@Baumschmuser
Du hast keine wirkliche Vorstellung davon, wie eine juristische Dissertation verfasst und bewertet wird.
1. In juristischen Dissertationen übernimmt man üblicherweise Texte/Gedankengänge aus anderen Quellen, nur muss man diese auch entsprechende kenntlich machen. Das geschieht durch die Setzung von Fußnoten. Üblicherweise gibt man diese Textstellen aber nicht 1:1 /bzw. minimal verändert) wieder, sondern in eigenen Worten. Das hat Guttenberg nicht gemacht. Das könnte man in einigen Fällen auch noch als Schlamperei verteidigen, was aber im Falle der Guttenberg Dissertation entlarvend ist, ist der Umstand dass er auch in den Textteilen, in denen man üblicherweise eigenständige Gedanken verfasst, komplette Textstellen aus anderen Quellen, insbesondere Zeitungsartikeln übernommen hat. Diese hat er ebenfalls nicht kenntlich gemacht. Somit sind einige der entscheidenden Teile einer Dissertation, wie z.B. die Einleitung, als eigene Gedankengänge dargestellt, aber tatsächlich handelt es sich um die Texte anderer Autoren. Das zeigt mehr als deutlich, dass Guttenberg betrogen hat, weil er entweder bewusst diese Textstellen als eigene ausgegeben hat oder ein Ghostwriter die Arbeit geschrieben.
2. Es ist ziemlich weltfremd anzunehmen, dass den Doktorvater hier irgendein Versäumnis vorzuwerfen ist. Es wäre reiner Zufall gewesen, wenn der Doktorvater die Plagiate bemerkt hätte. Zu Guttenberg hat nämlich nicht aus juristischer Fachliteratur plagiiert, sondern aus Zeitungsartikeln, veröffentlichten Reden, Texten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, daher keine Texte die der Doktorvater zwingend kennen musste und erst Recht nicht auswendig im Kopf haben konnte. Kein Professor wird sich normalerweise an einen alten vor Jahren erschienen Zeitungsartikel erinnern. Das wäre allenfalls denkbar, wenn man den entsprechenden Artikel vielleicht selber geschrieben hat oder man ihn aus Zufall kürzlich aus irgendeinen Grund gelesen hätte. Die einzige Möglichkeit die Plagiate aufzudecken war daher mittels eines entsprechenden Programms oder Suchmaschinen wie "Google". Mittels Google hatte ja auch der Autor der Rezension von zu Guttenbergs Dissertation eine handvoll Passagen aufgedeckt und somit den Stein in Rollen gebracht. Manche Professoren mögen eine solche Prüfung ja vornehmen, aber das ist gerade bei Dissertationen absolut unüblich, zumindest in der Vergangenheit. Zwischen Doktorvater und seinen Promotionsstudenten herrscht eigentlich ein enges Vertrauensverhältnis. Hinzu kommt, dass Plagiatskontroll-Programme in vielen Unis schlichtweg nicht vorhanden sind, insbesondere nicht zu der Zeit als zu Guttenberg promoviert hat, waren solche Programme eine absolute Seltenheit. Als ich promoviert habe, gab es so etwas an meiner Uni zumindest nicht.
Hinzu kommt, dass der Doktorvater von zu Guttenberg zu dem Zeitpunkt als Guttenberg die Dissertation eingereicht hat schon emiritiert war und dieser mit großer Wahrscheinlichkeit nicht gerade ein Computer-Crack war, wie vielleicht ein junger Professor. Der wußte vermutlich nicht, wie man so einen Google-Abgleich durchführen kann. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Doktorvater von zu Guttenberg die Täuschung beim lesen der Dissertation bemerken konnte, war also extrem gering.
Gruß Zechi