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Autor Thema: Der Politik-Streit-Thread  (Gelesen 94389 mal)

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Zechi

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #675 am: 07. März 2011, 21:05:33 »
Was angebliche "Leitartikel" aus Zeitungen angeht , die ein Doktorvater kennen muss, stimme ich dir absolut nicht zu. Zeitungsartikel gelten dafür in der Regel nicht als "wissenschaftlich" genug und das meistens zu Recht. Das man sich zudem an den genauen Wortlaut eines Zeitungsartikels erinnern sollte, während man eine Dissertation liest, halte ich für eine weltfremde Annahme, selbst wenn man sie gelesen hat.
Ich habe nirgendwo geschrieben, dass man den Wortlaut kennen muss, aber vom Inhalt her, sollte man schon in etwa wissen, was schonmal gedacht worden ist und was neu ist. Und wenn man bei etwas, was man schon irgendwo her kennt, dann keine Fußnote findet, dann sollte man als Doktorvater auch schonmal genauer hinschauen. Mag sein, dass das in der Regel nicht getan wird, das halte ich jedoch für fahrlässig.

Sorry, aber ich haltes es für sehr gewagt anzunehmen, dass ein Professor Zeitungsartikel kennen sollte, die zu einer der Dissertationen, die er begleitet veröffentlicht worden sind. Ein Professor wird schon nicht in der Lage sein den Überblick über die juristischen Publikationen zu behalten, die zu einem Thema veröffentlicht worden sind, weil es einfach zu viele sind. Du scheinst keinerlei Vorstellung zu haben, wieviel im juristischen Bereich veröffentlicht wird. Das gilt insbesondere für ein so weit gewähltes Thema, wie das von zu Guttenberg. Bei so einem Thema ist es unmöglich alles zu kennen, wenn man nicht selber im gleichen Thema promoviert. Das gilt erst Recht für einen Professor im Ruhestand, wie der Doktorvater von zu Guttenberg.

Zitat
Es mag auch sein, dass "Summa cum Laude" bei den Juristen oft und gerne vergeben wird. Das macht die Sache aber nicht besser, wenn es dann eine allenfalls mittelgute Arbeit ziert. Ein Delikt wird schließlich auch nicht weniger schlimm/wenigeer schwer bestraft, nur weil es von vielen Leuten begangen wurde. Gerade Juristen sollten es eigentlich besser wissen.
Als angehender Lehrer weißt du, dass bei jeder Benotung ein Beurteilungsspielraum besteht und Noten nicht objektiv sind. Was du für "mittelgut" hälst, kann jemand anders für exzellent halten. Einer meiner Bekannten hat für seine Diss vom Erstgutachter ein "summa cum laude" erhalten und von dem Zweitgutachter ein "non rite" (was wirklich extrem ist, aber vorkommen kann). Noten sind letztlich Schall und Rauch und beruhen auf einer subjektiven Einschätzung des Prüfers und sind gerade bei Dissertationen nicht objektiv nachprüfbar.

Übrigens übertreibst du, was die Leichtigkeit der Plagiatsaufdeckung angeht. Du vergisst hierbei, dass bei der Aufdeckung sämtliche Medien und sehr viele Internetnutzer tätig waren. Das kann eine Einzelperson gar nicht leisten. In der Rezension in der Kritischen Justiz von Fischer-Lescano wurde gerade mal eine handvoll der Plagiate gefunden und das war ein junger Professor an der Sache dran, der sich gezielt damit auseinandergesetzt hat. Natürlich kann man kritisieren, dass bei Dissertationen keine Plagiatskontrolle durchgeführt wird, aber das kann man wie gesagt keinen Professor im Ruhestand vorwerfen. Und der Vergleich mit dem Atomkraftwerk hinkt ja wohl. Ein Atomkraftwerk ist eine ungeheure potentielle Gefahrenquelle eine Dissertation nicht :) Man muss immer die Kontrollmaßnahmen ergreifen die angemessen sind.

