Na das hab ich ja befürchtet, als ich den Thread gesehen habe
Eigentlich sind doch die "Regelbrecher" in der Bringschuld zu erklären, warum sie die Regeln brechen.
Ich sehe mich in keiner Bringschuld. Meine Freunde und ich betreiben Rollenspiel als Hobby und haben uns auf die D&D-Regeln als Arbeitsgrundlage verständigt. Aber für uns sind diese Regeln lediglich ein Werkzeug unter vielen, mit dem man Spielspass herstellen kann. Aber ganz sicher sind sie nicht alleine für den Spielspass verantwortlich und ebensowenig sind sie ein Garant dafür. Alleine diese Erkenntnis führt dazu, das wir Schummeln in all seinen Erscheinungsformen gar nicht grundsätzlich ausschliessen wollen. (Würfe faken geht bei uns übrigens nicht, wir würfeln alles offen).
Warum ist das schon immer so.
Ich weiss nicht, ob das schon immer so war, halte es aber für wahrscheinlich. Schummeln im Spiel ist ein universales Phänomen und keineswegs auf Rollenspiele beschränkt. In den meisten Spielen geht es aber um Siegen oder Verlieren, und da hat Schummeln natürlich einen sehr fragwürdigen Charakter, da man sich seinem Gegner gegenüber auf nicht erlaubte Weise einen Vorteil verschafft. Im Rollenspiel geht es aber in allererster Linie um den gemeinsamen Spass, der Wettbewerbsgedanke spielt, wenn überhaupt, eine eher untergeordnete Rolle. Ein Regelbruch muss sich also daran messen lassen, ob er den Spielspass innerhalb einer Gruppe fördert oder ob er diesem schadet, nicht daran, wem er einen Vor- oder Nachteil verschafft. In Abhängigkeit von der Persönlichkeitsstruktur des einzelnen, der Zusammensetzung einer Gruppe, der konkreten Spielsituation und sicherlich noch einer Menge anderer Faktoren kann es da sehr unterschiedliche Antworten geben.
Warum erwarten die Spieler das,
So weit würde ich gar nicht gehen wollen, ich glaube eher, dass es den meisten Spielern egal ist, solange dadurch das gemeinsame Ziel des Spiels, nämlich Spass zu haben, nicht beschädigt wird. Deswegen nehmen sie es dem SL tendenziell auch viel weniger übel, wenn er zu ihren Gunsten schummelt, als wenn er das zu seinem eigenen Vorteil (Frage: welchen Vorteil kann ein SL eigentlich durch Schummeln für sich selbst erzielen? ) tut.
Inwiefern ist das Regelwerk unvollkommen?
Das Regelwerk stellt eine Abstraktion der "Wirklichkeit" (gemeint ist die Wirklichkeit der jeweiligen Spielwelt) dar. Eine Abstraktion ist sehr gut geeignet, um komplexe Sachverhalte so zu vereinfachen, dass eine einzelne Regel im Großteil der Fälle für alle einsichtig geeignet ist. Aber diese Abstraktion bedingt zwingend, dass es eigentlich für jede Regel auch eine Ausnahmesituation gibt, in der ihre Anwendung der "Wirklichkeit" zuwiderläuft und dem Spielspass daher potentiell eher abträglich ist. Der perfekte SL erkennt
ALLE diese Situationen schon im Vorfeld (und kann sie daher gegebenenfalls per Hausregel entschärfen), nicht ganz so perfekte SL wie ich stossen aber womöglich erst mitten im Spiel auf eine solche Problematik und stehen nun vor der Frage, wie sie damit umgehen sollen.
Es gibt sicher die verschiedensten Möglichkeiten, wie man ein solches Problem auch ohne "Schummeln" handhaben kann. Aber nehmen wir einmal an, der SL geniesst das Vertrauen seiner Spieler, da er über einen längeren Zeitraum nachgewiesen hat, dass er den Spielspass seiner Spieler in den Vordergrund stellt; nehmen wir weiterhin an, dass die Spieler gar keine Lust darauf haben, ständig über irgendwelche Detailfragen zu philosophieren und diese Arbeit gerne ihrem SL überlassen. Und nehmen wir drittens an, dass das Interesse der Spieler vor allem darin liegt, ihre Charaktere durch ein spannendes Abenteuer zu führen und sie plötzliche Unterbrechungen zum Zweck einer regeltechnischen Diskussion gar nicht so prickelnd finden. Was spricht dann eigentlich dagegen, dem SL die Autorität zu verleihen, in solchen Fällen nach eigenem Gutdünken zu handeln, auch wenn das in Ausnahmefällen einen Regelbruch bedeuten mag?
Der Verfechter absoluter Regeltreue kann zurecht darauf hinweisen, dass auch Schummeln keine Garantie für den Erhalt des Spielspasses bieten kann. Womit das Problem "Schummeln oder nicht" zu einer Frage der Riskoabschätzung wird. Die jeder für sich selbst beantworten muss (und weswegen ich dem Anfänger erst einmal zur strikten EInhaltung der Regeln rate. Bevor man diese vernünftig modifizieren kann, muss man sie überhaupt erst mal kennen).
Faulheit oder Nachlässigkeit ist doch kein Argument zu betrügen.
Erstens sehe ich hier keinen Betrug. Schliesslich orientiert sich Xiam am Spielspass seiner Spieler. Die Möglichkeit einer Fehlentscheidung besteht immer, aber wenn man
weiss, dass das Einhalten einer Regel in der jeweiligen konkreten Situation dem Spielspass seiner Spieler abträglich ist, dann wäre es mMn genau so falsch, stur auf der Einhaltung der Regel zu beharren. Da würde ich persönlich den Begriff Betrug viel passender finden.
Zweitens gibt es auch noch den Faktor Zeitmangel. Ich hab jedenfalls nicht annähernd so viel Zeit, wie ich dazu bräuchte, alle von mir zugelassenen optionalen Quellenbände zu memorieren. Also muss ich mit dem Risiko leben, dass ich mitten im Spiel auf ein Problem stoße, das ich bei genauerer Recherche hätte vorhersehen können..
Das könnte ich natürlich dadurch umgehen, dass ich nur die Core Rules gelten lasse. Was mich der Kritik meiner Spieler aussetzen würde, dass ich aus Faulheit ihr Recht zur freien Charaktergestaltung beschneide. Ein Teufelskreis..