Umgekehrt. PJ kriegt einen Oscar, aber bester Film wird...hmm...Mystic River. Oder so.
So. Hier nun meine ersten (noch reichlich wirren) Gedanken zum Film. Es folgen heftige Spoiler, aber wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte sich ohnehin nicht in diesem Thread rumdrücken. Macht euch gefälligst ins Kino!
Wie fange ich an? „Die Rückkehr des Königs“ ist gleichzeitig der großartigste und der problematischste Film der Reihe.
Grundsätzlich kann man Peter „Gott“ Jackson wieder einmal nur gratulieren. Die Visualisierung Mittelerdes ist ihm erneut hervorragend gelungen. Insbesondere Minas Tirith ist nicht weniger als atemberaubend. Auch (wie immer) hat Horrorspezi Jackson einen besonderen Spaß an der Darstellung der düsteren, alptraumhaften Teile der Geschichte. Vom gigantischen Rammbock der Orks, der quasi wie eine eigene Persönlichkeit wirkt, über die Szene, in der Kankra ihre Beute einspinnt, bis hin zu Gollum, der diesmal viel furchteinflößender ist, bekommt die „Dunkle Seite“ hier viel Rampenlicht.
Umso heller erstrahlen die Helden. Gandalf steht hier wieder voll im Mittelpunkt, nachdem er im zweiten Teil ja eher eine Nebenfigur war. Ian McKellen beherrscht wie immer stets die Szenerie.
Auch Theoden (mit Darth-Vader-Zitat!), Faramir (David Wenham ist besser als in Teil zwei) und Denethor (großartig: John Noble) bekommen ihre Szenen; Eomer hingegen dürfte nun endgültig als der große Verlierer der Verfilmung gelten.
Erstaunlicherweise ist es (zumindest in der Kinoversion) Aragorn selbst, der irgendwie nicht viel tut. Nachdem sich viele über „Die Zwei Türme“ beschwerten, in dem Kollege Elessar „alles macht“, dürften diesmal keine solche Klagen laut werden. Gondors neuer König läuft durch den Film wie Falschgeld und läßt überwiegend sein Schwert für sich sprechen. Extended Version abwarten.
Dieser Film gehört jedoch den Hobbits, keine Frage. Frodo, Sam, Pippin und Merry müssen hier –jeder für sich- über sich hinauswachsen, und dafür nimmt sich der Film gebührend Zeit. Sean Astin als Samweis Gamdschie ist der Star dieses Films; überraschend gut jedoch auch Billy Boyd als Pippin. Frodo ist gegen Ende wieder aktiver als in Teil zwei, in dem er ja handlungsbedingt nur herumgeschubst wird. Merry ist ebenfalls ein Fall für die Extended Version; siehe unten.
Legolas und Gimli sind business as usual – der Elb ist der Mann für die richtig spektakulären Special Moves; der Zwerg sorgt für die Lacher. Wenn man Peter Jacksons Umgang mit den Figuren wirklich kritisieren will, dann ist man am ehesten hier richtig. Etwas mehr Tiefe und (im Falle Gimlis) Kompetenz hätte nicht geschadet. Die Extended Version vom ersten Teil („Sie gab mir drei“) hat doch gezeigt, daß es geht. Und warum kann Gimli nicht auch mal was reißen? Ein Orkhäuptling oder ein Troll hätte doch schon gereicht.
Die Frauenrollen sind hier wesentlich buchgetreuer als zuvor: Arwen macht wirklich nichts spektakuläres (da dürfte sich unsere Forums-Eowyn freuen) und hat etwa drei Szenen; Eowyn tut brav das, was sie im Buch auch tut (und Miranda Otto war im zweiten Film irgendwie besser).
Gollum schließlich ist hier herrlich fies und ein wahrlich schreckenerregender kleiner Killer. Andy Serkis (in der Anfangsszene auch in echt zu sehen) hätte wirklich verdammt noch mal einen Oscar verdient.
Über Spezialeffekte, Kamera und dergleichen möchte ich mich nicht weiter auslassen – alles super wie immer. Die Effekte übertreffen die der Vorgänger um einiges; selbst Gollum wirkt noch einen Tick lebensechter.
Howard Shore hat mal eben den besten Filmsoundtrack seit Jahrzehnten hingelegt. Ein Skandal, daß er dafür keinen Oscar bekommen darf (neue Regel bei der Academy: Fortsetzungsfilme dürfen keinen Musik-Oscar kriegen).
Der Film an sich macht eigentlich alles richtig. Die Anfangsszene ist ein Geniestreich. Der Handlungsstrang mit Frodo, Sam und Gollum ist perfekt. Minas Tirith und alle Szenen darin sind toll. Die Schlacht auf den Pelennor-Feldern ist schlicht und einfach das spektakulärste, was es in irgendeinem Kino jemals zu sehen gab. Da brennt die Netzhaut. Immer, wenn man denkt „Das kann man nicht mehr toppen“ kommt Jackson daher und toppt es. Mit geradezu absurder Leichtigkeit. Das Finale im Schicksalsberg ist schlankweg perfekt inszeniert und gespielt. Und in den letzten 20 Minuten darf geheult werden. Das gilt auch für harte Typen. Jeder darf (und wird!) zumindest feuchte Augen bekommen.