Wer die Diskussion bzgl. einer Plagiatskontrolle bei Dissertationen in der jüngsten Zeit verfolgt hat, wird auch zahlreiche gute Argumente dafür gelesen haben haben, weshalb diese nicht unbedingt sinnvoll ist. Auf das besondere Vertrauensverhältnis habe ich ja schon hingewiesen. Ein Grund weshalb z.B. aber normale Studien- oder Seminararbeiten mit Plagiatsprogrammen durchleuchtet werden und Dissertationen nicht, ist dass eine Dissertation veröffentlicht wird und somit der Kontrolle der Öffentlichkeit unterliegt, was ja auch bei zu Guttenberg zum Erfolg geführt hat! Andere Argumente sind die hohen Kosten (Softwarelizenzen, Zeitaufwand) die damit verbunden sind. Sicherlich kann man hier anderer Meinung sein und sich auf den Standpunkt stellen, dass Dissertation besonders genau geprüft werden sollten. Es ist aber wohl kaum den Prüfern von zu Guttenbergs Doktorarbeit vorzuwerfen, dass diese nach den damals üblichen Verfahren gehandelt haben.

Gruß Zechi

EDIT: Ich empfehle die folgende Presseerklärung zu lesen, die gibt die Sichtweise der beiden Prüfer wieder.
« Letzte Änderung: 08. März 2011, 12:12:55 von Zechi »
Planen ist alles, Pläne sind nichts.

Zechi

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #676 am: 07. März 2011, 21:54:23 »
Übrigens ein Best off der Guttenberg-Fans im O-Ton  :D:

Zitat
"Also ehrlich mal, er ist zwar kein Doktor mehr, aber ist doch egal! Ich würde mich trotzdem von ihm behandeln lassen!! Bester Doktor der Welt 4ever."

"Er war der Beste Aussenmenisster denn es gab"

"Außerdem – wenn jeder “Doktor”, der abgeschrieben oder bezahlt hat für seine Doktorarbeit seinen Titel in Deutschland zurückgeben müsste, hätten wir ein echtes Problem der med. Versorgung."

"Ich denke in Berlin fahren mehr Taxifahrer mit einem echten Doktertitel rum als in der Bundesregierung sitzen."

"Muss er halt seine Doktorarbeit nochmal machen.
Ob er dann allerdings 2 Jahre Klausur benötigt ist fraglich. Jetzt wo er weis woraufs ankommt, wird er mit ziemlicher Sicherheit in einem Jahr fertig sein. Und na ja, ich könnte mir auch vorstellen, dass einige Leute in der CDU/CSU auch ein wenig mitwirken – so zu sagen als Sparingspartner für geistige Ergüsse! Also unter diesem Gesichtpunkt wird Guttenberg die kommende Doktorarbeit mit prafur meistern. Alles andere wäre ja auch ein Armutszeugnis für die Partei oder?"
Planen ist alles, Pläne sind nichts.

Archoangel

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #677 am: 07. März 2011, 21:57:37 »
In diesem Thread gibt es wunderbare Beispiele, dass Schulpflicht und Dummheit sich nicht ausschließen. (Tempus Fugit)

4E Archoangel - Love me or leave me!

AnOceanSoul

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #678 am: 07. März 2011, 22:44:42 »
Übrigens ein Best off der Guttenberg-Fans im O-Ton  :D:

Zitat
"Also ehrlich mal, er ist zwar kein Doktor mehr, aber ist doch egal! Ich würde mich trotzdem von ihm behandeln lassen!! Bester Doktor der Welt 4ever."

"Er war der Beste Aussenmenisster denn es gab"

"Außerdem – wenn jeder “Doktor”, der abgeschrieben oder bezahlt hat für seine Doktorarbeit seinen Titel in Deutschland zurückgeben müsste, hätten wir ein echtes Problem der med. Versorgung."

"Ich denke in Berlin fahren mehr Taxifahrer mit einem echten Doktertitel rum als in der Bundesregierung sitzen."

"Muss er halt seine Doktorarbeit nochmal machen.
Ob er dann allerdings 2 Jahre Klausur benötigt ist fraglich. Jetzt wo er weis woraufs ankommt, wird er mit ziemlicher Sicherheit in einem Jahr fertig sein. Und na ja, ich könnte mir auch vorstellen, dass einige Leute in der CDU/CSU auch ein wenig mitwirken – so zu sagen als Sparingspartner für geistige Ergüsse! Also unter diesem Gesichtpunkt wird Guttenberg die kommende Doktorarbeit mit prafur meistern. Alles andere wäre ja auch ein Armutszeugnis für die Partei oder?"

