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Autor Thema: In Defence of Rape  (Gelesen 10178 mal)

Beschreibung: Plot-Device oder No-Go?

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Xiam

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  • Mörder der 4E
In Defence of Rape
« am: 26. August 2012, 12:37:10 »
Das scheint hier bei uns gar nicht so ein heißes Thema gewesen zu sein, in den USA ist das aber (zumindest in der Foren- und Bloggerszene) schon ein kleiner Skandal, der immerhin zu Boykottaufrufen ggü. Mongoose geführt hat.

Im Juni hat sich James Desborough, seines Zeichens Gemedesigner als Freelancer für MonGoose Publishing, fürchterlich in die Nesseln gesetzt, als er auf seinem Blog einen Artikel veröffentlichte, in dem er für die Nutzung von Vergewaltigungen im Rollenspiel als Plot Device plädiert... nun ja, er plädiert nicht wirklich für Vergewaltigungen, er kritisiert vielmehr die Tabuisierung im Rollenspiel.

Er bringt folgende Argumente hervor:

Jedes Medium und jede Unterhaltung, die ihm gefällt (ob es PC-Games, Comics, Bücher, Filme oder eben Rollenspiele sind) wurden in den letzten Jahrzehnten derartig weichgespült, dass es kaum noch auszuhalten ist. Jedes Anzeichen von Machotum, Sexismus etc. ist in diesen Medien tabuisiert, und wer damit bricht sieht sich der geballen (Lobby-)Macht von FrauenrechtlerInnen gegenüber, die in der Gesellschaft zumeist recht bekommen.

Ein hoher Prozentsatz an spannenden Stories entwickelt sich um Gewaltverbrechen wie z.B. gewaltsame Tode herum. Warum wird Vergewaltigung hier dämonisiert, wo sie doch nach Desboroughs Meinung viel weniger schlimm ist also z.B. ein Mord, der gerne als Plot Device heran gezogen wird?

Mit anderen Worten: spannende Geschichten entwickeln sich immer um Konflikte herum ("shit happens") und eine Vergewaltigung ist im Grunde auch nichts anderes als ein Konflikt ("Rape is certainly some shit that can happen.").

Eine Vergewaltigung kann den (N)SC persönlich treffen, ohne Gefahr zu laufen, dass der damit aus der Geschichte herausgenommen wird. Von den Möglichkeiten zum stimmungsvollen Rollenspiel reden wir dabei noch gar nicht ("how does the character’s lover react? If their lover was the rapist, how do things change? Can you use this as a springboard to explore abusive relationships? Can love emerge from a violent encounter?What if a pregnancy occurs from the rape? How hard is it for the character to endure that? What’s the effect on the father? The child? Nature or nature? Bad seed? Does the mother resent the child? Are they given up? Do they mistreat them through seeing the rapist whenever they look at them?" usw.)

Zwischen 30 und 50% aller Frauen haben (laut irgendwelcher Studien, die Desborough anführt) Vergewaltigungsphantasien, warum diesen nicht helfen, ihre Phantasien im Rollenspiel auszuleben?

In anderen Kulturkreisen (Desborough führt hier explizit den muslimischen Kulturkreis an) gibt es ein ganz anderes Verhältnis zu sexueller Gewalt... wenn man Desborough liest, dann könnte man meinen er meint wir westlich sozialisierten Menschen hätten sowieso ein viel zu verklemmtes Verhältnis dazu.

Naja, und so weiter, ihr könnt den Artikel ja auch selber lesen.

Mich würde mal interessieren, wie das in euen Spielrunden aussieht. Mord, Folter, Vergewaltigung, was ist okay, was ist tabu? Könnt ihr definieren, wie weit ihr geht? Gibt es da einen Gruppenvertrag oder findet ihr das selbstverständlich? Bis wohin geht es, was ist tabu?
« Letzte Änderung: 26. August 2012, 12:41:18 von Xiam »
1984 was not supposed to be an instruction manual.

