteigen könnte er seine Engpässe problemlos mit ausländischem Strom decken. Dieser wäre ggf. Atomstrom, aber man hätte mal eben seinen Nuklear-Anteil im sog. Strom-Mix von 22% auf 3%-4% gesenkt.

Ich bin im Übrigen (zum Thema "realistische Forderungen" etc.) der Meinung man müsse Nuklear-Energie einfach Zug um Zug teurer machen. Das was man in der sozialen Marktwirtschaft gemeinhin "Regulierung" nennt. Man kann Steuern erheben, man kann Pflichtversicherungen einführen, man kann verlangen, dass eine Kapitaldeckung besteht um die Lagerung wenigstens so 1000-2000 Jahre zu finanzieren etc. Wenn man das schön langsam in Angriff nimmt und Nuklearenergie langsam teurer und unökonomischer macht hat die Energiewirtschaft jede Menge Zeit sich ebenso langsam umzustellen, da die Gewinnspannen zunehmend und vorhersehbar schrumpfen.

Und noch ein Wort zur Versicherung:
In einer der vielen Diskussionen dieser Tage habe ich erfahren, dass sich AKW wohl nicht versichern lassen, weils keine Versicherung macht bzw. die entsprechenden Versicherungen zu teuer wären. Das kann ich ja überhaupt nicht nachvollziehen, der potentielle Schaden mag wohl immens sein, aber vor der Laufzeitverlängerung gab es ja eine Prüfung und die hat soweit ich weiß ergeben, dass alles "100%ig sicher" sei. Bei 100% Sicherheit bleiben also 0% "Restrisiko" (herrliches Wort) und bei 0% Risiko dürfte die Versicherungsprämie auch gegen null gehen... naja zuzüglich dem Gewinn, den die Versicherung natürlich machen will.

So, warum ich ursprünglich auf "Antworten" geklickt habe: Frank und Fefe haben meine technischen Fragen in knapp zwei Stunden alternativlos weitestgehend geklärt falls jemand wie ich auch das ein oder andere nicht verstanden hat, bietet sich das vielleicht an.
« Letzte Änderung: 20. März 2011, 09:53:46 von Deus Figendi »
DnD-Gate Cons 2007, 2008, 2009, Gate-Parkplatztreffen ICH war dabei!
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