Ganz davon abgesehen, dass ich momentan für Dunkelkammer-Isolationshaft bei Brot und Wasser für die verantwortlichen Manager plädiere, halte ich ein staatliches Rettungspaket für notwendig, weil noch mehr Bankenpleiten einfach zu einer Kettenreaktion führen würden. Mit jeder Bank, die Insolvenz anmeldet, geht auch ein Stück Vertrauen verloren. Wenn ich heute Geld auf einem Sparbuch hätte, würde ich mir schon so meine Gedanken machen, ob es gegenwärtig auf der Bank noch sicher ist, schon allein, weil man als Normalbürger bis zur Hiobsbotschaft von der Pleite eigentlich so gut wie gar nichts darüber erfährt, wie es der eigenen Bank denn nun geht, und ob sie auch von der Krise betroffen ist oder nicht. Wenn nun aber zu viele Leute ihr Geld in Sicherheit bringen, kollabieren die Banken mangels Liquidität.
Ist ja bei Washington Mutual genau so passiert - wobei da ja auch gezielt Gerüchte gestreut wurden, um die Kleinanleger entsprechend zu verunsichern (Hedge Fonds, die auf fallende Kurse wetten bringen solche Gerüchte anscheinend in Umlauf). Also: Kein Vertrauen in die Sparkasse ==> Panisches Geld abheben ==> Bank verliert Zahlungsfähigkeit ==> Insolvenz ==> Vertrauensverlust ==> Panisches Geld abheben ==> ...
Auch mit Rettungspaket steht uns mit Sicherheit eine Konjunkturflaute bevor, die sich gewaschen hat. Einerseits wird diese Finanzspritze nämlich mit Sicherheit der Inflation Vorschub leisten, andererseits werden die Banken mittelfristig mit Krediten nicht gerade freigiebig umgehen. Das ist dann wieder schlecht für die Wirtschaft, weil Investitionen nicht finanziert werden können, was im Endeffekt wieder Arbeitsplätze kostet, was die strapazierten Staatskassen noch weiter belasten wird usw.
Am Ende kauft sich ein russischer Oligarch noch Island und die Schweiz verwandelt sich über Nacht in ein Entwicklungsland, wenn UBS kollabiert und das Finanzwesen des Landes mit sich in den Abgrund reißt... Die Rettungspakete sind nötig, das ist wirklich Rettung in allerletzter Sekunde. Man sieht's auch an den Börsen: Der DAX schließt mit über 11% im Plus.
Was aber wichtig ist: Der Staat
muss Geschäftsanteile an den geretteten Instituten erhalten und von zukünftigen Gewinnen profitieren. Nur so kann man dann zumindest ansatzweise davon sprechen, dass der Steuerzahler entschädigt wird. In Schweden hat das ja funktioniert, da hat sich das Land langfristig durch die Krise Anfang der Neunziger saniert und ist jetzt wohlhabender als davor.
Mein Bauchgefühl sagt zwar auch, dass das so nicht sein darf, schon gar nicht, wenn man sich vor Augen hält, dass die gegenwärtige Krise wahrscheinlich weniger einem Mangel an Kompetenz bei den Banken geschuldet ist, als vielmehr einem kranken System, in dem Manager vorsätzlich und in vollem Bewusstsein des unausweichlich eintreffenden Crashs Abermilliarden in hochriskante Investments steckten, nur weil ihr persönlicher Gewinnanteil mit dem Risiko ihrer Anlagen stieg - abgesehen davon, dass Urteile anhand von Quartalszahlen gefällt werden, und nicht anhand nachhaltiger Wirtschaftsstrategien, die zu einem stabilen (wenn auch langsamem) Wachstum führen.
Am 30.10. kommt ein Dokumentarfilm von Erwin Wagenhofer ("We Feed The World") in die Kinos, der den Titel "Let's Make Money" trägt. Wagenhofer hat anscheinend drei Jahre im Finanzmilieu recherchiert und wenn man seinen Quellen glauben darf, wusste jeder der involvierten Manager, worauf er sich einlässt, und dass diese Blase früher oder später auf jeden Fall platzen würde. Auf den Film bin ich mal sehr gespannt, in der momentanen Situation könnte der einschlagen wie eine Bombe. Als Investmentbanker würde ich mich auf jeden Fall von Kinos an diesem Tag fernhalten