Spider

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In Defence of Rape
« Antwort #1 am: 26. August 2012, 13:22:57 »
Für mich gibt es erst einmal keine Tabus. Eine entsprechende Szene sollte aber zur Geschichte, etc. passen. Ich halte nichts davon übertrieben Grausamkeit zu erzeugen nur um die Spieler zu schocken. Generell ist Rollenspiel sehr brutal, auch wenn nicht jede Kampfszene genau beschrieben wird, wenn man sich das nur etwas vorstellt. Ich versuche interessante Kampfszenen realistisch zu beschreiben (jedenfalls so wie ich denke es wäre realistisch, habe ja nicht wirklich praktische Erfahrung), aufgespießte Köpfe oder abgeschnittene Gliedmaßen haben meine Monster oft dabei.
Geschichten wie die eines Monster der ein ganzes Hofgut massakriert hat (alle auch Kinder) sind normal, da muss ich aber nicht auf Einzelheiten eingehen, höchstens um zu erkennen um was für ein Monster es sich handeln könnte. Alles andere sollte in den Köpfen der Spieler laufen.
Vergewaltigungen hatte ich noch nicht, nur einmal hatte meine Gruppe eine verhindert. Ich hatte da einfach noch keine tolle Idee die dies beinhaltete.
Seit längeren arbeite ich an einer Kampagne die in der Unterwelt einer Großstadt spielt, die „Helden“ entstammen dann auch dieser Unterwelt. Da könnte ich mir so etwas vorstellen, aber da bin ich noch nicht soweit dies zu spielen, wird vermutlich generell nicht einfach.

Meldoran

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In Defence of Rape
« Antwort #2 am: 26. August 2012, 13:30:36 »
Rein rational betrachtet ist es natürlich ziemlicher Blödsinn die im RP allgegenwärtige Gewalt, die dort überall zu Mord und Totschlag (oft auch Folter etc.) führt zu akzeptieren und lächelnd zu verwenden, beim Thema Vergewaltigung allerdings rot anzulaufen und anfangen die Moralkeule zu schwingen. Natürlich ist eine Vergewaltigung weniger schlimm als ein Mord oder ausgewachsene Folter. Man muss schon sehr verblendet sein um hier das Gegenteil zu behaupten.

Im Prinzip stimme ich also mit Desborough überein, praktisch gesehen läuft es aber auch in meiner Runde etwas anders. Zwar würde ich mich als SL nicht scheuen eine Vergewaltigung auch mal einzubauen, dennoch kann ich nicht bestreiten das auch ich, obwohl auf rationaler, reflektierter Ebene anders, irgendwie das gesellschaftlich konforme Tabu in mir trage. Auch diese Phänomen würde ich also bejahen.

Das führt bsw. dazu, dass ich keine Probleme damit habe, wenn meine Spieler morden und foltern, ab einem gewissen Punkt aber ein Unwohlsein entstehen würde, wenn die Sache in den Bereich Vergewaltigung führt. Somit verbleibt dieses Thema höchstens auf NSC-Seite, während die "normale" Gewalt jedoch in voller Form von den Spielern genutzt werden kann. (Wir spielen recht häufig böse Gruppen/Kampagnen)
« Letzte Änderung: 26. August 2012, 13:34:19 von Meldoran »
Gepriesen seien die Lieder der Navis Nobilite.

Baumschmuser

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In Defence of Rape
« Antwort #3 am: 26. August 2012, 13:49:17 »
Ich finde Vergewaltigung hat nichts in einer RP Kampagne zu tun und ich baue so etwas auch nicht in meine Kampagnen ein. Diese Einstellung beruht wohl zum größten Teil auf meiner - manche mögen es spießig nennen -  Abscheu die ich gegen dieses Thema hege.

Und jemanden als verblendet zu bezeichnen, nur weil er meint dass Vergewaltigungen genauso schlimm anzusiedeln sind wie Mord oder Folter halte ich doch für arg ....... . Wenn man mal eine vergewaltigte Frau erlebt hat und sieht in welchen Zustand die meisten danach sind - von total teilnahmslos bis hin zu dem Willen sich ob des Erlebten das Leben zu nehmen weiß wovon ich rede. Genauso könnte ich sagen : " Wenn man jemand das Leben nimmt hat er es hinter sich !, das Vergewaltigungsopfer stirbt jeden Tag ein bisschen " Also nicht einfach jemanden verblendet nennen weil er nicht eure Meinung vertritt - das zeugt nicht von Gesellschaftsfähigkeit

Grüße

Tempus Fugit

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In Defence of Rape
« Antwort #4 am: 26. August 2012, 13:54:19 »
http://forum.dnd-gate.de/index.php/topic,29707.0.html

Wenn man mal eine vergewaltigte Frau erlebt hat und sieht in welchen Zustand die meisten danach sind - von total teilnahmslos bis hin zu dem Willen sich ob des Erlebten das Leben zu nehmen weiß wovon ich rede.
Den Ermordeten geht es sicher besser.
Übermensch, weil Rollenspieler

