Medienwechsel. Meine Empfehlungen des 2. Quartals des Jahres haben mich ebenso süchtig gemacht wie die Fernsehserie "Broadchurch", sie laufen aber nicht im TV, sondern es handelt sich um Podcasts.
Der erfolgreichste Podcast, den es bislang gab, heißt
Serial. Er ist eine akkustische Dokumentation über 12 Sendungen zwischen 30 und 60 Minuten, für die die Redaktion über ein Jahr recherchiert hat. Es geht um einen
Mord aus dem Jahr 1999 an der Schülerin einer Highschool in Baltimore namens Hae. Zwar wurde ihr Exfreund, Adnan, verhaftet und verurteilt. Aber sovieles ist ungereimt an der Aussage seines Kumpels Jay, die Adnan die Verurteilung einbrachte. Sarah Koenig und ihr Team arbeiten sich die Fakten, Aussagen und Einschätzungen durch und erleben - wie der Zuhörer - wie die Zweifel wachsen - und ebenso die Zweifel an den Zweifeln.
http://serialpodcast.org/Nie hätte ich gedacht, wie spannend ein Podcast sein kann. Wikipedia sagt, dass Serial 68 Millionen mal runtergeladen worden ist. Sarah Koenigs Superkraft ist, mit wenig Worten und Sätzen Menschen und Situationen so zu skizzieren, dass man glaubt, dabei zu sein.
Wer es durchgehört hat: Lasst uns hier doch diskutieren, was wir glauben, was am 13.01.1999 in Baltimore passiert ist!
Talamar, Deine fachliche Meinung wäre natürlich ganz besonders interessant!
Die zweite Empfehlung hat mich wegen ihrer Machart (und weil ich mich gerade selbst dafür interessiere) noch mehr gepackt:
Startup. Startup ist so besonders, weil
der Podcast seine eigene Geschichte erzählt, nämlich die von Alex Goldman, der bislang Lehrer und Radiomacher war und einen Startup auf die Beine stellen möchte: Eine Podcastfirma für Hochniveau-Sendungen. Er braucht dafür hundertausende Dollar, viele Unterstützer, muss Anteile an der Firma vergeben, mit Dotcom-Milliardären sprechen und sie von seiner Idee überzeugen, seine Frau muss das Alltagsgeld aufbringen und die Kinder betreuen. Auf jeden Fortschritt folgt ein Rückschritt.
Die Hörer, die 2014 in den Podcast einstiegen, waren wirklich live dabei: Besonders spannend wurde/wird es, als inmitten der ersten Staffel die Ausstrahlungen der ersten Sendungen und ihre Auswirkungen selbst thematisiert werden. Alex Goldman versteht es, extrem ehrlich und sympathisch rüber zu kommen. Er weiß, wie man Geschichten erzählt, und wer glaubt, die Story einer Unternehmensgründung kann nur dröge sein, lässt sich von der ersten Folge eines besseren belehren. Goldman ist bereit, auch schwierigste Entscheidungsprozesse und Gespräche zu veröffentlichen, und das lässt mitfiebern ohne dass man sich fremdschämt.
Nie zuvor wurde mir so bewusst, wie stark Pausen wirken können, die Goldman kunstvoll setzt: Ich war mehr als einmal so gespannt, was passiert, als Goldman eine Pause setzt, dass ich sofort den Akkustand meines Smartphones überprüfte, weil ich Sorge hatte, dass es sich abgeschaltet hatte.
https://gimletmedia.com/episode/1-how-not-to-pitch-a-billionaire/Warum es wichtig ist, beim Wii-Spielen hartnäckig zu sein, erfährst Du in der vorletzten Episode. Ohne diese Fähigkeit würde es den Startup Uber vielleicht nicht geben.
(Die zweite Staffel von Startup porträtiert ein anderes Startup-Unternehmen. Funktioniert nicht ganz so gut.)