Wir sollten die Eindringlinge aus unserem Dorf werfen. Sie passen einfach nicht zu uns. -- Gärtner der BaumzwergeIch bin im großen und ganzen ein Freund der Globalisierung oder der EU aber man darf seine eigene Identität dabei nicht verlieren.
Das ist sicherlich eine interessante These, aber sicherlich keine die allgemein gilt. Unter Umständen
kann es sinnvoll sein, seine Identität zu verlieren, vor allem wenn sie an externe Faktoren gekoppelt ist und möglicherweise andere in Gefahr bringt. Generell halte ich es für äußerst gefährlich seine Identität an externe Faktoren zu koppeln.
Sicherlich kann man Mitglied bei einer Gruppierung, sagen wir zum Beispiel einer Partei, sein, dort mitarbeiten und dementsprechend sich mit dieser Partei teilweise identifizieren und stolz sein auf das was man gemeinsam erreicht hat. Aber jemanden der seine Identität an eine Partei gekoppelt hat, betrachte ich mit Misstrauen, impliziert dies doch, dass jeder Schwenk der Partei mitgemacht wird.
Eine bessere Idee wäre es dagegen mE sich mit den Zielen eben jeder Partei zu identifizieren und nicht mit der Partei als solcher. Jemandem das Recht zu geben die eigene Identität zu ändern ist durchaus leichtsinnig.
Eben dies liegt vor, wenn ich mich mit z.B. Deutschland identifiziere. Deutschland ist vor allem erstmal ein Staatskonstrukt mit gewissen Strukturen und einer bestimmten Verteilung der Bevolkerung. Diese Faktoren können sich ohne weiteres ändern. Nun kann es sein, dass ich strikt hinter "Deutschland" stehe egal wie es aussieht, oder das ich mich an der alten Struktur festklammere (Beispiel: Man ist gegen die Überalterung oder beispielsweise gegen die zunehmende "Verwässerung deutschen Blutes"). Beides birgt einige Probleme in sich.
Es ist dagegen (zumindest für mich persönlich) kein größeres Problem mich mit mir und meinen Zielen zu identifizieren, ohne dass diese extern abhängen. Klar können sie geändert werden, wenn ich davon überzeugt werde, dass meine derzeitige Bewegungsrichtung doch nicht so schlau ist wie ich zuerst dachte und sicherlich hängt meine Zielsetzung auch von meinem kulturellem Hintergrund ab. Aber eine plötzliche Strukturänderung von Deutschland (meinetwegen hin zu einer Diktatur, oder einer kompletten Eingliederung in die EU als "Land" statt als Staat inklusive eines Verbotes Lederhosen zu tragen) hat mit meiner Identität erstmal nichts zu tun.
Auf etwas stolz zu sein, egal ob irgendwie gerechtfertigt, bedeutet, dass man sich damit identifiziert, man es verteidigt und der Sache auch sonstwie hilft, wenn es notwendig und möglich ist. Und im Zusammenhang mit dem eigenen Land ist das doch eine gute Sache oder etwa nicht? Das funktioniert selbstverständlich auch mit Liebe aber so weit gehe ich bei einem Land oder einer Sprache nun wirklich nicht und auch sonst würde ich mit der Bezeichnung doch deutlich sparsamer umgehen als dies heutzutage so der Fall ist.
Nein das ist keine gute Sache. Es kann eine gute Sache sein -sicherlich- aber allgemein ist dies mE falsch. Denn wenn die Rechtfertigung ob man auf etwas stolz ist egal ist, dann kann ja der Fall eintreten, dass man zum Beispiel auf die erhöhte Gewaltbereitschaft seiner Vorfahren stolz ist und diese auch gerne auslebt (weil man identifiziert sich ja damit und will der Sache helfen). Ich habe dieses Beispiel gewählt in der Hoffnung, dass hohe Gewaltbereitschaft bei den meisten als "eher schlecht" eingestuft wird. Schwieriger sieht es bei natürlichen -sprich nicht konstruierten- Sachverhalten aus.
Nehmen wir die deutsche Sprache, die ja hier relevant ist im Thread: Ich kann darauf unreflektiert stolz sein, weil dies die Sprache von dem Land ist, in dem ich nun zufällig gerade geboren wurde. Rohaan beispielsweise ist ja der Meinung, dass man mehr von der eigenen Sprache halten sollte. Nun frage ich:
Warum?
Wenn es objektive Gesichtpunkte gibt, warum diese den anderen Sprachen überlegen ist (also sehr präzise Sachverhalte ausdrücken kann, einen hohen Wortschatz mit vielen verschiedenen Nuancen besitzt, eine klare und verständliche Grammatik besitzt etc..) dann sollte man davon sicherlich sehr viel halten.
Die Franzosen sind sehr stolz auf ihre Sprache und das kann ich beispielsweise nicht nachvollziehen. Sie hat zugegebenermaßen einen sehr weichen Klang was sie angenehm zu hören macht, aber alleine ihre Verben besitzen viel zu viele Ausnahmen um sie wirklich effektiv zu machen. Gegenstände in Maskulin und Feminin zu unterscheiden (wie es auch im Deutschen der Fall ist) ist eine Sache die die Sprache unnötig verkompliziert. Es gibt innerhalb des Französischen die Tendenz Männer über Frauen bzw männlich über weiblich zu stellen. Auch dies ist meiner Meinung nach sehr unschön.
Französisch halte ich also für nicht sehr praktisch und deswegen habe ich auch kein Problem damit, von dieser Sprache nicht besonders viel zu halten.
Ähnlich sieht es auch im Deutschen aus. Dies ist nun zufälligerweise die Sprache, die ich am besten beherrsche, aber die Vorteile habe ich darin (noch?) nicht erkannt. Ich hätte kein Problem damit, für die "Weltsprache Englisch" zu plädieren. (Damit sage ich nicht, dass Englisch ideal ist, aber ich denke wenn man die derzeitige Verteilung der Sprachen sich ansieht ist dies die beste Alternative)
zu Verteidigung: Ich kann durchaus ein Land verteidigen auf das ich nicht stolz bin, einfach weil ich sehe, dass man dort gut leben kann, ich dort viele Leute kenne, die ich schätze und dieses Land meiner Meinung als Konstrukt anderen überlegen (weil zum Beispiel "gute" Gesetzgebung) oder zumindest schützenswert ist.
Zur Stolz-Frage: Seid ihr also z.Bsp. nicht stolz auf eure Schwester (oder Bruder), wenn sie/er etwas großes leistet? Da habt ihr ja dann auch nichts dazugetan...
Unter der Annahme, dass ich nicht mit meinem Bruder/Schwester verwandt bin (z.B. weil angeheiratet) und ich auf ihn keinen Einfluss habe: Selbstverständlich bin ich dann nicht stolz.
Normalerweise kann ich auf meine Geschwister stolz sein, weil ich weiß, dass Geschwister auf die Erziehung eines Menschen sehr großen Einfluss haben. Dementsprechend hätte ich durchaus etwas dafür getan, dass er/sie dies "Großes" geleistet hat.
Und selbst wenn nicht: Wenn wir "echte" Geschwister sind, dann sind unsere Erbanlagen teilweise gleich, was impliziert, dass ich ein ähnliches Potential dazu habe so etwas "Großes" zu leisten (oder zumindest meine Kinder). Darauf kann man -unter Umständen- ja auch stolz sein.
Finde ich aber insofern kritisch, dass ich an meinen Erbanlagen ja nicht wirklich was ändern kann, das ist in etwa so, wie stolz darauf zu sein, dass man besonders groß ist.