Na subba, jetzt sind die NAchbarn wach .... ich lach mich echt zu Tode  :lol:
Think the rulebook has all the answers? Then let's see that rulebook run a campaign! - Mike Mearls

Baumschmuser

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #679 am: 09. März 2011, 11:55:57 »
@Zechi
Von wegen Herr Professor Häberle hätte die Plagiate der Doktorarbeit nicht erkenen müssen, wie er selbst behauptete. Wie man hier sehr gut sehen kann, hätte er dies sehr wohl müssen - zumindest die Passagen aus seinen eigenen geistigen Ergüssen :D

http://www.faz.net/s/Rub1ED0C280BBA14ACAB16800E2F760DF3E/Doc~E42D36899396B428891DEDE2FB47696AD~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Spätestens jetzt hat er sich meiner Meinung nach der Lächerlichkeit preisgegeben.

Zechi

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #680 am: 09. März 2011, 12:20:31 »
@Zechi
Von wegen Herr Professor Häberle hätte die Plagiate der Doktorarbeit nicht erkenen müssen, wie er selbst behauptete. Wie man hier sehr gut sehen kann, hätte er dies sehr wohl müssen - zumindest die Passagen aus seinen eigenen geistigen Ergüssen :D

http://www.faz.net/s/Rub1ED0C280BBA14ACAB16800E2F760DF3E/Doc~E42D36899396B428891DEDE2FB47696AD~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Spätestens jetzt hat er sich meiner Meinung nach der Lächerlichkeit preisgegeben.

Nö, ich würde mich auch nicht an meine Textstellen aus meinen Veröffentlichungen erinnern, wenn ich sie an anderer Stelle lese. Es ist illusorisch zu glauben, das ein Mensch in der Lage ist, ganze Textstellen so im Gehirn abzuspeichern, dass man diese in einem Fremdtext wiedererkennen würde. Das gelingt allenfalls bei besonders prägnanten Formulierungen und selbst dann halte ich das für unwahrscheinlich. Schau dir die plagierten Textstellen von Häberle an, glaubst du allen ernstes dass man sich an so was erinnert, wenn man sie in einem anderen Text liest.

Mach einfach mal einen Selbsttest und versuch dich mal an den Wortlaut einer deiner zuletzt verfassten Texte zu erinnern (egal ob Schule, Studium oder einfach nur hhier im Forum). Das gelingt dir mit Sicherheit nicht.

Gruß Zechi
Planen ist alles, Pläne sind nichts.

Coldwyn

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #681 am: 09. März 2011, 12:21:51 »
Zechi, zeig mal deine Doktorarbeit her
« Letzte Änderung: 09. März 2011, 12:25:04 von Coldwyn »
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.

Baumschmuser

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #682 am: 09. März 2011, 13:24:39 »
@Zechi
Ja ich unterstelle - wie einige anderen auch - dass er Textstellen aus seinem Standartwerk hätte erkennen  müssen. Und ich behaupte, das hätte er auch getan, wenn er die Arbeit von KT aktiv gelesen hätte. Wahrscheinlich aber hat er diesen Part dem Zweitkorektor überlassen und deshalb konnte er seine eigenen Passagen nicht sehen :wink:

TheRaven

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« Antwort #683 am: 09. März 2011, 13:30:22 »
Zechi, zeig mal deine Doktorarbeit her
Krass, habe gerade ein aktuelles Bild von Zechi bei seiner Kanzlei gesehen und der gute Mann hat sich echt gemacht. Alle Achtung, sieht ja richtig seriös aus und so. Gesucht habe ich aber das da: Dissertation
« Letzte Änderung: 09. März 2011, 13:34:54 von TheRaven »
Die Wissenschaft nötigt uns, den Glauben an einfache Kausalitäten aufzugeben.
- Friedrich

Coldwyn

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #684 am: 09. März 2011, 13:39:38 »
Zechi, zeig mal deine Doktorarbeit her
Krass, habe gerade ein aktuelles Bild von Zechi bei seiner Kanzlei gesehen und der gute Mann hat sich echt gemacht. Alle Achtung, sieht ja richtig seriös aus und so. Gesucht habe ich aber das da: Dissertation

Besonders interessant finde ich seine Spezialisierung und das meine ich ernst.
Montag Abends erst wieder einen Bericht über den aktuellen Stand deutschen Lebensmittelrecht gesehen und erschüttert gewesen, da musste ich spontan an den lieben Zechi denken ;)

Weil wir grad dabei sind: zechi, du bekommst gleich ne PM.
« Letzte Änderung: 09. März 2011, 13:41:54 von Coldwyn »
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.

