Mal abgesehen davon, daß wir in einem Land leben, das eben
keine laizistische Verfassung besitzt, sondern eine, die sich auf christliche Werte beruft, was manche gerne vergessen, bloß weil es eine ebenso gesetzlich festgelegte Religionsfreiheit gibt, ist es anthropologisch belegbar, daß Menschen, ganz egal welchen Kenntnisstandes, ein tief verwurzeltes Grundbedürfnis nach Antworten auf transzendente Sinnfragen haben, die ihnen die Naturwissenschaft, so sich ihre Kultur überhaupt damit auseinandersetzt, nicht liefern kann.
[puuuh, wieder so ein Mammutsatz]Die Antwort darauf sind Glaube oder Philosophie, und ich finde es essentiell wichtig, bereits junge Menschen mit so etwas zu konfrontieren und vertraut zu machen, und dabei die Akzeptanz moderater und humaner Anschauungen zu fördern. Wenn der Mensch keinen Bedarf hat und lieber Agnostiker, Atheist oder unreligiöser Rationalist bleibt - feine Sache, dann weiß er zumindest, worüber er spricht.
Ansonsten sehe ich nämlich nur, daß im selben Maße wie Religion (christliche, jüdische, muslimische oder was auch immer in ihrer "Mainstream"-Form, wenn man das so sagen darf) aus dem Bildungsprozeß und dem gesellschaftlichen Leben verschwindet, andere "Ersatzreligionen" wie Esoterik, Pagan oder ähnlicher ausgemachter Schmarren
ohne durchdachtes oder besonders pädagogisches oder philosophisches Wertegerüst für spirituell unerfüllte Haltsuchende immer attraktiver werden. So kommt dieser ganze New-Age-Verhau zustande, und so kommt es, daß immer mehr Leute statt in einer modernen, aufgeklärten Kirche (wie es die großen Konfessionen eben dank wissenschaftlich betriebener und im Gemeindeleben angewandter Theologie sind) in irgendwelchen komischen Freikirchen oder (Halb-)Sekten hängenbleiben.
Ich bin entschieden dafür, Religionsunterricht (je nach Verfügbarkeit an Lehrkräften durchaus auch für andere Religionen) als Alternative zum Ethikunterricht anzubieten, da staatliche Ethik in einem christlich verfaßten Land da voll mit hineinfällt, umgekehrt aber kaum den Religionsunterricht ersetzen kann.
Das hat auch damit überhaupt nichts zu tun, daß ich selbst bekennender Christ bzw. Katholik bin. Ich betrachte mich als durch und durch aufgeklärten Menschen, und ich verstehe überhaupt nicht, wie manch einer auf denTrichter kommt, Christentum und Naturwissenschaft schlössen einander aus? Ja sind wir denn kanonische Bibelfundamentalisten, die jedes Bild wortwörtlich nehmen? Glaubt hier irgendwer ernsthaft, in den Kirchen hätte sich in den letzten fünfhundert Jahren nicht auch bemerkbar gemacht, daß man Dinge hinterfragen und aufgeklärt interpretieren muß?
[EDIT: Wow!
5 neue Beiträge, während ich den hier heruntergetippt hab... da kochen ja die Gemüter...
]