Aber wenn du kein Rollenspiel über Modeschöpfer spielst, ist es tatsächlich nebensächlich. Du möchtest im Rollenspiel möglichst viel Rahmenhandlung mit bekannten Vorstellungen füllen, damit die Spieler sich damit nicht den Kopf füllen müssen. Und da sind Ballkleider für Damen und feste Hosen für Zwergenmänner eben nicht sehr denkintensiv. Damit kann man sich dann auf die wichtigen Dinge konzentrieren, die im jeweiligen Szenario im Vordergrund stehen.
Für mich bedeutet Rollenspiel in eine Rolle zu schlüpfen und diese auszufüllen. Und da halte ich solche Informationen für wichtig, denn auch die Kostüme des Charakters gehören zur Rolle, die er spielt. Deswegen investiere ich auch gerne mal ein wenig mehr Zeit in die Beschreibung des Äußeren. Ich glaube schon, dass man die paar Minuten haben sollte. In einem guten Roman möchte man als Leser ja auch in die Szenerie eintauchen. Natürlich ist es wichtig zu wissen, wo der Bösewicht steht, aber er dürfte durch eine gute Beschreibung doch an Präsenz gewinnen.
Gleichzeitig kannst du natürlich ohne viel Nachteil verkünden, dass Zwergenmänner Röcke tragen, und zwar keine Schottenröcke, sondern richtige Kleider, aber das wird entweder ständig erwähnt werden müssen oder ständig vergessen werden ^_^
Nun, ich denke es ist kein Problem ab und zu auf die Mode einzugehen und bei bestimmten Szenen (Tanzball, Bühnenstücke, Vorsprache bei Hofe, nächtliches Treffen unter einer Gaslaterne usw.) kurz ins Detail zu gehen. Dadurch sollte eine Welt doch lebendiger werden. Also einen Mittelweg finden zwischen Holzhammer und Vergesslichkeit.
Du darfst außerdem nicht vergessen, dass es noch mehr Gründe für unsere Mode gibt als einfache Konvention. Hosen sind praktischer und schützen besser als Röcke, um nur ein Beispiel zu nennen.
Natürlich. Aber auch in unserer Welt gibt es neben der praktischen Kleidung auch schöne Kleidung und wohl nur drei Gründe, um sich für einen bestimmten Stil zu entscheiden: praktische Gründe (Bewegungsfreiheit), Sexuelle Gründe (Balzverhalten) und finanzielle Gründe (Kostenfaktor). Ein Zwerg kann Abseits der Kämpfe doch auch schön sein wollen. Kommt nicht in einem Salvatore-Roman ein parfümierter Zwerg vor, der in Silbrigmond lebt? Ich meine mich daran erinnern zu können.
Ravenloft fällt mir da jetzt spontan als einziges Setting ein, in dem auf die verschiedenen Kleidungsstile der Bevölkerung ausführlich eingegangen wurde (in den Gazetteers), aber auch hier wurden natürlich die konventionellen Bahnen nicht verlassen - Zwerge in Spitzenhöschen machen sich nun mal nicht gut in einem Horror-Setting.
Aha, was aber nun, falls das Szenario in einem barocken Ambiente spielt? Haben wir in Highlander über den spanischen Fau gelacht? Das kann ich mir kaum vorstellen. Trotz Spitzenhemd und geschlitztem Wams war die Kampfszene auf dem Turm packend.
Ich weiss wie die Magie in der Welt im Detail funktioniert, welcher niedere Dämon in der dritten Unterhölle beim Eingang links haust aber ich habe keine Ahnung wie sich die Leute kleiden? Was davon sind nun unwichtige Details? Es hört ja nicht bei den Kleidern auf. Fauna und Flora, Architektur, Glückspiele, rassenspezifische Essgewohnheiten, Trinksprüche, Lieder, usw. Das alles macht für mich eine Kampangenwelt aus und nicht nur welche Waffen wo wieviel kosten. Gäbe es ein Buch nur mit detaillierten Informationen zu den Schnitten und Farben der Kleider in einer Kampangenwelt, würde ich mir dies sofort kaufen.
Da stimme ich dir vollkommen zu. Durch diesen Gedankengang bin ich auch auf die Mode im Rollenspiel gekommen. Ich halte Beschreibungen im Spiel für wichtig, sei es nun als Spielleiter oder als Spieler. Verzichtet man darauf haben alle nur die Klischees vor Augen und alle Welten werden scheinbar uniform, so jedenfalls mein Eindruck.
In alten "AD&D"-Büchern habe ich noch viel Hintergrundinformationen gefunden, doch es ist ja immer weniger geworden. Auch bei anderen Spielen, wie - zum Beispiel - "Shadowrun". Die Zeiten in denen die Megakon-Mode in einem Quellenbuch beschrieben wurde, ist ja vorbei.
Das "Warhammer Fantasy Rollenspiel" wiederum glänzt weniger durch seine Regeln, als durch seinen Stil und Aufbau. Dort plaudern ja Bewohner der Alten Welt aus dem Nähkästchen, werden die Beschreibungen der Monster von den Spielwerten getrennt. Das ist es, was mich überhaupt bei Warhammer hält - der Hintergrund ist verdammt stimmig und man hat bereits beim lesen der Bücher das Gefühl, in diese Welt einzutauchen.
Zwerge könnten Ockertöne und Erfarben bevorzugen, zweckmäßige Kleidung für Arbeiter, Ausgehmode farbenreiche Muster, angelehnt an Kristallformen, geschmücklt mit Accessoires, die als Träger für viele Edelsteine dienen, wobei ein z. B. Gürtelriemen dann eher schlicht ist aber mit den schönst geschliffenen Edelsteinen besetzt und die Schnalle ein Ausdruck höchster Kunstschmiedearbeit ist.
Ein Gedankengang, der mir gefällt. Doch ob Kleid oder Hose, die Frage stellt sich mir immer noch. Scheinbar ist es zu schwer, sich von den Realweltvorstellungen zu lösen und den klassischen Zwergen in Tüll zu kleiden. Vielleicht liegt die Lösung darin, bis nahe an die Schmerzgrenze der scheinbaren Lächerlichkeit zu gehen, um niemanden zu überfordern.
Keine Ahnung, ob Zwerge in meinen Kampagnen zukünftig in Kleidern herumlaufen, aber ich denke, dass Mode ein wichtiger Bestandteil des Rollenspiels sein sollte. Durch sie heben wir uns im echten Leben voneinander ab und so sollte es auch im Spiel sein. Immerhin gibt es doch mehr Unterschiede, als eine reine Wertesammlung. Blockbuster zeigen doch auch, dass visuelle Eindrücke über inhaltliche Schwächen hinwegtäuschen können. Und Rollenspiel ist für mich Kopfkino.