Vorsicht, brutal. Ich sollte mehr schlafen.
Kapitel 20: Lebenssauger
Teldra zog einen Stab aus ihrem Schultergurt und richtete ihn auf den Untoten, der gerade von Herams Pfeilen getroffen zurück taumelte. Auf ihren gedanklichen Befehl schoss eine sphärische Druckwelle aus unglaublich hohen und lauten Tönen auf die Wasserleiche zu und bohrte sich in deren grauweiße Brust. Sie detonierte mit ohrenbetäubendem Krachen, und nekrotische Fleischfetzen flogen in alle Richtungen. Dairon hatte nur noch einen Feind vor sich, und den konnte er mit seinem Schild so gut abwehren, dass er sogar Zeit hatte, sich mit seinem Kupferring etwas zu heilen. Sein Gesicht sah zwar immer noch aus, als ob ein geisteskranker Goblin mit einer ganzen Lagerhalle voller Rasierklingen darüber hergefallen wäre, jedoch war sein Kiefer wieder eingerenkt, und er merkte, wie die Schwellung in seinem Gesicht abzuklingen begann.
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Heram sah das, und schrie zu Sergenas: „Such Rakis! Ich hab was krachen hören.“ Der Hexenmeister reagierte prompt und erneuerte seinen Flugzauber, und schwebte durch das Loch in der Wand, seine Augen mittels etwas arkaner Energie an die Dunkelheit angepasst.
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Rakis tastete blind in der Dunkelheit herum. Die Augen seiner Waffe, solange sie offen waren, verliehen ihm Sehkräfte wie die einer Aberration. Doch hatte Syal sie ihm weg getreten, und das Licht ihres eigenen Schwertes war auch verloschen. Der taktisch denkende Teil seines Verstandes schätzte gerade die Möglichkeit ab, dass sie ihre Waffe weg gepackt hatte, um ihn im Dunkeln tappen zu lassen. Allerdings wusste er, dass sie ihm körperlich unterlegen war.
Er platschte mit der linken Hand ins Wasser. Etwas Schleimiges bewegte sich unter seiner Hand weg, und er riss sie instinktiv zur Seite, fand einen Stein und daran Halt.
Dann trat sie ihm in den Rücken. Hart schlug er auf.
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Heram zog sich elegant mit einem Klimmzug ein Deck höher, aus dem mittlerweile aufgewühlten dreckbraunen Wasser. Dairon sah keine Möglichkeit, sich nach oben zu begeben – das Deck würde unter ihm nachgeben, selbst wenn er in seinem Harnisch einen Klimmzug schaffte. Er machte eine Leiter für Teldra.
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Sergenas schwebte durch mehrere Löcher in den Wänden, bis er schließlich über dem Loch ankam, das auf Rakis’ Konto ging. Er sah nach unten… und riss die Augen ungläubig auf.
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Syal lag auf Rakis’ Rücken, die Tentakel ihres Haares wanden sich über die Haut des Gedankenkriegers. Ihre Hände fassten unter seine Rüstung Sie leckte mit einer unnatürlich langen Zunge das Blut aus dem Gesicht des Menschen, jedoch fühlte sich diese Berührung nicht angenehm an.
Rakis konnte nicht einmal mehr schreien, als sein Gesicht taub wurde. Mit weit aufgerissenen Augen musste er hilflos mit anfühlen, als die Succubus ihm die Lebenskraft aussaugte: Seine Finger prickelten, und wurden dann völlig gefühllos, als ob sie abfaulten. Das Pochen in seiner Hüftgegend, das ihn seit seinem Sturz an seine ernsten inneren Verletzungen erinnerte, wurde immer schwächer, und Er wusste nicht was schlimmer war: Der Schmerz, oder der Mangel daran. Die Dunkelheit um ihn herum schien kälter und noch dunkler zu werden.
Die Tentakel gruben sich in seine Haut, und fingen an, Blut zu ziehen. Doch da waren sie plötzlich verschwunden.
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Sergenas fing an, einen seiner härteren Kampfzauber zu intonieren, als die Dämonin unter ihm von Rakis abließ, ihn mit blutverschmiertem Mund anlächelte, einmal mit den Flügeln schlug, und dann rammte sie ihn auch schon mit einer Schulter in den Bauch, und ihre langen Fingernägel zerkratztem dem Hexenmeister das schmale Gesicht. Sie riss ihn mit zu Boden.
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Dairon hatte gerade Teldra hoch geholfen, als Heram reflexartig einen Schnappschuss abfeuerte und anfing zu fluchen. Teldra rannte zu ihm, und sah, wie das Fischweib Sergenas zu Boden stieß. Das Miststück war zäh. Sie senkte ihren Stab und schoss unbarmherzig auf Syal. Die Dämonin krümmte sich reflexartig von der Sphäre weg, doch half ihr das nicht viel, und eine Menge blutiger Flecken erschien auf ihrer Haut. Heram konnte jetzt Dairon und Syal gleichzeitig sehen, und schrie:
„Dairon, geh einen Schritt nach rechts und brich dann durch die Wand, schlag alles zu Klump, was steht!“
Die Dämonin hatte es selbstverständlich auch gehört, und schlug mit ihren Flügeln, um sich in sichere Höhen und in Nahkampfreichweite der Fernkämpfer auf dem oberen Deck zu bringen. Doch packte sie etwas am Fuß, und hielt sie fest.
Es war Sergenas.
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Dairon zuckte die Achseln, ging einen Schritt nach hinten, und sprang dann durch die Wand. Seine Rüstung ließ ihn fast nichts vom Aufprall auf das tote Holz spüren, und er erwischte Syal mit der Schulter, riss sie jedoch damit aus der Hand des Hexenmeisters. Faulige Holzsplitter zerschnitten ihm das Gesicht noch weiter. Blutstropfen folgten ihm wie der Schweif dem Kometen.
Triumphierend kreischte die Tanar’ri auf, als sie sich nach hinten abstieß, und dabei die Füße gegen Dairons Rüstung stemmte, was diesen viel an Schwung verlieren und taumeln ließ Schon war sie aus seiner Reichweite...
Dann wuchs eine bronzefarbene Spitze aus ihrer Brust. Dampfendes Blut spritzte Dairon ins Gesicht.
Rakis stand hinter ihr, kaum noch als menschlich zu erkennen, das Gesicht verzerrt vor Wut, Hass, Ekel und etwas, das Teldra als Verstörtheit interpretierte. Schiere Willenskraft hielt ihn aufrecht.
Er rammte mit brutaler Gewalt die Spitze seines Schwertes in den Boden und nagelte Syal damit effektiv fest.
Der Kleriker sah den Ausdruck in den Augen des Gedankenkriegers. Er warf Rakis sein eigenes Schwert zu, dann packte er Syals Tentakel und riss sie brutal nach hinten. Mit großen, hilflosen Augen sah diese zu dem braunhaarigen und mittlerweile vom Schock grauhäutigen Menschen auf, eine stumme Bitte in ihren Augen.
Rakis schlug ihr den Kopf herunter und trieb die Klinge noch einen Fuß tief in den Felsen darunter.
Dann viel er mit dem Gesicht voran ins Wasser und bewegte sich nicht mehr.