Was zum Geier gibt mir ein Kirkegaard oder Camus oder sonstwer, wie hilft er mir in möglichen aktuellen Problemen weiter oder in meinem Leben? Muß ich darüber Bescheid wissen, nur für den Fall, daß ich evtl. man auf z. B. Berandor treffe?
Oi.
Ich würde zu diesem Thema sagen: ja und nein. Man muss überhaupt nichts kennen, um intellektuell zu sein, man muss nur damit rechnen, dass die Gedanken, die man sich macht und für neu hält, bereits gedacht wurden (was nicht der Fall sein muss). Wenn man dann bereit ist, in diesem Punkt etwas Neues zu lernen, ist das absolut kein Hindernis. Ein Kanon kann ohnehin eigentlich gar nicht aufgestellt werden. Aber es ist natürlich so, dass Denkweisen, wenn man mit ihnen vertraut ist, auch das eigene Denken verändern und bestimmen. In der Schule lernt man ja nicht (nur) deshalb Algorithmen, Geometrie oder auch Textanalyse und -interpretation, um diese speziellen Probleme zu bewältigen, sondern um analytische, mathematische und interpretierende Denkweisen zu erlernen, die man dann hoffentlich auf andere Situationen und Fälle anwenden kann. Insofern lohnt es sich wieder, auch obskurere Texte zu lesen, und ja, die helfen im Leben – aber meistens indirekt
Heute zum Beispiel habe ich zum ersten Mal von Intersubjektivität gehört – das Konzept war mir klar, aber die ausgearbeitete Form nicht. Und so habe ich lange Zeit damit verbracht, zu argumentieren, dass z.B. Rezensionen nicht objektiv sein können, aber auch nicht beliebig subjektiv sind, wenn sie doch einfach intersubjektiv nachvollziehbar sein müssen. Bumm, fertig. Klasse. Da stand ich kurz dumm da im Seminar, aber habe mich dann sehr gefreut, wieder etwas dazugelernt zu haben.
Nachtrag: Toller Schlusssatz übrigens...
[PRO SIEBEN/SAT.1-REDAKTIONSBÜRO. Jugendlich gekleidete Mittfünfziger sitzen um einen langen Tisch herum. Der PROGRAMMDIREKTOR, ein Mann mit graumeliertem Haar und Lederjacke, hält den gesichtslosen Mitarbeitern eine Rede. Am anderen Ende des Tisches sitzt STEFAN RAAB.]
PD: Und darum sage ich, dass die Gerichtsshows abgesetzt werden müssen. (Die Mitarbeiter nicken zustimmend)
SR: Und wo kriege ich dann Material her?
[Schweigen im Raum. Jeder sieht verlegen umher. Der Programmdirektor runzelt die Stirn, dann wendet er sich entschlossen an seine SEKRETÄRIN, die gerade in einem Minirock hereinkommt und Kaffee verteilt.]
PD: Frau Müller, notieren Sie: Vertragsverlängerung Salesh und Lenßen zwecks Ammortisierung Raabs. Lassen Sie die Personalabteilung eine Kosten-Nutzen-Analyse durchführen, ob wir uns die Kallwass sparen können. Das wäre alles.
[Die Versammlung wird auf den Golfplatz verlegt]