Blöd nur, dass The Amazing Spiderman das richtig macht, was die Raimi-Trilogie falsch gemacht hat: Der Film hat durchweg überzeugende Charaktere, gute Schauspieler und eine gute Story.
Wär wirklich blöde. Glücklicherweise ist die Raimi-Trilogie dem neuen in all diesen (und vielen anderem) Elementen weit überlegen.
Erst einmal: Können wir uns darauf einigen, dass Spiderman 3 ein Totalausfall ist?
Ich gebe zu, Raimi hatte zwei gute Bösewichte mit fantastischen Schauspielern (Dafoe und Molina). Das macht ungefähr 30 Minuten in allen drei Filmen. Der Rest? McGuires Parker ist durchweg kindisch und entwickelt sich kein Stück weiter. Wir erfahren auch kaum etwas über den Charakter, außer dass er Waise ist, ständig rumgeschuppst wird und auf Fotographie und Mary Jane steht. Wir erfahren nur, dass er ein Techie ist, weil Osbourne es ihm gegenüber erwähnt, was einen der Grundsätze des Geschichtenerzählens verletzt: "Show, don't tell." Er entwickelt nicht mal seine Netzspinner selbst, sondern sie sind Teil seiner Verwandlung.
Sonst ist Peter leer. Was sich nicht ändert. Es ist ein Anzeichen für schlechtes Storywriting, wenn der Hauptcharakter kaum ausgearbeitet ist.
Die anderen Charaktere sind noch schlimmer. Dunsts Mary Jane ist dermaßen nervtötend, dass es mir die Zehennägel hochrollt, was auch daran liegt, dass Dunst als Schauspielerin komplett unfähig ist. Francos Charakter ist nicht viel besser. Peters Tante ist wenig mehr als ein Plot Device.
Die Stories sind sehr einfach gestrickt und springen einem direkt ins Gesicht. Sie kommen nicht über "With great power comes great responsibility" hinaus. Das Dilemma "Rette ich die Jungfrau in Not oder die Kabine voller Leute" im ersten Teil ist ein so breitgetretenes Filmklischee, dass es unglaublich ist, dass es überhaupt ernsthaft verwendet wurde. Mary Jane muss auch sonst andauernd gerettet werden.
Kurz gesagt: Die Bücher sind einfach schlecht.
Webbs The Amazing Spiderman macht das besser. Erst einmal ist Andrew Garfield ein weitaus besserer Schauspieler als Toby McGuire. Er hat auch mehr, mit dem er arbeiten kann. Man gibt dem Charakter mehr Zeit, sich zu etablieren, da er nicht gleich nach 10 Minuten von der Spinne gebissen wird. Wir erfahren, dass Peter ein technisch einiges drauf hat, indem er Connors Frage beantwortet. Es wird gezeigt, wie er bei Onkel und Tante endet. Er ist nicht nur ein Nerd, sondern auch noch ungeschickt. Er ist ein wenig OCD. Er baut sich seine Netzspinner selbst, was seine technischen Fähigkeiten belegt. Er gerät ständig in Schwierigkeiten, weil er sein loses Mundwerk nicht kontrollieren kann (was typisch für Peter Parker ist). Das wird alles im Film gezeigt. Show, don't tell.
Emma Stones Gwen Stacey hat einen sehr viel kleineren Part als Dunsts Mary Jane, ist aber keinesfalls die "Damsel in Distress" und nicht so hohl.
Ifans Dr. Connor steht Dafoes Goblin und Molinas Doc Oc keinesfalls nach. Seine Motivation für die Forschung ist besser als Dafoes, da er ein persönliches Interesse daran hat, nicht nur das Verlieren eines Regierungsauftrags. (Das Einbauen von Peters Eltern ist zugegebenermaßen ungeschickt. Den Gegensatz der beiden Charaktere hätte man auch so herausarbeiten können.)
Die Beziehung von Peter zu seinen Adoptiveltern ist ebenfalls besser ausgearbeitet, mal abgesehen davon, dass Sally Field und Martin Sheen einfach besser sind als Cliff Robertson und Rosemary Harris (deren Namen ich nachschlagen musste). Er reibt sich an ihnen, wie für einen Teenager üblich. Raimis Filme sind im Gegensatz sehr soapig.
Der Film lässt sich im Großen und Ganzen einfach sehr viel mehr Zeit und verzichtet bis aufs Finale auf bombastische Set Pieces. Webb hat einen sehr viel leiseren Film gedreht, der mehr Stoff zum Nachdenken bietet, obwohl er einen Comicverfilmung ist. Das macht ihn zu einem besseren Film.