Zechi

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #685 am: 09. März 2011, 13:51:11 »
@Zechi
Ja ich unterstelle - wie einige anderen auch - dass er Textstellen aus seinem Standartwerk hätte erkennen  müssen. Und ich behaupte, das hätte er auch getan, wenn er die Arbeit von KT aktiv gelesen hätte. Wahrscheinlich aber hat er diesen Part dem Zweitkorektor überlassen und deshalb konnte er seine eigenen Passagen nicht sehen :wink:

Der Vorwurf ist absurd.

Spoiler (Anzeigen)

Um auf das Ausgangsthema zurückzukommen. Spannend finde ich die Frage, ob zu Guttenberg ein comeback wagen wird oder nicht. Ich tendiere zu einem "ja" und das ist erschreckend. Die Frage ist aber, ob er es noch schaffen kann Kanzler zu werden, man kann nur hoffen, dass ihm das nicht gelingt.
Planen ist alles, Pläne sind nichts.

Tex

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #686 am: 09. März 2011, 13:57:24 »
Um auf das Ausgangsthema zurückzukommen. Spannend finde ich die Frage, ob zu Guttenberg ein comeback wagen wird oder nicht. Ich tendiere zu einem "ja" und das ist erschreckend. Die Frage ist aber, ob er es noch schaffen kann Kanzler zu werden, man kann nur hoffen, dass ihm das nicht gelingt.

Wenn Strauß das Comeback gewagt hat (und geschafft hat), dann KT erst recht...
Ceterum censeo Carthaginem esse delendam

Duty Calls.

Coldwyn

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #687 am: 09. März 2011, 13:58:59 »
Um auf das Ausgangsthema zurückzukommen. Spannend finde ich die Frage, ob zu Guttenberg ein comeback wagen wird oder nicht. Ich tendiere zu einem "ja" und das ist erschreckend. Die Frage ist aber, ob er es noch schaffen kann Kanzler zu werden, man kann nur hoffen, dass ihm das nicht gelingt.

Er wäre nahezu sträflich dumm wenn er es nicht versuchen würde, denn spätestens wenn Gras über die ganze Sache gewachsen ist, kann die PR-Maschine daraus machen was sie will.
Inhalltsstoffe dieses Beitrags: 50% reine Polemik, 40% subjektive Meinung, 10% ungenau recherchierte Fakten.

Zechi

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #688 am: 09. März 2011, 14:02:44 »
Einige behaupten ja auch, dass das eigentlich Initiationritual für zu Guttenberg war:

Zitat
Die Guttenberg-Affäre ist gar keine Affäre, sondern ein Initiationsritual, das jeder CSU-Politiker absolvieren muss, um der Partei seine Befähigung für höchste Ämter zu beweisen.

Bei politischen Fragen hilft oft ein Blick zurück, auf die Geschichte. Zuerst dachte ich, dass der Minister Guttenberg sich, ganz altmodisch gesagt, ehrlos verhält. Dies wiegt deshalb schwer, weil „Ehre“ und „Anstand“ zentrale Aspekte in Guttenbergs Selbstdarstellung waren, es sind auch Pfeiler des konservativen Weltbildes. Ein Konservativer ohne Ehre und Anstand – das ist so paradox wie ein Linker ohne Mitgefühl und Gewissen. Bei einem rechtzeitigen Rücktritt wäre Guttenberg in die Liga der Bischöfin Käßmann aufgestiegen, dachte ich, in spätestens zehn Jahren wäre er Bundeskanzler gewesen. Jetzt aber spielt er in der Liga von Franz Josef Strauß.

Als ich an Strauß dachte, fiel bei mir der Groschen.

Strauß war NS-Führungsoffizier und verhängte noch im April 1945 ein Schreibverbot gegen den Autor Hans Hellmut Kirst. Seine Dissertation ist angeblich im Krieg verbrannt, ersatzweise ließ er sich von der Uni in Santiago de Chile zum Ehrendoktor ernennen. Damals regierte in Chile der Diktator Pinochet, dessen Regierungsstil stark dem des Obersten Gaddafi ähnelte. Strauß wurde Verteidigungsminister, offenbar, weil ihm immer wieder Bestechlichkeit und Vorteilsnahme vorgeworfen wurden. Kritische Journalisten ließ er verhaften. Daraufhin stieg er sogar zum Kanzlerkandidaten auf.

