Ich bin irgendwie mittlerweile gelangweilt von solchen Zensuren, denn der absolute Großteil der heute lebenden Deutschen hat den Holocaust nicht mehr erlebt, noch weniger können sich daran wirklich erinnern, geschweige denn haben daran mitgewirkt.
Dann kannst Du Luther, Bach, Kant, Goethe, Beethoven, Humboldt, Storm, Bismarck, Bonhoeffer, Erhardt und eigentlich jeden Deutschen, der vor Deiner Geburt starb, abhaken, schließlich hast Du die nicht mehr miterlebt, geschweige kannst Du Dich an sie erinnern.
Du siehst: Im besten Fall redest Du Quatsch, und im schlimmsten Fall willst Du bestimmen, was die zu vernachlässigenden faulen Äpfel der deutschen Geschichte sind. Die Wahrheit ist: Es gehört alles dazu!
Ich für meinen Teil kann gut nachvollziehen, dass alle Länder, die von Deutschen überfallen wurden, und alle Völker, die von deutschen vollständig vernichtet, und alle Deutschen, die wegen ihres Widerstand, anderer Meinung oder wegen ihres "Unwerts" getötet werden sollten, über 12 Jahre noch eine Zeitlang nicht hinwegkommen werden. Ich urteile nicht über deren Erinnerungsschwerpunkte und halte das aus.
Probiere das auch mal aus, Tigerhai, ist gar nicht so schwer.
Es nervt mich einfach, dass die junge Generation für die Fehler, die sie nicht begangen hat, regelmäßig die Folgen spürt.
Ich werfe dem Russen doch auch nicht vor, dass er ganze Bevölkerungsgruppen diskriminiert und ich werfe dem Ami nicht vor dass er den Irak aus finanzieller Motivation heraus bombadiert hat, dem Nordkoreaner werfe ich nicht vor, dass er seine Bevölkerung systematisch verdummt und dem Griechen werfe ich nicht vor, dass er schlecht mit Geld haushaltet. Das sind alles aktuelle Themen - und?
Vielleicht habe ich ja die soziale Ansicht, dass man Leuten nicht das vorhalten muss, was andere für ihn verbocken? Ich weiß genau, dass der durchschnittliche Nordkoreaner nichts für seine Situation kann und es gar nicht besser weiß, der Grieche leidet wahrscheinlich mehr unter seiner Regierung als jeder andere Europäer, und ob die Amis bzw. die Russen die Taten ihrer Regierung für gut heißen, weiß ich nicht einmal. In jedem Fall werde ich ihm das nicht vorhalten, so wie man uns den Holocaust vorhält.
Muss man also uns diese Sache weiter vorwerfen? Warum hängt uns das so nach?
Zu den von dir genannten Deutschen: Bei diesem Punkt hast du vollkommen Recht. Der Unterschied ist: Ich halte mich nicht für etwas Besseres, nur weil ich in einer Nation geboren/aufgewachsen bin, in der irgendwann mal irgendein Schriftsteller Faust geschrieben hat. Aber davon spüre ich die Folgen in meinem Leben auch nicht regelmäßig und mir wird auch nicht regelmäßig gesagt, was für ein toller Deutscher ich wäre, weil ja Kant in meinem Land gelebt hat. Genauso sag ich dem Engländer auch nicht, was für ein tolles Land er hat, denn da hat Shakespeare gelebt. Das Argument stützt deine These nicht, sondern, im Gegenteil, untergräbt sie.
Ich habe hingegen schon x-mal von irgendwelchen Leuten in meinem Leben irgendwelche Nazi- oder Hitler-Sprüche gehört, ob humoristisch, kritisch oder ernst gemeint, ist völlig egal. Man sieht es ständig. Während der Griechenland-Krise wurde Merkel prompt mal wieder mit Hitler verglichen - genau sowas meine ich. Willst du da mit Erinnerungsschwerpunkten argumentieren? Wenn es wenigstens die älteren Leute wären, die dann sowas bringen, dann könnte ich dafür vielleicht noch Verständnis aufbringen...