Meldoran

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In Defence of Rape
« Antwort #5 am: 26. August 2012, 13:57:15 »
Ich bin mir natürlich des Charakters des Erlebten bewusst, dass es also vollkommen subjektiv ist, was ein Mensch als schrecklich empfindet, und es daher natürlich auch möglich ist, das es Menschen gibt die bsw. lieber sterben würden, als vergewaltigt zu werden.
Allerdings ist eine rationale Betrachtung von außerhalb die einzige Möglichkeit die unterschiedlichen Formen von Gewalttaten zu bewerten, wie es ja auch in jedem Justizwesen gehandhabt wird. Deshalb wird Mord nunmal härter bestraft als Vergewaltigung. Zumal man nicht vergessen sollte, das eine Vergewaltigung zuersteinmal "nur" eine besondere Art der Körperverletzung ist. Es gibt bsw. auch viele Opfer "schlichter" Gewaltverbrechen (die einfach krankenhausreif geprügelt werden) die danach ebenso starke psychische Traumata aufweisen wie Vergewaltigungsopfer. Meiner Meinung nach haben wir es bei dem Thema wirklich oft mit einer gesellschaftlichen Überreaktion zu tun, die teilweise vieleicht verständlich ist, mMn aber auf keiner rationalen, reel nachvollziehbaren (was die Opfer verschiedener Gewalttaten und ihre Reaktionen darauf betrifft) Basis beruht.
Gepriesen seien die Lieder der Navis Nobilite.

Baumschmuser

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In Defence of Rape
« Antwort #6 am: 26. August 2012, 14:01:12 »
@Tempus
Ich sage ja nicht, dass es schöner ist tot zu sein. Ich sage nur, dass eine vergewaltigte Person vielleicht ihr ganzes Leben lang mit Ängsten, Schmerzen und so weiter zu kämpfen hat. Und deshalb ist eine Vergewaltigung wohl doch nicht unter einem Mord anzusiedeln.

@Meldoran
Ich glaube wir können beide nicht beurteilen ob man bei der Wahrnehmung einer Vergewaltigung übertreibt. Aber wenn du siehst wie Menschen auf so banales wie einen Einbruch in ihre Wohnung reagieren, kannst du dirt sicherlich denken, wie manche, nicht all, auf eine Vergewaltigung reagieren würden.
« Letzte Änderung: 26. August 2012, 14:03:33 von Baumschmuser »

Meldoran

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In Defence of Rape
« Antwort #7 am: 26. August 2012, 14:03:22 »
Zitat
Ich sage nur, dass eine vergewaltigte Person vielleicht ihr ganzes Leben lang mit Ängsten, Schmerzen und so weiter zu kämpfen hat. Und deshalb ist eine Vergewaltigung wohl doch nicht unter einem Mord anzusiedeln.

Ganz genau. Vieleicht. Ebenso wie bei fast jeder anderen, schweren Gewalttat. Sollen jetzt also alle Strafen in diesem Bereich auf Mordniveau angehoben werden?
Gepriesen seien die Lieder der Navis Nobilite.

Baumschmuser

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In Defence of Rape
« Antwort #8 am: 26. August 2012, 14:10:20 »
Auf deine Frage : nein ! Na ja deshalb deklariere ich das ja auch als meine Meinung. Ich finde dass bei diesen Vergewaltigungsopfern ein Tod fast eine Erlösung darstellen würde.

Spider

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In Defence of Rape
« Antwort #9 am: 26. August 2012, 14:20:34 »
Ich halte auch nichts davon zu sagen was schlimmer ist und was nicht, für mich ist das alles schlimm. Aber hier geht es um Rollenspiel in einer eher brutalen Welt. Sollte es zur Geschichte passen, dann passiert auch ein Vergewaltigung. Das die die „Helden“ beginnen wahllos Leute zu ermorden und evtl. zu vergewaltigen habe ich noch nie erlebt und kenne auch keine Spieler die so etwas wirklich machen wollen. Auch für ein Mord sollte der „Held“ einen Grund haben und von der CE Gesinnung halte ich nicht viel, da dies meiner Meinung nach nur die wenigstens richtig spielen können. Von Spielern die meinen die Gesinnung gibt einen die Berechtigung jeden Scheiß zu machen, halte ich nicht viel.
Ich will jetzt nicht anfangen irgendwelche Geschichten zu konstruieren, mir fällt zur Zeit keine ein warum ein Spieler im Spiel eine Vergewaltigung begehen sollte. Zudem würde ich als SL so etwas verhindern, z. B. durch die Stadtwache oder das Opfer ist dann doch nicht so ganz schutzlos, was in einer Welt voller Magie nicht sonderlich ungewöhnlich ist.