Friedrich Zimmermann, Dr. jur., beide Staatsexamen, zunächst NSDAP, nach deren Auflösung CSU, wurde wegen Meineids verurteilt. In der zweiten Instanz erreichte er einen Freispruch mit der Begründung, er sei unterzuckert und geistig unzurechnungsfähig gewesen. Sein Spitzname: Old Schwurhand. Die Partei belohnte diese Qualifikationen mit dem für unterzuckerte Vorbestrafte wie geschaffenen Amt des Bundesinnenministers.

Otto Wiesheu, Volljurist, Dr. jur., hat volltrunken einen Rentner totgefahren und wurde wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Deshalb war er in den Augen der CSU genau der richtige Mann für das Amt des bayrischen Verkehrsministers.

Max Streibl, Volljurist, konnte auch ohne kriminelle Vorgeschichte bis zum bayrischen Ministerpräsidenten aufsteigen, machte dies aber in der sogenannten „Amigo-Affäre“ mehr als wett. Als er wegen des Verdachtes der Vorteilsnahme im Amt zurücktreten sollte, zeigte er seinen Parteifreunden einen Koffer und sagte: „Hier drin befindet sich belastendes Material über jeden von euch.“

Die Guttenberg-Affäre ist also gar keine Affäre, sondern ein Initiationsritual, das jeder CSU-Politiker absolvieren muss, um der Partei seine Befähigung für höchste Ämter zu beweisen. Du musst nach Möglichkeit Jurist sein, vor allem aber musst du ein paar krumme Dinger gedreht haben, sonst wirst du in der CSU nichts. Der parteiinterne Codename für dieses Ritual lautet „Ehre und Anstand“.

Quelle Tagesspeigel ;)
Planen ist alles, Pläne sind nichts.

Talwyn

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Der Politik-Streit-Thread
« Antwort #689 am: 09. März 2011, 14:10:36 »
Guttenberg tut mir überhaupt nicht leid, denn wie auch immer diese so genannte Doktorarbeit entstanden ist, astrein war das mit Sicherheit nicht (ich tippe auf einen Ghostwriter). Natürlich fügt das Ganze auch seiner Glaubwürdigkeit als Politiker empfindlichen Schaden zu, deswegen war IMO der Rücktritt der richtige und viel zu spät getätigte Schritt.

Was ich nicht nachvollziehen kann, ist die Forderung nach seinem Rücktritt, da ansonsten der "Wissenschaftsstandort Deutschland" beschädigt würde. Der Wissenschaftsstandort hat nämlich tatsächlich mit dem Rücktritt des Ministers Guttenberg aus meiner Sicht nichts zu tun. Für den Wissenschaftsstandort war es hingegen wichtig, dass die Universität Bayreuth Guttenberg den Doktortitel entzieht und die Angelegenheit an die Staatsanwaltschaft übergeben wird. Beides ist geschehen, somit wäre dem aus meiner Sicht Genüge getan. Durch die Prominenz des Falls wird nun natürlich auch an den Universitäten etwas geschehen müssen, z.B. in Richtung des flächendeckenden Einsatzes entsprechender Software.

Trotzdem hätte der "Wissenschaftsstandort Deutschland" aus meiner Sicht auch keinen weiteren Schaden genommen, wenn Guttenberg im Amt geblieben wäre, denn im Endeffekt liegt es ja gar nicht im Einflussbereich der Wissenschaft, zu entscheiden, welche Leute die Kanzlerin in ihr Kabinett beruft, und dementsprechend ist auch Kritik in diese Richtung unsinnig. Über die politische Kultur in Deutschland sagt es hingegen eine ganze Menge aus, dass Merkel sich nicht von einem Minister distanziert, der als Lügner in einer Angelegenheit entlarvt wurde, die alles andere als ein Kavaliersdelikt ist.

Der Schaden, der dem Wissenschaftsstandort dadurch entstanden ist, dass ein dreistes Plagiat mit summa cum laude bewertet wurde, ist hingegen irreversibel und wird auch nicht dadurch abgemildert, dass Guttenberg seine politischen Ämter niedergelegt hat.

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