Dazu kommt noch der Aspekt, dass ich das Gefühl habe, dass da teils mit unfairen Mitteln gearbeitet wird. Bei aller Notwendigkeit, die Risiken der Atomenergie endlich einmal ideologiefrei neuzubewerten, sollte man nicht vergessen, dass die Schreckensbilder aus Japan, die derzeit als Unterfütterung dieser Position dienen, nicht die Folgen einer atomaren, sondern einer ungeheuren Naturkatastophe sind.
Hier kann ich dir nicht zustimmen.
Ich finde, in der Berichterstattung wird schon zwischen der Naturkatastrophe und der durch sie ausgelösten Nuklearkatastrophe unterschieden und ich kann mich nicht entsinnen, dass irgendjemand gesagt hätte "Guckt, alles kaputt, das kommt von den ganzen Atomkraftwerken."
Das schwierige im Umgang mit der Reaktorkatastrophe (oder an einem Nuklearunfall dieser Art generell) ist, dass man das Ausmaß der "Schäden" nur schwer vermitteln kann, eben weil außer den geborstenen Reaktorgebäuden keinerlei sicht-, fühl- oder sonstwie erfahrbare Schrecken auftreten. Es ist eine unsichtbare Bedrohung, die sich über das Land legt, und deren Ausmaß zu begreifen ist nicht ganz einfach, schon für die dort lebende Bevölkerung nicht und für uns auf der anderen Seite des Erdballs erst recht nicht. Die japanische Regierung evakuiert einen Bereich von 30 km. Die US-Regierung widerum geht damit hart ins Gericht und sagt, die Japaner spielen die Gefahr herunter, nötig wären mindestens 80 km und alle US-Bürger sollten sowieso lieber das Land verlassen. Übertreiben die einen oder spielen die anderen herunter oder liegt die Wahrheit dazwischen?
Bei einem Erdbeben und einem Tsunami kann man sehen, welches Gebiet betroffen ist. Der Schutt kann weggeräumt werden, die Häuser wieder aufgebaut und nach einigen Monaten ist die Katastrophe mehr oder weniger "nur" noch eine böse Erinnerung. Die Reaktorkatastrophe dauert - je nachdem, was noch geschieht - an wie eine nie enden wollenden Katastrophe.
Hast du zufällig Merkels Rede vor dem Bundestag heute morgen gesehen? Ich hätte ihr mehrmals ins Gesicht springen können.
Die Ereignisse in Japan lehren uns, "dass etwas, wasnach allen Maßstäben der Wissenschaft für unmöglich gehalten wurde, doch möglich werden konnte."
Also bitte, da frage ich mich ernsthaft, auf welchem Planeten Frau Merkel die letzten Jahrzehnte verbracht hat. Das ist ein Schlag ins Gesicht aller, die schon immer vor den Gefahren der Kernenergie gewarnt haben.
Und wenn sich ein Herr Mappus jetzt hinstellt und sagt, nach allen sicherheitstechnischen Erwägungen können man nur zu dem Schluss kommen, dass dieses oder jenes Atomkraftwerk abgeschaltet werden muss, dann frage ich mich, nach welchen Erwägungen denn vor noch nicht einmal einem halben Jahr die Laufzeitverlängerung entschieden wurde, denn damals hieß es ja, die Atomkraft sei sicher.
Was ich sagen will, ist, dass wieder mal keiner in der Union ehrlich genug ist einfach auszuprechen, wie es ist: "Wir haben die Laufzeiten der Atomkraftwerke im Oktober in erster Linie aus energie- und wirtschaftspolitischen Gründen beschlossen, haben aber die Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke für so gut gehalten, dass wir keine wesentlichen Bedenken hatten, die Laufzeit zu verlängern. Diese Ansicht hat sich jetzt nach der Katastrophe in Japan geändert."
Das wäre ehrlich und nachvollziahbar gewesen. Aber stattdessen windet sich die Union und erklärt, man habe schon mit der Laufzeitverlängerung keinen Fehler gemacht, aber jetzt macht man noch viel weniger einen. Das ist einfach unwürdig, meiner Meinung nach.