Meldoran

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In Defence of Rape
« Antwort #10 am: 26. August 2012, 14:23:34 »
@Baumschmuser: Die werden sich sicherlich bei dir bedanken, für dieses "gnadenvolle" Mitleid.
Jeder Mensch reagiert anders. Und ich bin mir ziemlich sicher das die allerwenigsten Vergewaltigungsopfer lieber tot wären, anstatt vergewaltigt worden zu sein. Oder hängt es etwa mit deinem Frauenbild zusammen? Schwach und weich? Dem Schrecken der Welt nicht gewachsen? Wie wäre es denn bei dir? In Teilen Afrikas werden fast soviele Männer wie Frauen vergewaltigt. Wärest du lieber tot statt vergewaltigt? Und warum hälst du eine Vergewaltigung für so viel schlimmer, als nach strich und Faden verprügelt zu werden, so sehr das du bleibende Schäden davonträgst. Ist die sexuelle Komponente wirklich eine soviel tiefergreifende Entwürdigung? Ich bin mir da nicht sicher. Bzw. ich bin mir ziemlich sicher das unterschiedliche Menschen darüber unterschiedlich denken und empfinden.
Gepriesen seien die Lieder der Navis Nobilite.

Kilamar

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In Defence of Rape
« Antwort #11 am: 26. August 2012, 14:37:31 »
Mich würde mal interessieren, wie das in euen Spielrunden aussieht. Mord, Folter, Vergewaltigung, was ist okay, was ist tabu? Könnt ihr definieren, wie weit ihr geht? Gibt es da einen Gruppenvertrag oder findet ihr das selbstverständlich? Bis wohin geht es, was ist tabu?
Wie auch in alle andere Diskussionen zu dem Thema:
Erlaubt ist was der Gruppe gefällt bzw. sie akzeptiert. Gibt es mindestens einen Mitspieler dem das nicht gefällt, lässt man es besser weg.

Bei uns z.B. ist Mord sehr alltäglich, seltener kommt Folter vor. Vergewaltigung ist bei uns ziemliches Tabu Thema, auch wenn es abstrakt unter NSCs schon vorgekommen ist.

Kilamar

Xiam

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  • Mörder der 4E
In Defence of Rape
« Antwort #12 am: 26. August 2012, 14:44:03 »
Ich will jetzt nicht anfangen irgendwelche Geschichten zu konstruieren, mir fällt zur Zeit keine ein warum ein Spieler im Spiel eine Vergewaltigung begehen sollte.
Es geht nicht darum, dass die Spielercharaktere vergewaltigen, sondern dass (einer) der SC z.B. als Plotaufhänger Opfer einer Vergewaltigung sein könnte. Genau das meint Desborough.

Der Bruder des SC wurde ermordet? Kein Problem, netter Einstieg.
Die Eltern wurden vom grausamen Baron versklavt und zu Tode geschunden? Kein Ding.
Die Schwester des SC wurde vom Orkhauptmann vergewaltigt und erwartet nun ein Kind... Oder noch besser: Nicht die Schwester sondern die Bardin (SC) selbst! Hmm. Nee, das geht irgendwie nicht, da sitzt vielen ein Kloß im Hals.

Desborough bemängelt, dass SC z.B. als Kampagneneinstig gefoltert worden sein können und nun auf Rache sinnen, aber bei einer Vergewaltigung hört es irgendwie auf. Wenn ich mir seine Argumentation so anschaue, die mir immer ein bisschen in die Richtung Antifeminismus zu gehen scheint, dann liegt das seiner Meinung nach daran, dass Vergewaltigungen eine Gewaltform sind, die in erster Linie Frauen als Opfer hat und so etwas gesellschaftlich als verabscheuungswürdiger anzusehen ist, als die Folterung eines Mannes, und das verdanken wir der Frauenbewegung, der es gelungen ist sexuelle Gewalt gegen Frauen als moralisch perfieder als Mord, Totschlag und Folterung im gesellschaftlichen Bewusstsein zu verankern. In den USA ist das wohl noch ausgeprägter als hier.
1984 was not supposed to be an instruction manual.

Kilamar

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In Defence of Rape
« Antwort #13 am: 26. August 2012, 14:56:08 »
Die Hintergrundgeschichte des eigenen SCs entscheiden noch immer die Spieler.

Wenn jemand das als Hintergrund für seinen SC aussucht ist das ok, sobald man das gegen seinen Willen aufgedrückt bekommt ist das nicht ok.

Wenn ich mir ne schöne Hintergrundgeschichte für meinen SC und seine Familie ausdenke und der DM teilt mir während der ersten Spielsitzug mit: "Deine ganze Famillie wurde von Orks massakriert, Du bist jetzt sauer auf Orks", dann ist das einfach großer Mist.

Kilamar

Meldoran

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In Defence of Rape
« Antwort #14 am: 26. August 2012, 14:59:39 »
Theoretisch stimme ich dir da zu. Praktisch gibt es jedoch viele Spieler, die sich kaum Gedanken über solche Hintergrundfragen machen und es dem SL überlassen sie einzubauen bzw. Details ihres Hintergrundes zu gestalten.
Gepriesen seien die Lieder der Navis Nobilite.

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