Aber „Die Rückkehr des Königs“ leidet. Wie ein Tier im Käfig. Selten war es so offensichtlich, daß einem Film viele wichtige Szenen fehlten, die um der Laufzeit willen herausgeschnitten werden mußten. Alleine sechs (!) Momente aus dem Trailer (1. Theoden schlägt Pippin zum Knappen, 2. Merry zu Pippin: „Wir werden das Auenland wieder sehen!“, 3. Gandalf wird in Minas Tirith von einem Nazgul konfrontiert, 4. Merry und Eomer trauern um Theoden, 5. Aragorn fällt mit traurigem Gesichtsausdruck auf die Knie, 6. Aragorn besteigt den Thron Gondors) fehlen; von Saruman mal ganz zu schweigen.
Es ist zum Ausrasten. Dieser Film ist eigentlich der spürbar grandioseste von allen Dreien, und doch bleibt uns die Perfektion bis zum nächsten Jahr verwehrt.
Im Ergebnis wirkt der Film kurzatmig. Wo in den ersten beiden Teilen die Kinoversion durchaus eigenständig funktionierte, muß man hier von einer Notlösung sprechen. Ganze Handlungsstränge kommen viel zu kurz: Saruman und Schlangenzunge fehlen, der Palantir wird nie erklärt, Aragorn ist Statist, die Pfade der Toten werden schnell abgehakt, Denethor hätte mehr Zeit vertragen, der Turm von Cirith Ungol ist in 3 Minuten erledigt, die Entscheidung, zum Schwarzen Tor zu ziehen, kommt hopplahopp, die (allerdings auch unglaubwürdige) Eowyn-Faramir-Kiste wird nur mit kurzen Blicken angedeutet, die Freundschaft zwischen Theoden und Merry kommt praktisch nicht vor, der Palantir in Minas Tirith wird unterschlagen, das Schicksal des (sehr coolen) Orkhäuptlings wird nicht gezeigt. Ich könnte stundenlang so weitermachen. Dafür hätte man vielleicht die Scharmützel in Osgiliath kürzer halten können.
Das alles ist keine Kritik im herkömmlichen Sinne – ich liebe diesen Film heiß und innig, und letzten Endes ist das hier Erbsenzählerei. „Die Rückkehr des Königs“ haut mich aus den Socken. Hart. Aber sobald es eine Extended Version gibt, wird man diese Kinoversion eben nur noch mitleidig belächeln können.
Zumindest nimmt sich PJ für die wirklich wichtigen Dinge Zeit – den Weg der Hobbits, den Ritt der Rohirrim oder auch nur Gandalfs Gedanken über den Tod. Und die beste Entscheidung war es, die letzten 20 Minuten, in denen der Sieg schon erreicht wurde, so ausführlich zu belassen. Frodos Erwachen, die Krönungsfeier, die Hochzeit, die Grauen Anfurten und die geniale Szene im „Grünen Drachen“ sind absolut unverzichtbar.
Die Befreiung des Auenlandes gar nicht erst zu drehen, war goldrichtig. Den „Grünen Zeigefinger“ Tolkiens (schön formuliert) haben wir schon im zweiten Film deutlich im Nacken gespürt, und dramaturgisch gesehen kann man das vielleicht in einem Buch machen, aber nicht im Kino.
Meine „Rückkehr des Königs“ Top 10:
10. Der Todesritt der Rohirrim inklusive Theodens Ansprache.
9. „Und wir haben geweint, mein Schatz...“
8. Denethor macht Faramir klar, daß er lieber ihn tot sehen würde als Boromir.
7. Die aufgescheuerten Stellen an Frodos Hals.
6. Showdown im Schicksalsberg.
5. Gandalf erzählt Pippin mitten in der Schlacht, wie es ist, zu sterben.
4. Die Kriegsgesänge der Orks und der Haradrim.
3. Pippin singt für Denethor, derweil Faramir gen Osgiliath reitet.
2. Die Schlacht um Minas Tirith; insbesondere alles mit Trollen, Olifanten, Belagerungsmaschinen, Rohirrim, Olifanten, der grauen Schar und Nazgul. Und Olifanten. Und, äh, ach, Scheiße, die ganze Schlacht eben. Aber vor allem die Olifanten. Großer Gott, diese Viecher. Himmel. Leck mich am Arsch.
1. Die letzten 20 Minuten. Die enthalten genug große Momente für eine eigene Top-Ten-Liste; ich will nicht ins Detail gehen.
Tja. Morgen Abend geht´s wieder rein. Erfahrungsgemäß gefallen mir die HdR-Filme erst beim zweiten Mal so richtig gut, weil ich beim ersten Mal so angespannt bin. Mal sehen.
Kann´s kaum erwarten.
P.S.: Egal ob Nazgul, Orks, Trolle, Kankra oder Gollum – eine schlägt sie alle: Galadriel ist mit ihrem falschen Grinsen mal wieder das Gruseligste am ganzen Film. Widerlich.
P.P.S: Ich wette Euro gegen Erbsen, daß sich die Bild-Zeitung Der Deutschlehrer (auch bekannt als Der Spiegel) in ihrem obligatorischen Verriß am nächsten Montag wie ein Bussard auf das „Spießer-Idyll“ in der letzten Szene stürzen wird. Auch widerlich.
P.P.P.S.: Folgende Stellen in den Top Ten vergessen: "Schickt die Gefangenen zurück!" und "Der zählt trotzdem nur als einer!".