Tatsächlich ist es m.E. keine gute Idee, sich jetzt auf die Wirkung von Gewaltmedien einzulassen, da gibt es tatsächlich beide Richtungen. Einerseits entspricht es den Erkenntnissen aus der Lernforschung, dass solche Medien einen Einfluss haben, und es gibt auch entsprechende Studien. Andererseits gibt es auch die Idee, dass solche Gewalt deeskalierend wirken könnte, weil Grenzfälle sich ausleben können; da wird beispielsweise die Korrelation von verfügbarer Pornografie und der Anzahl von sexueller Gewalttaten zitiert.
Beide Seiten haben aber auch Schwachpunkte. Auf der einen Seite ist die Frage, wie groß der Einfluss von Gewaltmedien tatsächlich ist und ob es da nicht einfach nur eine plakative Möglichkeit ist, "etwas zu tun", anstatt die wichtigen Ursachen anzugehen, und auf der anderen Seite hat die Korrelation oft auch etwas mit grundsätzlich anderen Gesellschaftseinstellungen zu tun, und ob es dann gerade die Pornografie ist, die da eingreift, ist keinesfalls sicher.
Die Frage sollte nicht lauten, ob Gewaltmedien einen Einfluss haben, sondern
a) wie groß ist der Einfluss im Vergleich mit anderen Faktoren?
b) wie effektiv und effizient sind die Schutzmechanismen?
Zu a) fehlen immer noch geeignete Studien, da gibt es nur Ansätze und eben theoretische Unterfütterung, die einen Einfluss als sehr wahrscheinlich erscheinen lassen; trotzdem ist der Effekt dieser Medien dergestalt, dass sie allein nicht zum Gewalttäter ausbilden können, zumindest insoweit sollte das eigentlich klar sein. Auch gibt es m.W. kein großes Wachstum an Gewalttaten, auch nicht Gewalttaten Jugendlicher, die beispielsweise auf die Einführung des PCs oder von Gewaltvideos zurückzuführen sind. Also scheint dieser Faktor wenn auch nicht vernachlässigbar, so doch nicht vordringlich zu sein. Es ist aber natürlich einfacher, amazon.co.uk zu einer Versandsperre zu bringen, als berufliche Ungewissheit oder sozialen Unmut oder Bildungsprobleme anzugehen.
Denn ehrlich gesagt machen die meisten Politiker solche Dinge nicht "für die Kinder", sondern um zu erscheinen, als täten sie etwas, weil sie wissen, dass das ankommt und gefordert ist. Was dann getan wird, ist eigentlich egal.
So ist es ja auch mit den Internetsperren. Unzählige Gutachten sagen, dass das nichts bringt, dass bei einer Anwendung auf Urheberrechte damit keinem Künstler geholfen, aber der Kulturproduktion geschadet wird, und trotzdem wird das beides kommen. Anstatt beim BKA, wenn man Kinderpornoseiten kennt, die Server anzugehen und herauszufinden, wer da der Täter ist und vielleicht wirklich etwas zu tun, wird man die auf die geheime Liste mit dem geheimen Auswahlverfahren setzen. Für die Kinder und den Jugend- und Opferschutz. Derselbe Jugendschutz übrigens, der Jugendliche, die sich selbst nackt filmen oder ein Nacktfoto ihres Freundes oder ihrer Freundin auf dem handy oder Rechner haben, zu Kinderpornografen macht, und Cartoons, in denen Homer Lisa poppt, ebenso unter Strafe stellt.
Es ist ja auch bei der Gewaltzensur oft die Darstellung, die da zensiert wird, und Filme, die meinetwegen besonders realistische Gewaltdarstellungen bieten und dadurch womöglich sogar abschrecken, werden eher zensiert als die Filme, die dann die Gewalt zu einer blutlosen und coolen Sache machen, wo man mal eben mit seinem Schwert zehn Typen niederlegt oder mit zwei Knarren durch die Kneipe rutscht. Wenn da kein Blut spritzt, darf der kleine Bruder rein. Dazu kommt dann die Unveränderlichkeit dieser Zensurlisten, bei denen selbst damalige Idiotenentscheidungen immer noch Bestand haben. Ich meine, Das Ding aus einer anderen Welt? Ehrlich? Der Film, der zig mal kaputtgeschnitten auf Kabel 1 ab 22 Uhr läuft, darf nicht importiert werden? Noch dazu, wie Scurlock richtig sagt, ein Filmklassiker?
Nein, Zechi, es geht nicht um den Einfluss von Gewaltmedien. Ich hätte gerne mal eine Studie über die Effektivität der deutschen Zensur. Das wäre mal interessant.